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Das fertig ausgearbeitete
Pflichtenheft,
wurde von der BLS Direktion der schweizerischen Lokomotivindustrie
überreicht. Auf zusätzliche Angebote aus dem Ausland wurde verzichtet.
Dies erfolgte aus zwei Gründen, denn die einheimische Wirtschaft sollte
angekurbelt werden und die ausländische Industrie baute keine
Lokomotiven
für die Schweiz. So war klar, dass dieser Schritt bei der Entwicklung in
der Schweiz gemacht werden sollte.
Somit konnte aus der bisher nur als Idee vorhandenen
Lokomotive,
durchaus eine Serie werden. Die von der BLS angeschriebenen Hersteller
konnten nun anhand des
Pflichtenheftes
eine Lokomotive konstruieren, die den Vorgaben der BLS entsprach. Die
grössten Probleme bei der Herstellung sollten jedoch das Material und das
geforderte Gewicht der Lokomotive sein. Mit der
Achsfolge
Bo‘ Bo‘ gab es kein Problem, aber das Gewicht war eine andere Sache. Die Hersteller reichten daher unterschiedliche Angebote ein. Darunter war auch die Baureihe Ae 4/6 der Schweizerischen Bundesbahnen SBB zu finden.
Man fürchtete sich vor der Gewichtsreduktion, die mit dem Verzicht
auf die
Laufachsen
nötig geworden wäre. Bereits bei der Reihe
Ae 4/6 hatte man
kämpfen müssen und nun sollte die Angelegenheit noch einmal kompakter und
leichter werden. Keine leichte Aufgabe.
Bei all den Ideen, die der BLS von den Herstellern unterbreitet
wurden, bemerkte man die Auswirkungen des Krieges. Die wirklich
innovativsten Lösungen fehlten schlicht. Jedoch war darunter auch eine
Studie der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM für ein
Laufwerk,
das bei
Lokomotiven
ohne führende
Laufachsen
gute Ergebnisse erzielen sollte. Zusammen mit der Brown Boveri und Co BBC
in Münchenstein, hätte eine passende Maschine entstehen können.
Wenn man auf das Weltgeschehen um 1942 blickte, erkannte man, dass
überall der zweite Weltkrieg wütete. Die Alliierten hatten sich
mittlerweile formiert und griffen in die Kampfhandlungen mit ein.
Insbesondere die Bombardierungen der Städte entlang des Rheins bewirkten,
dass die Verkehrswege aus dem Norden unterbrochen wurden. Das verschärfte
den Mangel an Rohstoffen zusätzlich. Mit anderen Worten, es fehlte das
dringend benötigte Kupfer.
Das beim Bau von elektrischen
Lokomotiven
verwendete Metall war schwer und selten. Zudem benötigte der mechanische
Teil tragkräftigen Stahl, um eine stabile Lokomotive zu konstruieren. Man
musste somit bei beiden Bereichen massiv Gewicht und Metall sparen. Nur so
konnte man bei 20 Tonnen
Achsdruck
auf die
Laufachsen
verzichten. All das wirkte sich natürlich auf die Angebote aus. Rettung
sah man überall beim leichten Aluminium.
Die benötigten Metalle waren in der Schweiz kaum vorhanden. Gut
sah es dabei noch beim benötigten Stahl aus. Diesen konnte man in
ausreichender Menge aus dem anfallenden Schrott gewinnen. Die bisher
genutzten Quellen im Ruhrgebiet konnten nicht genutzt werden. Die
Transportwege wären lange gewesen und daher setzte man auf das Recycling,
auch wenn man natürlich noch keine Ahnung hatte, dass dem so gesagt wird.
Beim benötigten Kupfer sah das jedoch ganz anders aus. Hier waren
kaum
Lager
im Land vorhanden und das Metall war bei der Beschaffung extrem teuer
geworden. Zudem waren die meisten Quellen für altes Metall gar noch nicht
vorhanden, weil die Fahrzeuge noch benötigt wurden. Die Lösung dieses
Problems sollte das Aluminium sein, mit dem man zwar bisher kaum
Erfahrungen hatte. Aluminium war leicht und konnte den
Strom
gut leiten.
Damit hatte man eigentlich das ideale Metall gefunden. Es entstand
im eigenen Land und es wurde nur der Rohstoff eingeführt. Das erfolgte
schon seit längerer Zeit über Südfrankreich und daher über eher verschonte
Strecken. Daher war dieses Metall in ausreichendem Masse vorhanden. Eine
Lösung, die man damals als ausgesprochen gut betrachtet hatte. Man wollte
daher Aluminium dort verwendet, wo das ohne Probleme möglich sein würde. Letztlich entschied sich die BLS für das Angebot einer Lokomotive ohne Laufachsen. Daher wurden die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinen-fabrik SLM in Winterthur und die Brown Boveri und Co BBC in Münchenstein mit dem Bau der Lokomotive beauftragt.
Das Angebot entsprach in vielen Punkten den Vorstellungen der BLS,
auch wenn nicht alles letztlich so umgesetzt werden sollte, denn
Anpassungen am Modell erfolgten damals oft noch während dem Bau.
Wie das bei elektrischen
Lokomotiven
damals in der Schweiz üblich war, zeigte sich die Schweizerische
Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM in Winterthur für den mechanischen Teil
verantwortlich. Dazu gehörten neben dem Kasten auch die beiden
Drehgestelle. Die elektrische Ausrüstung, sowie die
Endmontage der Lokomotive wurden im Werk Münchenstein der Brown Boveri und
Co BBC in Baden übernommen.
Vorerst wurden vom vorgeschlagenen Modell durch die BLS vorerst
zwei
Lokomotiven
bestellt. Diese Maschinen sollten 1944, also noch während dem zweiten
Weltkrieg an die BLS ausgeliefert werden und dort die Nummern 251 und 252
erhalten. Daher entstanden diese wirklich in der Zeit der grössten
Knappheit beim Personal und bei den Rohstoffen. Dennoch gelang den
Konstrukteuren eine besondere Lokomotive.
Somit war klar, die laufachslose
Lokomotive
hoher
Leistung
auf
Drehgestellen sollte gebaut werden. Mit diesen
Vorgaben, galten die beiden Lokomotiven der Baureihe Ae 4/4 als erste
Lokomotive dieser
Bauart
mit hoher Leistung.
Es begann ein neuer und überaus bedeutungsvoller Abschnitt in der
Entwicklung von leistungsstarken und schnellfahrenden elektrischen
Lokomotiven in der Schweiz, aber auch im angrenzenden Ausland.
Alle modernen
Lokomotiven
wie die Baureihen
Ae 6/6,
Re 460,
Re 482
oder auch die Deutschen Baureihen 101 und 152 sind nach diesem Prinzip
aufgebaut worden. Heute käme kein Hersteller mehr auf die Idee ein anderes
Betriebskonzept zu verwirklichen. Die vierachsige Lokomotive ohne
Laufachsen
mit Einzelachsantrieb wurde zum Standard in ganz Europa. Sie sehen, dass
damals in Zeiten grösster Not, wirklich revolutionäre Schritte erfolgten.
Kritiker werden in die Runde werfen, dass die Be 4/4 der EBT schon
früher mit
Drehgestellen auf die
Schienen
kam und erst noch ohne
Laufachsen
versehen war. Aber die
Leistung
dieser Lokomotive war eher bescheiden. Die Kunst war, diese recht hohe
Leistung in eine solche Lokomotive einzubauen, denn mit geringen
Leistungen kann man leichte Lokomotiven mit Drehgestellen ohne Laufachsen
konstruieren. Den Beweis kann ich sogar selber liefern. Die Lokomotive war 1902 gebaut worden und hörte damals auf die Bezeichnung MFO Nummer 1. Es war die erste Lokomotive, die für eine Fahrleitungsspannung von 15 000 Volt Wechselstrom konstruiert worden ist.
Nur eben, wie die Be 4/4 der EBT, hatte diese
Ce 4/4 nur
geringe
Leistungen
und kam nicht einmal annähernd an 4 000 PS dieser neuen
Lokomotive
heran. Die Herausforderung lag daher ganz klar in der zu installierenden
Leistung.
Beim zweiten Baulos wurden zwei weitere
Lokomotiven
dieser Baureihe beschafft. Gegenüber den ersten beiden Maschinen gab es
jedoch geringe Anpassungen bei den Lüftungsgittern, so dass man die
Nummern 253 und 254 leicht von den Vorgängerinnen unterschieden konnte.
Die Flotte dieser bereits erprobten Lokomotive stieg daher an, was
deutlich für die Konstruktion sprach und so die BLS dazu anregte weitere
Maschinen zu bestellten. Bei diesem zweiten Baulos war die Zugreihe R auch für Lokomotiven frei gegeben worden. Die neue Reihe Re 4/4 verkehrte nach diesen Vorgaben. Die Lokomotive der BLS war jedoch trotz der maximalen Geschwindigkeit von 125 km/h nicht für diese Zugreihe zugelassen worden. Die Kräfte bei der Spurführung waren bei 20 Tonnen Achslast einfach noch zu gross und die Lösung für dieses Problem war noch nicht gefunden worden. Die Bezeichnung blieb vorerst bei Ae 4/4. 1952 kamen schliesslich die Lokomotiven mit den Nummern 255 bis 256 in Betrieb. Auch hier erfolgten Anpassungen bei der Konstruktion, aber auch beim Anstrich.
Welcher Art diese Anpassungen letztlich waren und die Hinweise,
dass es sich trotz allem um eine einheitliche Serie handelte, kommt im
Laufe des Artikels weiter zu Sprache. Wir müssen jedoch berücksichtigen,
dass seit der ersten Maschine beinahe 10 Jahre vergangen waren.
Abgeschlossen wurde die Lieferung der
Lokomotiven
mit der Bestellung der Nummern 257 bis 260. Damit wurden nun erstmals vier
Lokomotiven in einem Baulos bestellt und die Flotte sollte damit auf 10
Maschinen ansteigen. Letztlich sollte es jedoch nicht mehr dazu kommen.
Der Grund war die Bestellung von Doppellokomotiven. Die Maschinen mit den
Nummern 259 und 260 wurden letztlich als
Ae 8/8
mit der Nummer 271 ausgeliefert.
1955, als dieser besondere Entschluss im Direktorium gefällt
wurde, sass der Schock mit den Versuchen bei der
Vielfachsteuerung
der Reihe Ae 4/6 sehr
tief. Die BLS entschied sich daher, statt die Baureihe Ae 4/4 mit
Vielfachsteuerung zu versehen, eine neue Baureihe zu entwickeln. So
entstanden schliesslich die drei Maschinen der Reihe
Ae 8/8.
Diese hatten sehr viele Merkmale mit den hier vorgestellten
Lokomotiven
der Baureihe Ae 4/4.
Die Entwicklung von
Lokomotiven
war in den zehn Jahren so weit fortgeschritten, dass sich ein weiterer
Nachbau dieser Maschinen nach der Baureihe
Ae 8/8,
die für den schweren
Güterzugsdienst
benötigt wurde, nicht mehr zeitgemäss war. Die Entwicklung einer neuen
Generation Lokomotiven, die auf den Erfahrungen mit der hier vorgestellten
Maschinen aufbaute, war gekommen. Jedoch stellten die acht Maschinen der
Reihe Ae 4/4 neue Massstäbe.
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