Tour 9: RBL - HI - RBL - Lupf - RBL

Es ist der letzte Arbeitstag der Woche. Da ich mich im Wechsel in den Spätdienst befinde, sollte es diesmal nicht zu spät werden. Kurz vor Mitternacht ist der Schluss vorgesehen. Doch bis es soweit ist, dauert der Tag etwas an. Es ist kurz vor Mittag und ich habe mich dazu entschlossen, das Bett doch noch zu verlassen. Die nahezu drei Wochen Nachtdienst machen sich bemerkbar. Ich bin nicht mehr so jung, dass ich das leicht abtun kann.

Wie üblich ist eine erste Handlung der Weg zur Kaffeemaschine. Mit diesem in der Hand kontrolliere ich die Mails der Nacht. Besonders bei der geschäftlichen Adresse ist wieder der Teufel los. Scheinbar gibt es mit einem Gerät Probleme. Der Frust deswegen muss nun natürlich jedem Mitarbeiter per Mail mitgeteilt werden. Dumm dabei ist nur, dass ich leider im Verteiler gelandet bin und nun jede Antwort auch mich erreicht.

Auch die Vorbereitungen für die heutige Tour beginnen jetzt. Im Internet öffne ich den Zugang zum System mit der Einteilung. Seit hier das Chaos, oh nein das Caros Einzug gehalten hat, ging die Übersicht verloren. Bei meiner heutigen Tour wird mir mit einer Glocke eine wichtige Änderung mitgeteilt. Diese sollte ich mir ansehen, denn es könnte etwas Wichtiges passiert sein. Wie so oft, hat einfach die Lokomotive eine andere Nummer.

Es ist schon spannend, ich muss, oder kann die Änderung einer einfachen Lokomotive bestätigen. Fällt jedoch ein Zug aus, ist dies nur mit sehr viel Aufwand zu erkennen. Immerhin erkennt man nun den Hinweis, jedoch kann ich diesen weder bestätigen, noch ablehnen. Da nun das Pannendreieck auch erscheint, wenn an einer Stelle eine Sekunde geändert wurde, verschwindet die Info über den nicht verkehrenden Zug in der Flut der Meldungen.

Ich drucke die Tour aus, da ich ja Hinweise für jetzt eintragen will. Dabei lohnt es sich, wenn etwas genauer hingesehen wird. Die Leistung ist als eine für das Depot RBL deklariert worden. Der ausführende Betriebshof ist jedoch Bülach. An die in der Schweiz nicht geläufigen Begriffe haben wir uns längst gewöhnt. Dazu gehört der Betriebshof, aber auch die Zeiten für die Aufrüstung, beziehungsweise Abrüstung, bedeuten hier etwas anders, als bisher.

Etwas klarer wird es bei der Leistung. Zuerst führt mich der Weg nach Hinwil, dann wieder zurück in den RBL. Als Zusatzrunde steht dann noch Lupfig auf dem Programm. Nur so erreiche ich die vorgesehene durchschnittliche Arbeitszeit. Daher sind solche zweigeteilten Lösungen nicht so selten. Man kommt aber damit auch etwas in der Region herum. Hilfreich, wenn die Frau Nachwuchs erwartet. Bei mir ist das jedoch nicht der Fall.

Ich könnte im Bahnhof Lupfig ja die Lokomotive stehen lassen, denn der Weg nach Hause ist auch zu Fuss in 20 Minuten zu schaffen. Notfalls fährt noch ein Bus. Dumm dabei ist nur, dass die Lokomotive wieder zurück in den RBL muss. Pausen gibt es in Wetzikon und im RBL. Eine Leistung die nicht bei jedem Lokführer beliebt ist, denn heute wurde mir diese Arbeit von der Einteilung an Stelle der Reserve zugeteilt. Ob ursprünglich ein Kollege von Bülach vorgesehen war?

Lokzug Hinwil

 

Die Lokomotive für den Lokomotivzug steht in der Lokwartegruppe. Daher muss ich von unseren Aufenthaltsräumen den ganzen Bahnhof in seiner Breite queren. Quer über die Zone, wo die Züge ausfahren und die Auszüge von der R-Gruppe kommen. Eine dicht befahrene Zone und gerade dort geht der Hauptübergang auch noch durch. Als hier gebaut wurde, dachte noch niemand über so lapidare Themen, wie Sicherheit nach.

In der Folge des dichten Verkehrs muss ich wegen einem Auszug warten. Dieser wird von einer neuen Aem 940 gezogen. Dank dem Stromabnehmer ohne Diesel. Die Ablö-sung der schweren Am 6/6 am Ablaufberg soll in den näch-sten Wochen erfolgen.

Dann geht hier eine Ära zu Ende. Das Nachsehen haben wohl die Lieferanten des Schmier- und des Dieselöls. Bei beiden genannten Flüssigkeiten nahm die alt gewordene Diesellokomotive Spitzenwerte ein.

All das erfuhr ich, als ich hier im Rangierdienst aushalf. Einsätze die erforderlich waren, weil das Personal auf der Aem 940 geschult werden musste. Selbst zu wenig Leute, aber dieses an andere Divisionen auslehnen.

Hinzu kam, dass ich nicht hier «aufgewachsen» bin und daher den Bahnhof noch nicht so gut kannte. Das hat sich geändert und daher weiss ich jetzt, wie viele Liter Öl auf die Betriebsstunde verbraucht wurden.

Ich habe den Weg trotz den Hindernissen zur Lokomotive geschafft. Es ist eine Re 620, die noch sauber ist. Würde die Sonne scheinen, könnte der Lack sogar noch glänzen.

Die Kontrollen bei der Übernahme wurden stark verein-facht, trotzdem fällt mir schnell auf, dass an den nagelneuen Radreifen starke Verfärbungen erkennbar sind. Die roten Markierungen zeigen es auf. Nach drei Tagen im Einsatz bereits an drei Achsen verschobene Bandagen!

Natürlich ist das eigene Personal an diesen Schäden schuld. Wenn man jedoch weiss, dass die diversen Mietlokführer nur auf der Baureihe Re 420 geschult wurden und die Reihe Re 620 als baugleiche Lokomotive ansehen, erscheint es anders. An alle, die Lokomotive hat zwei Lst 1 und am Manometer vom Führerstand erkennt man nur die erste Achse. Die drei hinteren können daher immer noch bremsen. Um diese Störung zu verhindern, gib es den Knopf im Pedal.

Die Meldung im Führerstand zeigt es deutlich. Angeblich war eine Bremsstörung dafür verantwortlich. Das klingt jedoch gefährlich. Hat der Vollpfosten an einem Teil die Bremsen ausgeschaltet. Ein genauer Blick auf die Absperrventile ist daher eine gute Idee. Mit der leeren Lokomotive benötige ich die volle Bremskraft. Auch wenn ich nicht in die hohen Berge fahre, die Strecke hat markige Steigungen, die befahren werden müssen.

Nachdem ich mich am Funk beim Fahrdienstleiter fahrbereit gemeldet habe. Beginnt die Betriebspunktfahrt. Irgendwann kapiere auch ich, dass sie als Zugverkehrsleiter bezeichnet werden wollen. Ich hatte vor wenigen Wochen meine periodische Prüfung und dort war nur von einem Fahrdienstleiter die Rede. Ich bin etwas eigen, daher benutze ich gerne die Begriffe aus diesem blauen Buch. Daher mache ich jetzt eine direkt geführte Rangierfahrt.

Diese endete vor dem ersten roten Hauptsignal. Das ist der normale Punkt, wo aus der Rangierfahrt eine Zugfahrt werden kann. Da die Re 620 mit ETCS versehen wurde, sind die Zugdaten bei der Eingabe umfangreicher. Das wäre nun die Aufrüstzeit. Da ich von Natur her faul bin, habe ich die Daten natürlich vor der Fahrt bereits eingeben. Wichtig ist das, weil wir immer noch ohne Halt von einer Rangierfahrt in eine Zugfahrt wechseln können.

Ich kann nach einer kurzen Wartezeit losfahren. Es geht pünktlich los und an dieser Tatsache wird sich bis zum Ziel in Hinwil nicht so viel ändern. Ich kenn den Zug und der steht immer mal wieder im Weg. Das Problem, sind die von den S-Bahnen stark befahrenen Abschnitte. Diesen gibt es vor meiner Nase. Entweder erfolgt der Start nach der S12, oder aber der S11. Bei erster quetsch sich noch die S19 in den Weg, die ist aber oft mangels Lokführer Ausfall.

Auf der Strecke von Dietikon nach Zürich überholt mit der ICN auf seiner Fahrt nach St. Gallen. Nicht, dass er hier viel schnel-ler als ich fahren dürfte. Er hat schlicht keine S-Bahn vor der Nase.

Doch ich weiss, dass ich heute diesen Zug wiedersehen werde, denn in Zürich Altstetten ist die S-Bahn weg und ich kann zu-fahren, dabei benutze ich die Zufahrt zum Bahnhof Löwen-strasse. Wie schnell wo gefahren wird, ist mir immer noch nicht ganz genau klar.

Die Signale helfen jedoch dabei und neben dem Depot F von Zürich HB wird es so oder so langsamer. Es sind 40 km/h angekündigt. Letztlich komme ich jedoch mit dem Lokomotiv-zug von dem letzten Signal der Einfahrt zum Stehen.

Vorne kann ich im unterirdischen Bahnhof die Schlusslichter vom besagten ICN erkennen. Ich kann nicht einfahren, weil der vor mir steht und im Gleis daneben der IC 2000 nach Romans-horn. Erst wenn der losgefahren ist, kann ich einfahren.

Das ist hier sogar wörtlich zu nehmen. Fährt der IC 2000 los und passiert die Spitze das Signal, wird dieses wieder rot. In dem Moment geht mein Signal auf Fahrt. Da das Gleis jedoch noch mit dem Schluss des Zuges belegt ist, wird eine besetzte Einfahrt signalisiert. Ich muss daher mit Fahrt auf Sicht fahren und das ist im dunkeln Bahnhof nicht so einfach. Zum Glück sind die Bahnsteige beleuchtet und so die Zone etwas übersichtlicher.

Im unterirdischen Bahnhof von Zürich wird die Lokomotive zur grossen Attraktion für die Touristen. Daher werden Kameras gezückt. Im Gleis neben mir wartet der ICN auf seine Weiterfahrt. Die wird noch etwas auf sich warten lassen, denn zuerst fährt die Lokomotive des Güterverkehrs! Ich kann losfahren und Richtung Oerlikon den Tunnel benutzen. Dort werde ich abzweigen und der Neigezug in meinem Rücken hat dann wieder freie Fahrt.

Über die Durchmesserlinie dürfen wir vom Güterverkehr nur mit der Lokomotive fahren. Güterzüge würden die gigantischen Steigungen von bis zu 35‰ schlicht nicht schaffen. Daher werde ich auf der Rückfahrt nicht diese Strecke benutzen. Doch ich muss mich konzentrieren. Hier den richtigen Zeitpunkt zu finden, um auf die zugelassene Geschwindigkeit im Bahnhof Oerlikon zu bremsen, ist nicht leicht. In einem Tunnel verliert man schnell die Orientierung.

Die weitere Fahrt führt über Wallisellen und Dübendorf. In Schwerzenbach ist im Fahrplan der nächste Halt vorgesehen. Die schnelle S-Bahn ins Oberland muss mich überholen. Eigentlich kann auch ich deren Tempo fahren. Das Problem ergibt sich jedoch in Uster, denn ab dort steht nur ein Gleis zur Verfügung. Der Gegenzug verhindert, dass ich vorher hochfahren kann. Daher verwundert mich der Halt auch nicht.

Auch wenn der Expresszug ins Zürcher Oberland schnell ist, ich kann es gemütlich nehmen. Ich bin nun zwischen diesem und der mit folgenden S-Bahn nach Hinwil eingeklemmt. Mit anderen Worten, der Zug in meinem Rücken folgt mir bis zum Ziel. Daher wäre ich froh, der Kollege vor mir würde etwas mehr auf die Tube drücken. Jedoch ist er an die Einhaltung des Fahrplanes gebunden und kann nicht einfach so zufahren, wie ich.

In Wetzikon ist dann der Express weg und ich kann nach Hinwil fahren. Eine kurze Strecke, die nicht so viele Attraktionen bereithält. Eine Kurve und noch eine weitere, die mich aber nicht interessieren wird. Der Grund ist simpel, denn am Einfahrsignal wird mir eine besetzte Einfahrt signalisiert. Der Lokomotivzug endet daher unmittelbar von den bereitstehenden Güterwagen. Hinwil wurde dabei pünktlich erreicht und daher kann auch die S-Bahn pünktlich einfahren.

Oberlandstücker oder Schnellgutzug?

 

Die Zugnummer lässt vermuten, dass es sich um einen Schnellgutzug handelt. Jedoch entpuppt sich der Zug bei der genaueren Betrachtung als normaler Stückgutzug. Das Problem ist simpel, vom Zürcher Oberland in den RBL zu gelangen, kann dieser Zug nur über den Bahnhof Museumsstrasse verkehren. Mit einer speziellen Zugnummer für Schnellgutzüge bekommt man dort ein Trassee. Für normale Güterzüge geht das wegen der Belegung nicht.

Ein Griff in die Trickkiste verhindert, dass hier keine Güterzüge mehr verkehren können. Die Sache ist simpel, denn wenn der Zug nicht fährt, wird die Last auf die Strasse verlagert. Die LKW bleiben dann im Stau stecken und die Waren werden nicht mehr planmässig am Ziel ankommen. Dem ansässigen Gewerbe würde dies nicht gut bekommen und daher ist dieser Güterzug auch ein Schutz für die dortigen Arbeitsplätze.

Es hängt alles zusammen, auch wenn das niemand mehr erkennt. Der Güterzug mit Kies beladen, beliefert ein Betonwerk, das den Rohstoff für ein Haus herstellt. In diesem Haus entstehen dann die Arbeitsplätze für kaufmännische Angestellte. Diese wiederum verkaufen Waren, die letztlich in einem anderen Zug befördert werden. Im Einzugsbereich dieses Güterzuges befinden sich Güter für die Armee, aber auch Lebensmittel.

Die Bremsprobe in Hinwil unterscheidet sich in einem Punkt von den üblichen Lösungen. Ich muss zusätzlich noch eine Schnellbremse ausführen. Diese ist erforderlich, weil am Schluss des Zuges der Tm 232 angekuppelt ist. Dessen Nachbremse funktioniert jedoch nur bei einer Schnellbremsung. Daher wird so die Wirkung dieser Vorrichtung geprüft. Der Rangierarbeiter teilt mir die erfolgreiche Kontrolle am Funk mit und begibt sich zu mir auf die Lokomotive.

Mit einer Zugreihe von A 95% beginnt die Fahrt. Das an der Lokomotive angehängte Zugsgewicht beträgt 239 Tonnen. Maximal sind 80 km/h erlaubt. Das ist wegen dem Traktor, der das letzte Fahrzeug bildet. Mich interessiert eher das erste, denn dessen Nummer muss ich kontrollieren. Das erfolgt im gleichen Moment, wo ich nachschaue, wie die Lokomotive angehängt wurde. Der Zug ist in Hinwil fahrbereit und das Ziel ist Wetzikon.

Mittlerweile ist mein Begleiter eingetroffen. Er meint nach der Begrüssung, dass es heute etwas komplizierter werden könnte. In Wetzikon muss ein Teil der Last an die Spitze.

Mein Vorschlag gleich die gesamte Last an die Spitze zu nehmen, wird mit einem Lächeln angenommen. Auf jeden Fall muss der Traktor weggestellt werden, dann die Wagen und anschliessend kann die neue Last geholt werden. Zum Schluss muss der Zug wieder formiert werden.

So einfach das klingt, es ist es nicht, denn dazu werden die Geleise benötigt, auf denen sich regelmässig eine S-Bahn aufhält. Daher meldet sich der Fahrdienstleiter und frägt, wie lange wir das Gleis 1 noch belegen.

Seine Nachfrage ist ja schön, aber damit behindert er das Manöver und so dauert alles etwas länger. Mit relativ deut-lichen Worten, wird das am Funk auch erklärt. Oha da lie-gen die Nerven blank, wenn das nur gut kommt.

Die Sorge ist unbegründet, wir haben das Gleis bereits seit einigen Minuten geräumt, als die S-Bahn eintrifft. Der Rangierarbeiter meinte, dass er nun mit der S-Bahn nach Schwerzenbach fahre und ich hier Pause machen könne.

Die sonst übliche Nachfrage nach der Verschiebung der Pause kam heute für einmal nicht. Mir ist es egal, ob ich meine Verpflegung in Wetzikon, oder in Schwerzenbach im Laden beim Bahnhof hole. Ich muss einfach eine Pause machen.

Nach der Pause melde ich mich beim Fahrdienstleiter. Ich teile mit, dass ich in Wetzikon fahrbereit sei. Die markige und unfreundliche Antwort, dass es pünktlich losgeht, war eigentlich keine Überraschung. Mit dem schweren Kran am Haken ist der Zug zwar maximal mit 100 km/h unterwegs, aber die Zugreihe D drosselt mich an vielen Orten auf 80 km/h. Fahrdienstleiter mit wenig Erfahrung werden dann schnell nervös.

Bei pünktlicher Fahrt muss er sich nicht dem Chef erklären. So ist er den Ärger los. Die früher immer wieder genutzten Lücken im Fahrplan gehen dann verloren. Ich erlebte hier schon, dass die vorzeitige Fahrt wegen einer geringen Verspätung nicht möglich war. Als dann die Zeit für den Güterzug gekommen war, herrschte ein noch grösseres Chaos. Jetzt aber musste er mich durchschleusen. Der Kollege auf der S-Bahn verstand das nicht.

Die Fahrt nach Schwerzenbach führte über Barrieren, die den Stau auf der Strasse noch mehr verlängern. Der Feierabendverkehr hat eingesetzt und das bedeutet hier auf der Strasse ein Chaos. In Uster zudem gut gefüllte Bahnsteige und da fällt mir eine Gestalt auf, die scheinbar mit dem Handy am Kopf die Bahnsteigkante begutachtet. Dumm, dass ich hier durchfahren will. Da hilft nur eines: Schnellbremse rein und auf die Pfeife drücken.

Wie so oft, gibt es dann die guten Leute, die dafür sorgen, dass es nicht zu einem Unfall kommt. Diesmal waren es sogar die Herren der Bahnpolizei. Das wird wohl ein teures Telefonat geben. Bis sich die Bremsen meines Zuges wieder lösen, ist die Geschwindigkeit auf 30 km/h gesunken. Ich hoffe doch, dass sich die Leute an dem Gestank erfreuen, denn die Wagen qualmten kräftig, als ich im Rückspiegel schaute, ob wirklich niemand am Boden liegt.

Es ist wieder einmal gut gegangen. Ich frage mich wirklich, ob die Leute so blöd sind, oder ob sie uns absichtlich ärgern wollen. Ein Selfie mit dem entsetzten Blick des Lokführers wirkt nicht so gut. Also Leute, haltet Abstand und bleibt zum Teufel von den Schienen fern. Es reichte, dass ich diese immer wieder überqueren muss. Ich mach das jedoch nicht freiwillig. Zudem kann ich gerne auf solche Schreckmomente verzichten.

Bei der Ankunft in Schwerzenbach steht die Last bereits wieder bereit. Es sind viele Wagen und das ist nicht überraschend. Der Hauptteil wird hier angehängt werden. Das anstehende Manöver erfolgt mit der LISA. Da ich eine Re 620 mit ETCS von Alstom habe, ist das auch kein Problem. Je nach auf der Maschine verbautem Funkgerät ist der Aufwand grösser oder kleiner. Zudem sind die Verbindungen nicht optimal und auch jetzt ist der Arbeiter nur leise zu hören.

Auch jetzt ist wieder eine Bremsprobe erforderlich. Diese erfolgt immer, wenn sich am Zug etwas veränderte. Ich kann daher die neuen Zugdaten eingeben. Der Zug hat eine Zugreihe von D 85% und kann mit maximal 100 km/h verkehren. Das Gewicht der Wagen ist nun auf 1014 Tonnen angestiegen. Daher muss ich auf der Lokomotive die G-Bremse aktivieren. Für die Zugdaten wird noch die Länge benötigt und diese liegt bei rund 500 Meter.

Es ist eine Überraschung, aber unmittelbar nach der Bereitmeldung, kann ich die Fahrt bis nach Dübendorf fortsetzen. Dort erfolgt der letzte Zwischenhalt, denn auch ab dort, werden Güterwagen abgeführt.

Es ist der letzte Punkt, wo mit diesem Zug neue Last aufgenommen wird. Güter von vier Bahnhöfen an einem Zug, das ist recht selten geworden. In der Regel werden die Lasten von den RCP-Teams gesammelt und nicht vom schweren Güterzug.

Da ich in Schwerzenbach nur mit 40 km/h ausfahren darf und die Länge des Zuges so gross ist, fahre ich die kurze Strecke nach Dübendorf nicht schneller.

Die Signale verhindern dies, denn auch in Dübendorf muss ich über ablenkende Weichen in das angebotene Gleis fahren.

Es ist wirklich nur eine Fahrt von einem Bahnhof zum anderen und da die Strecke dazwischen kurz ist, bleiben die Geschwindigkeiten bei einem Güterzug tief.

Wie so oft, ertönt am Funk das Signal für einen Anruf. 95% der Anrufe auf die Lokomotive erfolgen in den Momenten, wo auf ein rotes Signal gefahren wird.

Scheinbar interessiert es nur die Lokführer, dass jetzt nicht gefunkt werden darf. Das scheint der Gesprächspartner zu wissen, denn die Verbindung steht, aber es ist keine Stimme zu hören. Zumindest so lange, bis der Haltbefehl erteilt wird. Dieser ist zu vollziehen und da spielen rote Signale keine Rolle mehr.

Unmittelbar nach dem Stillstand, wird am Funk der Befehl zum Anfahren an die Last erteilt. Noch ist der lange Zug gebremst und die Wagen lösen nicht mehr so schnell. Es steht nun eine indirekt geführte Rangierfahrt an. Wer nun die Verantwortung hat, ist auch klar geregelt. Dieser kann diese jedoch an den Rangierarbeiter delegieren. In der Regel erfolgt das automatisch. Ich frage mich nur, wie der Rangierarbeiter so schnell von Schwerzenbach nach Dübendorf kommen konnte. Mit fällt nur dieser Zug ein.

Mit einem über 1000 Tonnen schweren Zug ist so ein Manöver nicht sehr einfach. Es ist jedoch das Handwerk eines Lokführers im Güterverkehr. Daher wird auch etwas langsamer gefahren. Die Massangaben helfen mir dabei, den Zeitpunkt richtig zu wählen. So komme ich letztlich vor der Last zum Stillstand. Wichtig ist dabei nur, dass keine zu hohen Belastungen für die Schraubenkupplungen entstehen. Mit einem gestreckten Zug sollte daher nicht viel passieren.

Erneut erscheinen auf meiner LEA neue Daten. Viel ändert sich nicht, lediglich zwei Wagen mehr und daher ein neues Gewicht von 1060 Tonnen. Die Länge ist auf stolze 528 Meter angewachsen. Bereits bei der Bereitmeldung meinte der Fahrdienstleiter, dass es erst pünktlich losgehen würde. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, die Wartezeit beträgt 45 Minuten. Bisher lief es gut, aber nun kommt der nicht so leichte Teil mit der Fahrt in den RBL.

Auf die Minute genau geht das Signal auf Fahrt. Ausfahrt mit 40 km/h! Viel mehr lassen auch die nächsten Signale nicht zu. Es dauert, bis ich die letzte ablenkende Weiche abgedeckt habe.

Die Steigung auf die Brücke fordert die Re 620 zusätzlich. Aus diesem Grund ist hier auch diese Baureihe eingeteilt. Die Fahrt führt nun nach Stettbach und das eingeklemmt zwischen zwei S-Bahnen. Sich schlank machen mit über 500 Meter ist nicht so leicht.

Während die S-Bahn vor mir mich drosselt, drückt die an-dere im Rücken. Dies ist die S12, die von Winterthur kommt und eigentlich ohne Halt verkehren sollte. Gut in Stettbach ist sie angeschrieben und zwar nur eine Minute nach meiner Durchfahrt.

So lange braucht nur schon der letzte Wagen, bis er hier ist, wo ich mich gerade befinde. Pünktlich wird diese S-Bahn wohl auch nicht mehr verkehren, aber es ist hier wirklich sehr eng.

Mit ADL versucht der Fahrdienstleiter die Angelegenheit mit so geringer Verspätung wie nur möglich zu bewäl-tigen.

Da ich den Zug nicht zum ersten Mal führe, weiss ich, wie ich die optimalen Geschwindigkeiten wählen muss und das ist jetzt besonders wichtig, denn die Strecke zwischen Stadelhofen und Hauptbahnhof ist nicht so leicht zu befahren. Die Signale drosseln den Zug schon zu Beginn auf 60 km/h und daher bleibt das Tempo tief.

Das Gefälle nach dem Bahnhof von Stadelhofen wird mit den pneumatischen Bremsen der Wagen befahren. Die Geschwindigkeit liegt bei etwa 40 km/h. Das bleibt nun so lange so, bis ich bemerke, dass der Zug sich verzögert. Da die Signale die Fahrt bis zum Bahnsteig erlaubten, kann ich die Bremsen lösen. Dazu benutze ich die Fahrstellung, denn ich muss Zerrungen im Zug nach Möglichkeit verhindern. Zudem erwarte ich, dass ich am Bahnsteig noch zum Stillstand komme.

Auch als es möglich war, wurde das Signal nicht grün. Das wird nun spannend, denn am Funk meldet sich der Fahrdienstleiter. Die Frage ob ich ganz beim Signal stehe, kann ich mit Ja beantworten. Auf zehn Meter wird es nicht ankommen. Zur Antwort erhalte ich, dass ich am Schluss die Weiche nicht abdecke. Naiv wie ich bin, frage ich, warum das wichtig sei. Mit der Antwort habe ich nicht gerechnet, die S12 müsse mich überholen.

«Ach so! Nur eine Frage: Ist Dein Bahnhof überhaupt 528 Meter lang?» Es kommt keine Antwort mehr, vor mir wird das Signal grün und ich kann losfahren. Die Steigung verhindert, dass dies auch mit der stärksten Lokomotive der Schweiz schnell geht. Anders als sonst üblich, werde ich diesmal jedoch nicht auf die Strecke für den Fernverkehr geleitet, sondern der Weg führt über die Brücke nach Altstetten, ich bleibe auf der Strecke der S-Bahn.

Die enttäuschten Blicke auf dem Bahnsteig in Altstetten ignoriere ich. Ich muss mich auf deren Abstand vom Gleis konzentrieren. Nur so knapp im Augenwinkel sehe ich die Anzeige. Die S12 ist scheinbar unbestimmt verspätet. Ich ein paar Minuten, aber der Fahrplan sorgt letztlich dafür, dass ich mein Ziel ein paar Minuten vor dem Fahrplan erreiche. Ich vermute einmal, dass wieder ein Fahrdienstleiter gelernt hat, dass der Oberlandstücker in Zürich nicht überholt werden kann.

Bergverbot und knappe Pause

 

Der Vorsprung geht dahin, weil ich nach der Ankunft noch ein Manöver machen muss. Der Kran darf nicht über den Ablaufberg. Vermutlich ginge es schon, aber die Schäden wären gigantisch. Daher stelle ich ihn mit der Lokomotive weg. Damit ich rückwärtsfahren kann, hilft mir ein Rangierarbeiter. Er übernimmt auch gleich die Leitung des Manövers. Somit habe ich ihm diese übertragen. Ein Vorgang, der wirklich immer automatisch erfolgt.

Es ist ein einfaches Manöver. Dieses hat zum Ziel, dass der schwere Kran mit seinem Schutzwagen in die Umspanngruppe gestellt wird. Auch jetzt arbeitet das Personal im Bahnhof mit der LISA. Die Rangierfahrt beginnt mit der Fahrtstellung des ersten Zwergsignales. Den Befehl dazu habe ich vorgängig bekommen. Die Fahrt führt gegen die Einfahrsignale. Als ich im Gleis angekommen bin, ist es am Funk verdächtig ruhig. Ich halte an, als ich vermute, dass auch die Last die Weiche freigelegt hat.

Statt den Befehl zur indirekt geführten Rangierfahrt zu erhalten, klopft es bei der Türe. Der Rangierarbeiter meint, ob ich die Verbindung trennen könne, denn die LISA habe sich automatisch abgeschaltet und er könne keine neue Verbindung aufbauen. So schön der Name auch ist, langsam bezweifle ich, ob es wirklich sicher ist, mit dem Gerät zu arbeiten. Zum Glück passierte diese Störung nicht bei der Fahrt an ein Hindernis, das hätte nicht gut geendet.

Mit gemischten Gefühlen erfolgt die Fahrt in die Umspanngruppe und ich bin froh, dass es mit der Verbindung jetzt geklappt hat. Die Fahrt erfolgt nun zusammen mit dem Rangierarbeiter. Es sind direkt geführte Rangierfahrten und nun habe auch ich die Aufgabe des Rangierleiters wieder übernommen. Das bedeutet aber, dass ich zum Wechsel der Fahrrichtung den Führerstand wechseln muss. Ein Vorgang, der längst zur Routine wurde.

Der Rangierarbeiter ist bei mir, bis zur Höhe des Ablaufberges, dort halte ich an und lasse ihn aussteigen. Seine Worte über die modernen Funkgeräte will ich hier nicht widergeben. Sie decken sich aber mit den Hinweisen in den Mails. Deren Flut hatte sich mit dem späteren Abend etwas beruhigt und während der Fahrt kann ich diese so oder so nicht lesen. Auch nicht jenes, welches die Touren für das Wochenende und den Montag brachte.

Doch ich muss nun weiterfahren, denn noch ist die Lokomotive noch im Ziel. Dieses befindet sich in der Ausfahrtgruppe direkt vor einem Güterzug. Dort wartet sogar ein anderer Lokführer, es gibt eine Übergabe. Da war wohl wieder ein knapper Wechsel geplant worden. Seit dem neuen Programm, werden die Nummern seltener geändert. Es ist scheinbar nicht mehr so einfach, wie früher, wo einfach mit Bleistift die Änderung gemacht wurde.

Die so gewonnene Zeit hilft mir, denn ich habe ausreichend Zeit für die nun anstehende Pause. Diese ist lediglich 20 Minuten und ich muss sie machen, weil ich sonst ein Problem mit meiner Lenkzeit habe. Aus diesem Grund war auch schon die Pause in Wetzikon, denn der erste Teil der Tour dauerte fast sechs Stunden. Der nun folgende Teil ist daher mit knapp mehr als zwei Stunden deutlich kürzer. Eine Zusatzschleife, wenn man es so sagen will.

Schliesslich habe ich noch nicht Feierabend, denn es folgt noch die Fahrt mit dem Zug nach Lupfig und der Güterzug wird mir vorbereitet. Ich muss daher erst auf die Abfahrzeit beim Zug erscheinen, der vermutlich nur ein paar Geleise neben mir steht. In der Regel erkenne ich das anhand der Last. Hier sind es üblicherweise Wagen mit Papier und leere Hochbordwagen für einen Schrotthändler der sich in der Nähe von Wohlen niedergelassen hat.

Ab nach Lupfig

 

Nach der Pause auf der Lokomotive angekommen ist niemand mehr da. Ein Formular, das korrekt ausgefüllt wurde, gibt mir die benötigten Informationen. Scheinbar ist der Zug fahrbereit. Ich kann mich daher für die anstehende Fahrt einrichten. Hinter der Lokomotive sind eine Baumaschine und Kieswagen eingereiht. Daher konnte ich den Zug vorher nicht erkennen, denn die Last an der Spitze ist aussergewöhnlich, da Kieswagen in der Regel in Ganzzügen verkehren.

Als die Zugdaten auf der LEA erscheinen, schlucke ich leer. Die Re 420 mit ETCS von Siemens hat eine schwere Arbeit vor sich und das Wetter spielt nicht mit. Die Zugdaten wurden schon korrekt eingegeben. Bei der Kontrolle erkenne ich, dass die Zugreihe D angewendet wird, die Bremsreihe beträgt 85% und die bei den Wagen erlaubte Geschwindigkeit bei 100 km/h. Bei der Länge ist der Wert von 537 Meter eingegeben.

Die angewendete Bremsart ist FP 3 und die Achslast 22.5 Tonnen. Die Daten sind korrekt und nur auf der LEA ist das Gewicht des Zuges mit 1120 Tonnen angegeben. Das beutet maximale Normallast. Dank leichten Regen wird die Fahrt nicht so einfach werden. In ein paar Minuten geht es los. Doch dazu muss ich mich beim Stellwerk melden. Die erforderliche Nummer kenne ich auswendig. Das ist nicht überall so, aber ich bin ja in meinem Heimatbahnhof.

Aus der Erfahrung weiss ich, dass ich den Zug in Lupfig selber abhängen und sichern muss. Da sich der Schluss des Zuges noch im Gefälle befinden wird, werde ich einige Handbremsen benutzen müssen. Da ich noch ein paar Minuten Zeit habe, sehe ich nach der benötigten Festhaltekraft. Diese notiere ich mir. Welche Handbremsen bei welchen Wagen angezogen werden, muss ich jedoch vor Ort entscheiden. Die schweren Wagen befinden sich am Schluss.

Die Fahrt begann gemütlich und mit aktivem Schleuder-schutz und Sander. Letztlich aber wurde die maximale Geschwindigkeit nach Killwangen-Spreitenbach erreicht. Die Bremsprobe auf Wirkung, machte diesen Erfolg aber zu gleich wieder zu Nichte.

Da sich aber ADL noch meldet, ist das eigentlich kein Problem. Dachte ich zumindest, denn statt der erwarteten geringen Geschwindigkeit, erscheint maximales Tempo und das bis Lupfig.

So leicht wird das nicht, auch wenn der Regen mittlerweile aufgehört hat. Die Last ist ausgesprochen schwer und die Schienen immer noch nass. Daher ist nicht so schnell mit einem hohen Tempo zu rechnen. Ich versuche mein Bestes.

Doch so richtig vorwärts gehen will es nicht. Der Schleuder-schutz arbeitet und die Landschaft wird mit Quarzsand versorgt, aber es lohnt sich nicht, denn Baden lässt bei der Ausfahrt nur eine tiefe Geschwindigkeit zu.

Dank ein paar Tricks, die ich noch vom Gotthard her kenne, erreichte ich zumindest in Baden die erlaubte Ausfahrge-schwindigkeit.

Die weitere Fahrt nach dem Bahnhof von Lupfig verlief dann mit mehr oder weniger maximaler Geschwindigkeit. Lediglich die Erhöhung von Brugg hoch zum Ziel machte ich nicht mehr mit, denn in Lupfig darf ich nur mit 60 km/h einfahren. Das führte dazu, dass auch ADL beendet wurde. Ich erreiche das Zeil mit geringer Verspätung.

Nachdem Halt fährt neben mir eine Eem 923 ein. Der Rangierarbeiter steigt aus und macht sich bemerkbar. Er kommt zu mir und erkundigt sich, ob ich schon entkuppelt hätte. So schnell bin ich nicht. Er scheint erleichtert zu sein und meint daher, ob ich eventuell mit ihm noch ein Manöver machen könnte. Natürlich mache ich das mit, denn das hat auch einen Vorteil für mich, denn nun wird die Last abgehängt und der Arbeiter ist für die Sicherung zuständig.

Die Kieswagen an der Spitze des Zuges müssen in ein anderes Gleis gestellt werden, da dummerweise unmittelbar nach der Lokomotive noch die Baumaschine eingereiht wurde, wird der Aufwand für das anstehende Manöver etwas grösser, als es gedacht war. Doch wie in solchen Fällen üblich, wird zuerst eine Funkverbindung aufgebaut. Diesmal habe ich nicht mehr so einen bedienerfreundlichen Funk. Die Anweisungen sind eigentlich klar.

Ich müsste die Verbindung trennen und diese zur LISA neu aufbauen. Das führt jedoch dazu, dass der Rangierleiter mit der LISA nicht mehr so einfach den Fahrdienstleiter erreicht. Aus Erfahrung weiss ich auch, dass das nicht immer klappt. Besonders früher bei den Schiebelokomotiven klappte es nie, und daher arbeite ich etwas anders. Nicht nach den Vorgaben, aber so bleibt die Funkverbindung bestehen und das ist letztlich das Ziel.

Wegen dem umfangreichen Manöver reicht die Zeit nicht und der Fahrdienstleiter will von mir wissen, wann ich mit der Lokomotive fahrbereit bin. Dummerweise machte er das gerade in dem Moment, wo zum letzten Mal rückwärtsgefahren wurde. Ich muss nun mit der Baumaschine an die Eem 923 anfahren, den Fahrdienstleiter ignorieren und dabei noch die Bremsen bedienen. So richtig glücklich bin ich mit der Situation nicht, aber ich muss damit leben.

In solchen Fällen handle ich auf die sichere Seite. Das heisst, ich verringere das Tempo so, dass eine Störung im System nicht zu einem Unfall führt. Natürlich bietet das Funkgerät auch die Möglichkeit den Eindringling wegzudrücken. Würde endlich der beim Funk auf der Lokomotive vorgesehene Rangierfunk aktiviert, wären keine Probleme mehr vorhanden. Dumm dabei ist nur, dass die Software beim Funk der Lokomotive nicht alle Funktionen bietet.

Als es mit der LISA in einem Bahnhof nicht klappte, wurde zum Handy gegriffen. Dieses legte ich auf den Führertisch, aktivierte den Lautsprecher und dann war das Manöver überraschend einfach. Es ist schon verblüffend, was so ein kleines Ding leisten kann. Hätte ich zu Hause nicht das Headset vergessen, wäre es noch einfacher gewesen und ich hätte immer beide Hände für die Bedienung der Lokomotive gehabt. Etwas, was bisher kein Funk bot.

Letztlich aber klappte das Manöver. Der Fahrdienstleiter hat mittlerweile auch wieder aufgelegt und nun wird auch noch die Baumaschine abgehängt. Dadurch bin ich endlich auch den letzten Teil der Last los. Der Rangierleiter bedankt sich bei mir und erkundigt sich, was ich mit der Lokomotive mache. Ich erkläre ihm, dass ich damit als Lokomotivzug wieder in den RBL fahren werde. Zudem gebe ich ihm die neue Zugnummer an.

Die Letzten Worte mit dem Rangierarbeiter sind in keiner Vorschrift geregelt. Es ist die normale Verabschiedung, wie das in der Schweiz üblich ist. Die Fahrt in das Gleis zum Auswechseln erfolgt alleine und somit als direkt geführte Rangierfahrt. Langsam gewöhne ich mich an die neuen Bezeichnungen. Wenn ich sie dann wirklich immer anwende, werden die Vorschriften vermutlich wieder geändert und das Personal kann neue Begriffe lernen.

Es geht nach Hause
                       

Auch wenn es nicht so weit zu meinem Heim ist, ich muss zuerst zurück in den Bahnhof, wo ich meine Arbeit angetreten habe. Bei der Lokomotive muss ich für den Lokomotivzug jedoch zuerst die Daten eingeben. Bei der Zugreihe kommt nun natürlich R und die Bremsreihe beträgt 115%. Bei der Re 420 ist das so seit sie neu gewogen wurde und dabei 84 Tonnen festgestellt wurden. Die alte Bremsreihe kann daher nicht mehr erreicht werden.

Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 140 km/h und die Bremsart ändert sich nun auf PASS 3. Kommt noch die Achslast und hier werden abweichend zur Rechnung 20 Tonnen eingetragen. Der Grund ist hier nicht so wichtig, aber bei Fahrten in Level 2 würde sonst nur maximal 100 km/h freigegeben. Es ist so schön, dass das einheitliche System in Europa die Eingaben der Daten so kompliziert gemacht hat. Doch damit müssen wir leben.

Hinzu kommt, dass die Daten noch geprüft und bestätigt werden müssen. Dazu steht jedoch nur eine beschränkte Zeit zur Verfügung. Wer nicht aufpasst, hat plötzlich falsche Zugdaten. Da ich auch die Personal- und die Zugnummer für ETCS benötigt habe, erfolgt mittlerweile die Anmeldung automatisch. Wie lange es noch geht, dass mit der Personalnummer auch geregelt wird, wer wo und wie fahren darf, steht in den Sternen. Die sind tatsächlich wieder zu sehen.

Der Lokomotivzug ist nun bereit und ich muss nur noch die Beleuchtung kontrollieren. Vorne drei weiss und hinten eine rote Lampe unten rechts. Alles leuchtet korrekt und ich kehre wieder an meinen Arbeitsplatz zurück. In diesem nicht beleuchtetet und daher stockdunklen Teil des Bahnhofes mit dem unebenen Gelände ist das nicht so schnell möglich. Ich will mir nicht noch das Bein brechen. Schliesslich steht das Wochenende vor der Türe.

Ich kam in den Führerstand und höre gerade noch, wie der Fahrdienstleiter mich ruft. Ich gebe Antwort. Scheinbar eilt es, denn er will wissen, ob ich fahrbereit sei. Das bin ich und dann erfahre ich, dass ich als Rangierfahrt zum ersten Hauptsignal fahren könne. Die Zustimmung dazu erfolgte bereits am Zwergsignal. Daher kann ich losfahren und in der Ferne erkenne ich ein grünes Licht. In der Nacht kann ich es jedoch noch nicht zuordnen.

Es ist mein Signal und ich kann mit der Lokomotive Lupfig verlassen. Eigentlich hätte ich ja bereits im RBL ankommen sollen. Nur das nicht geplante Manöver und die ungenügende Länge der Fahrleitung sorgten dafür, dass die geplante Zeit nicht ausreichte. Alles ist auf die Sekunde geplant und daher können nur kleinste Anpassungen zu grösseren Verspätungen führen. Die moderne Eisenbahn lässt das beinahe nicht mehr zu.

Die Fahrt über Brugg und Baden verlief alles andere als flüssig. Die letzten S-Bahnen hatten sich verabschiedet und dann kamen die Baustellen aus dem Boden. Drei Stück zwischen Brugg und Killwangen! Dort wurde zwar auch gebaut, aber dank der neuen Brücke entlang der Limmat, kann ich in den RBL fahren, ohne dass mich das gross belastet. Das Verdickt nach der Ankunft ist dann schnell erfasst. 25 Minuten zu spät eingefahren.

Jetzt noch die Lokomotive im östlichen Teil wegstellen und die Kontrollen ausüben. Statt vor Mitternacht, habe ich nun danach Feierabend. Die Re 420 wurde nach einer Fahrt durch den ganzen Rangierbahnhof in die Lokwartegruppe gestellt. Die Maschine steht nun genau dort, wo ich zu Beginn der Tour die Re 620 übernommen habe. Damit ist der Kreis geschlossen. Es stehen nun die üblichen Kontrollen an, die aber keine Schäden an den Tag brachten.

Der Weg führt jetzt wieder über den Hauptübergang. An der Situation hat sich nichts geändert. Eigentlich sollte ich den laufenden Dienst noch anrufen, da ich ja zu spät Feierabend hatte. Doch hier, wo so viele Fahrten unterwegs sind, ist das nicht nur gefährlich, sondern Selbstmord. Wir haben deswegen schon einen Kollegen verloren, der genau an dieser Stelle telefonierte und die sich nähernde Diesellokomotive nicht beachtete.

Als ich in der gesicherten Zone war, griff ich zum Telefon. Jetzt wird es Zeit, dass ich anrufe um mein Arbeitsende zu melden. Wichtig ist das wegen dem Montag, denn dann habe ich ebenfalls kurz vor Mitternacht Schluss und das ist zwingend. Mit heute hatte ich in den vergangenen 28 Tagen 15 Nachtdienste gehabt. Das gilt auch am Montag noch. Doch bevor ich mich darum kümmere, wäre es schön, wenn jemand Antwort geben würde.

Ich schaffte den Weg zu meinem Auto. Dort öffnete ich den Kofferraum, stellte den Rucksack rein und wollte gerade einsteigen, als nach rund zehn Minuten klingeln sich jemand meldet. Ich gebe meine Tour an und die Verspätung. Die nun natürlich auf die aktuelle Zeit angestiegen ist. Nicht zu denken, was passieren könnte, wenn der Anruf wirklich dringend wäre. In solchen Fällen müssen Lokführer dann das Problem selber Managen.

Schade, dass dies so ist und ich denke ja nicht, dass extra gewartet wird. Wenn die Leute dort jedoch so ausgelastet sind, dass sie die Lokführer nicht betreuen können, dann liegt das Problem vermutlich etwas höher. Ich habe nun endlich Feierabend und die Tour wurde etwas länger. Am Montag darf das nicht passieren, denn der Zufall will es so, ich fahre nach dem Wochenende wieder die gleiche Leistung und dann hoffe ich auf einen früheren Feierabend.

Würde es wieder zu den Verzögerungen in Lupfig kommen, könnte ich wirklich die Lokomotive dort parkieren. Ich darf dann nach Mitternacht nicht mehr arbeiten, da das Gesetz dies verbietet. Keine Ahnung, wie hoch die Strafe bei einem Verstoss wäre, aber riskieren will ich dies nicht. Irgendwie schaffte es bisher die Lokomotive immer wieder an ihr Ziel. Doch nun kommt noch der gefährliche Teil des Tages. Die Fahrt mit dem Auto.

Die Fahrt mit dem Auto nach Hause war dann wieder im gewohnten Rahmen. Natürlich mit der obligaten Alkoholkontrolle. Kein Problem und bei der Vorbeifahrt beim Bahnhof von Lupfig, weiss ich, warum es mit der Lokomotive so eilte, denn die Wagen hatten den Bahnhof bereits verlassen und wurden scheinbar ins Anschlussgleis gestellt. Die restlichen Wagen des Zuges stehen noch in Lupfig, zugestellt werden sie erst am Montag.

 

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