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Der Start in die Ära mit Neigezügen in der Schweiz hätte nicht schlechter sein können. Es kam während dem Bau zu Verzögerungen, die eine pünktliche Lieferung schlicht nicht mehr erlaubten. Der Grund waren nicht etwas grössere Probleme. Vielmehr zog der Hersteller die Entwicklung bei der Reihe ETR 460 für die FS voran. Die Version der Cisalpino AG konnte warten, der grosse Boss hiess in beiden Fällen jedoch FS.

Die ersten Gehversuche mit den neuen Neigezügen began-nen in Italien. Dort sollten die Versuchsfahrten der Reihe ETR 460 auch dazu genutzt werden, die Reihe ETR 470 schnell durch die Zulassung zu bringen.

Eine Praxis, die nicht so schlecht war, denn mechanisch waren die beiden Modelle identisch. Selbst der Teil für den dort verwendeten Gleichstrom war nahezu gleich aufge-baut worden. Probleme sollte es nicht geben.

So konnte mit den ersten vorhandenen Bauteilen für den Wechselstrom von 15 000 Volt und 16 2/3 Hertz ein erster Prototyp gebaut werden. Dieser sollte dann in der Schweiz die nötigen Versuchsfahrten absolvieren.

Natürlich war auch der Teil für Gleichstrom eingebaut worden, denn mit diesem Zug sollte auch der Wechsel der Systeme geprüft werden. Gemäss Pflichtenheft sollte das auch während der Fahrt erfolgen.

Im Jahre 1995 tauchte schliesslich der als Treno Zero bezeichnete Prototyp auf. Damit sollten die Bauteile unter Wechselstrom getestet werden, denn in diesem Punkt betrat der Hersteller Neuland. Der Namen kam von der Nummer, denn diese lautete 470.000 und war für die Leute in der Schweiz etwas ungewohnt. Aber das änderte nicht am Start der ersten Probefahrten mit einem Neigezug, der noch nicht fertig war.

Dieser spezielle Zug bestand nur aus drei Einheiten und konnte deshalb nicht alle Punkte des Zuges beinhalten. Neben einem Endwagen mit der normalen Ausrüstung hatte der Zug noch einen Stromrichterwagen. Der zweite Endwagen, der benötigt wurde, dass man mit den Zug in beiden Richtungen fahren konnte, war eine spezielle Ausführung. So wurde dort der Transformator eingebaut, damit auch mit Wechselstrom gefahren werden konnte.

Mit dem Treno Zero sollten in der Schweiz auch die Versuche mit dem Stromsystem und mit der Neige-technik absolviert werden. Dazu benötigte man schlicht noch keinen Speisewagen.

Die drei Wagen waren ein vollwertiger Neigezug und so wurde erstmals in der Schweiz bogenschnell gefahren.

Dass da nicht alle Strecken passten, war klar. Aus diesen Grund mussten für die Fahrten einzelne Strecken von den Behörden frei gegeben werden.

Der Neigezug fuhr dabei auf den später bedienten Strecken und im Rahmen der Zulassung auch auf von den Behörden vorgeschriebene Abschnitten. Ein grosser Teil der Fahrten erfolgten im Wallis.

Wo eine für Neigezüge ideale Strecke vorhanden war. Lange gerade Abschnitte folgten sich auf we-nige enge Kurven. Der Neigezug konnte hier seine Muskeln spielen lassen. Intensiv über den Gotthard gefahren wurde jedoch nicht.

Warum das nicht erfolgte, hatte einen Grund, der nicht beim Triebzug lag. In diesem Jahr hatten die Schweizerischen Bundesbahnen SBB am Gotthard mit einem sehr hohen Verkehrsaufkommen zu kämpfen. Die Güterzüge standen oft im Stau und da konnte man nicht noch einen Zug gebrauchen, der erst noch deutlich schneller fahren wollte. Die Fahrten fanden im Wallis statt, was keine gute Idee sein sollte.

Hinzu kam noch, dass man mit der Herrichtung dieser Strecke im Rückstand war. Auch da war der Verkehr schuld, denn die notwendigen Sperrungen konnten oft nicht durchgesetzt werden. Da aber noch kein fertiger Zug vorhanden war, konnte man es auch gemütlich nehmen. Einen Fehler der Bahnen und der Firma Cisalpino AG, der im Betrieb bitter bezahlt werden sollte. Man hatte aber schlicht keine Erfahrungen mit der Neigetechnik.

Bei den Fahrten im Wallis konnte festgestellt wer-den, dass die Technik soweit auch für einen län-geren Betrieb geeignet war. Die Neigetechnik konnte während diesen Einsätzen überzeugen.

Sie zeigte, dass mit solchen Zügen durchaus Vor-teile zu erzielen waren. Erkenntnisse, die in der Folge zur Baureihe RABDe 500 und so zum ersten reinen Schweizer Neigezug führen sollten. Die dort vorhandene Technik war nur anders.

Man konnte so gewisse Punkte der Zulassung bereits erledigen, bevor der eigentliche Neigezug geliefert wurde. Eine schnellere Inbetriebnahme der fertigen Züge war so kein zu grosses Problem mehr.

Angesicht der grossen Verzögerungen konnte man darüber eigentlich nur glücklich sein. Die Neigezüge sollten bereits verkehren und man hatte bisher erst einen als Nullnummer bezeichneten Kurzzug gese-hen.

Der Treno Zero blieb jedoch im Besitz des Her-stellers und wurde nicht für einen weiteren Neige-zug umgebaut.

Mit anderen Worten, die neun bestellten Züge wa-ren allesamt neu und somit vom Versuchsträger unabhängig. Eine Lösung, die damals noch für Erstaunen sorgte, sich aber mittlerweile so etabliert hat. Auch wenn man diese speziellen Züge immer wieder in der Serie einbaut, um wertvolle Arbeit weiterhin nutzen zu können.

Nach den zahlreichen Versuchsfahrten, kehrte der Treno Zero wieder nach Italien zurück. Er wurde dort zu einem Versuchsträger umgebaut und dabei wurde der Teil für den Wechselstrom nicht aus, sondern umgebaut. In Italien sollten die geplanten Neubaustrecken mit 25 000 Volt und 50 Hertz Wechselstrom befahren werden. Der Grund dafür war simpel, denn mit 3 000 Volt Gleichstrom erreichte man die erforderlichen Leistungen nicht mehr.

Somit war klar, in der Schweiz war dieses sonderbare Fahrzeug nicht mehr zu sehen. Die noch ausstehenden Fahrten mussten mit dem ersten fertigen Neigezug erfolgen. Dieser war insoweit in der Produktion, da man den ersten Speisewagen sah. Dieser wurde als einziges Fahrzeug des ganzen Triebzuges in der Schweiz erbaut. Eine kleine Gutmachung, an den verlorenen Auftrag der entsprechenden Industrie in der Schweiz.

Ein Verfahren, das sich bis heute eigentlich nicht gross verändert hat. Schliesslich wollen die Behörden den Zug so abnehmen, wie er später auch auf den Schienen ver-kehren wird.

Bei der Baureihe ETR 470 war das ein Modell mit neun Fahr-zeugen und einer elektrischen Ausrüstung, die auf drei Stränge aufgeteilt wurde. Auch das war in der Schweiz neu. Daher wollten die Behörden hier genau wissen, wie das funktionierte.

Die mit dem fertigen Triebzug durchgeführten Versuchsfahrten zeigten aber, dass es noch Kinderkrankheiten gab. Diese mussten beseitigt werden. Ein Problem sah man jedoch nicht, denn noch jedes neue Fahrzeug hatte damit zu kämpfen. Lokomotiven, die es nicht einmal aus eigener Kraft aus einer Remise schafften und Mehrstromzüge die bis zum Schluss einen mitfahrenden Techniker benötigten, hatte die Schweiz schon gesehen.

In diesem Punkt reihte sich der Pendolino, wie der ETR 470 genannt wurde, in die Kreise nobler Züge ein. Die Baureihe RAe TEE II hatten schliesslich auch damit zu kämpfen und benötigte den zuvor erwähnten Techniker an Bord. So gesehen, war eigentlich alles in Ordnung, wären da nicht die fehlenden Fahrten auf den beiden Bergstrecken gewesen. Besonders der Gotthard, der mit sehr vielen Kurven auch den Lötschberg schlug.

Mit dem ersten fertigen Triebzug konnten schliesslich die restlichen Punkte der Zulassung abgehakt werden. Die Baureihe ETR 470 erlangte daher die Zulassung für die Schweiz und auch für Italien. Die zur Überprüfung angeordneten Fahrten mit dem kompletten Zug fanden auf den gleichen Strecken statt. So konnte man die Werte einfacher vergleichen, was dazu führte, dass der Neigezug eine sensationell kurze Inbetriebsetzung hatte.

Damit konnte eigentlich der planmässige Verkehr mit Neigezügen nach nur wenigen Wochen starten. Das führte jedoch dazu, dass man zwar fahren durfte, dies aber noch nicht konnte, weil man einfach die Anzahl benötigter Triebzüge nicht hatte. Daher startete eine besondere Aktion. Die Neigezüge wurden neben den für das Personal benötigten Schulungen auch für allerhand Promotion genutzt. Die Firma Cisalpino AG rührte die Werbetrommel.

Die organisatorische Zuteilung der Züge sah vor, dass diese in Mailand unterhalten werden sollten. Das war nicht so schlecht, wie man meinen könnte, denn in Mailand trafen sämtliche Züge aus der Schweiz ein. Egal, von wo ein Zug kam, er konnte einfach und ohne grössere Nachteile in den Unterhalt überstellt werden. Die nächste Leistung fuhr dann jener Zug, der im Unterhalt war. Ein Konzept, das schnell auf die Probe gestellt wurde.

Das Personal auf den Zügen mietete die Firma Cisalpino AG bei den beteiligten Bahnen ein. Dabei oblag es dem Lokomotivpersonal aus der Schweiz, die Fahrt über die Grenze bis nach Como abzudecken. Ansonsten wechselte sowohl das Zugpersonal, als auch das Lokpersonal an den jeweiligen Grenzen. Beim Zugpersonal wurden jedoch die normalen Namensschilder durch solche mit dem Schriftzug Cisalpino ersetzt.

Der Kunde sollte daher meinen, dass eigenes Personal verwendet wurde. In Sachen Werbung war die Cisalpino AG sehr gut und mit der ausreichenden Menge von Triebzügen konnte der Betrieb aufgenommen werden. Der Betriebseinsatz begann am 29. September 1996 mit den geplanten Verbindungen. Die Versuche betrachtete man längst als erledigt, denn die Zulassung waren bekanntlich erteilt worden und das mit aktiver Neigetechnik.

 

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