Inbetriebnahme

Letzte

Navigation durch das Thema

Nächste

Normalerweise beginnt die Inbetriebnahme eines neuen Fahrzeuges beim Hersteller. Dieser führt zuerst stationäre Versuche durch und schaltete den Triebwagen zum ersten Mal ein. Danach erfolgten in den meisten Fällen die ersten Fahrversuche auf dem Gelände des Werkes. So konnte man die Probleme lösen, bevor es auf die Strecken und somit zum Kunden ging. Das war bisher immer so gelöst worden und eigentlich sollte sich das nicht ändern.

Bei den hier vorgestellten Triebwagen kam diese Lösung jedoch nicht in Frage. Die schwache Auslastung der Werkstätte in Spiez und die finanziellen Anreize führten dazu, dass die Triebwagen in einer Art Bausatz angeliefert wurden. So kamen die Kästen und die elektrische Ausrüstung getrennt in Spiez an. Dort sollte die Endmontage erfolgen. Das führte unweigerlich dazu, dass die BLS-Gruppe sämtliche Versuche durchführte.

Für uns ergibt das jedoch die Situation, dass die ersten Versuche und Tests eines Herstellers beleuchtet werden können. Bisher hatten wir immer das Fahrzeug in Betrieb genommen, wenn dieses vom Hersteller ausgeliefert wurde. Damit entfielen sehr viele Faktoren, die bei der allerersten Inbetriebnahme berücksichtigt werden mussten. Schliesslich konnte man nie wissen, ob es nicht Fehler bei der Montage der Teile gab.

Mit der Fertigstellung des ersten Triebwagens erfolgte im Areal der Werkstätte zuerst die Prüfung der Steuerung, diese konnte mit Hilfe der Batterien und daran angeschlossenen externen Ladegeräten auf Herz und Nieren geprüft werden. Erst als sämtliche Funktionen und die Schutzrelais einwandfrei funktionierten, konnte man den nächsten Schritt einleiten und so auch höhere Spannungen anwenden. Jedoch erfolgte nicht gleich der grosse Schritt.

Es ist sinnvoll, wenn man die Steuerung einer Prüfung unterzieht, bevor die anderen Spannungen gefährliche Situationen ergeben könnten. Stellen Sie sich die Situation vor, dass der Triebwagen direkt mit der Hochspannung eingeschaltet wird. Wegen einem fehlerhaft angeschlossenen Kabel kommt es im Transformator zu einem Kurzschluss. Jetzt ist es wichtig, dass dies von der Steuerung registriert wird und so der Hauptschalter ausgelöst wird.

Um die Hilfsbetriebe zu prüfen, wurde die entsprechende Spannung ab dem Depotstrom bezogen. Dieser lieferte ab einem eigenen Transformator die passende Spannung. Damit konnte die Ventilation geprüft werden, aber auch die anderen Komponenten, wie die Ladung der Batterien setzten ein. Wichtig war auch, dass man mit dem Kompressor Druckluft erzeugen konnte. Somit war der Triebwagen für den nächsten Schritt bereit.

Es wird nun Zeit, dass man auch die Hochspannung in Betrieb nimmt. Da bei einer Spannung von 15 000 Volt eine sehr grosse Gefahr ausgehen konnte, erfolgten diese ersten Versuche meistens in einem abgesicherten Bereich. Ein auf dem neuen Fahrzeug auftretender Kurzschluss hatte dadurch keine Auswirkungen auf den Betrieb. Bei den Herstellern, aber auch in den Werkstätten der Bahngesellschaften waren entsprechende Bereiche vorhanden.

Mit dem unter Spannung stehenden Triebwagen war die stationäre Inbetriebnahme abgeschlossen. Diese Versuche konnten je nach auftretenden Mängeln mehrere Tage, aber auch Wochen in Anspruch nehmen. Erfolgte das bei den Herstellern kamen diese ersten Fehlschläge kaum an die Öffentlichkeit. Wir können jedoch davon ausgehen, dass nicht viele Fahrzeuge auf Anhieb anstandslos funktionierten und so erste Nacharbeiten unverzüglich erfolgten.

Bei den hier vorgestellten Triebwagen war das für die Werkstätte der BLS nicht viel anders. Jedoch war der Vorteil, dass man schon Erfahrungen mit den anderen Modellen hatte. Nach einer Hauptrevision R3 erfolgte die Inbetriebnahme im Werk auf die gleiche Weise, denn auch jetzt musste zuerst geprüft werden, ob wirklich alle Teile korrekt funktionierten. Jetzt waren es einfach neue Triebwagen, die nun auf grosse Fahrt gehen konnten.

Die dynamische Inbetriebnahme verlässt anfänglich kaum das Areal der Werkstätte. Vielmehr erfolgten erste kurze Fahrten. Erst mit Abschluss dieser Tests, konnte man auf die obligate Probefahrt gehen.

Bei den Herstellern war das nicht selten gleich die Auslieferung an den Kunden. Bei einer Werkstätte konnte diese jedoch erfolgen, wenn der Anstrich gar noch nicht aufgetragen wurde. Daher kehrten die Triebwagen meistens in die Werkstätte zurück.

Auch wenn diese Triebwagen in den Werkstätten der BLS-Gruppe gebaut wurden, erfolgte an-schliessend die Übernahme durch die Betriebs-führung. Hier unterschied sich ein neues Fahrzeug von revidierten.

Bei Triebwagen aus der Revision, wusste man, dass alles korrekt funktionierte. Bei einem neuen Fahrzeug mussten aber gewissen Daten überprüft werden. Daher wurden auch jetzt umfangreiche Versuchsfahrten durchgeführt.

Im Jahre 1953 begann die Inbetriebnahme der neuen Triebwagen. Diese wurden nicht angeliefert, sondern verliessen die Hauptwerkstätte in Spiez.

Daher fiel den Leuten dieser Schritt kaum auf. Nur wer auf das Feld der Revisionen blickte erkannte dort das entsprechende Datum. Unterschiede zu anderen Fahrzeugen der BLS-Gruppe gab es nicht, da alle Triebfahrzeuge der Betriebsgruppe in Spiez übernommen wurden und daher immer Spiez angeschrieben wurde.

Damit konnten die ersten Versuchsfahrten stattfinden. Auch wenn man Erfahrungen mit den vorangehenden Modellen hatte, mussten einige Bereiche überprüft werden. Dazu gehörten die erhöhten Lasten auf den steilen Strecken der Lötschbergbahn. Dabei wurden nicht nur die Lasten gesteigert, sondern auch unterschiedliche Geschwindigkeiten gefahren. So konnte man berechnen, wie der Fahrplan zu gestalten war.

Nebeneffekt war, dass der Triebwagen dabei er-wärmt wurde. So konnte gleich die Abführung der Wärme überprüft werden. Es zeigte sich, dass bei schweren Anfahrten die Wärme genügend abgeführt werden konnte.

Jedoch zeigte sich auch, dass keine Reserven mehr vorhanden waren. Gerade der Transformator wurde warm und arbeitete oft an der Leistungsgrenze, was hohe Anforderungen an die Ventilation stellte.

Im Rahmen der Versuche wurden natürlich auch die Laufeigenschaften überprüft. Das bedeutete, dass man Geschwindigkeiten die um 10% über den zugelassenen Werten lagen, die Strecken befuhr.

Gerade bei den Kräften in den Kurven wurde gute Ergebnisse erzielt. Man konnte mit den Triebwagen problemlos nach der damaligen Zugreihe A fahren. Da die Bedingungen für die Zugreihe R noch nicht bestanden, konnten diese Angaben nicht gemacht werden.

Auf geraden Abschnitten wurden bei den Versuchen auch Geschwindigkeiten von 120 bis 125 km/h gefahren. Auch hier sollten 10% mehr gefahren werden. Dabei zeigten die Fahrmotoren, dass sie durchaus auch diese Geschwindigkeiten über längere Zeit erbringen konnten. Jedoch zeigte sich auch, dass dazu die Kühlung zu schwach ausgelegt wurde. Eine Zulassung für diese Geschwindigkeiten war daher schlicht nicht möglich.

Bei den Bremsversuchen wurde zudem festgestellt, dass die Bremsen zwar gut wirkten, es jedoch nicht möglich war, den Zug aus 125 km/h auf dem vorgegebenen Weg zum Stillstand zu bringen. Daher konnte auch hier nur mit maximal 110 km/h gefahren werden. Das stellte jedoch bei der BLS-Gruppe keine grösseren Probleme dar, weil so oder so nicht schneller gefahren wurde. Jedoch musste man diese Meinung wenig später überdenken.

Als auch der zweite Triebwagen fertiggestellt war, konnte man die letzten Punkte prüfen. Dazu gehörte auch die Vielfachsteuerung. Dazu musste man zwei Triebwagen besitzen, denn passende Steuerwagen gab es schlicht noch nicht. Die Einrichtung war problemlos und auch die Funktionen konnten über das Kabel übertragen werden. Daher konnten die Triebwagen auch in Vielfachsteuerung verkehren. Das war jedoch selten der Fall, weil man nie einen Triebwagen zu viel hatte.

Die Triebwagen waren mit BLS beschriftet und somit für diese Bahngesellschaft bestellt worden. Das Betätigungsfeld der neuen Triebwagen sollte sich daher auf die Strecke zwischen Thun und Brig beschränken. Zwei Triebwagen wurden für den Regionalverkehr benötigt, der dritte Triebwagen bildete die Reserve. Meistens fuhr er aber nach Stresa, so dass zwei weitere Triebwagen die dringend benötigte Reserve bilden sollten.

Auf den Fahrplanwechsel im Frühling 1954 sollte dieses Konzept umgesetzt werden. Damit war die Inbetriebnahme der ersten drei Triebwagen abgeschlossen. Bei den später gelieferten Triebwagen mit den Nummern 749 bis 750 sollten nur noch die Versuche in den Werkstätten ausgeführt werden. Nun wusste man, dass die neuen Modelle die richtige Entscheidung waren. Auch die letzte grosse Strecke war in der Hand der ABDe 4/8.

 

Letzte

Navigation durch das Thema

Nächste
Home SBB - Lokomotiven BLS - Lokomotiven Kontakt

Copyright 2018 by Bruno Lämmli Lupfig: Alle Rechte vorbehalten