Entwicklung

Letzte

Navigation durch das Thema

Nächste

Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB begannen daher damit, ein Pflichtenheft für eine neue Lokomotive auszuarbeiten. Diese musste mit 125 km/h und erhöhter Kurvengeschwindigkeit verkehren können. Damit war erstmals klar gesagt worden, was für die Zulassung zur Zugreihe R überhaupt nötig war. Die Staatsbahnen hatten aus dem Fehler bei der Baureihe Ae 4/6 ihre Lehren gezogen und schrieben daher die Forderungen auf.

Bei den in solchen Fällen zu Beginn immer wieder vorgenommenen Umsichten, fiel den verantwortlichen Stellen der Staatsbahnen eigentlich nur eine Maschine auf. Diese Umschau war immer wieder vorgenommen worden und beschränkte sich nicht nur auf in der Schweiz verkehrende Baureihen. Die Ideen von anderen Bahnen konnten so in die Entwicklung einfliessen. Als Beispiel gelten hier sicherlich die Lokomotiven der Reihe A 3/5.

Die sich im Bau befindliche Baureihe Ae 4/4 der BLS-Gruppe war da sicherlich der richtige Weg, nur war nicht sicher, ob diese Lokomotive die Vorga-ben der Schweizerischen Bundesbahnen SBB auch erfüllen konnte.

Diese Vorgaben waren klar definiert, denn es wur-de nun die Zugreihe R eingeführt und diese musste die neue Lokomotive zwingend fahren können. Bei der Reihe Ae 4/6 vermutete man die hohe Achslast als Problem.

Jedoch war da noch ein Vorschlag der Industrie, der eingereicht wurde, als es um die Entwicklung der Triebwagen RFe 4/4 ging. Damals wurde auch eine Leichtlokomotive vorgeschlagen. Mit den geringen Achslasten sollte durch den Verzicht auf das Gepäckabteil etwas mehr Leistung eingebaut werden. Die Achslasten sollten aber auch hier nicht höher als 12 Tonnen betragen. Der damalige Vorschlag war der hier vorgestellten Baureihe schon sehr nahe.

Das Pflichtenheft wurde sicherlich unter dem Eindruck der Baureihe Ae 4/4 erstellt und einige Ideen dieser Lokomotive darin aufgenommen. Jedoch musste man neue spezielle Lösungen finden, denn die Maschine der BLS-Gruppe passte gelinde gesagt schlicht nicht zu den Ideen der Leute. Daher lohnt es sich, wenn wir uns in diesem Pflichtenheft für eine leichte, elektrische Schnellzugslokomotive, die den Titel auch verdiente, etwas umsehen.

Das Pflichtenheft der Schweizerischen Bundesbahnen SBB sah für die neue Lokomotive eine Konstruktion mit zwei Drehgestellen und selbsttragendem Kasten nach dem Muster der BLS-Lokomotive vor. Erstmals sollte seit der Einführung des BBC-Federantriebes bei den Staatsbahnen wieder eine Maschine bestellt werden, die über Drehgestelle und nicht über einen stabilen Plattenrahmen verfügte. Jedoch sollten nun keine Laufachsen mehr verwendet werden.

In diesem Punkt übernahm man bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB sicherlich die Lösungen der Baureihe Ae 4/4, so dass die neue Lokomotive, die ebenfalls über vier Triebachsen verfügen sollte, die gleiche Achsfolge, wie die Lokomotive der BLS erhielt. Damit hätten wir aber bereits die gemeinsamen Punkte der beiden Lokomotiven erledigt. Die weiteren Punkte unterschieden sich deutlich vom Muster der BLS-Gruppe.

Ein wichtiger Punkt war die Zulassung zur Zugreihe R. Das bedeute, die Lokomotive musste in den Kurven die Geschwindigkeiten der Leichttriebwagen erreichen. Diese lagen damals 10 km/h über den normalen Zügen der damaligen Zugreihe A. Wir müssen jedoch bedenken, dass die damalige Zugreihe A maximal nur 110 km/h bei der Höchstgeschwindigkeit erlaubte. Sollte schneller gefahren werden, musste zwingend die Zugreihe R erfüllt sein.

Das schaffte die Lokomotive der BLS-Gruppe damals noch nicht. Jedoch war deutlich zu erkennen, dass die Schweizerischen Bundesbahnen SBB erstmals eine Lokomotive für die Zugreihe R beschaffen wollte. Bei der Maschine der BLS sollten die Fahreigenschaften so gut sein, dass sie die Forderung nur knapp verfehlte. Daher auch klar die Bezeichnung Ae 4/4. Der Versuch bei dieser Baureihe misslang, auch wenn die Zugreihe R bei der BLS-Gruppe damals kein Thema war.

Die Vorgaben verhinderten Jedoch, dass die Lokomotive die Achslasten der Reihe Ae 4/4 erhalten konnte. Durch die höhere Kurvengeschwindigkeit entstanden höhere Kräfte zwischen Rad und Schiene. Bei den Staatsbahnen vertrat man die Meinung, dass mit den vorhandenen Drehgestellen der Baureihe Ae 4/4, die Kräfte nur mit maximal 14 Tonnen Achslast einzuhalten waren. Die neue Lokomotive durfte daher ein maximales Gewicht von 56 Tonnen erreichen.

Mit der Vermutung lag man in Bern damals sicherlich noch auf der sicheren Seite. Die 14 Tonnen Achslast wurde von den vorhandenen Leichtstahlwagen der Reihe Re 8/12 erreicht und so wusste man, dass diese Lasten funktionieren sollten. Man konnte jetzt schlicht noch nicht wissen, wie nahe an die Zugreihe R die Lokomotive der BLS wirklich kommen sollte. Unter dem negativen Eindruck der Reihe Ae 4/6, war dieser Entscheid sicherlich zu verstehen.

Das führte aber unweigerlich dazu, dass man bei der Bestimmung der Leistung Abstriche machen musste. Je weniger Leistung abgerufen wurde, desto leichter konnte eine Lokomotive gebaut werden. In der Regel verfolgte man bisher die Linie mit der maximalen Leistung auf den maximal zugelassenen Achslasten. Dieser Tatsache war man sich auch beim Besteller bewusst und so wurde die Forderung an die Leistung an die geringe Achslast angepasst.

Die Leistung der Lokomotive sollte daher ausreichen um 300 Tonnen Anhängelast auf 12‰ Steigung mit den Fahrzeiten von zwei Schnelltriebwagen zu befördern. Beim Vergleich zu der Baureihe RFe 4/4 bedeutete das, die Lokomotive sollte alleine die Leistung von zwei RFe 4/4 erbringen können. Dabei war die zugelassene Achslast nur unwesentlich höher anzusetzen. Leicht sollte die Entwicklung daher auch jetzt nicht werden.

Ein Zug mit 480 Tonnen Anhängelast, was 15 Leichtstahlwagen entsprach, sollte auf ebener Strecke mit der Höchstgeschwin-digkeit von 125 km/h befördert werden. Auf 10‰ Steigung sollte die Geschwindigkeit mit diesem Zug immer noch 75 km/h betragen.

Die Leistungsgrenze wurde daher im Vergleich zu der Reihe RFe 4/4 etwas tiefer angesetzt und lag gemäss den Forderungen der Schweizerischen Bundesbahnen SBB bei 85 km/h.

Lasten für Güterzüge waren jedoch nicht vorgesehen, denn die neue Baureihe sollte wieder einen richtige Schnellzugslokomotiven, wie seinerzeit die Baureihe A 3/5 werden. Damit machten die Schweizerischen Bundesbahnen SBB hier wieder eine Abkehr von den universellen Lokomotiven der Vergangenheit. Der Grund war daher, dass solche Modelle wegen den schweren Güterzügen über hohe Leistungen verfügen mussten.

Damit war klar ersichtlich, wie sich die Schweizerischen Bundesbahnen SBB die Länge der neuen Züge vorstellte. Es waren also durchaus Züge mit 15 Reisezugwagen möglich. Die Bahnhöfe in der Schweiz, besonders jene, wo diese Züge halten sollten, waren damals für längere Züge schlicht zu klein gebaut worden. Man konnte nicht mehr anhängen, also warum sollte man dann für die Lokomotive höhere Lasten fordern.

Speziell zu erwähnen ist, dass man durchaus bereit war, bei den steilen Strecken mit bis zu 26‰ Abstriche zu machen. Dort sollten trotzdem noch rund 200 Tonnen möglich sein. Das Gewicht war zwar für eine Lokomotive klein. Auch mit zwei solchen Lokomotiven sollte daher die Gotthardstrecke mit so langen Zügen nicht befahren werden können. Das war nicht schlimm, weil dort so oder so nicht so schnell gefahren wurde.

Den Berechnungen zu Folge ergab das für die Lokomotive eine ungefäre Leistung von 2 500 PS. Damit Lag die neue Baureihe jedoch deutlich unter dem Wert der Lokomotive der BLS, die über 4 000 PS verfügte. Jedoch muss man sich bewusst sein, dass die Lokomotive der SBB rund 24 Tonnen leichter zu bauen war und daher nicht die gleichen Leistungen installiert werden konnten. Selbst die 2 500 PS waren damit eine Herausforderung.

Wichtigster Punkt bei der neuen Lokomotive war die Zulassung zur Zugreihe R, da verzichtete man notgedrungen auf Leistung. Die von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB geplante Typenbe-zeichnung der neuen Baureihe sollte von den Leichttriebwagen übernommen werden. Dazu wurde aus der Bezeichnung R, die neue Kennzeichnung für Lokomotiven, die schneller als 110 km/h fahren konnten und welche die Zugreihe R erreichten.

Die Leichttriebwagen wurden von nun an mit den Buchstaben der übrigen Triebwagen ergänzt. Die Bezeichnung der neuen Lokomotive sollte daher Re 4/4 lauten. Die bisherigen Re 2/4 wurden daher zu RCe 2/4 umgezeichnet. Noch sollte niemand ahnen, dass damit erstmals eine Bezeichnung für eine Lokomotive gewählt wurde, die dann in den folgenden Jahren zum Standard beim Bau von Lokomotiven werden sollte.

Im Pflichtenheft wurden zudem noch weitere Punkte definiert, die sicherlich nicht unerwähnt sein dürfen. So musste die neue Lokomotive über eine elektrische Nutzstrombremse verfügen, welche die Maschine alleine noch auf einem Gefälle von bis zu 38‰ in der Beharrung halten konnte. Das entsprach durchaus den Angaben für Lokomotiven, die am Gotthard verkehren sollte. Das war aber bei der Reihe Re 4/4 eigentlich nicht vorgesehen.

Damit sollte die Lokomotive ohne Einschränkungen auf dem ganzen Netz der Schweizerischen Bundesbahnen SBB eingesetzt werden können. Selbst die Strecke zwischen Puidoux und Vevey konnte mit der alleine fahrenden Lokomotive befahren werden. Es entstand eine vielseitig einsetzbare Lokomotive, die aber hauptsächlich im Flachland verkehren sollte. Nur es gab eben auch dort steile Abschnitte und da war eine elektrische Bremse durchaus sinnvoll.

Hier lagen sicherlich die grössten Unterschiede zum Muster der BLS-Gruppe. Dort verwendete man leistungsfähige Widerstandsbremsen mit Gleichstrom. Diese zeigten bei den Leichttriebwagen sehr gute Ergebnisse und konnten sehr hohe Bremskräfte erzeugen.

Hier wurde jedoch auf eine elektrische Nutzstrom-bremse gesetzt. Das in erster Linie, weil die Schalt-ung mit Erregermotor bei der Baureihe Ae 4/6 sehr gute Werte erzeugen konnte.

Gleichzeitig sollte die Lokomotive eine Vielfach-steuerung ab einer baugleichen Maschine und eine Fernsteuerung ab einem passenden Steuerwagen erhalten.

Trotz den negativen Erfahrungen mit der Baureihe Ae 4/6, wollte man auch hier eine Vielfachsteuerung eingebaut haben. Zudem war auch klar definiert worden, dass die Lokomotiven in Pendelzügen eingesetzt werden sollte. Dies war bisher nur den Triebwagen vorbehalten.

Die Reihe Re 4/4 sollte daher die erste Lokomotive sein, die ab einem Steuerwagen ferngesteuert werden sollten. Damit wollte man das mit der Reihe RFe 4/4 eingeführte Konzept mit kurzen Wendezeiten in den Bahnhöfen umsetzen. Denn trotz allem zeigten die RFe 4/4, dass solche Maschinen sehr hohe Fahrleistungen erbringen konnten. Es versteht sich, dass dabei auch gleich die passenden Steuerwagen beschafft werden mussten.

Speziell war, dass die Schweizerischen Bundesbahnen SBB auch klar definierten, wie die die Zugkraft der neuen Baureihe zu regeln ist. Hier wurde eine Hüpfersteuerung, die über 24 Fahrstufen und acht Bremsstufen verfügen sollte, verlangt. Man wollte bei den Staatsbahnen die schnelle Schaltfolge dieser Einrichtung mit Hüpfer nutzen, weil sie sehr gut zu einer Schnellzugslokomotive passte. Das war eine Abkehr von der bisherigen Praxis.

Überraschend war dieser Entscheid, weil der bei den Lokomotiven der Reihe Ae 4/6 eingebaute Stufenwähler sehr gut funktionierte. Die Schaltfolge von einer Sekunde pro Stufe war schnell, aber anscheinend noch nicht schnell genug. Es sollte jedoch dazu führen, dass die Baureihe Re 4/4 die einzige moderne Lokomotive mit dieser Steuerung der Fahrstufen bleiben sollte. Das weil der Stufenwähler später deutlich schneller betrieben werden konnte.

Besonders beachtenswert bei der Definition der Vielfachsteuerung war, dass absolut keine Kombination mit vorhandenen Fahrzeugen vorgesehen war. Man sah klar vor, dass passende Steuerwagen beschafft werden müssten. Auch die Kombination mit anderen Lokomotiven war grundsätzlich nicht verlangt worden. Damit konnten die Hersteller ein neues System entwickeln und in der Maschine einbauen. Selbst der Umbau der Leichtstahlwagen war vorgesehen.

Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB erwarteten sogar, dass man das tat und hoffte auf eine bessere Lösung, als bei der Baureihe Ae 4/6. Daher sollten auch weniger Funktionen übermittelt werden.

Ein Punkt, der dazu führen sollte, dass die Anzahl der Leitungen verringert werden konnte. Bezeichnet werden sollte diese Vielfachsteuerung bei den Staatsbahnen als Typ III. Schlicht eine Fortsetzung der bisherigen Systeme.

Das äussere Aussehen sollte zu den modernen Leichtstahlwagen passen. Das heisst, die Lokomotive sollte ein ähnliches Aussehen erhalten, wie die Triebwagen RFe 4/4.

So war gesichert, dass sich die Maschine harmonisch in die Züge einreihen lies und sich nicht deutlich davon unterscheiden sollte. Die neue Lokomotive sollte zum vorhandenen Wagenpark passen und so das moderne Bild der Schweizerischen Bundesbahnen SBB untermalen.

Besonders war auch die Forderung, dass die Lokomotive in Pendelzügen eingereiht, auch von Reisenden passiert werden können musste. Das führte dazu, dass Übergänge mit Faltenbalg und ein abgetrennter Durchgang ein-gebaut werden mussten.

Die Reisenden sollten sich nicht mit den Schaltapparaten konfrontiert sehen. Die Re 4/4 war die einzige Lokomotive, die diesen Punkt im Pflichtenheft hatte und auch danach gebaut wurde.

Das Pflichtenheft wurde den in der Schweiz ansässigen Herstellern übergeben. Unter den eingerichteten Entwürfen, entschied man sich für den Entwurf eines Konsortiums um die MFO in Oerlikon. An der Lokomotive sollten jedoch sämtliche grossen Hersteller beteiligt sein und so erstmals eine Lokomotive an die Staatsbahnen geliefert werden, bei der nicht weniger als vier Hersteller aufgeführt wurden. Sehen wir uns deshalb dieses Konsortium etwas genauer an.

Der mechanische Aufbau der neuen Lokomotive sollte in Winterthur erfolgen. Die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM, war seit Beginn der Lieferungen von elektrischen Lokomotiven an die Staatsbahnen immer damit betraut worden, den mechanischen Teil zu gestalten.

Dadurch entstand in Winterthur eine grosse Erfahrung im Bau von Lokomotiven. Besonders die Erfahrungen beim Bau der Reihe Ae 4/4 konnte man so nutzen.

Die Brown Boveri und Co BBC in Münchenstein sollte, wie die Société Anonym des Ateliers de Sécheron SAAS, elektrische Bauteile, wie Transformatoren, Hauptschalter und die Hüpfersteuerung liefern. Zudem lieferte die BBC auch den Antrieb an die SLM, die diesen letztlich im mechanischen Teil einbaute. Damit waren diese beiden Hersteller jedoch nur als Unterlieferanten tätig und wurden nur damit betraut, einige Bauteile nach Oerlikon zu liefern.

Die Zeichnungen, die Planung und die Endmontage der ersten Lokomotiven übernahm jedoch die Maschinenfabrik in Oerlikon. Die MFO hatte bereits grosse Erfahrungen im Bau von elektrischen Lokomotiven und war besonders bei der Entwicklung von elektrischen Nutzstrombremsen führend. Damit sollte die MFO gegenüber den Schweizerischen Bundesbahnen SBB als Lieferant auftreten und die neue Lokomotive sollte in Oerlikon abgeliefert werden.

Wir haben nun die neue leichte Schnellzugslokomotive für die Städteschnellzüge erhalten. Da jedoch einige Ideen bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB nach der Entwicklung und der Auslieferung der ersten Maschinen geändert wurden, kam es bei dieser Baureihe zu Anpassungen, die es erforderlich machen, dass wir etwas genauer aus die Bestellung eingehen müssen. Deshalb wurde für die Beschaffung ein eigenes Kapitel in dieser Seite eingebaut.

 

Letzte

Navigation durch das Thema

Nächste
Home SBB - Lokomotiven BLS - Lokomotiven Kontakt

Copyright 2019 by Bruno Lämmli Lupfig: Alle Rechte vorbehalten