Persönliche Erfahrungen

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Ich war Kind, wohnte in einer Gegend, wo die Baureihe Ae 6/6 noch selten zu Gast war und begann mich für die Eisenbahn zu interessieren. Auch die grossartigen Taufen waren längst Geschichte. Vielmehr standen die Taufen der Baureihe Re 6/6 an. Mein Wohnort hatte so eine Lokomotive bekommen und daher wurde ein grosses Fest veranstaltet. Die Kinder durften die grosse Lokomotive besichtigen und sich daher an der modernen Technik erfreuen.

Kommt da keine Freude für die Lokomotive der Baureihe Ae 6/6 auf? Wenn Sie das glauben, dann träumen Sie weiter, auch im Aargau konn-te man sich als Kind nicht von den Lokomotiven des Typs Ae 6/6 loslösen.

Es stimmte zwar, die Loko-motive sah man selten, aber schnell war klar, jede hatte ein Wappen und irgendwann werde ich sie sehen, genau die "Aargau".

Eine Nummer hatte diese natürlich nicht, wie sollte ich als kleines Kind das wissen.

So blieb die Lokomotive meistens nur ein Modell, das im Katalog des Herstellers meiner Modellbahn zu sehen war.

Wie könnte es auch anders sein, die Verzierungen am Modell erfreuten mich und so stand die Lokomotive von Märklin ganz oben auf meiner Wunschliste zu Weihnachten. Meinem Wunsch wurde entsprochen und so hielt ich das Modell in den Händen. Die beiliegenden Kleber enthielten auch das Wappen des Kantons Aargau.

Eigentlich änderte sich nicht viel. Ich wusste dank dem Modell sehr schnell, dass die 11 407 mein Objekt der Begierde war. Jüngere Leser wird das natürlich überraschen, aber damals hatte man noch kein Internet und Computer waren etwas für Büros und spezielle Räume. Man war auf Bücher angewiesen und die gab es damals zur Baureihe Ae 6/6 auch nicht zu kaufen. Das beste Buch war eine Sammlung aller Baureihen.

Schliesslich hielt ich sie in den Händen, die Liste mit den Taufnamen der Baureihe Ae 6/6. Neben den schon bekannten Kantonslokomotiven gab es auch die Städtelokomotiven. Darunter auch die Nummer 11 444 der Stadt Aarau. Als sich die Anzahl Modelle dieser Lokomotive erweiterte kam schliesslich dank dem Modell von Roco die Lokomotive mit der Nummer 11 444 in meine Sammlung, ich hatte die wichtigsten Maschinen dieser Baureihe.

Als ich meinen Dienst im Depot Erstfeld begann, waren die Maschinen der Baureihe Ae 6/6 hier noch zu Hause. Es waren die Kantonslokomotiven, die hier stationiert waren und so kam sie immer wieder, die Maschine, die ich als Kind so lange vermisste, die Nummer 11 407.

Natürlich gab es noch die anderen und sie waren auf der Gotthardachse zwischen Basel und Erstfeld im Einsatz. Es kamen jedoch auch Einsätze über den Gotthard ins Tessin dazu.

Die Lokomotiven der Baureihe waren damals oft noch vor Reisezügen anzutreffen und forderten uns Anwärter gewaltig. Jedoch muss ich erwähnen, dass die grossartigen Zeiten der Maschine vorbei waren.

Am Gotthard spielten die neueren Loko-motiven die erste Geige. Der Gussmuni, wie die 11 402 abschätzig bezeichnet wurde, war längst in die Ostschweiz abgezogen worden. Doch es gab sie noch die Touren mit der Reihe Ae 6/6.

Besonders die legendäre Tour 11 von Erstfeld war nicht nur beliebt. Der Einsatzzug am Morgen wurde, wie könn-te es anders sein, mit einer Ae 6/6 geführt. Dabei musste die Lokomotive gefordert werden. Das war eine Herausforderung, vor allem dann, wenn man erst wenige Stunden gefahren war und nun mit der Baureihe Ae 6/6 hantieren musste, wie ein Lokführer mit mehreren Jahren Berufserfahrung. Da war man in Zürich erschöpft.

Wer das Pech hatte, konnte nach der Fahrt über Basel nach Luzern den Heimweg in Richtung Erstfeld mit einer Lokomotive der Reihe Ae 6/6 antreten. Das war meistens dann der Fall, wenn die sonst eingeplante Baureihe Re 4/4 III nicht verfügbar war. So konnte man schliesslich wieder den Fahrzeiten nachjagen und die Lokomotive fordern. Gut, es konnte auch umgekehrt gewesen sein, denn so genau weiss ich das auch wieder nicht.

Dadurch kam ich in den Genuss die Baureihe Ae 6/6 vor nahezu jeder möglichen Zugskategorie zu be-dienen. Obwohl die Lokomotive nur nach der Zugreihe A verkehren konnte, war es kein Problem die Fahrzeiten für die Reisezüge einzuhalten.

Dies in erster Linie, da die Maschine eine höhere Anfahrzugkraft hatte  als die oftmals eingeplante Baureihe Re 4/4 III. Die Lokomotive war sehr angenehm in der Bedienung.

Es war klar, dass man bei der praktischen Prüfung mit Sicherheit einen Zug mit der Baureihe Ae 6/6 führen musste. Bei mir war das mit dem legendären Zug 6820 zwischen Arth-Goldau und Zug der Fall.

Dabei kontrollierte der Oberlokführer pingelig ge-nau, ob man in Zug Oberwil an der richtigen Stelle stand. Sah der OLF über die Schultern des Prüflings in die Küche des Hauses und monierte die dortige Ordnung, stand man goldrichtig.

Die Lokführer der Reserve wurden an den Feier-tagen oft zur Führung der Entlastungszüge heran-gezogen. So ging es nach Bellinzona, wo man den Vorzug zum Eurocity nach Zürich übernehmen musste.

Was rollte in den Bahnhof Bellinzona. Natürlich eine Lokomotive der Baureihe Ae 6/6. So machte man sich mit den 56 Achsen am Haken auf den Weg über den Gotthard. Angehalten werden musste nur in Arth-Goldau, Zug und Zürich.

Man wusste zudem, dass man von einer Baureihe Re 6/6 verfolgt wurde und die war auch nicht schwach auf der Brust. Daher musste man der Lokomotive die Sporen geben und man fuhr im wahrsten Sinne des Wortes mit dem Messer zwischen den Zähnen. Da man natürlich zu spät losfuhr, konnte man zudem noch dafür sorgen, dass die Verspätung aufgeholt wurde. In Zürich kannte man dann die Macken der Baureihe Ae 6/6 sehr genau.

Nicht nur ich zählte die Baureihe Ae 6/6 zu meinen Lieblingsmaschinen, sondern auch viele meiner Kollegen. Auch ich zog persönlich eine Reihe Ae 6/6 der neueren Baureihen Re 460 oder Re 482 vor.

Da die Lokomotive Ae 6/6 einem noch das Gefühl für den Zug gab. Bis heute hat mich noch nie eine Maschine der Baureihe Ae 6/6 im Stich gelassen. Wenn ich mit der solchen Maschine auf die Reise ging, kam ich immer ohne einen ernsthaften Lokdefekt am Ziel an.

Ich gestehe aber, dass ich, wenn ich die Wahl einmal hatte, die Baureihe Re 6/6 vorgezogen habe. Dabei gab es jedoch nur eine einzige Ausnahme. Stand Schiebedienst auf den Programm, versuchte ich immer wieder, dass ich mir eine Lokomotive der Reihe Ae 6/6 sichern konnte.

Dort musste man nicht so genau auf die Anzeigen achten, denn man wusste, welche Stufe beim Schiebedienst eingestellt werden musste, das war sehr einfach.

Mit den modernisierten Lokomotiven kam erneut ein neuer Sitz auf die Lokomotive, der dank einiger Anpassungen besser war und dem Lokführer ein wenig mehr Beinfreiheit bot.

Dank der Kopfstütze und den Armlehnen, liess sich die Lokomotive nun auch im "Easy-Modus" bedienen, was gerade bei langen Fahrten entspannend wirkte. Die verbesserten Scheibenwischer sorgten für bessere Sichtverhältnisse bei Regen.

Auf den Lokomotiven wurde schliesslich der neue digitale Funk eingebaut, den wir Lokführer nicht nur liebten, denn die Einführung erfolgte ungeordnet und chaotisch, so dass niemand genau wusste, auf welchem Zugfunk eine Maschine gerade erreichbar war. Vorteile gab es, denn es war schön ruhig und es waren keine lästigen Störungen zu hören. Ach ja, mit dem neuen Funk konnten wir Lokführer endlich nach Hause telefonieren.

Und nun kam mit der Baureihe Ae 6/6 wieder etwas Neues auf mich zu, denn es sollte ausgerechnet die Ae 6/6 sein, die ich als erste historische Lokomotive bedienen durfte.

Man konnte wieder von jenem Tag träumen, als die Lokomotive vor den Einheitswagen gespannt, vor einer Re 6/6 flüchten musste, weil genau die Ae 6/6 den Vorläufer zum Eurocity zu führen hatte. Meine Begeisterung für die Lokomotive wurde immer intensiver.

Das wirkte sich auch auf meine Sammlung der Modelle aus. Neben den schon erwähnten Ma-schinen mit den Nummern 11 407 und 11 444, gesellten sich nun auch die Lokomotiven 11 402, 11 411, 11 414, 11 425 und nicht zuletzt die Nummer 11 464 mit dem Wappen von Erstfeld dazu.

Sie sehen, auch bei den Modellen hatte ich mich an den Lokomotiven dieser Baureihe erfreut und dabei habe ich doch tatsächlich noch die Nummer 11 428 vergessen.

Ein wenig steckt in jedem von uns ein bisschen Karl Mumenthaler. Als ich einmal spät am Abend von einem Einsatz mit der historischen 11 402 angekommen war, meldete ich dem Teamleiter, dass der Stier wohlbehalten im Stall steht und ich ihm ein Bett aus Stroh bereitet habe. Zudem meldete ich, dass ich als Stärkung noch zwei Ballen Heu hingelegt hätte. Ob nachgeschaut wurde, was verunstaltet wurde, weiss ich hingegen nicht.

Als sich die Lokomotiven der Baureihe Ae 6/6 langsam von der Bildfläche zu verabschieden begannen, machte ich von jeder bedienten Lokomotive dieser Baureihe ein Foto. Schliesslich konnte man nie wissen, wann es die letzte planmässig eingesetzte Lokomotive sein könnte. So schliesse ich den Artikel mit dem Bild der Nummer 11 424, der letzten planmässigen Ae 6/6 meiner Karriere. In Zukunft sollten es nur noch die Nummern 11 402 und 11 411 sein.

 

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