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Kaum eine Lokomotive wurde so sehnsüchtig erwartet, wie die Baureihe Ae 4/4. Bei der Überführung des mechanischen Teils der Lokomotive von Winterthur nach Münchenstein liess sich erkennen, dass es sich um eine besondere Maschine handeln musste. Schliesslich rollte die Lokomotive bereits auf den eigenen Drehgestellen, auch wenn diese noch nicht fertig montiert waren. Der Grund war die noch fehlende elektrische Ausrüstung.

In den Hallen der BBC wurde dann der elektrische Teil eingebaut. Dieser war eigentlich fast der spannendere Teil, denn hier musste man sehr viel Gewicht einsparen um die geforderte Leistung zu übertragen.

Der Mechaniker hatte sein Bestes gegeben. Jetzt lag es beim Elektriker, das Gewicht von 80 Tonnen auch einzuhalten. So oft, wie man meinen könnte, gelang das auch wieder nicht und die Maschinen wurden immer etwas schwerer.

Als die erste Maschine der Baureihe Ae 4/4 in Spiez eintraf, staunten die Fachwelt und das Personal nicht schlecht. Die neue Lokomotive unterschied sich gänzlich von den bisherigen Modellen im Depot. Man hatte sich an grosse schwere Lokomotiven mit Stangenantrieb und an Gleitlager gewöhnt. Die kantigen Modelle der Urzeit waren vergessen, eine neue elegante Maschine stand im Depot und wurde vom Personal bewundert.

Nur vor wenigen Jahren hatten die Schweizerischen Bundesbahnen SBB mit der Baureihe Ae 4/6 eine Lokomotive mit Rahmen bestellt und in Verkehr genommen. All das gab es hier nicht mehr, die Lokomotive war komplett anders aufgebaut worden. Die beiden Drehgestelle waren unter dem Kasten versteckt und einen Rahmen gab es auch nicht mehr. Selbst die bekannten Nietenbänder fehlten grösstenteils.

Der glatte Kasten, ohne störende Unterbrechungen mit der frisch glänzenden Farbe, wirkte daher sehr elegant. Kamen die runden Führerräume noch dazu, wirkte alles zeitgemäss elegant. Die rundlichen Formen waren sicherlich eine Erscheinung der damaligen Zeit, aber an der Baureihe Ae 4/4 wirkte diese Form äusserst elegant. Alles wurde mit dem helleren Anstrich noch unterstrichen. Neidlos musste man von einer schönen Lokomotive sprechen.

Die Lokomotive stand auf vier Achsen, die alle angetrieben waren und die in Drehgestellen montiert wurden.

Klar, das war nicht neu, denn solche Maschinen liefen bereits bei anderen Bahngesellschaften und selbst die BLS hatte Lokomotiven mit Drehgestellen im Bestand.

Mechanisch waren daher eigentlich nur die Rollen-lager die grosse Sensation, denn bisher begnügte man sich mit Gleitlager und viel Schmiermittel. 

Wer jedoch auf das Datenblatt der neuen Lokomotive blickte, staunte nicht schlecht. Waren das wirklich die richtigen Daten, denn vergleichbare Werte gab es für so kleine Maschinen schlicht nicht.

Die damalige Fachpresse lobte die erste laufachslose Lokomotive auf Drehgestellen in allen Tönen. Dabei vergass man, dass die entscheidenden Daten im Datenblatt und nicht am Kasten zu finden waren, denn die Zahlen wirkten.

Beeindruckend wirkte in erster Linie die Leistung von 4000 PS bei einem Gewicht der Lokomotive von lediglich 80 Tonnen, ergaben 50 PS pro Tonne. Solch hohe Leistungen konnten bisher nur mit zusätzlichen Laufachsen verwirklicht werden.

Die angegebenen Anhängelasten lagen bei 400 Ton-nen. Die vergleichbare Baureihe Ae 4/6 der Schwei-zerischen Bundesbahnen SBB schaffte gerade einmal 375 Tonnen. Die neue Lokomotive der BLS wurde daher bewundert und bestaunt.

Bisher hatte die Lokomotive noch nicht viele Kilo-meter zurückgelegt. Daher waren die bewunderten Werte theoretischer Natur. Gerade die immer wieder zum Vergleich herangezogene Baureihe Ae 4/6 der Schweizerischen Bundesbahnen SBB hatte bewiesen, dass die Umsetzung der grossen Zugkräfte immer wieder zu grossen Problemen führen konnte. Mit ein Grund, warum die BLS auf diese neue Technik setzte.

Die Lokomotive musste noch beweisen, dass sie die in sie gesteckten Erwartungen erfüllen konnte. Das ging nur, wenn man sie auf die Strecke liess und so die ersten Versuche anstellte. Bisher erfolgte das eigentlich meistens noch am Tag der Ablieferung. Bei der hier vorgestellten Baureihe, war das Interesse jedoch so gross, dass man damit noch zugewartet hatte. Doch nun sollte es losgehen und die Strecke wartete auf die neue Maschine.

Daher wurde die Lokomotive intensiven Erprobungen zugeführt. Ziel dieser Versuche war, die Laufeigenschaften und die Umsetzung der Zugkräfte zu überprüfen. Zwei Punkte, die bei neuen Lokomotiven immer wieder geprüft wurden, denn man wollte wissen, was die Maschine ziehen konnte. Gerade die BLS erlebte hier schon grosse Überraschungen. Hier waren diese jedoch kaum zu erwarten.

Erst nach Abschluss dieser Versuchsfahrten konnte man voller Stolz berichten, was die Maschine zu leisten in der Lage war. Zuerst begannen aber die Schulungen der auserwählten Lokführer. Noch schulte man nicht das ganze Personal, denn Versuche wurden immer von einigen wenigen Lokführern durchgeführt. Sie sollten später ihren Kollegen das neue Arbeitsgerät vorstellen und so die notwenigen Kenntnisse vermitteln.

Die Fahrten waren daher sicher intensiver auszuführen, als das bei vorherigen Serien der Fall war, da sich nun die Fahrten auf alle Bereiche ausdehnen mussten. Dabei stand jedoch nur die einspurige Strecke der BLS zu Verfügung.

Dort mussten neben dem normalen Betrieb auch die Anfahrversuche und die Zwangsbremsungen durchgeführt werden. Das bedeutete, dass man nur be-stimmte Zeiten dazu nutzen konnte.

Gab es einen Defekt, wurde man gleich einen ganzen Tag zurück geworfen. Keine leichte Aufgabe, die bei einer doppelspurigen Strecke und einem grösseren Netz durchaus weniger Probleme verursacht hätte.

Jedoch hätte man dabei auch mehrere Strecken befahren müssen um darüber informiert zu werden, ob die Lokomotive freizügig eingesetzt werden konnte. Daher fielen die Fahrten bei der BLS in einer kurzen Zeit an.

Die Versuchsfahrten zeigten bei den Laufeigenschaften, dass die Lokomotive gute Ergebnisse erzielen konnte. Die technischen Massnahmen zeigten auf, dass die Kräfte bei der Spurführung durchaus reduziert wurden und unter den Werten der bisherigen Maschinen lagen. Daraus liess sich erkennen, dass die Maschine weniger Unterhalt an Geleisen und Radsätzen generieren würde. Dadurch sollte eine deutliche Steigerung der Einsatzbereitschaft erreicht werden.

Nur war die starre Führung der Radsätze dafür massgebend, dass die Zulassung zur Zugreihe R nicht möglich war. Die entstehenden Kräfte lagen knapp über den für die neue Zugreihe R massgebenden Werten. Vorerst blieb diese Zugreihe den Roten Pfeilen der Schweizerischen Bundesbahnen SBB vorenthalten. Diese fuhren immer noch als einzige in der Schweiz mit Geschwindigkeiten über 110 km/h und daher nach der Zugreihe R.

Die Baureihe Ae 4/4 wurde daher der Zugreihe A zugeteilt und die erlaubte Höchstgeschwindigkeit vorschriftsmässig auf 110 km/h reduziert.

Dadurch war man nicht bei der Höchstgeschwindigkeit angelangt, aber die Ae 4/4 war immer noch die schnellste Lokomotive der BLS. Auf den Strecken der Schweizerischen Bundesbahnen SBB konnte man damit durchaus mithalten, denn dort fuhr man trotz der geraden Strecke nicht schneller.

Man kann natürlich behaupten, dass dies ein Dämpfer für die neue Baureihe gewesen sein muss. Jedoch muss man berücksichtigen, dass damals wirklich ausser den sehr leichten Triebwagen, kein Triebfahrzeug diese Geschwindigkeiten erreichen konnte. Bei der Baureihe Ae 4/4 versuchte man es zum ersten Mal und dabei hatte man schlicht noch keine Erfahrungen. Auch später abgelieferte Baureihen sollten an den Bedingungen scheitern.

Viel wichtiger als Fahrten über 110 km/h war die Umsetzung der Zugkräfte. Die Belastungsfahrten in den steilen Abschnitten zeigten, dass die Lokomotive die Vorgaben von 400 Tonnen einhalten konnte. Einzig bei schlechtem Zustand der Schienen zeigte die Lokomotive Schwachstellen. So durften auf den Steigungen des Lötschberg, also auf 27 ‰ Steigung, betrieblich vorerst nur 380 Tonnen Anhängelast mitgenommen werden.

So betrachtet und mit dem Wissen, was mittlerweile möglich ist, müssen wir einen Vergleich der damaligen Zeit haben. Für diesen Vergleich bot sich einzig die Baureihe Ae 4/6 der Schweizerischen Bundesbahnen SBB an. Diese Maschine hatte eine Leistung von 5 540 PS und ein Gewicht von 111 Tonnen. Besass jedoch auch vier Triebachsen und wurde auf einer vergleichbaren Strecke eingesetzt. Der kleine Unterschied bei der Steigung kann vernachlässigt werden.

Die Lokomotive der Staatsbahn konnte gerade einmal 375 Tonnen mitnehmen. Bei schlechtem Wetter fiel die Zugkraft zudem in den Keller. Bei der BLS setzte man für die schwächere Lokomotive den Wert von 380 Tonnen bei schlechtem Wetter ein. So gesehen, war die Baureihe Ae 4/4 eine gelungene Maschine, die durchaus den Anforderungen entsprechen konnte. Die 400 Tonnen Anhängelast sollten schnell auch bei Regen gefahren werden.

Die Versuchsfahrten mit der ersten Lokomotive brachten keine grossen konstruktiven Schwachstellen an den Tag. Zwar waren kleinere Kinderkrankheiten zu beheben, aber die neue Maschine funktioniert gut und zuverlässig. Die Lokomotive schien den Anforderungen des Pflichtenheftes gerecht zu werden und konnte sehr bald dem Betrieb übergeben werden. Wenn man so will, war die einzige Einschränkung die geringe Reduktion der Anhängelast.

Ein Punkt, den man beobachten wollte, war die Erwärmung des Transformators. Die Werte in den Primärwicklungen bereiteten schon während den Versuchen schon Sorgen. Jedoch war man sich in Spiez auch die heutie Baureihe Ae 6/8 gewohnt und die Maschine wurde damals schlicht nicht warm. Zudem grosse Erwärmungen waren bei Versuchsfahrten keine Seltenheit.

 

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