Der lange Weg zur NEAT

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Erste Ideen für eine neue Eisenbahn Alpentransversale kamen im Jahre 1985 zum Vorschein. Grund dazu war der ständig wachsende Güterverkehr auf der Nord-Süd-Achse. Dabei muss gesagt werden, dass die Strecke durchaus wieder am Limit befahren wurde. Es war einfach nicht mehr so, dass es zu Staus kam. Zudem begann sich der Widerstand gegen den Verkehr mit LKW zu formieren. Es fand in der Verkehrspolitik der Schweiz ein sanfter Wandel statt.

Die Idee dabei war klar. Man wollte den Güterverkehr fördern. Dazu sah man Züge mit bis zu 4‘000 Tonnen Gewicht vor. Die Geschwindigkeiten sollten erhöht werden. So sollten Reisezüge nach den Erfolgen im Ausland, mit über 200 km/h verkehren. Güterzüge sollten bis zu 160 km/h erreichen. Das waren Geschwindigkeiten, wie sie im Alpenraum noch nie gefahren wurden. Für Güterzüge galt das sogar weltweit, denn an 160 km/h wagte sich bisher in diesem Bereich noch niemand.

Man erkannte dank den Neubaustrecken im Ausland, dass man mit schnellen und attraktiven Verbindungen durchaus mit der Eisenbahn arbeiten konnte. In erster Linie nahmen es die Züge in Europa mit dem Luftverkehr auf. Dazu benötigte man jedoch spezielle und teure Hochgeschwindigkeitszüge, wie etwa den TGV oder die ICE. Das war für die entsprechenden Bahnen ein gutes Geschäft. Man konnte am Morgen rasch nach Paris oder London fahren, nur um zu frühstücken.

In der Schweiz hatte man jedoch einen anderen Gegner im Visier, denn hier sollte der Schwerverkehr auf der Strasse verschwinden. Die schnellen Güterzüge sollten die Fahrzeiten der LKW deutlich unterbieten können. Ja man sah sogar vor, dass man diese auf speziellen Zügen mit 120 km/h durch die Alpen transportieren könnte. Man bestellte sogar die dazu benötigten Wagen. Den Güterverkehr durch die Alpen sollten die Eisenbahnen übernehmen.

Deshalb skizzierte man damals ein Projekt auf, das die Alpen mit einer neuen Strecke mit geringeren Neigungen und geraderen Abschnitten durchqueren sollte. Die Idee war klar, wenn man mit der Eisenbahn schneller durch den Alpenkamm in den Süden gelangen konnte, setzte niemand mehr auf den dagegen schwerfällig wirkenden Strassenverkehr. Daher war klar, es musste ein neuer langer Tunnel gebohrt werden. Nur, wo das sein sollte, wusste man nicht.

Man konnte das erste Projekt durchaus als Kombination von zwei Projekten ansehen. Einerseits wurde die vorhandene Gotthardbahn eingebunden. Sie wurde mit dem ursprünglich von Stephenson im Jahre 1872 vorgeschlagenen Projekt einer Lukmanierbahn ergänzt. Im Grunde sollte eine Neubaustrecke, die zusätzlich an den Gotthard angeschlossen werden sollte, gebaut werden. Dadurch wäre jedoch ein Tunnel entstanden, der die Form eines Ypsilons hatte. Daher nannte man dieses Projekt in der Folge Ypsilon.

Die neue Strecke hätte im Raum Chur begonnen und wäre durch das vordere Rheintal mehr oder weniger oberirdisch bis nach Trun geführt worden. Die hier massgebenden durchschnittlichen Geschwindigkeiten lagen bei 155 km/h. Ein Wert, der damals auf ersten Abschnitten in der Schweiz erreicht wurde. Schwierige Geländeabschnitte hätte man mit Tunnel passiert. Die Steigungen lagen dabei bei rund 13 ‰, was den Normen im Flachland entsprach. Europäisch gesehen war es jedoch keine Flachbahn mehr. Dort würde man sie eher als Steilstrecke betrachten.

Bei Trun hätte dann der Haupttunnel gegen Süden begonnen. Seine Länge lag schätzungsweise bei 40 bis 45 Kilometer. Genaue Angaben lagen noch nicht vor, da ja erst ein grobes Konzept bestand. Kurz vor Biasca wäre dann die Strecke oberirdisch bis in den Bahnhof Biasca geführt worden. Ein letzter Tunnel hätte die Züge um die Ortschaft Biasca geführt. Dort sollte dann die neue Strecke enden und der weitere Weg hätte über die bestehende Strecke geführt. Die Steigungen am Ceneri wären geblieben.

Diese Linienführung entsprach in etwa der von mir zur Erklärung der Begriffe erstellten Lukmanierbahn, welche in den Vorstellungen von Stephenson skizziert wurde, wenn damals auch engere Kurven vorgesehen waren.

Damit hätten wir jedoch erst einen Hauptteil der neuen Strecke betrachtet. Die Zuführung im Norden wäre über den Bereich Bodensee erfolgt. Man hätte neue Verkehrswege geschaffen, was keine dumme Idee war.

Der Grossraum Basel wäre so noch nicht an die neue Transversale angeschlossen worden. Dieser Grossraum Basel war jedoch wichtig, denn hier gelangten die meisten Züge in die Schweiz und der Umweg über Zürich und Chur wäre nicht sinnvoll gewesen.

So wäre der alte Weg über den Gotthard weiterhin bevorzugt benutzt worden. Eine Umlagerung konnte so nie erreicht werden. Man musste Basel einbinden, aber auch etwas entlasten, was durchaus richtig durchdacht war.

Daher plante man den Haupttunnel unterirdisch zu gabeln und ein zweites Nordportal im Raum Erstfeld zu planen. Der Haupttunnel hätte sich also ungefähr in der Mitte gegabelt und hätte entweder nach Trun oder nach Erstfeld geführt. Auf einer Karte aufgezeichnet bildete der Tunnel so ein Ypsilon, was letztlich dem Projekt den Namen gab. Basel wäre so über die bestehenden Strecken an die neue Strecke angeschlossen worden, was wichtig war, wollte man das Projekt zum Erfolg führen.

Wir hatten nun also eine erste Idee, die natürlich in den Händen der Politiker sogleich zerpflückt wurde. Jede Region, die nicht an dieses Projekt angeschlossen worden wäre, meinte, dass man hintergangen worden wäre. Besonders im Raum Bern, Lausanne machte sich daher eine Variante Lötschberg immer mehr Freunde. Da Zürich nicht unbedingt den Umweg über Chur nehmen wollte, sah man beim Projekt einzig den Ast nach Erstfeld als sinnvoll an und sprach daher von einer Variante Gotthard.

Ähnliche Diskussionen gab es schon vor über 100 Jahren. Neu war daher eigentlich nichts. Man wollte für viel Geld eine neue Bahnlinie bauen und jede Region ist natürlich davon überzeugt, dass es nur eine Lösung gibt. Früher natürlich bei mir vor der Türe, heute eher weit weg, so dass man den Lärm nicht hat. Nur, man will die neue Linie trotzdem möglichst einfach nutzen. Alles in allem, eine alte Leier.

Im Lauf der Diskussionen kam dann aus der Ostschweiz der Begriff Splügenbahn immer mehr in das Augenmerk der regional verwurzelten Politiker. Mit der Splügenbahn hätte man das Y aufgegeben können und es wären zwei getrennte Strecken gebaut worden. Die Idee war nun, dass man zwar dem GBT zustimmen will, dazu aber eine eigene Linie unter dem Splügenpass hindurch und nach Italien wollte.

So sah man vor allem das Tessin entlastet und nebenbei hätte man den direkten Zugang in den Süden erhalten. Natürlich erwähnte man den letzten Punkt mit keinem Wort. Schliesslich wollte man sich nicht dem Vorwurf, des eigenen Nutzens schuldig machen. Politiker sind wirklich immer korrekt und denken natürlich immer an die Wähler. Besonders die Wähler, die man für die eigene Wiederwahl benötigt.

Wir hatten nun also insgesamt vier verschiedene Varianten für eine neue Alpenbahn. Alle waren natürlich nur in Grundzügen aufskizziert worden und konkret werden wollte natürlich noch niemand. Diese vier Projekte hatten nämlich jeweils Vor- als auch Nachteile. Daher betrachten wir die Projekte einmal etwas genauer. Dabei wollen wir jedoch nicht in die Details gehen, denn davon sind wir weit entfernt. Selbst jetzt bieten sich schon viele zu beachtende Punkte.

Lötschberg: Zuerst wäre da der Basistunnel am Lötschberg. Diese westlichste Variante, hätte den Vorteil gehabt, dass die Hauptstadt Bern mit der neuen Strecke erschlossen worden wäre. Hinzu kam, dass der Verkehr aus Frankreich ebenso, wie jener aus Deutschland, zugeführt hätte werden können. Zudem erschien diese Lösung als Ersatz für die verworfene Autobahn am Rawil für den Kanton Wallis als äusserst sinnvoll. Die Punkte wurden nicht nur von Bern, sondern auch vom Wallis unterstützt.

Begonnen hätte diese neue Strecke im Raum Thun und wäre dann durch die Bergketten an Spiez vorbei nach Frutigen geführt worden. Über dem Boden sollte diese neue Linie nur im Kandertal sein. Danach hätte dann der Lötschberg- Basistunnel mit einer Länge von ungefähr 40 Kilometer ins Wallis geführt, wo die neue Strecke an die bisherige Linie im Rhonetal angebunden worden wäre. Anschlüsse an die bestehende Strecke über den Lötschberg sah man nicht vor.

Nachteile sah man bei der Variante Lötschberg vor allem darin, dass diese nicht den gesamten Alpenkamm überwand und vom Wallis aus über die bestehende und in Italien recht steile Strecke am Simplon hätte geführt werden müssen. Hinzu kam, dass man im Aaretal nicht genügend freie Kapazität auf der Zufahrt von Basel hatte. Die Strecke Olten - Bern war stark ausgelastet und wäre so noch mehr belastet worden, da ja Verkehr vom Gotthard abgezogen worden wäre. Das Projekt hatte also auch Schwachstellen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass diese Lösung nur eine halbe Flachbahn durch die Alpen geschaffen hätte. Die endgültige Lösung hätte auch noch einen neuen Tunnel am Simplon benötigt. Dieser war aber nicht geplant, da man ja den bisherigen Tunnel in einer Richtung ohne steile Steigungen erreichen konnte. Die steilen Rampen im Süden sah man in Bundesbern nicht als hinderlich an. Schliesslich ging es ja bergab und Bremsen konnten schliesslich auch die Wagen. Den Verkehr Süd – Nord hatte man nicht in die Überlegungen einbezogen.

Abschliessend kann hier noch gesagt werden, dass dieses Projekt in ungefähr der ausgeführten Variante entsprach. Einzig die geplanten Zufahrten von Thun zum Tunnel bei Frutigen wurden nicht gebaut. Den Grund dafür werden Sie später noch genau erfahren. Hier soll nur erwähnt werden, dass wir jetzt schon nahe am Ziel waren, wenn damals auch noch niemand daran glauben wollte. Zu speziell war der Lötschberg.

Gotthard: Die Variante zwei war dann der Gotthard-Basistunnel. Dank ihm hätte die stark belastete Bergstrecke entlastet werden können. Die Zufahrt aus dem Raum Basel erfolgte nicht mehr über ländliche Gebiete und beeinträchtige den Verkehr im Raum Zürich. Man plante die Züge von Basel nach Zürich zu führen und dann mit Hilfe der Tunnels am Zimmerberg, Gotthard und neu auch Ceneri in den Süden zu führen.

So wären Basel und Zürich ohne zusätzliche Äste an die Strecke angeschlossen worden. Besonders der Rangierbahnhof im Limmattal war direkt an die Achse angeschlossen.

Hingegen hätte man Bern vom direkten Zugang abgeschnitten. Einfach gesagt, man war in diesem Punkt gleich weit wie vor über 100 Jahren.

Der Unterschied dabei war, dass diesmal niemand von Luzern sprach und klar eine Strecke über Zürich vorgesehen war.

Die Verlängerung des bereits entstehenden Zimmerbergtunnels sah man bereits als ergänzendes Bauwerk vor. Ziel hier war klar die Schnellbahn zwischen Zürich und Mailand.

Die Güterzüge hätten den Grossraum Zürich auch umfahren können und so den bisherigen, jedoch direkten Weg wählen müssen.

Daher sollten die Züge aus Zürich nicht mehr direkt nach Arth-Goldau fahren, sondern über Rotkreuz verkehren und so Immensee erreichen.

Beginnen sollte die neue Strecke im Raum Immensee. In einem Tunnel sollte die geologisch instabile Rigiflanke unterfahren werden.

Ein Ast aus Arth-Goldau hätte dann zum neuen Tunnel geführt, der im Raum Brunnen geendet hätte. Danach hätten die Züge das Tal über dem Boden gequert, um anschliessend im nächsten Tunnel zu verschwinden. Ziel dieses Tunnels war Flüelen im Kanton Uri. Man hätte bisher also die bestehende Flachbahn durch eine schnelle Linie ersetzt.

Danach sollte die neue Linie bis vor Erstfeld im Talboden offen geführt werden. Dort hätte dann der Gotthard-Basistunnel begonnen. Der wäre dann rund 55 Kilometer lang geworden. Im Raum Bodio kam die Strecke wieder ans Tageslicht. Daran änderte sich bis in den Raum Bellinzona nichts mehr. In einem weiteren Tunnel wäre dann Bellinzona umfahren worden, um letztlich im Ceneri-Basistunnel nach Lugano zu führen. Ab dort benutzte man die bestehende Strecke bis Chiasso.

Der grösste Vorteil war hier, dass man mit dem Tunnel den Alpenkamm vollständig durchfahren konnte. Auch der Verkehr aus dem Raum Schaffhausen hätte man mit wenig Aufwand zuführen können. Probleme schien es hier eigentlich nicht zu geben, denn der Gotthard war in direkter Achse und somit eigentlich der logische Weg. Nachteile waren die vielen langen und teuren Tunnel. Das Konzept hatte schlicht den längsten Tunnel aller Pläne und zusammen bildeten sie fast die Hälfte der Strecke.

Bevor wir nun zu den anderen Projekten gehen, soll hier erwähnt werden, dass diese Projekte letztlich schon sehr genau dem letztlich bewilligten Projekt NEAT entsprachen. Wir haben bisher die weiter verfolgten Lösungen angesehen. Kernstücke dabei wären sicher die beiden Basistunnel am Gotthard und am Lötschberg gewesen. Doch kommen wir zu den nächsten Varianten, die damals noch gehandelt wurden, schliesslich wollen wir umfassend informiert werden.

Ypsilon: Das Ypsilon als dritte Variante soll hier nicht mehr näher beschrieben werden, entsprach es doch dem zu Beginn aufgezeigten Vorschlag einer Alpenbahn. Hier hätte es auch die Möglichkeit gegeben, den Verkehr aus dem Grossraum München durch die Schweiz zu leiten. Ein Punkt, der in den bisherigen Diskussionen nicht näher betrachtet wurde und nur erwähnt wurde, wenn man vom Ypsilon sprach.

Das Ypsilon hätte so von allen Projekten das grösste Einzugsgebiet gehabt. Einzig die fehlenden Neubaustrecken in der Zentralschweiz hätten hinderlich gewirkt. Zudem war eine Abzweigung im Tunnel noch nie in diesem Umfang gebaut worden. Viele Waagnisse in einem Tunnel, der von der Länge her insgesamt gigantisch geworden wäre. Schliesslich hätte man hier über 70 km Tunnelstrecke bauen müssen. Eine Länge, die es auf der Welt noch nicht gab.

Nachteile waren hier bei der starken Auslastung südlich der Alpen zu suchen. Hier hätte man zwei Linien und die Bergstrecke als Zubringer zur Flachbahn im Tessin gehabt. Die Züge wären sich vermutlich südlich von Biasca massiv in die Quere gekommen und man hätte so im Tessin ein zusätzliches Problem geschaffen. Ebenso fehlte der Tunnel am Ceneri und somit die Umfahrung der dortigen Steigungen, die dem Gotthard entsprachen.

Erfahrungen bezüglich mehrerer Linien, die zu einer einzigen Strecke führen, zeigten sich schon vor Jahren am Simplontunnel. Dort kamen die Züge vom Rhonetal und vom Lötschberg und führten durch den Simplon in Richtung Süden. Während man auf den Zufahrten freie Kapazitäten hatte, war es am Simplontunnel richtig eng geworden. Auch beim Ypsilon hätte im Tessin diese Gefahr durchaus bestanden.

Splügen: So kam auch das vierte und letzte Projekt zu seinem Argument. Denn der Vorteil beim Splügen war, dass es eine komplett neue Alpenbahn gewesen wäre. Die Züge hätte man so ohne Beeinträchtigung einer anderen Linie zu- und abführen können. Genau mit diesem Argument warben die Initianten für ihr Projekt, das wir nun ansehen wollen. Natürlich hatten sie absolut kein Interesse am Vorteil für die Ostschweiz, die ja bisher immer zurück gebunden wurde.

Begonnen hätte man auch jetzt wieder in Chur. Die Linie hätte dann durch einen Tunnel die Via Mala Schlucht passiert und wäre nach nur wenigen Kilometern bei Splügen im Haupttunnel verschwunden. Von allen Tunneln, die bei den Projekten benötigt wurden, war er der kürzeste. Dies hätte sich auch positiv auf die Bauzeit ausgewirkt. Die Strecke wäre schnell bereit gewesen. Ein Argument, das immer in den Vordergrund gerückt wurde.

Geendet hätte der relativ kurze Haupttunnel dann im Raum Chiavenna. Die anschliessende Strecke hätte die Bahn dann an das italienische Netz angeschlossen. Womit hier eine Strecke über die Grenzen der Länder hinweg entstanden wäre. Die Zufahrten im Norden und Süden hatten zudem wegen dem schwachen Verkehr noch freie Kapazitäten. All das sprach natürlich ebenfalls für den Vorteil, den man beim Projekt Splügen erwartete.

Gerade die kurze Zufahrt war ein gutes Argument für das Projekt, dass immer mehr Liebhaber fand. Besonders bei Leuten, die sich um die Baukosten sorgten. Zudem hatte es von allen Projekten den kürzesten Haupttunnel und war daher ausgesprochen günstig. Zustimmung fand das Projekt auch bei Verkehrsexperten, denn die komplett unabhängige Linie hätte keinen Einfluss auf andere Strecken gehabt.

Ein Nachteil war hier sicherlich die Lage am östlichen Ende des Landes, denn im innerschweizerischen Verkehr hätte die Variante Splügen keinen Nutzen gehabt. Zudem hätte die Strecke in Italien geendet, was langwierige und komplizierte Verhandlungen mit Italien hervorgerufen hätte. Man muss dabei jedoch wissen, dass die LKW-Lobby in Italien sehr stark war und man dort natürlich alles andere, als erfreut über schnelle Alpenbahnen war.

Zudem hätte irgendwo ein riesiger Übergabebahnhof gebaut werden müssen, denn diesen gab es zum Netz in Italien nicht. Benötigt hätte man ihn aber, da die Lokomotiven zu dieser Zeit noch nicht über mehrere Systeme verfügten. Die Technik war damals schwer und kam nur vereinzelt zur Anwendung. Auch hätte man Züge abstellen müssen, wenn die Kapazität nicht ausreichte, oder wenn die Strecke unterbrochen war.

Neue und grosse Bahnhöfe waren teuer, was man bei den Befürwortern natürlich nicht so sah. Zuerst musste das Land erworben werden, dann Unmengen von Schienen montiert werden und neue Stellwerke benötigte man auch.

Somit ein grosser Nachteil der Variante Splügen, denn es entstanden Kosten, die keinen direkten Nutzen für die Strecke brachten. Die anderen Varianten hatten diese Bahnhöfe, was nützlich war.

Sicherlich keine unlösbaren, aber trotzdem nicht zu vernachlässigende Probleme. Zudem lag es auch am Stolz der Schweiz, den Alpenkamm im eigenen Land zu durchfahren und das ging eigentlich nur, wenn das Ziel im Tessin lag.

Damit rückte der Gotthard erneut in eine gute Startposition, auch wenn von den Gegnern die unfertige Lösung bemängelt wurde. Am Ziel war man jedoch noch nicht. Die Geschichte schien sich zu wiederholen.

Da man lange damit beschäftigt war, die einzelnen Varianten gegeneinander auszuspielen, verstrich die Zeit, ohne dass etwas Konkretes passiert wäre.

Indes wurde die Situation im Alpenraum immer dramatischer und die Flut an LKW nahm stetig zu. Damit entwickelte sich der Güterverkehr auf der Eisenbahn nur schleppend. Die Erweiterungen würden sich daher nur Rechnen, wenn man Verkehr von der Strasse auf die Eisenbahn verlagern konnte.

Mittlerweile dauerten die Diskussionen um dieses neue Alpenbahnprojekt schon zwei Jahre an und kaum eine Lösung schien die Räte in Bern zu überzeugen. Man war zerstritten und mehr darauf bedacht, die andere Partei anzugreifen, als nach konstruktiven Lösungen zu suchen. Sie müssen bedenken, dass das Parlament der Schweiz aus zwei Kammern besteht und beide Kammern zustimmen müssen. Daher schickten sich die Räte das Thema immer wieder hin und her.

Die Argumente wurden längers je mehr breitgetreten ohne, dass man sich auch nur einen Millimeter dem Ziel genähert hätte.

Jede Region versuchte natürlich mit Hilfe der gewählten Politiker ihre Region vom Verkehr zu schützen, aber gleichzeitig auch die wirtschaftlichen Vorteile zu erhalten.

Wer es bisher noch nicht wusste, genau die gleichen Punkte, führten vor einigen Jahren zum Bau der Gotthardbahn. Nur, heute wollte niemand mehr den Verkehr vor der Haustüre haben.

Auf der Suche nach einer politisch vertretbaren Lösung kamen immer wieder neue utopische Varianten der Varianten ins Gespräch.

Lösungen zeigten aber alle Ideen nicht, denn einige hatten so utopisch scheinende Ansätze, dass es sich lohnt, diese Idee hier als Beispiel für die Sinnlosigkeit einiger Vorschläge zu erwähnen.

Dabei soll nicht diese Idee im Besonderen verurteilt werden. Sie dient wirklich nur der Veranschaulichung der Ideen.

Das immer noch nicht ganz gestorbene Ypsilon sollte zur Aktivierung der Idee mit einer zusätzlichen Verbindung ergänzt werden. Man sah nun plötzlich vor, den Tunnel mit einem Zwischenstück zu ergänzen. Es wäre ein unterirdisches Dreieck entstanden. Die Idee hätte durch den neuen Basistunnel direkte Züge von Luzern nach Chur ermöglicht. Viel grösser wäre der Nutzen dieser Idee aber auch nicht gewesen, denn kaum ein Güterzug hätte den Umweg durch die Alpen genommen.

Die endgültige Entscheidung für die NEAT oblag letztlich dem Bundesrat, als Bauherr. Die sieben Mitglieder dieses Gremiums mussten untereinander die Lösung für etwas finden, was weder Ständerat noch Nationalrat lösen konnten oder wollten. Es musste also ein Entscheid der Bundesräte her. Dabei war die Lösung hier auch nicht einfach, denn der Verkehrsminister lag arg im Streit mit dem Finanzminister, der das Geld für diese Projekte gar nicht hatte und es auch nicht suchen wollte.

Nach über vier Jahren erfolglosen Diskussionen sollte der Bundesrat am 28. Juni 1989 den endgültigen Entscheid fällen. Dabei entschied sich das Gremium für die beiden Varianten Lötschberg-Basistunnel und Gotthard-Basistunnel.

Endgültig vom Tisch waren also das Ypsilon und die Splügenbahn. Die NEAT war nun erstmals festgelegt worden. Natürlich gingen nach dem Entscheid die Verlierer auf die Barrikade und drohten mit grossem Widerstand gegen die Lösung.

Doch was sprach eigentlich gegen die anderen verworfenen Varianten? Es waren schlicht die geplanten Steigungen, die bei den beiden Varianten zumindest grösser waren, als bei den beiden gewählten Projekten.

Statt mit Steigungen von 13 ‰ konnte man hier mit Steigungen von lediglich 9 ‰ arbeiten, was merkliche Erleichterungen bei der Bespannung der Züge nach sich ziehen sollte. Gerade im Güterverkehr war diese Reduktion schon sehr viel Wert.

Es war klar, in einem Land, in dem die direkte Demokratie angeblich erfunden worden sei, beliessen es die Verlierer nicht nur bei Drohungen. Daher ging so ein Entscheid nicht spurlos über die Bühne, man sprach offen von Volksabstimmung gegen diesen Wahnsinn. Man sah die hohen Kosten und wollte von einem Nutzen der neuen Bahn nichts wissen. Auch das erlebte die Schweiz schon, als man 1872 an den Bau der Gotthardbahn dachte.

Die Gegner begannen sich nun zu formieren und fanden sich in den unterschiedlichsten Lagern wieder. Neben den Verlierern waren da die Finanzleute, die mit dem Projekt, das Milliarden zu verschlingen vorsah, nichts anfangen konnten. Das Land solle sparen statt sinnlose Bahnstrecken bauen. Ergänzt wurden diese Gegner mit jenen, die entweder den Lötschberg oder den Gotthard wollten. Sicher aber war, beide Tunnel benötigte man nicht.

Schliesslich begannen die Gegner, wie das in der Schweiz möglich ist, in der Bevölkerung mit der Sammlung von Unterschriften. Man ergriff also das Referendum gegen das gigantische Projekt NEAT und somit gegen den Entscheid des Bundesrates. Argumente um die Unterschriften zu bekommen hatte man genug, denn wer freut sich schon über Schulden. Dort, wo gebaut werden sollte, griff man zum Lärm der durch den Verkehr entstehen würde. Daher war es nicht schwer, die notwendigen Unterschriften zu bekommen.

Solche Referenden dürfen jedoch nicht mit den Volksinitiativen verglichen werden, denn mit dem Referendum wird nur ein Gesetz bestätigt oder abgelehnt, jedoch nicht vorgeschlagen. Die Sache war einfach. NEAT Ja oder Nein. Alternativen dazu gab es keine. Entweder baute man beide Tunnel oder keinen. Die Wahl einer Achse, war nicht möglich, da das Gesetz zur NEAT und deren Finanzierung beschlossen war und nicht mehr geändert werden konnte.

Die Sammlung der Unterschriften verlief für die Initianten äusserst erfreulich, so dass die erforderlichen Unterschriften innert kurzer Zeit gesammelt werden konnten. Die Kartons mit den Unterschriften wurden daher fristgerecht im Bundeshaus in Bern mit der notwendigen Präsenz der Presse abgegeben. Gerade die vielen Kartons mit den einzelnen Wappen der Kantone, machten sich in Fernsehbildern sehr gut und sorgten dafür, dass die Gegner Aufwind bekamen.

Nach der Prüfung der Unterschriften war klar, das Referendum steht, es kommt zur Volksabstimmung. Nun war klar, das letzte Wort bei der NEAT hatte das Volk, die grösste Macht im Land. Dieser Entscheid war dann endgültig. Die Meinung des Volkes, konnte man in der Schweiz nicht mehr umstürzen. Wenn die Bevölkerung das Gesetz will, akzeptiert man es, oder aber man macht sich in der Öffentlichkeit lächerlich.

Es kam dann am Wochenende 26. / 27. September 1992 zur Volksabstimmung über die NEAT. Der vorausgehende Wettstreit zwischen Befürworter und Gegner lies den Ausgang der Abstimmung offen. Beide Seiten konnten gut argumentieren und sahen mit ihren Ideen die Meinung des Volkes zu vertreten. Die Nerven lagen vor der Abstimmung an vielen Stellen blank und man griff teilweise sogar unter die Gürtellinie um seinen Argumenten Geltung zu verschaffen.

Doch der Tag der Entscheidung sollte kommen und am Abend des 27. September 1992 war es dann klar. Die Schweiz hatte mit 1'297'316 zu 745'898 Stimmen der NEAT und somit dem Vorschlag des Bundesrates zugestimmt. Mit Ausnahme der Kantone Uri, Appenzell Innerrhoden und Appenzell Ausserrhoden hatte die ganze Schweiz der NEAT zugestimmt. Das Gesetz war beschlossen und nun war klar, es sollten sowohl am Lötschberg, als auch am Gotthard neue Bahnlinien gebaut werden.

Dabei wurden erstaunlich viele Stimmen für das Projekt in jenen Gegenden gewonnen, die davon kaum oder gar nicht profitieren konnten. Dazu verhalf der Bundesrat, der Anschlussprojekte vorsah und so letztlich das ganze Land auf seine Seite ziehen konnte. Gut, zumindest der grösste Teil davon. Wer aber nun meint, dass sich viele dazu entschieden, weil sie Angst hatten, dass der Lärm bei ihnen kommen könnte, liegt nicht so falsch.

Die NEAT konnte nun gebaut werden. Genauer, man konnte mit der Planung beginnen und so die genaue Linienführung bestimmen. Der Entscheid dazu fiel am 27. September 1992 an der Urne. Viele sollten diesen Tag, als den schwärzesten in der Geschichte des Kantons Uri bezeichnen. Ja, sie fühlten sich vom ganzen Land verraten. Dabei war man doch im Kanton Uri direkt im Projekt eingebunden. Doch gerade hier zeigte sich vehementer Widerstand gegen die neue Bahn.

Beschlossen war der Bau, aber die Gegner formierten sich neu und suchten andere Möglichkeiten, das gigantische Projekt zu bodigen. Man wollte sich somit nicht mit dem Entscheid des schweizer Volkes zu Frieden geben. Die NEAT musste verhindert werden, dazu ignorierte man schlicht die Meinung des Volkes und bezeichnete dieses als Unmündig und wenig intelligent. Ein Fehler, den die Gegner letztlich teuer bezahlen sollten.

Auch wir wollen nun dieses Kapitel abschliessen, denn nun haben wir die NEAT. Die ersten Gedanken zur NEAT kamen im Jahre 1985 auf, als erstmals über ein solches Projekt berichtet wurde. Es dauerte sieben Jahre, bis letztlich das Volk entschied, gebaut wird die NEAT und zwar am Lötschberg und am Gotthard. Der Gotthard-Basistunnel war nun also beschlossene Sache. Doch noch begannen die Bagger nicht mit der Arbeit.

 

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