Der Traktionsstromkreis

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Wer damals eine elektrische Lokomotive bestellte, machte sich, wie der Hersteller, keine zu grossen Gedanken über die Wahl des Systems. Dieses wurde immer wieder in einer gemeinsamen Aktion bestimmt. Hier lag die Sache nicht gross anders. Trotzdem müssen wir einen genauen Blick auf die Spannung der Fahrleitung werfen, denn hier gab es eine ganz besondere Situation, die jedoch nicht mehr alle Maschinen dieser Baureihe betraf.

Ausgelegt wurden die Lokomotiven für eine Fahrleitungsspannung von 15 000 Volt. Die dabei massgebende Frequenz wurde mit 16 2/3 Hertz angegeben. Das waren exakt die Werte, wie sie schon auf der Strecke der BLS verwendet wurden. Jedoch hatte sich dort ein Problem bei der Kombination mit Dampflokomotiven gezeigt. Es kam immer wieder zu Kurzschlüssen, weil die Isolatoren durch den Russ verschmutzt wurden und leiteten.

Da die Schweizerischen Bundesbahnen SBB wussten, dass es am Anfang zu einem gemischten Betrieb kommen würde. Daher wurde bei den Lokomotiven bis zur Nummer 12 328 eine Umschaltung gefordert. Diese Maschinen sollten auch mit einer Spannung von lediglich 7 500 Volt betrieben werden können. Damit wollte man das Problem mit den Kurzschlüssen in den Griff bekommen. Jedoch sollte dabei eine Einbusse bei der Leistung in Kauf genommen werden.

Die Fahrleitungsspannung wurde mit Hilfe von zwei auf dem Dach der Loko-motive montierten Stromabnehmer auf das selbige übertragen. Es wurden dabei zwei Scherenstromabnehmer aus der Produktion der BBC verwendet.

Diese hatten sich schon bei den Lokomotiven der BLS bewährt und sollten daher auch hier verwendet werden. Wegen dem Aufbau dieser Pantografen mussten immer beide Exemplare gehoben werden.

Um den Stromabnehmer zu heben wurde Druckluft benötigt. Diese wurde in einen Zylinder geleitet. Dort bewirkte der Druck, dass die Kraft der Senkfeder aufgehoben wurde.

Dadurch konnte nun die Hubfeder den Stromabnehmer heben und so den Kontakt mit dem Fahrdraht herstellen. Fehlte dieser, streckte sich der Bügel durch, bis die unteren Holme senkrecht standen. Von selber konnte er danach nicht mehr gesenkt werden.

Der Fahrdraht wurde von einer einzigen Schleifleiste aus Aluminium berührt. Diese war jedoch nicht ausreichend, dass der Kontakt immer sichergestellt wurde. Daher mussten auf der Lokomotive beide Stromabnehmer gehoben werden. Von der Breite her entsprach dieses Schleifstück den Modellen, wie sie bei der BLS verwendet wurden. Mit 1 320 mm Breite war es auch am Gotthard möglich, ohne Anpassungen bei den Tunneln, die Fahrleitung zu montieren.

Bis hier waren die Stromabnehmer bei allen Lokomotiven dieser Baureihe identisch. Jedoch gab es bei der Position Unterschiede. So wurden bis zur Maschine mit der Nummer 12 328 die Stromabnehmer gegen die Mitte der Lokomotive montiert. Dadurch kamen sie sehr nahe beim Drehpunkt der Drehgestelle zur Montage. Jedoch waren die Bügel so nahe, dass es bei höheren Geschwindigkeiten zu Problemen mit dem Kontakt kam.

Aus diesen Grund änderte man ab der Nummer 12 329 die Po-sition. Die Stromabnehmer rückten nun an das Ende des Daches. Damit stieg die Distanz, was einen besseren Kontakt bei hohen Geschwindigkeiten er-gab.

Jedoch waren die Bügel jetzt nicht mehr über dem Drehpunkt und somit verschobenen sie sich in den Kurven zur Seite hin. Wegen den geltenden Toler-anzen sah man in diesem Punkt jedoch kein Problem.

Die beiden Stromabnehmer wurden mit einer Dachleitung miteinander verbunden. Jeder davon konnte mit Hilfe von in der Leitung eingebauten Trennmessern abgetrennt werden. Diese Trennmesser konnten vom Maschinenraum aus bedient werden. Daher musste man dazu nicht auf das Dach der Lokomotive klettern. Ein Unterfangen, das wegen den hohen Spannung gefährlich war und nur gemacht werden durfte, wenn die Fahrleitung mit der Erde verbunden war.

Weiter waren an der Dachleitung die beiden Blitzschutzspulen vorhanden. Diese wurden benötigt um die Lokomotive vor den hohen Spannungen eines Blitzes zu schützen. Schlug dieser in die Fahrleitung stieg die Spannung in der Spule an und sie leitete die Spannung gegen das Dach ab. Es kam zum Kurzschluss. In der Folge wurde sowohl Lokomotive, als auch die Fahrleitung ausgeschaltet. Der Blitz konnte so keinen Schaden anrichten.

Schliesslich wurde die Fahrleitungsspannung von der Dachleitung durch das Dach in die Lokomotive geführt und endete dort beim Hauptschalter. Da die hohe Spannung jedoch im Maschinenraum gefährlich war, wurde der Hauptschalter unmittelbar beim Transformator montiert. So konnte man die Leitungen mit der Hohen Spannung sehr kurz halten und sie mit speziellen Gittern vor der Berührung schützen.

Es kam ein fernbedienter Ölhauptschalter zum Einbau. Dieser konnte ohne Druckluft geschlossen werden. Damit war die Verbindung zum Transformator hergestellt. Wollte man jedoch den Hauptschalter ausschalten, entstand bei den Kontakten ein Lichtbogen.

Damit dieser ohne Schaden gelöscht werden konnte, wur-den die Kontakte in einem Ölbad eingebaut. Dieses spe-zielle Öl löschte den Funken und verhinderte so ein Brand.

Einen Nachteil hatte dieser Hauptschalter jedoch. War die zu schaltende Leistung sehr hoch, entstand beim Löschen des Funkens grosse Wärme. Dadurch erhitzte das Öl im Hauptschalter sehr stark und begann zu verdampfen.

Diese Öldämpfe waren jedoch leicht brennbar. Damit es kein Problem gab, wurden die Dämpfe aus der Lokomotive geleitet und gelangten so ins Freie, wo es kein Problem mehr geben sollte.

Ein Erdungsschalter, wurde parallel zum Hauptschalter montiert. Dadurch konnten sowohl die Leitung vor, als auch jene nach dem Hauptschalter mit der Erde verbunden werden.

Damit war nun möglich, an den Leitungen für die Hoch-spannung der Lokomotive gefahrlos arbeiten zu können. Das galt selbst für die Stromabnehmer, da diese nun unabhängig vom Hauptschalter ebenfalls mit der Erde ver-bunden waren. Daher mussten diese beim Erden gesenkt sein.

Nach dem Hauptschalter wurde die Spannung der Fahrleitung dem Transformator zugeführt. Dabei handelte es sich nur um eine sehr kurze Leitung. Trotzdem wurde darin noch die Messung des Stromes eingebaut. Dieser Primärstrom wurde mit einem Stromwandler gemessen. Stieg der Wert an, sorgte die Steuerung dafür, dass der Hauptschalter ausgeschaltet wurde. Bis zur Nummer 12 328 konnten die Werte jedoch verändert werden.

Geendet hatte die Leitung im Transformator bei der primären Anzapfung der Wicklung. Die andere Seite der Spule war schliesslich mit dem Gehäuse und mit den Erdungsbürsten mit der Schiene verbunden.

Dadurch entstand ein geschlossener Stromkreis und es konnte Leistung übertragen werden. Je-doch müssen wir uns diese Spule genauer ansehen, denn hier wurde die Reduktion der Spannung schliesslich zu einem wichtigen Punkt.

Aus diesem Grund wurde der erste Teil der Wicklung bei den Lokomotiven bis zur Nummer 12 328 in zwei identische Teile aufgeteilt. Diese wurden bei 15 000 Volt in Reihe geschaltet. Wurde die Spannung in der Fahrleitung jedoch reduziert, wurden die beiden Spulen parallel versorgt. Dadurch stieg der Strom auf den doppelten Wert an. Für die Lokomotive bedeutete das jedoch nur, dass sie auch jetzt die volle Leistung erbringen konnte.

Diese Umschaltung erfolgte jedoch ausschliesslich in einer Werkstatt und war nicht für den Betrieb vorgesehen. Die Lokomotiven ab der Nummer 12 329 hatten einen etwas einfacheren Aufbau erhalten, da hier die Umschaltung nicht vorgenommen werden musste. Jedoch gab es nun keinen Unterschied mehr, denn der zweite Teil der Wicklung war bei allen Maschinen dieser Baureihe wieder identisch aufgebaut worden.

Die zweite Hälfte der Wicklung war mit 18 Anzapfungen versehen worden. Diese hatten gegen-über der Erde eine Spannung zwischen 225 und 1 260 Volt erhalten. Sie haben richtig gelesen, diese Spannungen standen gegenüber der Erde zur Verfügung. Der Transformator dieser Baureihe war daher in der Sparschaltung aufgebaut worden. Eine Massnahme, die dafür sorgte, dass beim Gewicht eingespart werden konnte.

Die Anzapfungen vom Transformator wurden anschliessend dem von der Firma BBC entwickelten Stufenschalter zugeführt. Dieser Flachbahnstufenschalter war so ausgelegt worden, dass die Spannung ohne Unterbruch geregelt werden konnte. Dazu war jedoch eine spezielle Schaltfolge einzuhalten. Diese Schaltung benötigte spezielle Überschalt-widerstände. Es lohnt sich, wenn wir die Schaltung genauer ansehen.

Die Schaltung erfolgte in vier Schritten. In der ersten Phase wurde die neue Anzapfung mit dem Überschaltwiderstand und so mit der bisherigen Anzapfung verbunden. Diese konnte nun spannungslos getrennt werden. In der Folge wurde die neue Anzapfung zugeschaltet und anschliessend der Widerstand wieder getrennt. Die Schaltfolge erlaubte so eine Stufe pro Sekunde zu schalten, was zur Lokomotive für Schnellzüge passte.

Wegen den benötigten Schaltungen und der spannungslosen Schaltung, waren vier zusätzliche Schalter erforderlich. Dabei handelte es sich um spezielle für hohe Belastungen ausgelegte Lastschalter. Es entstand so eine Regelung, die in 76 Schritten ohne Unterbruch die Spannung zwischen 225 Volt und 1 260 Volt regulierte. Wie gut diese Lösung war, zeigt nur schon die Tatsache, dass die Nachfolger davon bis zur Einführung der Umrichter verwendet wurden. 

Die im Stufenschalter unterbruchsfrei regulierte Spannung wurde über die beiden Wendeschalter den vier Fahrmotoren zugeführt. Jedem Drehgestell war ein eigener Wendeschalter zuteilt worden. Er stellte die notwenigen Schaltungen für die Wahl der Fahrrichtung ebenso her, wie er die Motoren bei den Lokomotiven ab der Nummer 12 313 umgruppierte um elektrisch bremsen zu können. Diese Bremse werden wir später noch genauer betrachten.

Da ein Wendeschalter immer zwei Fahrmotoren beeinflusste, konnte bei Ausfall des Wendeschalters nur noch mit halber Kraft gefahren werden. Das galt jedoch auch bei einem Fahrmotor, denn diese waren im Drehgestell in Reihe geschaltet worden. Somit wurde jeder Fahrmotor mit der halben Spannung vom Stufenschalter betrieben. Eine Lösung, die einen etwas leichtere Bauweise erlaubte und so half Gewicht einzusparen.

Es wurden zwölfpoligen Seriemotoren mit separatem Wendepol eingebaut und sie waren für den Betrieb mit Wechselstrom ausgelegt worden. Damit hatten sich jedoch die Gemeinsamkeiten der Lokomotiven, denn die Entwick-lung von Motoren für Wechselstrom flossen immer wieder in die Baureihe.

Daher waren für die Fahrmotoren unterschiedliche Eck-werte vorhanden. Wir kommen deshalb nicht darum her-um, diese genauer anzusehen.

Bei der Lokomotive mit der Nummer 12 302, also dem Prototyp dieser Baureihe wurde die Leistung eines Fahrmotors während der Dauer einer Stunde mit 390 kW angegeben. Für die Lokomotive galt daher ein Wert von 1 920 PS.

Die massgebende Geschwindigkeit lag dabei bei 51 km/h. Die Lokomotive erzeugte in diesem Moment mit den vier Fahrmotoren eine Zugkraft von 102 kN. Die angegebene Anfahrzugkraft betrug 200 kN.

Für die Lokomotiven mit den Nummern 12 303 bis 12 312 wurden andere Motoren verwendet. Die Leistung lag bei jedem Fahrmotor bei 370 kW und dabei galt eine Geschwindigkeit von 52 km/h.

Dadurch sank die die Zugkraft auf 91.5 kN. Maximal erreicht wurden hier 180 kN. Damit lag auch die Leistung mit 1 760 PS bei diesen Maschinen unter den Werten des Prototyps. Das war jedoch eine Folge der kurzen Lieferzeit.

Ab der Nummer 12 313 kamen wiederum andere und verbesserte Fahrmotoren zum Einbau. Diese Motoren besassen eine Leistung von 425 kW und konnten bei 52 km/h eine Zugkraft erzeugen, die für die komplette Lokomotive den Wert von 106 kN ergab. Bei der Anfahrzugkraft gab es hier jedoch keine Änderungen mehr. Die Leistung der Lokomotive, die für die Dauer einer Stunde angegeben wurde, betrug nun 2 040 PS.

Wenn wir uns nun auf die Lokomotiven mit den Nummern 12 302 bis 12 312 beschränken würden, könnten wir diesen Bereich der elektrischen Ausrüstung abschliessen. Jedoch waren auch diese Maschinen für den Einbau einer elektrischen Bremse vorbereitet worden.

Diese wurde hier jedoch noch nicht eingebaut, weil we-gen der kurzen Lieferzeit für diese Maschinen deren Ent-wicklung noch nicht abgeschlossen werden konnte.

Während die Maschinenfabrik Oerlikon MFO dank fähigen Ingenieuren bereits eine elektrische Nutzstrombremse entwickeln konnte, musste die BBC erst eine Lösung ausarbeiten.

Daher konnte diese nicht umgehend eingebaut werden. Ab der Maschine mit der Nummer 12 313 war jedoch auch die elektrische Bremse der BBC bereit. Es muss jedoch erwähnt werden, dass die Lösung der Fc 2x 3/4 so kompliziert war, dass sie nicht mehr weiterverfolgt wurde.

Die Fahrmotoren wurden bei der Lösung der BBC beim elektrischen Bremsen ab dem Transformator erregt. Die nun in den vier Fahrmotoren erzeugte Spannung wurde schliesslich zu den auf dem Dach montierten Bremswiderständen geführt. Dort wurde die Energie in Wärme umgewandelt und diese an die Umwelt abgegeben. Unter der Geschwindigkeit von 30 km/h war diese Widerstandsbremse jedoch praktisch ohne Funktion.

Die Widerstände wurden bei den Lokomotiven bis zur Nummer 12 328 über den Führerständen montiert. Ab der Nummer 12 329 tauschten sie die Position mit den Stromabnehmern. Die Abdeckungen waren jedoch bei allen Lokomotiven vorhanden, nur die Schaltungen waren bis zur Maschine mit der Nummer 12 312 noch nicht verwirklicht worden. Diese unter den Schutzhauben montierten Bremswiderstände prägten das Erscheinungsbild der Baureihe Be 4/6.

Die Wirkung der elektrischen Bremse konnte nicht mit der Lösung der MFO verglichen werden. Beide Schaltungen reichten jedoch aus, dass die Lokomotiven die Fahrt zu Tal mit Hilfe der elektrischen Bremse bewältigen konnte. Die Baureihe Be 4/6 erzeugte dabei mit den Widerständen Wärme. Die Ce 6/8 II der MFO gab die erzeugte Energie an die Fahrleitung ab. Wichtig wurde diese Bremse erst nach der Bestellung, denn bei Auslieferung war sie vorgeschrieben.

 

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