Persönliche Erfahrungen

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Wenn ich von einer langen Karriere mit der Baureihe Ee 3/3 spreche, dann kann ich das auch von mir behaupten. Die Rangierlokomotive schlechthin begleitete mich schon seit meiner frühsten Jugend. Es war jene Lokomotive, die ich als erstes selber bedienen durfte. Zwar war das alles andere als offiziell, aber ich fuhr schon als Kind mit der grossen Baureihe Ee 3/3 in einem grösseren Bahnhof der Schweizerischen Bundesbahnen SBB.

Sicher ein Erlebnis, das man nicht so schnell ver-gisst. Der gestandene Lokführer lies mich am Steu-erkontroller drehen und konnte jederzeit eingrei-fen, denn noch kannte ich ja die Rangierbegriffe nicht.

Ob der gestandene Lokführer dabei einen Hinter-gedanken hatte, weiss ich nicht. Die Person, die mir dies ermöglichte jedoch schon, denn diese war mit mir nahe verwandt. Es waren daher Bezieh-ungen, die nicht jeder hat.

Für den Knaben war das aber schon das höchste und eines war klar, ich will Lokführer werden. Ein Ziel, das mich letztlich wieder auf die Lokomotiven der Baureihe Ee 3/3 bringen sollte.

Doch bis zu diesem Zeitpunkt fand der junge Bur-sche heraus, dass es unterschiedliche Typen gab, die alle unter dem Dach der Baureihe Ee 3/3 ver-kehrten.

Selbst die Zeit der beiden Prototypen war noch nicht so lange vergangen. Anhand der Karte fand ich auch Erstfeld.

Richtig wichtig wurde der Ort, als ich die Stelle endlich geschafft hatte. Als ich meinen Dienst im Depot Erstfeld 1991 antrat, waren die vier dort stationierten Maschinen der zweiten Serie hauptsächlich in Erstfeld und Altdorf im Einsatz. Dabei wurden drei Maschinen täglich eingesetzt. Die vierte Lokomotive war zur Reserve im Depot abgestellt, oder wurde gerade unterhalten. Das war ein knapper Bestand, der die Leute immer wieder forderte.

Eine weitere Reserve für die Rangierlokomotiven war noch die Reihe Bm 4/4. Die stand zwar im Depot um mit dem Hilfswagen auszurücken. Mangels Beschäftigung wurde sie jeweils am Freitag als Ersatz für eine Lokomotive der Reihe Ee 3/3 eingesetzt. Für das Personal war dieser Tag auch besonders, denn so stank man am Abend nach Petrol. Somit hatte man sich an die elektrischen Maschinen gewöhnt und das auch im Rangierdienst.

In der Ausbildung wurden wir angehenden Lokführer ubv zuerst im Rangierdienst geschult. Das erfolgte auf den Lokomotiven der Baureihe Ee 3/3. Nur waren wir mehr Heizer, als es Lokomotiven gab und so mussten wir unsere Stunden auch in Rotkreuz, Arth-Goldau und wenn es gerade ging, auch in Luzern abspulen. Ich persönlich hatte es nie nach Luzern geschafft und am schönsten waren ja wirklich die Touren in Altdorf.

So kam es, dass ich die Fahrten mit der Reihe Ee 3/3 auf der Strecke miterleben durfte. Am morgen früh, führte eine der drei in der Nacht eingesetzten Maschinen einen Güterzug von Erstfeld nach Altdorf. Dort übernahm sie dann, wie das Personal den ganzen Tag den Rangierdienst. Gut, das Personal wurde am Mittag mit neuen Leuten ausgewechselt, aber die Lokomotive blieb im Einsatz. Bedienen durfte ich die Maschine anfänglich nur im Bahnhof.

Am Abend wurde die Lokomotive wieder nach Erstfeld überführt. Diese Überführung war oft von Verzögerungen betroffen, weil die Betriebsleitung in Luzern keine Freude an der Ee 3/3, die mit 40 km/h nach Erstfeld tuckerte, hatte. Es muss dabei noch erwähnt werden, dass die Strecke zu dieser Zeit noch ohne Blockabschnitte war und so ein Zug in Altdorf warten musste, bis die Rangierlokomotive rund zwölf Minuten später in Erstfeld angekommen war.

Oft musste mit Tricks gearbeitet werden, dass die Lokomotive rechtzeitig zur nächtlichen Verstärkung der beiden Lokomotiven in Erstfeld eintraf. Oft «vergass» der Bahnhof Altdorf einfach den Lokzug in Luzern vor der Fahrt zu melden. Ab und zu, raste die Lokomotive, die eigentlich nur 40 km/h fahren durfte, mit viel höherer Geschwindigkeit nach Erstfeld und erreichte dieses in acht Minuten. Mit Rückenwind waren es auch sieben.

Auf meine Frage an den Rangierlok-führer, wie schnell er fahre, antwortete er nur, er wisse es nicht, denn bei 50 sei der Zeiger stehen geblieben. Trotzdem, die Lokomotive fuhr bei dieser Ge-schwindigkeit überraschend ruhig und friedlich nach Erstfeld.

Viel besser, als bei den Geschwindig-keiten im Bahnhof. Legal war diese Ak-tion natürlich nicht. Der Lokführer nahm wohl die Anweisung des Bahnhofes Altdorf, doch schnell zu fahren, etwas zu wörtlich.

Trotzdem die Fahrt dauerte immer viel länger als mit einem normalen Zug. War die Lokomotive endlich in Erstfeld ange-kommen, wurde sie dort sogleich im südlichen Teil als zweite Rangierloko-motive am Ablaufberg eingesetzt.

Dabei blieb es in der Nacht. Am Morgen wurde sie dann wieder mit einem Zug nach Altdorf geschickt.

Pausen gab es für die Lokomotiven in Erstfeld kaum. Wenn es eine gab, dann nur, wenn der Unterhalt anstand.

Die beiden in Erstfeld eingesetzten Maschinen wurden südlich am Ablaufberg und nördlich im Stoss eingesetzt. Dabei waren die Lokomotiven oft mit der Leistung am Limit, denn mussten doch im Nordkopf die schweren Wagen mit Schrott rangiert werden. Besonders, wenn die damit fomierten Züge vorgebremst wurden, fehlte am FV3b der Hochdruckfüllstoss.

Die Stösse erfolgten dann immer wieder gegen den kräftigen Föhn. Der durchaus auch in der Lage war, die leeren Wagen wieder postwendend zur Rangierlokomotive zu schicken. Dann musste sich der Lokführer festhalten und die weiteren Wagen wurden fahrend verteilt, was nicht so schnell ging.

Besonders bei uns Jungen meldete sich dann immer wieder das Relais zum Fahrmotorstrom, das die Beschleunigung abrupt bremste. Aus der ursprünglichen Euphorie wurde somit nichts und man besann sich wieder, dass man doch bei schweren Fahrten auf die Instrumente achten sollte. Bei der normalen Arbeit blieben diese jedoch ungeachtet und mit der Zeit wussten auch wir, wann und wie zugeschaltet werden durfte. Natürlich ohne Instrumente.

Im Südkopf waren es dann die mit Armierungseisen beladenen Wagen, die aus Bodio eintrafen und die in der kalten Jahreszeit immer noch dampften, weil das Eisen noch nicht restlos abgekühlt war. Da gab es am Tag regelmässige Pausen.

Besonders dann, wenn vom Norden ein «Stoss» geschickt wurde und dieser im südlichen Teil des Bahnhofes nicht angekommen war. So machte sich die Rangierlokomotive, die hier Nummern hatten, auf die Suche.

Da die Lokomotive im Ablaufbetrieb in der Nacht nicht alle anfallende Arbeit erledigen konnte, wurde sie in dieser Zeit durch die Ee 3/3 ergänzt, die den Tag durch in Altdorf arbeitete.

Dabei bediente jede Lokomotive eine eigene Gruppe. Die Nummern waren klar verteilt. Rangier 1 war am Berg und das Rangier 3 im Bahnhof bei den ankommenden Zügen. Die Lokomotive war dabei irgendwo nur nicht im nördlichen Teil, wo die zwei verkehrte.

Die Maschinen wechselten daher immer wieder das Manöver, so dass plötzlich die Lok 3 mit dem Rangiertrupp 1 zusammenarbeitete und umgekehrt. Wenn dann zwei Lokomotiven auf dem gleichen Funkkanal arbeiteten, musste gut zugehört werden, denn 1 und 3 waren schnell falsch verstanden. Vor allem dann, wenn man sich noch nicht an den Urner Dialekt gewöhnt hatte. Diese verfluchten Wörter klangen wirklich sehr identisch.

Das waren so meine Einsätze mit der der Baureihe Ee 3/3 in den Bahnhöfen Altdorf und Erstfeld. Diese Tage gehörten zur Ausbildung und waren genau vorgeschrieben. Nach der auf der Lokomotive in Altdorf absolvierten Prüfung, durfte ich dann die Reihe Ee 3/3 erstmals alleine in den Bahnhöfen bedienen. Alleine hiess nicht nur so, sondern es war sogar verboten, einen zweiten Mann auf der Maschine einzuteilen. Die langen Nächte im Rangierdienst begannen.

Nach der Ausbildung wurde es wieder ruhiger um die Baureihe Ee 3/3. Wir hatten unsere Einsätze auf der Strecke und dort war die Lokomotiven selten anzutreffen.

Fahrten mit der Reihe Ee 3/3 beschränkten sich dann meist auf das Auswechseln der Loko-motiven am Wochenende.

Im Rangierdienst kamen wir selten zum Ein-satz, denn noch hatte Erstfeld Rangierlok-führer, die diese Aufgabe übernahmen. Doch die waren nicht unbeschränkt verfügbar.

Besonders als der Nachtdienst in Arth-Goldau mit der Lokomotive von Schwyz absolviert wurde und das Personal aus Erstfeld kam, traf es die Reserve.

Weil nicht alle Rangierlokführer auf die Strek-ken durften, musste die Reserve deren Dienst übernehmen und so den Bahnhof Arth-Goldau erkunden.

Die Leute dort verstand man am Funk jedoch auch nicht viel besser. Mit Zigarre im Mund spricht es sich schlecht, wie der Lokführer bemerkte. Zudem hatte die übliche Maschine eine geringere Achslast, was die Arbeit damit auch nicht einfacher machte. Jedoch waren wir Lokführer in diesen Stationen oft recht stur, was böse Worte zur Folge hatte.

Die dortigen Maschinen waren aus dem Bestand von Luzern und leicht moderner als unsere in Erstfeld. Sie verfügten somit über keinen Hauptschalter mehr. Ab und zu kam auch eine der ganz neuen Maschinen mit der Automatik zum Einsatz und wir konnten die Befehlsgebersteuerung testen. Nur eben, es blieben seltene Einsätze. Wer in Erstfeld als Lokführer ubv arbeitete, musste statt auf das Manöver schnell mal nach Göschenen.

Sogar zu Ehren der ersten Serie der Baureihe Ee 3/3, also zu «Glätteisenehren», kamen wir Lokführer aus Erstfeld in Lugano Vedeggio. Dort diente die extrem alte Lokomotive zum Vorheizen der Begleitwagen zur rollenden Landstrasse. Die Maschine wurde dabei nur noch für diesen einfachen Einsatz genutzt. Vermutlich funktionierte auch nicht mehr, denn die verwegene Frage des Lokführers wurde mit entsetztem Kopfschütteln und ratlosen Blicken verneint. Zudem war der Trennhüpfer abgetrennt worden.

Gefahren ist damit niemand mehr, denn es war eine dieser Lokomotive, die für diese niederen Aufgaben abkommandiert wurde. Bis heute weiss ich nicht, ob sie noch aus eigener Kraft hätte fahren können. An das Führerbremsventil Westinghouse erinnere ich mich jedoch noch.

Noch wusste ich nicht, dass ich dieses Ventil mit Freuden bedienen würde. Es gab nun mal die Ventile FV3b und FV4a und die waren sehr gut. Das alte Ven-til wurde nicht einmal geschult.

Wenn die Lokomotive kurz vor Abfahrt des Zuges verschoben wurde, erfolgte das immer geschleppt durch eine Bm 4/4.

Die Bedienung beschränkte sich somit auf das ausschalten des Hauptschalters, senken des Stromab-nehmers und letztlich noch dem lösen der Hand-bremse. Dann wurde die Lokomotive weggestellt und das war es dann auch schon. Nur, man kann unter Kollegen behaupten, dass man auf einer der ersten Ee 3/3 überhaupt im Einsatz war.

Als die Lokomotiven in Arth-Goldau und Schwyz ebenfalls zum Depot Erstfeld gehörten und die Streckeneinsätze endgültig von Streckenlokomotiven erledigt wurden, kam es am Samstag nur noch zu Streckeneinsätzen mit Ee 3/3. Diese dienten dazu, die Maschinen auszutauschen. Erstfeld – Arth-Goldau wurde dann zu einer Tagesleistung, denn mit 40 oder wenn man Glück hatte mit 50 km/h, kommt man nicht schnell weit.

Mit der Einstellung des Manövers in Erstfeld, verloren die Maschinen hier die tägliche Arbeit im Verschubdienst. Die Rangierlokführer wurden wenig später nach Altdorf versetzt, so dass die Lokomotive, wenn sie in Erstfeld vielleicht einmal benötigt wurde, durch einen Streckenlokführer bedient wurde. Dazu schnappte man sich einfach den ersten, den man im Reservezimmer fand. Dumm, wenn dieser nicht aus Erstfeld kam und sich ob den Gepflogenheiten wunderte.

Aber die Anzahl der Lokomotiven verringerte sich immer mehr und eine Ee 3/3 wurde sogar noch in Erstfeld abgebrochen. Die Zeit schien für die Maschinen am Gotthard gekommen zu sein.

Hoch durften die Rangiermaschinen nicht, weil sie keine elektrische Bremse hatten und nördlich mach-te es auch keinen Sinn. Es blieb der Bahnhof und der wurde nicht mehr regelmässig bedient. Jedoch gab es da auch die Störungen.

Bei einem solchen Einsatz musste ich mit der Ee 3/3 einem Güterzug einen Wagen mit einem Defekt ausreihen. Die Last war jedoch so schwer, dass die Lokomotive die angehängten Wagen nicht die Got-thardrampe hoch brachte.

Mit allerletzter Kraft und maximalem Fahrmotor-strom beim Stillstand gelang es trotzdem noch, die notwendige und rettende Weiche mit der Kompo-sition freizulegen. Die Lokomotive zeigte sich davon jedoch ziemlich unbeeindruckt.

Es war eine Lokomotive, die für diese Aufgaben gebaut wurde. Das wusste der Lokführer, denn so unbedarft, wie zu den Zeiten im Bahnhof von Aarau mit Beziehungen war der Lokführer auch wieder nicht. Wer mit der Ee 3/3 Eisen herumschleppte, macht vor einem bisschen Gotthard nicht schlapp. Beide zeigten, was sie konnten, die alte Lokomotive und der junge Lokführer, der sich beweisen wollte.

Daran hatte sich in den Jahren kaum mehr etwas geändert, so dass die Einsätze auf der Baureihe Ee 3/3 immer seltener wurden und nur noch sehr unregelmässig stattfanden. Die ursprünglich in Erstfeld beheimateten Lokomotiven wurden ausrangiert und durch modernere aber auch schon betagte Exemplare ersetzt. Man gab also die Lokomotiven nach Erstfeld, die dort noch ihr Gnadenbrot verdienen konnten.

Meinen vorerst letzten Einsatz auf der Baureihe Ee 3/3 hatte ich am 13. Oktober 2009 im Bahnhof von Flüelen. Die Tage auf meinen Ticker liefen damit, denn nach fünf Jahren war Schluss mit lustig. Offiziell ist es mir nicht mehr erlaubt, die Baureihe Ee 3/3 zu bedienen. Praktisch wird das nicht der Fall sein, da ich im Güterverkehr eingesetzt werde und es dort keine Lokomotiven der Reihe Ee 3/3 mehr gibt.

Nur, die Reihe Ee 3/3 war eine einfache und gutmütige Lokomotive, die manchen Fehler verzieh. So eine Lokomotive vergisst man nicht so schnell. Besonders dann nicht, wenn man in jungen Jahren die ersten Schritte damit machen durfte. Dabei war das bei mir im Alter von zwölf Jahren und der Bahnhof hiess Aarau. Irgendwie vermisse ich die langen Nächte bei einem sommerlichen Föhnsturm auf der Reihe Ee 3/3 im Südkopf des Bahnhofes Erstfeld.

 

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