Inbetriebsetzung

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Bei der Inbetriebsetzung kam es zu einem kleinen Chaos. Da fuhren zwei Lokomotiven, die unterschiedlicher nicht sein konnten im Raum Bern. Sie hatten die gleiche Bezeichnung erhalten. Dabei sahen die beiden Maschinen unterschiedlich aus und konnten so unmöglich identisch sein. Die Bezeichnung, die beide Lokomotiven trugen lautete Fb 2x 2/3 und sie hatten die Nummern 11 301 und 11 302 erhalten. Gebaut wurden sie von der MFO und der BBC.

Ähnlich war die Situation je-doch auch bei den Lokomotiven für den Güterverkehr. Dort wur-de die Bezeichnung später je-doch mit den Indexen I und II versehen.

So hatte man eine klare Auf-teilung erhalten. Bei den Loko-motiven für Reisezüge gab es diese offiziell jedoch nie.

In der Verzweiflung musste man sich jedoch eine Lösung aus-denken. Man griff zur Lösung, die man bei den Gütermaschinen verwendete und verpasste den Lokomotiven Indices.

Offiziell wurde die Maschine mit der Nummer 12 301 später als Be 4/6 II bezeichnet. Dabei handelte es sich um die Maschine der MFO. Die von der BBC gelieferte Lokomotive mit der Nummer 12 302 wurde als Be 4/6 I angesehen. Das passte jedoch nicht zu den an den Lokomotiven angeschriebenen Nummern und an den Lokomotiven angeschrieben wurden sie auch nicht. Es gab damit aber eine ganz spannende Situation mit den Indices.

Bis zur ersten Baureihe, die wegen der identischen Achsfolge unabhängig vom Hersteller so behandelt werden musste galt. Index I kennzeichnet Lokomotiven vom Hersteller BBC. Für die Maschinen die aus Oerlikon geliefert wurden, sah das Direktorium den Index II vor. Erst später stiess auch noch die SAAS und der Index III dazu. So gut durchdacht das war, bereits bei der zweiten Welle von Lokomotiven kam die Ce 6/8 III, wo das allen nicht mehr stimmte.

Da sich die Lokomotive Be 4/6 II mit der Nummer 12 301 nicht mit den hier beschriebenen Maschinen vergleichen lässt, belasse ich es bei der kurzen Erwähnung dieser Lokomotive. Die Maschinen mit der Bezeichnung Be 4/6 I und den Nummern 12 302 bis 12 342 werden hier vorgestellt. Weiter wird jedoch nur noch von der Reihe Be 4/6 gesprochen werden. Das stimmt sogar, denn auch die Schweizerischen Bundesbahnen SBB führten den Index I sehr selten.

So einfach, wie heute, stellte sich die Inbetriebnahme dieser Baureihe nicht dar. Bevor eine Lokomotive ausgeliefert wurde, musste der Hersteller zuerst prüfen, ob die Angelegenheit so funktioniert, wie man sich das ausgedacht hat. Dazu musste die Lokomotive eingeschaltet werden und dazu benötigte man im Werkgelände die entsprechende Fahrleitung. In Münchenstein, musste die BBC daher zuerst ein Werkgleis entsprechend ausrüsten.

Als am 19. April 1919 die Fb 2x 2/3 mit der Nummer 11 302 in Münchenstein den Schweizerischen Bundesbahnen SBB übergeben wurde, wusste man zwei Dinge. Die Serie war bereits längst bestellt worden und die Strecke zwischen Bern und Thun, aber auch der Gotthard, waren noch nicht elektrifiziert worden. Bevorzugt wurde jedoch die Strecke von Bern nach Thun, weil man so leicht zur Strecke der BLS gelangen konnte. Dort sollten die Versuche durchgeführt werden.

Die in Münchenstein fertig gestellte Lokomotive für Reisezüge wurde anschliessend mit Dampflokomoti-ven nach Bern überführt.

Dabei konnte man nicht jede Strecke nehmen, da die Achslasten auf den Triebachsen mit 20 Tonnen um diese Zeit auch für einige Hauptstrecken zu hoch wa-ren.

Jedoch gelang die Überfuhr und die neue Maschine konnte im Depot Bern den Schweizerischen Bundes-bahnen SBB übergeben werden.

Die verantwortlichen Stellen der schweizerischen Bundesbahnen SBB konnten die Lokomotive, wie die zuvor schon gelieferten Modelle aus Oerlikon nur genau betrachten.

Ohne Strom funktionierte keine der Lokomotiven. Diesen gab es, erst im Bahnhof von Scherzlingen. Dort begann die Strecke der BLS und die besass durchaus die passende Fahrleitung mit dem richtigen Strom-system. Daher lautete das nächste Ziel für die Loko-motiven Thun.

Somit reise die erste Maschine dieser Baureihe kurze Zeit später zusammen mit den anderen Versuchsloko-motiven nach Thun.

Zuglokomotive war auch jetzt wieder eine Dampfmaschine. Eine andere Lösung um von Bern nach Thun zu kommen gab es nicht, denn auch die Dekretsbahn durch das Gürbetal, war zu jener Zeit noch nicht elektrisch befahrbar. Selbst über Burgdorf hätten sie nicht selber fahren können, da die BTB mit Drehstrom fuhr.

Nach einem kurzen schups gelangte die Lokomotive schliesslich nach Scherzlingen. Die beiden Bahnhöfe waren zusammengebaut und die Fahrleitung reichte bis nach Thun. Jedoch stand die Maschine der Schweizerischen Bundesbahnen SBB nun unter einer Fahrleitung mit Wechselstrom. Die Besatzung, die aus speziell geschultem Personal bestand, begann sofort mit der Inbetriebnahme der Lokomotiven und führte die ersten Fahrversuche durch.

Mit etwas mehr Mut, legte sich die neue Maschine mit den ein paar Jahre älteren Fb 5/7 der BLS an. Damit fanden die ersten Versuche auf den Strecken der BLS statt. Das war eigentlich auch so vorgesehen, denn schliesslich hatte der Gotthard ähnliche Bedingungen. Das Testgebiet war nahezu ideal. Lediglich der aufwendige Transport von Bern nach Thun und zurück war mühsam. Bern war die Heimat der Lokomotiven für den Gotthard und dort wurden sie unterhalten.

Die Strecke von Bern nach Thun wurde daher 1919 als erste der Schweizerischen Bundesbahnen SBB mit Wechselstrom elektrifiziert und die Fahrleitung am 07. Juli 1919 eingeschaltet. Damit konnte man die Versuche mit den neuen Maschinen auf der eigenen Strecke durch das Aaretal durchführen und musste nicht mehr die Hilfe von Dampfmaschinen in Anspruch nehmen, wenn man für eine Testfahrt an den Lötschberg wollte.

Man kann daher feststellen, dass die Prototypen sehr intensiv getestet wurden. Nur Änderungen an der Serie hätten diese nicht mehr bewirken können. Der Grund ist eigentlich klar, denn die ersten in Serie gebauten Maschinen waren in Münchenstein bereits in der Montage. Nur fehlen uns nicht diese Informationen, sondern Hinweise zu den Testfahrten am Lötschberg, denn dort konnten Vergleiche angestellt werden. Muster war dabei klar die Reihe Fb 5/7.

Der Vergleich der beiden Baureihen ist jedoch nicht direkt möglich. Die Maschine der BLS hatte eine Triebachse mehr und verfügte über 2 500 PS. Die neue Lokomotive der Schweizerischen Bundesbahnen SBB musste sich mit deutlich weniger Leistung und einer Triebachse weniger begnügen. Trotzdem kann angenommen werden, dass die Reihe Fb 2x 2/3 durchaus die Lasten der grösseren Maschine aus dem Bestand der BLS ziehen konnte.

In manchen Belangen über-trumpfte die Neue der Staats-bahnen. Dank dem Aufbau mit den Drehgestellen, klemmte sie in den engen Kurven des Lötsch-berg weniger.

Damit musste weniger Kraft für die Überwindung der Reibung aufgebracht werden. Das schlug sich automatisch auf die Anhän-gelast nieder.

Daher legten nach den Fahrten die Schweizerischen Bundes-bahnen SBB für die Lokomotiven eine Normallast von 300 Tonnen für Steigungen von 26‰ fest.

Bei den schnellen Fahrten durch das Aaretal bemerkte das Personal schnell, dass die Lokomotive nicht sehr ruhig lief. Im Vergleich mit der Baureihe A 3/5 war das deutlich zu spüren. Jedoch hatte die elektrische Lokomotive keinen festen Versatz und so konnten die Massen der Triebstangen nicht so gut ausgeglichen werden. Das führt zu einer taumelnden Lokomotive. Ein Problem, das nicht der Maschine, sondern am Antrieb zugeschlagen werden muss.

Hier muss erwähnt werden, dass diese Ergebnisse nicht überraschten, denn bisher wurden in der Schweiz nur Lokomotiven mit diesem Antrieb verbaut. Wie nervig dieses Geruckel sein konnte, bemerkte das Personal erst, als mit der Baureihe Be 4/7 eine ruhigere Maschine kam. Jedoch gab es diese schlicht noch nicht und so wusste niemand, dass man die Baureihe Be 4/6 später auch deswegen zum «Rehbock» machen sollte.

Am 01. Februar 1920 gesellte sich dann die erste in Serie gebaute Fb 2x 2/3 zur Versuchslokomotive. Nun konnte man erste Vergleiche zwischen Serie und Prototyp anstellen. Während man die ersten Fahrten noch auf der Strecke zwischen Bern und Thun absolvierte, wurden die Lastfahrten auf der Nordrampe der BLS durchgeführt. Dabei absolvierte die Maschine der Serie das gleiche Programm, das der Prototyp schon gefahren war.

Da nun die Serie in der Erprobung war, wurde der Prototyp nicht mehr be-nötigt und begann damit, die fahrplanmässigen Züge zwischen Bern und Thun zu bespannen.

Jedoch zeigten die Ergebnisse, dass die bei der Serie vorgenommenen Än-derungen wirksam war. Die Anhängelasten wurden scheinbar mühelos be-schleunigt und somit die Normallast von 300 Tonnen bestätigt. Dies natürlich bei 45 km/h. Doch noch fehlte der abschliessende Test.

Am 13. September 1920 war es dann soweit, die neue Fahrleitung zwischen Göschenen und Ambri-Piotta wurde unter Spannung gesetzt. Die in Bern sta-tionierten Lokomotiven wurden mit Ausnahme der 11 302 nach Erstfeld ver-schoben.

Der Prototyp blieb in Bern, weil man dort bekanntlich ein paar Lokomotiven benötigte, um die Züge über die Strecke im Aaretal zu befördern. Dort wollte nun niemand mehr auf diese Technik verzichten.

In Erstfeld angekommen, wurden die neuen Maschinen umgehend dem Per-sonal vorgestellt. Diese Vorstellung wurde gleichzeitig benutzt um das Lokomotivpersonal auf dem neuen Triebfahrzeug zu schulen. Das war nicht so leicht, wie man heute meinen kann, denn Elektrizität war damals immer wieder als Teufelszeug betitelt worden. Man musste dem Lokführer erklären, dass es keine Steuerung und kein Regulator gibt. Nun musste man an einer Kurbel drehen.

Im Rahmen dieser Schulung befuhren die Lokomotiven auch die benannte Strecke. Diese Fahrten dienten dem Personal auch um etwas Praxis zu erlangen und den Ingenieuren um die Ergebnisse vom Lötschberg zu testen. Am dem 18. Oktober 1920 konnte man sich jedoch die Reise nach Göschenen ersparen. Die Fahrleitung bis Erstfeld war nun auch eingeschaltet worden. So konnte die Nordrampe in der gesamten Länge befahren werden.

Wie vorgesehen, fuhr man zu dieser Zeit mit einer Spannung von 7 500 Volt. So erwartete man weniger Pro-bleme mit dem Russ.

Trotzdem mussten die Isolatoren in den zahlreichen Tunnel immer wieder gereinigt werden. Noch immer regier-ten am Gotthard die Dampflokomoti-ven.

Auch wenn es immer mehr elektrische Vertreter gab, war die Strecke nicht durchgehend befahrbar. An einigen Stellen auf der Südseite fehlte dazu noch die Fahrleitung.

Schliesslich wurden die Lokomotiven auf Ende 1920 neu bezeichnet. Die Maschinen hiessen neu Be 4/6 und er-hielten die definitiven Nummern 12 302 bis 12 312.

Wobei die Nummer 12 308 diese Be-zeichnung und die Nummer als erste Lokomotive bereits ab Werk bekom-men hatte.

Die Fb 2x 2/3 verschwanden am Gott-hard und die Be 4/6 traten ihre Stelle. Die Ablieferung des ersten Bauloses endete mit der 12 312 am 30. Juni 1920.

Die letzten beiden Lokomotiven verblieben nach den ersten Gehversuchen jedoch in Bern und wurden dort zusammengekuppelt. Dabei verband man auch das Kabel der Vielfachsteuerung. Überliefert sind jedoch nur die Versuchsfahrten, ob diese besondere Einrichtung letztlich auch planmässig genutzt wurde, konnte nicht restlos geklärt werden. Aber wir können vermerken, dass in der Schweiz 1920 die ersten Lokomotiven in Vielfachsteuerung verkehrten.

Die Lokomotiven der Baugruppe 12 313 bis 12 318 wurden nach Ablieferung gleich in Bellinzona stationiert und absolvierten ihre Versuche nicht mehr in Bern. Somit hatte die Baureihe Be 4/6 beiden Seiten des Gotthards erobert. Möglich war dies, da nun die Bergstrecke vollumfänglich in der Hand der elektrischen Vertreter war. In der Folge wurden die vorhandenen Lokomotiven umgestellt und am Gotthard wurde nun ebenfalls mit 15 000 Volt gefahren.

Ab dem 28. Mai 1922 war die Strecke Luzern – Gotthard – Chiasso durchgehend elektrisch befahr-bar. Erst jetzt konnte die letzte Forderung des Pflichtenheftes getestet werden.

Dieses sah zur Erinnerung vor, dass innerhalb von 24 Stunden drei Fahrten von Luzern nach Chiasso und zurück absolviert werden mussten.

Natürlich musste erprobt werden, ob es mit der neuen Baureihe wirklich möglich war, das Pro-gramm zu fahren.

Am 23. und 24. September 1922 fanden mit der zwei Monate vorher abgelieferten Be 4/6 Nummer 12 328 ausgedehnte Messfahrten statt, die klären sollten, ob wirklich alle Bedingungen des Pflichten-heftes durch die Baureihe erfüllt wurden.

Und das war die Kilometerleistung. Immerhin wur-den bei der Maschine tägliche Leistungen von über 1000 Kilometer erwartet. Das war damals schlicht noch nie erreicht worden und gute Reihen schaff-ten 400 – 500 Kilometer.

Ein Zug von 302 Tonnen Anhängelast mit dem Messwagen Xd4 99701 wurde innerhalb von 25 Stunden dreimal von Luzern nach Chiasso und zurück gefahren. Nach der zweiten Rückfahrt wurde in Luzern ein Halt von einer Stunde zwecks gründlicher Kontrolle und Nachschmierung der Maschine eingeplant. Die durchschnittliche Geschwindigkeit während den 21 Stunden und 51 Minuten reiner Fahrzeit, betrug beachtliche 62 km/h.

Die praktisch fabrikneue Maschine bestand die Probe glänzend. Auf den Steilrampen wurde mit 55 ... 60 km/h bergwärts gefahren, und beim Anfahrversuch während der letzten Fahrt wurden die 50 km/h bereits nach zweieinhalb Minuten, statt wie vorgeschrieben, nach deren vier erreicht. Die Baureihe Be 4/6 erfüllten alle Bedingungen des Pflichtenheftes. Damit endeten jedoch die Versuche und der planmässige Betriebseinsatz begann.

 

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