Goldau - Lugano - Goldau

Ein Tag, der früh losging, hat nun kurz vor Mittag ein Ende gefunden. Nun steht der Feierabend an. Doch bevor ich hier in Arth-Goldau die Räumlichkeiten für das Lokomotivpersonal verlasse und zu meinem Wagen gehe, rufe ich bei der Leitstelle an. Meine Frage ist wegen dem Tag, der Morgen beginnt. Wie ist das nun, muss ich wirklich nach Goldau fahren um dann zurück nach Erstfeld zu reisen? Der Mitarbeiter kann dazu noch nichts sagen.

Ich müsse da schon seinen Nachfolger, der die Spätschicht habe, fragen. Der beginne in 30 Minuten. So lange warten will ich nicht, denn die Müdigkeit setzt zu und der Weg nach Hause bietet viele Gefahren. Ich werde mich zu Hause noch einmal erkundigen. Sonst lasse ich den Blödsinn so sein, wie er ist. Ich bin ja der Arbeiter und muss mich nicht zwingend darum kümmern, ob das Unternehmen Geld sparen könnte. Ich arbeite das, was mir beauftragt wurde und wenn das in meinen Augen noch so stupid wirkt.

Die Mappe stelle ich in den Wagen. Sie hat dort ihren festen Platz und ist so gut fixiert, sie fliegt so nicht durch den Wagen, wenn es einmal kräftig bremst. Die Fahrt nach Hause, besonders entlang dem Urnersee, wird nicht einfach sein. Die lieben Touristen schaffen auf der Axenstrasse kaum mehr als 40 km/h. Man glaubt kaum, wie beeindruckend schlichte Felswände sein können.

So ist es auch Heute schneller als 45 km/h läuft der Wagen aus den Niederlanden nicht. War wohl eine lange Reise mit dieser Geschwindigkeit. So bummelt der Wagen auf dieser Strasse in Richtung Süden. Bei der Tellsplatte gab es dann die Sondervorstellung mit der Vollbremsung und meine Reaktion wurde gefragt. Die Abzweigung zum Restaurant hätte der Wagen beinahe verpasst, schon schade, dass es keine Wegweiser in flämisch gibt. Keine Angst, meiner Mappe passierte nichts.

Zu Hause rufe ich erneut in Arth-Goldau an, mittlerweile ist die Spätschicht an der Arbeit. Nein, er sehe noch nicht, ob es mit meiner Idee klappen wird, ich solle doch am Abend noch einen Blick auf mein Handy werfen. Die Stunden am Nachmittag nutzte ich, um längst anstehende Einkäufe zu erledigen. Mein Kühlschrank gleicht eher einer kargen Eislandschaft, als einem Aufbewahrungsort für frische Produkte.

Dummerweise habe ich beim Einkauf tatsächlich etwas vergessen, was ich benötigt hätte. Zu blöd, raus will ich nicht mehr und die Müdigkeit sorgt nun dafür, dass ich das Bett schon sehnsüchtig betrachte. Nun, ich kann ja das Vergessene morgen noch einkaufen, an einem Geschäft mit dem entsprechenden Produkt werde ich schon vorbei kommen. Ein Blick auf die Uhr zeigt, es wird Zeit, sich wirklich ins Bett zu legen.

Viel Zeit bleibt nicht mehr, denn auch die Uhr blieb nicht stehen und zeigt nun 16.00 Uhr an. Mitten am Nachmittag! Die Sonne scheint unvermindert auf den Kanton Uri, Erstfeld und das Hause, wo ich wohne. Die Bauern ernten das Heu, das frisch durch die offenen Fenster duftet und draussen herrscht auf der Strasse reger Verkehr. Ich vermeide es auf die Temperatur zu achten, ich bin müde und nun ist Zeit zu schlafen. Die Natur spielt zwar nicht mit, aber ich habe keine Wahl, ich muss früh raus.

Das Handy blieb still und es kam keine SMS. Das heisst, ich richte den Wecker auf 23.30 Uhr! Hätte ich die SMS bekommen, hätte die Zeit 0.30 Uhr gelautet. Aber so, stehe ich halt eine Stunde früher auf. Hätte mich auf diese Stunde Schlaf gefreut, aber ohne entsprechende Info, bleibt es beim normalen Programm. Aktionen meiner Kollegen, die ohne Nachfrage nicht nach Goldau reisen, mache ich nicht. Wenn die Tour blöd ist und das Büro es nicht bemerkt, belasse ich es so.

Es dauert überraschend lange, bis ich endlich einschlafe, ich kam nicht so richtig zur Ruhe. Schlafmittel hätten wohl geholfen. Ich warte, bis es wirklich nicht mehr klappt, bis ich diese beschaffe, bisher ging es immer ohne. Ich kenne aber Lokführer, die nur noch dank diesen Medikamenten zu genügend Schlaf kommen. Die Schichtarbeit setzt halt dem Körper zu.

Als ich wieder erwache, zeigt die Uhr an meinem Wecker 23.00 Uhr. Eine halbe Stunde Zeit hätte ich noch, Zeit, die ich im Bett noch etwas döse. Erholt fühle ich mich trotz ausgiebig Schlaf nicht wirklich. Wer kann schon gut schlafen, wenn draussen das normale Leben abläuft und im Schlafzimmer die Temperatur über 30°C liegt? Kaum jemand steht um diese Zeit auf um zur Arbeit zu gehen.  Normalerweise legt man sich jetzt erst so richtig hin um dann um 8 Uhr schlaftrunken im Büro zu erscheinen. Nur, wenn man als Lokführer korrekt arbeitet, macht man das.

Ich benötige vor der Fahrt nach Goldau einfach noch einen Kaffee, daher muss ich den Wecker etwas eher stellen. Es ist 23.30 Uhr der Wecker klingelt und auch die Zeit im Halbschlaf hat nun ein Ende gefunden. Der neue Tag beginnt nun. Ich stehe auf, ziehe die frische Unterwäsche an und höre durch das geöffnete Fenster, wie meine Nachbarn gerade nach Hause kommen.

Meine heutige Tour, nein meine morgige Tour, beginnt sehr früh und führt mich nach Lugano und zurück. Start ist um 0.56 Uhr in Arth-Goldau. Sommer war wohl bei der Planung dieser Tour nicht vorgesehen. Auch sonst beschleicht mich hier das Gefühl, dass man klar gegen den Arbeiter entschieden hatte. Andererseits arbeite ich lange genug beim Fahrplanwechsel mit, dass ich weiss, dass es nicht immer leicht ist. Nur hier, empfinde ich es schon fast eine Frechheit. Nur, das ist meine persönliche und vor allem private Meinung, die vertrete ich nicht als Mitglied des Fahrplanwechselteams.

Genauer fahre ich bei der heutigen Tour nach Lugano Vedeggio. Nachdem ich auch die frischen Kleider angezogen habe, riskiere ich einen Blick auf mein Handy. Die SMS hat es bis jetzt nicht geschafft, so fahre ich halt mit dem Auto nach Goldau! Währe schön gewesen, wenn ich noch eine Stunde hätte ruhen können. Aber so, bleibt noch knapp Zeit, mich am Kaffee zu erfreuen. Immerhin habe ich nun den letzten Frühdienst.

Die Fahrt entlang der Felswände der Axenstrasse und die hohen Tempi der Autobahn brachten mich letztlich ohne grosse Probleme nach Goldau. Auch die Touristen schlafen um diese Zeit seelenruhig in den Betten der Hotels. Ziel meiner Fahrt war wie schon so oft die Güterstrasse in Goldau. Dort liegt seit etwas mehr als einem Jahr mein Arbeitsplatz. Genauer meine Dienststelle, und mein Schrank. Aber nicht mein Schrank, der mit den Unterlagen versorgt wird und schon gar nicht das Büro meines Chefs.

Einen Parkplatz finde ich schnell. Die Büros, die eigentlich mit dem Zug anreisen könnten, belegen die Parkplätze der Schichtarbeiter noch nicht. Der Motor verstummt und ich kann meine Mappe nehmen und losgehen. Natürlich lasse ich den Wagen nicht unverschlossen zurück. Würde zwar keine Rolle spielen, denn wertvolle Teile gibt es darin nicht und die elektronische Wegfahrsperre verhindert den Diebstahl des Fahrzeugs.

In den tristen Räumen hier in Goldau treffe ich einen Kollegen. Ja, die kahlen Wände wirken trist und lieblos. Die einzigen Farbtupfer sind die Informationen der Gewerkschaften und des Arbeitgebers. Wobei, farbiger wirken schon die Gewerkschaften. Vorbei sind auch die Zeiten, wo man durch ein Fenster auch in der Nacht die schwachen Umrisse eines Baumes erkennen konnte.

Ein Blick ins Freie, ist hier schlicht nicht möglich, denn die Fenster sind so weit oben, dass auch am Tag nichts von draussen erkannt werden kann. Zumindest die Fenster, die einem einen Blick nach draussen ermöglichen würden, vermisse ich. Ein paar grüne Bäume, die dem Arbeitnehmer ein wenig Leben einhauchen könnten, fehlen hier auch. Die Gegend ist technisch und sehr kühl. Freude hier zu arbeiten kommt nicht auf. Wer arbeitet schon gerne in einer Betonkiste ohne freie Sicht nach draussen? Ich bin zum Glück Lokführer und komme so raus.

Ein paar Minuten Zeit habe ich noch. Die LEA braucht keine Daten, denn heute habe ich die letzte Tour und dann geht es für 2 Wochen ins Büro. Die gestern geladenen Daten sind auch noch aktuell. Nach dem Büro muss ich so oder so eine neue Datenbank laden, das das Update nicht klappen wird und daher lade ich gleich sämtliche Daten neu.

Obwohl ich mich vor knapp einem Jahr auf diese Funktion im Büro gemeldet habe, wurde ich bisher darin nicht glücklich. Die Arbeit mit dem Fahrplanwechsel sorgt bei mir nur noch für Frust und Ärger. Letzteren habe ich im Griff, aber die Arbeit macht mir einfach keine Freude mehr. Es wird Zeit, sich davon loszulösen und neue Herausforderungen zu suchen. Ich schaffe es einfach nicht mehr, mich für diese Arbeit zu motivieren. Nur glaubt mir das vermutlich kein Mensch.

Los geht es mit der Tour

Die Zeit ist doch sehr kurz und ich mache mich auf den Weg zum Bahnhof. Dort treffe ich auf die letzten Leute, die aus dem Ausgang nach Hause kommen. Da heute ja ein kirchlicher Feiertag ist, sind noch viele Leute unterwegs. Meine Tour beginne ich mit Dienstfahrt. Diese startet kurz nach 1 Uhr und führt mich dort hin, wo ich vor rund 90 Minuten dem Bett entstiegen bin. Nicht genau dort hin, aber immerhin in den knapp 10 Minuten von meinem Bett entfernten Bahnhof von Erstfeld!

Die S-Bahn kommt aus Luzern und ist etwas verspätet. So kann ich in der lauen Nacht noch etwas im Freien warten. Einige der Nachtschwärmer legen sich auf der nahen Bank hin und nicken schnell ein. Platz für die anderen Personen gibt es dann nicht mehr. Die Sitzgelegenheit wird zum provisorischen Bett. Andere Leute blicken immer wieder auf die Uhr, als dass dort der vermisste Zug zu finden sein würde. Es dauert nicht lange und der RBDe 560 fährt mit seinen Wagen vor. Die Fahrt gegen Erstfeld kann nun beginnen.

Das provisorische Bett war wohl gut, denn die Person, die sich dort hingelegt hat, ist immer noch dort und wird vermutlich nun den letzten Zug verpassen. So ist es, denn die Türen wurden geschlossen und der RBDe 560 beschleunigt den Zug sanft und die Fahrt geht ohne jene Person auf der harten Holzliege los.

Um diese Zeit, die Uhr steht gerade auf 1.05 Uhr, reicht nur eine ruhige Ecke und schon schlummert man ein. Der Lokführer des Zuges fährt sehr sanft, ein Zeichen, dass er sein Handwerk versteht. Oft genug erlebte ich, dass der Kollege mit dem Zug so fuhr, dass sich die Leute lautstark beschwerten. In solchen Situationen bin ich froh, dass ich meine Arbeit in Zivil erledige, denn sonst müsste ich dafür gerade stehen.

Kaum jemand im Zug weiss, dass es sich dabei um einen Lokführer von SBB Cargo handelt. Eine Aufteilung, die immer noch nicht alle verstehen und die zum Glück in Erstfeld noch nicht vollständig umgesetzt wurde. Die Stationen Steinen, Schwyz und Brunnen sind, wenn man sich Gedanken macht, schnell passiert. Zumindest kam es mir so vor. Die künstliche Stimme, die die Ansagen macht, erzählte das auf jeden Fall.

Um diese Zeit nutzt man Dienstfahrten einfach um zu entspannen. Wenn man sich nur etwas erholen kann, profitiert man den ganzen Morgen. Auch Pausen werden immer mehr für ein kurzes Nickerchen genutzt. Die Touren im Frühdienst sind einfach zu lange geworden, denn auch ich muss bis 10.43 Uhr arbeiten. Mein Kollege von Goldau, der nur kurze Zeit nach mir begann, sogar noch eine Stunde länger. Ich erlebte noch jene Zeiten, wo eine solch frühe Tour um 8.00 Uhr endete, doch dass ist schon über 15 Jahre her und längst Vergangenheit.

Es ist eine kurze Dienstfahrt, denn die Fahrt nach Erstfeld dauert nur wenige Minuten. Vor allem dann, wenn man noch etwas Schlaf in den Knochen hat. Schon verabschiedet sich der Computer von den Fahrgästen und der Zug rollt in Erstfeld ein. Die Endstation ist erreicht und der Zug wird weggestellt, gereinigt und steht dann in wenigen Stunden für den neuen Tag bereit.

Ja, das waren noch Zeiten, als ich hier meine Schichten begann und die Fahrten nach Basel oder Chiasso führten. Beide Ziele sind selten geworden und meine Schichten beginnen nur noch selten hier in Erstfeld. Ein wenig Sehnsucht nach den alten Zeit macht sich so breit. Neu heissen die Ziele Lugano Vedeggio, Bellinzona oder aber Offenburg und wieder Singen.

Die Räumlichkeiten hier kenne ich. Es ist ein Raum mit zwei Türen und ohne Fenster. Er wurde für das auswärtige Lokomotivpersonal geschaffen, dazu gehöre auch ich. Darin stehen ein paar Schränke, ein Tisch mit Stühlen und ein weiterer Tisch mit einem PC. Mehr findet sich hier nicht und der Raum scheint noch trister und freudloser, als jener in Goldau. Die Türen haben zwar Fenster, doch diese mussten verklebt werden, damit niemand von draussen sieht, was die Lokführer hier machen. Man nennt das funktionale Räumlichkeiten.

Nur, was machen wir hier, wir erkundigen uns nach den Zügen. Vor Jahren wurden diese noch ausgerufen, heute liefert diese Information ein Computer, auf dem ein Programm aufgeschaltet ist, das die Züge auf der Strecke zeigt. Ein schönes Spiel, wenn die Züge hier wie kleine Flöhe von einem Abschnitt zum anderen hüpfen, nur jeder Floh hat einen Lokführer, der nach den Signalen fährt, die hier nicht dargestellt sind. Was aber wichtiger ist, er arbeitet nun.

Der mir anvertraute Zug passiert gerade die elektronischen Felder, über denen die Abkürzung BRU zu lesen steht. Ja, bei der Eisenbahn arbeitet man gerne mit Abkürzungen und Codes. Der LF ist der Lokführer, der sich mit der LEA auf den FSTD begibt und am DMI Eingaben macht. Sie sehen, eine Welt von Abkürzungen, die sich hier öffnet. Auf jeden Fall BRU steht für Brunnen, ich habe also noch genug Zeit den Bahnsteig in Richtung Süden zu benutzen.

Mit der Mappe, die noch neu glänzt, mache ich mich auf den Weg. Nach all den Jahren, musste endlich eine neue her. Die Suche gestaltete sich dabei nicht sonderlich leicht, denn die meisten Koffer, die passten, hatten Rollen. Nur sind die nicht für das Gelänge geeignet und beim tragen steigern sie das Gewicht. Lokführer bewegen sich aber oft auf Schotterpisten und in Gleisfeldern, wo ein Rollkoffer nicht gut ist.

Jetzt auf dem Bahnsteig, wäre das kein Problem, aber es wäre diese Woche das erste Mal, dass ich die Rollen hätte brauchen können. Der Traggurt hilft aber beim tragen und so sind auch diese 400 Meter einmal geschafft. Der Bahnsteig war menschenleer. Gut, bei Nacht ist das meistens der Fall. Hier in Erstfeld hat der Sommer trotz den heissen Tagen noch nicht begonnen und so sind die Fans, die sich die Nacht auf dem Bahnsteig um die Ohren schlagen, noch nicht hier.

Der Sputnik, der seinem Laufwerk beraubt, hier früher für den Schutz des Personals diente, ist einer neuen Kabine gewichen. Die bietet mit den nahezu rundherum laufenden Glaswänden verblüffend viel Einsicht in den karg ausgestatteten Innenraum. Darin ist es sicherlich noch glühend heiss, denn die Sonne vom Vortag hat den Raum geheizt und auch der darin stehende alte Computer kühlt nicht. Ich sehe auch von draussen, dass der Zug meiner Wünsche in wenigen Augenblicken ins Gleis 6 einfährt.

Im Gleis 4 steht ein Zug, der weit gegen Süden reicht und den Bahnhof in Richtung Norden verlassen wird. Dann fährt vermutlich nächstens einer ins Gleis 5 ein und quert so meinen Weg. Erst dann kommt das Gleis, das meinem Zug zugewiesen wurde. Ich beschliesse den Weg um den ersten Zug zu wählen, das ist sicherer, benötigt aber ein wenig mehr Zeit. Wäre zu dumm, wenn ich auf einem Puffer wieder gegen Basel fahren würde, oder noch schlimmer, ich springe, weil sich der Zug bewegt, ab und lande vor dem einfahrenden Zug.

Solche waghalsigen Manöver haben schon manchem Lokführer das Leben gekostet. Die meisten Unfälle passieren, weil man noch schnell durch will und weil man sich so plötzlich in Gefahr bringt. Der Beruf ist schön, aber er hat viele Gefahren und auch zu unmöglichen Zeiten muss man mit einem wachen Kopf im Gleisfeld herum laufen. Schnell ist man unachtsam und schon ist es passiert. Betroffen sind dann ein Kollege und die Familien.

Ich bin gerade am Schluss des ersten Zuges angelangt, als sich dieser in Bewegung setzt. Schön, hätte ich gewartet, wäre der Zug an meinen Füssen vorbei gefahren und der Weg über das Gleis wäre frei gewesen. Doch meine Augen richten sich gegen den einfahrenden Zug. Ein Zug mit Kesselwagen rollt an mir vorbei. Der machte mir grössere Sorgen. Als dieser vorbei ist, kann ich meinen Weg fortsetzen und komme so zu meinem Zug.

Früher Ärger

Als ich mich zur Lokomotive durchgeschlagen habe, meint mein Kollege, der den Zug gebracht hat, dass das Signal schon lange auf Fahrt stehe. Ein schneller Wechsel muss wohl sein und so wechseln wir nur wenige Worte. Scheinbar eilt es jetzt plötzlich, denn warum sonst sollte das Signal auf Fahrt stehen, ohne dass der Lokführer fahrbereit gemeldet hatte?

Auf der Lokomotive richte ich mich ein, die LEA muss in den Halter und der Stuhl muss auch noch verstellt werden. Am digitalen Funk meldet sich der Fahrdienstleiter. Er erkundigt sich erbost, warum der Zug nicht fahre. Also, erstens musste ich wegen den anderen Zügen einen Umweg machen und zweites, hat noch niemand die Fahrbereitschaft gemeldet. Er brummelt etwas von Verspätung. Ich lege den Hörer auf, das fängt ja schon gut an.

Ich verbringe den Fahrschalter in die Stellung ● und nur kurz auf M. So schaltet nur eine Stufe und die Lok streckt den Zug mit kleinen Zugkräften. Eine zweite Stufe verträgt es noch. Der Zug rollt langsam an. Eine dritte Stufe benötige ich noch und die Beschleunigung beginnt. Der Zug ist nun gestreckt und die hohen Zugkräfte richten keinen Schaden mehr an. Heute wird es in der Ausbildung anders gelernt, aber was bei der Re 420 geht, führt bei der Re 620 unweigerlich zur Zugstrennung.

Mit den paar Wagen hat die Re 620 keine grossen Probleme und so kann ich den Zug nun schnell beschleunigen. Vorerst lässt der Fahrweg nur 40 km/h zu, aber auch diese Geschwindigkeit muss erst erreicht werden.

Bei schweren Zügen dauert das lange, und man schafft es oft nicht, bis der letzte Wagen die einschränkende Weiche frei gelegt hat. Jetzt ist es aber kein Problem und so komme ich schnell raus und muss sogar noch die Zugkraft reduzieren.

Die erste Steigung ist jetzt wirklich kein Hindernis. Die Lok beschleunigt den Zug schnell und schon bald sind auch die erlaubten 75 km/h erreicht. Schwere Züge schaffen das nicht und halten gerade einmal die Geschwindigkeit.

Hier, gerade nach dem Bahnhof Erstfeld, ist der steilste Abschnitt der Nordrampe und der setzt den schweren Zügen zu. Aber mit knapp 250 Tonnen am Haken und 10'600 PS ist das ganz anders. Das geht schon schnell ab und ich kann mich sehr schnell auf die Einhaltung der Geschwindigkeit beschränken.

Der Kupplungsfriedhof, also jene Stelle, wo es wieder flach wird, ist mit diesem Zug kein Problem. Ich bin ja nicht mehr am beschleunigen und übe so nur kleinere Zugkräfte aus. Im Licht der gut eingestellten Scheinwerfer sehe ich, dass wohl ein Kollege die Stelle kennen gelernt hat. Die Trümmer einer Kupplung liegen zwischen den Schienen. Die Stelle hat ihrem Namen wieder einmal alle Ehre gemacht. Die Fahrt für mich geht aber ohne Probleme weiter.

In Amsteg-Silenen kontrolliere ich, wie ich zum Fahrplan liege. Gut 10 Minuten bin ich hinter der fahrplanmässigen Zeit. Eigentlich nicht schlimm, aber mein Zug sollte pünktlich verkehren, denn ich transportiere Lebensmittel für das Tessin. Da mag es nicht viel Verspätung vertragen. Ich halte mich deshalb exakt an die Geschwindigkeit. Das ist alles was ich machen kann, denn ich darf die vorgegebenen Geschwindigkeiten unter keinen Umständen überschreiten. Technisch wäre es möglich, aber meiner Anstellung könnte das nicht gut bekommen. Die Steigung und das Gewicht der Wagen passen zu einer Fahrstufe und so muss ich nicht viel ändern.

Ist so sehr einfach den Gotthard zu befahren, wer mit solchen Vorgaben an die schweren Güterzüge kommt, wird überrascht werden. Alles stimmt und in der Dunkelheit erscheint die einzige Pfeiftafel am Gotthard. Ein Signal, das ich auch in der Nacht zu beachten habe. Ich entlocke der Pfeife der Lokomotive einen Ton. Nur kurze stutze ich, das klang nicht wie immer. Eine Tonlage klingt nicht. Gut, so lange eine Tonlage funktioniert, ist es ja noch gut, wenn aber gar nichts geht, beginnen die Probleme.

Mit Gurtnellen passiere ich das älteste Stellwerk der ganzen Strecke über den Gotthard. Das sorgt aber dafür, dass sich hier ein Fahrdienstleiter befindet und wir noch auf die altehrwürdige Fühlungsnahme zurückgreifen können. Der Lokführer schaltet kurz das Licht im Führerstand ein und der Fahrdienstleiter grüsst mit einem Handzeichen. Eine kleine Geste, die zeigt, mir geht es gut und ich habe keine Probleme.

Erneut kann ich die Zeit prüfen. Die Verspätung beträgt immer noch 8 Minuten. Zwei Minuten sind weg, und auch dieser flache Abschnitt hat ein Ende. Es folgen die nächsten Kilometer den Berg hoch. Der Gotthard ist eine einfache Strecke, aber das heisst nicht, dass er leicht zu befahren ist. Nun folgen auch die langen Kurven und die Kehrtunnel. Es ist Zeit, dass ich die Wagen wieder einmal kontrolliere. Die Rückspiegel raus und ein kurzer Blick genügt. Alles dunkel und somit in Ordnung.

Mit dem Pfaffensprung stehe ich vor einem steil abfallenden Stück Gelände. Damit ich mit meinem Zug diese natürliche Barriere überwältigen kann, dreht die Strecke nach rechts gegen den Berg weg und schraubt sich im Berg in einer Spirale hoch. Wenig später überquere ich das unten liegende Gleis und fahre wieder Richtung Süden. Da der Tunnel nicht ganz so steil ist, wie die restliche Strecke, muss ich die Zugkraft der Lokomotive etwas anders einstellen.

Das Vorsignal zum Spurwechsel Pfaffensprung zeigt freie Fahrt. Es geht also weiter durch die dunkle Nacht im Urner Reusstal. Die Stimmung draussen ist friedlich, überall stehen dunkle Häuser und auch die Kirche auf den Berg liegt im dunkeln. Das Tal schläft friedlich und nur auf der Bahnlinie und der nahen Autobahn bewegen sich Fahrzeuge. So wird auch die Schleife bei Wattingen zur einfachen Sache. Die Fotografen sind noch nicht da und so kann man sich getrost um den Zug kümmern.

Die Fahrt den Berg hoch, kommt langsam ans Ende. Die Station Wassen ist passiert und der Zug wieder eingestellt. Es wird Zeit, sich etwas auf die Fahrt durch den Tunnel vorzubereiten. Die maximale Geschwindigkeit der Güterzüge beträgt im Tunnel 120 km/h. Das darf ich mit diesem Zug sogar fahren. Doch bevor es so weit ist, steigt es noch ein paar Minuten an, denn noch bin ich nicht in Göschenen und habe soeben die letzte Kehre geschafft, nun geh es wieder direkt nach Süden.

Es ist geschafft, die Steigung habe ich hinter mir. Auch wenn der Zug leicht ist, es geht trotzdem noch steil hoch. Der Bahnhof von Göschenen ist leer. Auch hier sind die grossen Tage, an denen die Autozüge rund um die Uhr liefen, vorbei. Die Rampen, die Zufahrten und die Signale, die schon seit Jahren nie mehr etwas anderes zeigen als rot, sind die stummen Zeugen von längst vergangenen Tagen.

Geht es nach Politikern, sollte in ein paar Jahren der Verlad von Autos hier erneut aufgenommen werden. Der Strassentunnel muss saniert werden und das geht scheinbar nicht ohne komplette Sperrung über Monate, ja man spricht sogar von Jahren. Beim Bahntunnel ging das in wenigen Monaten und immer mit einem Gleis, das befahren wurde.

Geradewegs geht es in den Tunnel, der in wenigen Jahren auch durch eine längere Version ersetzt wird. Tempi Passati, meinen da die südlichen Nachbarn nur. Irgendwann wird alles durch etwas Besseres abgelöst. Das kennt man von Sportlern aber auch von Fahrzeugen. Bei Strecken dauert es nur etwas länger, aber die besten Tage des Gotthardtunnels sind auch gezählt. Mit diesem Gedanken passiere ich das Nordportal. Nun ist es nur noch gerade und das fast 15 Kilometer lang.

Wenn es gerade ist, steigen auch die Geschwindigkeiten. Der feine Zeiger auf dem Monitor vor mir steigt nun kontinuierlich an. Aus 75 wird 85 und dann geht es hoch, bis letztlich die 120 km/h erreicht sind. Schneller dürfen Güterzüge in der Schweiz aktuell nicht fahren. Aber auch so bin ich, seit man die Nachtzüge aufgehoben hat, der schnellste Zug im Tunnel. Ein Exot mitten in der Nacht. Daran wird sich nicht so schnell etwas ändern.

Mit dem beleuchteten Schild 7 habe ich die Sprachgrenze erreicht. Bisher war in den Zügen Deutsch die massgebliche Sprache. Nun sind es treni und die massgebende Sprache ist italienisch. Eine neue Regelung, die nicht jeder versteht, aber eingeführt wurde, in der Hoffnung, dass man sprachliche Genies zu Schichtarbeitern machen kann. Wie sich herausstellte ein Ding der Unmöglichkeit, denn ein Sprachgenie wird nie für diesen Lohn Schicht arbeiten, wenn er im Büro mehr verdient. Lokführer sind halt nicht so perfekt, wie alle meinen und sie kommen mit ihren sprachlichen Fähigkeiten schnell ans Limit.

Ebenso bin ich nun oben und somit am höchsten Punkt der SBB. Ab jetzt geht es nur noch talwärts. Die ersten Kilometer noch sanft und im Tunnel, dann kommen die Gefälle, die schon manchem Lokführer ein etwas mulmiges Gefühl beschert haben. Sicher nicht bei solchen Zügen wie heute, aber bei den schweren Brummern, die nur mit Hilfe der Druckluftbremsen im Zaum zu halten sind. Heute geht das vermutlich mit der elektrischen Bremse der Lokomotive ganz gut.

Nun, es wird Zeit, dass ich die Bremsen überprüfe. Schliesslich will ich nicht an der Tunnelwand entlang schrammen, wie das schon passiert ist. Diese Prüfung ist obligatorisch und ich finde sie sinnvoll. Zuerst reduziere ich den Luftdruck in der Hauptleitung um etwa 0.6 bar. Einen kurzen Moment später bemerke ich die Verzögerung. Sie ist nur schwach, denn die 120 Tonnen der Lokomotive sind ungebremst und ziehen am Zug. Aber alles entspricht dem, was ich erwartet habe.

Nun ist auch die elektrische Bremse an der Reihe. Ich schalte die erste Stufe ein und es passiert nichts. Ich verbringe den Fahrschalter wieder auf Zugkraft und wechsle erneut in die Bremsstellung. Nun warte ich einen kurzen Moment und starte einen neuerlichen Versuch mit der elektrischen Bremse. Erleichtert stelle ich fest, dass nun Bremskraft aufgebaut wird. War wohl mein Fehler und die Lok war noch nicht umgeschaltet. Der Puls beginnt sich wieder zu beruhigen.

Die Radarfalle, also jene Stelle im Gotthardtunnel, die verhindern soll, dass Züge zu schnell aus dem Tunnel fahren, passiere ich mit 80 km/h. Eigentlich hätte ich auch schneller fahren dürfen, doch die Anlage weckt sehr viel Ehrfurcht, denn ein Vergehen hier, wird registriert und man muss beim Chef vorstellig werden. Im schlimmsten Fall kann das die Entlassung bedeuten. Solche Fehler macht man nicht oft. Ein Ort, wo Lokführer präzis arbeiten müssen, vor allem dann, wenn es eilt.

Um sicher zu sein, reduziert man ein wenig mehr, denn wer riskiert schon etwas, wenn er Zeit hat. Moment, wie stehe ich eigentlich zum Fahrplan? Ein Blick in die LEA verrät, ich hätte soeben Airolo passieren müssen. Bis dort dauert es aber noch eine bis zwei Minuten. Ich bin bald wieder pünktlich. Eine schnelle Talfahrt sorgt dann schon dafür, dass der Zug pünktlich in Lugano ankommt.

Es waren genau zwei Minuten und zehn Sekunden, die ich Rückstand hatte, als ich durch Airolo fuhr. Die elektrische Bremse der Lokomotive arbeitet nun und die Geschwindigkeit des Zuges bleibt bestehen. Die Talfahrt sollte ohne Hilfe der Bremsklötze und deshalb sehr wirtschaftlich gelingen. Das sorgt dann automatisch dafür, dass ich wieder pünktlich bin. Energie wird dabei auch noch produziert.

So ist es, in Ambri bin ich nahezu pünktlich und ich kann nun weiter Richtung Süden fahren. Zumindest meinte ich das, denn das Blocksignal will einfach nicht. Das Vorsignal bleibt orange und ich muss abbremsen. Scheinbar bin ich einem Güterzug aufgelaufen. Im Kopf lasse ich die vergangene Fahrt und die Begegnungen zirkulieren. Kurz vor Göschenen kam mir eine zurückkehrende Schiebelokomotive entgegen. Die hatte wohl den Zug hochgeschoben, der mich nun einbremst.

Das Signal hat seine Meinung geändert und zeigt nun grün. Ich rolle mit dem Zug weiter und lasse die Zugkraft nur wenig ansteigen. Eilig habe ich es nun nicht mehr, denn der Zug wird mit der Luft arbeiten müssen und so sinkt die Geschwindigkeit unter den üblichen Wert meines Zuges. Die Folgen sind klar, ich bremse erneut ab, weil ein Signal rot ist. Dann nehme ich es lieber gemütlich.

Auch so musste ich ein paar Mal in die Eisen steigen, denn der Zug war scheinbar recht schwer und die Bremskraft nur gering. Es war eine gemütliche Fahrt den Berg runter. Meiner Fahrzeit hat das jedoch geschadet, ich habe wieder meine 10 Minuten Rückstand. Nun ist Bodio erreicht und die Ausfahrt ist nur mit 60 km/h erlaubt. Ich wechsle die Seite und fahre auf dem rechten Gleis nach Biasca. Eine Lösung, die schon viel früher möglich gewesen wäre, denn Züge kamen nicht entgegen.

Ich beschleunige den Zug wieder und versuche, den erneuten Rückstand aufzuholen. Die Signale sind grün und auch Biasca lässt mich gerade durch. So rückt es und ich komme voran. Meine Verspätung sinkt und die Eisenbahnwelt scheint sich zumindest hier zu beruhigen. Beim ausfahren war es dann auch so weit, ich erkannte den Zug, der mich einbremste, er verlässt Biasca ebenfalls gerade. Ein Zug auf dem linken, der anderer auf dem rechten Gleis.

Mit 120 km/h fliege ich förmlich am anderen Zug vorbei. Er scheint sich mit 80 km/h zu begnügen. Die Wagen lassen erkennen, dass der Zug, der aus verschiedenen Wagen besteht, sicherlich sehr schwer ist und die Wagen, die mit Holz beladen sind, sind immer so schwer, dass es zur Zugreihe D kommt. Noch verkehren diese Züge, aber da man diese in Italien nicht mehr will, scheint die Zukunft des Wagenladungsverkehrs fraglich und die Strasse gewinnt erneut.

Ich konnte auf dem rechten Gleis bis nach Castione fahren. Ist eine Seltenheit, denn normalerweise kommt immer ein Zug entgegen, der solche Aktionen verhindert. Mein Rückstand beträgt nur noch eine Minute und die Zugsicherung spricht beim Vorsignal der Langsamfahrstelle an. Hier wird gebaut und es ist nur 80 km/h zugelassen. Ich muss den Zug abbremsen. Jetzt sehe ich auch den Grund, warum ich rechts bleiben konnte. Hier ist nur ein Gleis befahrbar und so kann ich gerade einfahren und habe so keine Einschränkungen durch ablenkende Weichen.

Es ist selten, aber heute war es so, ich konnte durch Bellinzona fahren, ohne dass ich mich mit orangen Lampen hätte befassen müssen. Die Zeit für die Durchfahrt sank so, so dass ich den Bahnhof pünktlich, ja sogar mit ein oder zwei Minuten Vorsprung verlasse. Geholfen haben mir dabei sicherlich die unterschiedlichen Durchfahrzeiten in San Paolo. Jetzt ist dann jedoch der erste Halt angesagt, denn der Zug hat am Schluss einen Wagen für Giubiasco.

Ich halte vor dem roten Signal an. Hinten wird ein Wagen abgekuppelt. Davon merke ich an der Spitze kaum etwas. Zwar stand ein Arbeiter bereit, aber was der macht, weiss ich nicht. Vor mir wechselt das Signal auf Fahrt. Nur, losfahren darf ich nicht, denn wer ist sicher, dass der Rangierer hinten fertig ist mit seiner Arbeit? So warte ich, bis mir gesagt wird, dass gekuppelt ist. Eine Vorschrift, die schwer hat, sich durchzusetzen. Die Meldung kam und jetzt geht die Fahrt wieder weiter. Der Zug wurde nun um 16 Tonnen leichter.

Am Ceneri passt daher die Stufe nicht mehr genau, ich muss immer wieder regulierend eingreifen. Eigentlich hätte ich nun eine Bremsprobe auf Wirkung machen sollen. Nur, die Steigungen verhindern diese, da ich in der Steigung keine gesicherten Feststellungen machen kann. Aber auch so ist die Fahrt nicht schwer und ich erreiche ohne Hindernisse den Tunnel vor Rivera-Bironico. Hier wurden Stromschienen montiert um so auf eine herkömmliche Fahrleitung zu verzichten. Egal, wichtig ist, dass der Strom zu Lokomotive kommt und ich so Zugkraft aufbauen kann.

In Rivera-Bironico bin ich endlich oben. Die Bremsprobe auf Wirkung wird nun nachgeholt. Die Talfahrt beginnt und ich kann wieder mit der elektrischen Bremse arbeiten. So erreiche ich die neue Station Sigirino. Die dortige Verladeanlage wird mit Kies beliefert. Das, wie könnte es auch anders sein, ein Lokführer von Erstfeld anliefert. Kaum ein Mitarbeiter würde mit den sprachlichen Problemen und den regionalen Begriffen besser zu Recht kommen. Ich fahre nun aber durch und bin darüber nicht unglücklich.

Nun nähere ich mich dem nächsten Bahnhof. Dort verlasse ich den üblichen Weg, denn obwohl auf meiner Belastung Lugano steht, führt mein Fahrweg nach Lugano Vedeggio. Dort werden die Güter, die nach Lugano sollen, angeliefert. Nur in Zürich, genauer in Zürich Mülligen ist das einfach Lugano. Andererseits werden hier auch Belastungen abgegeben, die Basel oder Zürich als Ziel angeben. Nur, dort gibt es viele Bahnhöfe. Daher lässt man es, das Ziel ist Lugano, auch wenn ich diesen Bahnhof nie erreichen werde.

Die Strecke zum Endbahnhof besitzt viele Weichen und die Fahrt dauert nicht lange. Wie so oft, ist das Einfahrsignal geschlossen. Hier wartet jeder Zug, bis im Bahnhof wieder Platz vorhanden ist. Der Bahnhof Lugano Vedeggio mit seinen Handweichen erinnert eher an die Zeit der Dampflokomotiven, als an eine moderne Eisenbahn, die mit schwersten Zügen operiert,  die hier auch ankommt. Mein Zug ist eine Ausnahme. Die Minuten verstreichen und passieren einmal die Zeit, wo ich ankommen sollte.

Das Signal ist davon nicht beeindruckt und so muss ich warten. Lange wird es wohl nicht mehr dauern, denn hier folgen sich die Züge am Morgen sehr dicht. Am Abend besteht schon eher die Gefahr, dass man vergessen wird, aber am frühen Morgen ist hier viel los. Meine Gedanken sind nicht fertig gedacht, wechselt das Signal seine Farbe. Ich darf einfahren und dann wenden.

Lugano Vedeggio

In der einsetzenden Dämmerung erkenne ich vor mir ein paar abgestellte Wagen und in einem freien Gleis den Prellbock, der dieses abschliesst. Weiter komme ich nun nicht mehr und ich kann nun den Führerstand wechseln. Dazu schalte ich die Lokomotive aus, stellte die Schalter für die Stirnbeleuchtung so um, dass nachher eine rote Lampe brennen wird und ziehe den Schlüssel zum Verriegelungskasten ab. Die Lokomotive ist so auf dieser Seite schon für die Rückfahrt vorbereitet.

Zuletzt packe ich meine Sachen ein, greife zur Mappe und drücke den Taster um die Beleuchtung im Maschinenraum einzuschalten. Im Führerstand lösche ich das Licht und verlasse diesen nun für längere Zeit. Der Gang in der Re 620 kenne ich gut und weiss so auch, welche Schalter ich nun betätigen muss und welche Kontrollen beim durchgehen schnell erledigt sind. Ich erkenne nichts Aussergewöhnliches und die Stromabnehmerwahl habe ich auf den anderen Bügel umgestellt.

Im andern Führerstand schalte ich das Licht ein. Den Schalter finde ich nicht nur dank dem nun ein wenig helleren Raum, sondern, weil ich seit Jahren weiss, wo er ist. Man kann so auch im dunkeln Licht machen, was sicherlich in der Nacht ein Vorteil ist. Vor mir stehen immer noch die Wagen, die ich gebracht habe. Mehr Zeit um mich um diese zu kümmern habe ich nicht, denn ich muss meine Lokomotive wieder einschalten.

Bei Maschinen, die für ETCS vorbereitet wurden, dauert das ein wenig länger. Zu den üblichen Aufgaben beim einschalten einer Lokomotive kommen nun die Eingaben in den Computer der Lokomotive. Das sind mehrere Handlungen. Ein Kollege muss sie wohl gezählt haben, sagte er mir doch, dass es 74 Punkte sind, die beachtet werden müssen. Diese Mühe machte ich mir bisher noch nicht und mit dem letzten Druck auf die Taste sind alle Eingaben abgeschlossen.

Die Bremsen probiere ich nun auch noch, denn ohne diese Prüfung darf ich nicht losfahren. Ich schaue nach vorne und erkenne, dass sich die Wagen vor mir bewegen und schon ein paar Meter zurückgelegt haben. Noch habe ich Zeit, die Beleuchtung der Lokomotive zu kontrollieren. Ich höre, wie die Vögel im Morgengrauen zwitschern und erkenne, wie der Tag langsam erwacht. Dabei wird mir jedoch bewusst, ich bin schon ein paar Stunden auf den Beinen. Es sind bereits mehr als 4 Stunden. Denn dem Bett entstieg ich kurz vor Mitternacht.

Die Lampen der Lokomotive leuchten wie sie sollten und ich kann wieder in den Führerstand zurückkehren. Das Gleis ist nun leer und nur meine Lokomotive verhindert, dass man es uneingeschränkt nutzen könnte. Losfahren darf ich aber nicht, denn ohne eine Erlaubnis bewege ich, wie meine Kollegen die Lokomotive nicht. Eine Vorschrift verhindert das. Lokführer halten sich an Vorschriften.

Vor allem hier, wo es keine Sicherung mit Zwergsignalen gibt, muss man wirklich konzentriert arbeiten, schnell passiert ein Missgeschick und es kommt zum Unfall. Lugano Vedeggio ist kein einfacher Bahnhof, jedoch gibt es noch schlimmere Exemplare, die wir selten anfahren und die wir natürlich kennen müssen. Diese dürfen dann meist nur mit der notwendigen Kenntnis befahren werden. Mich betrifft das in Olten RB.

Weit entfernt wird gewunken. Für mich ist dieses, für einen Aussenstehenden recht simple winken, das Zeichen, dass ich vorfahren darf. Ziel ist das Profil der ersten Weiche. Ich schalte die erste Stufe zu, die Lokomotive beginnt langsam zu rollen. Ich schalte die Stufe wieder aus und die Maschine rollt weiter. Alle Bremsen scheinen wieder los zu sein. Besonders bei den Re 620 kann ich nicht mit Sicherheit im Führerstand erkennen, dass alle Steuerventile optimal arbeiten.

Es kann passieren, dass die hintere Hälfte der Lokomotive gebremst ist, ich aber im Führerstand davon nichts bemerke. Daher kontrolliere ich diese Situation immer beim losfahren. Danach muss der Auslöseknopf zur pneumatischen Bremse regelmässig gedrückt werden. Wer das nicht macht, läuft Gefahr, dass er eine Meldung bekommt, dass die Achsen 4 - 6 gebremst seien. Eine Störung, die nun wirklich nur die Re 620 kennt. Daher sind die Triebfahrzeugkenntnisse sehr wichtig und nur sie verhindern grössere Schäden.

Nun kann ich wieder die Stufen hoch schalten und die Lokomotive auf knapp 30 km/h beschleunigen. Die Sichtverhältnisse verbessern sich nun mit jeder Minute, denn schliesslich beginnt der neue Tag. So erreiche ich mein Ziel und halte erneut an. Es dauert nicht lange und auch das Ausfahrsignal wechselt seine Farbe. Neben mir verabschiedet sich der Mitarbeiter und ich darf, nach dem ich die Stellung der Weichen kontrolliert habe, losfahren.

Mit der Lok nach Bellinzona nur wie weit?

Die Weichen der Station sind frei gelegt und ich kann nun auf 60 km/h beschleunigen. Mit einer Re 620 ist das auch bei dieser Steigung kein Problem. Auch sonst läuft die Lok sehr ruhig. Das ist nicht immer so, denn die Maschinen werden am Gotthard stark beansprucht, dadurch werden die Räder aufgeraut und erhalten kleine flache Stellen. Die zeigen sich dann in einem dauernden rumpeln. Ein untrügliches Zeichen, dass es Zeit wird, dass die Lok in Erstfeld geschliffen wird.

Auch die unter dem Führerstand montierten Querdämpfer sind oft ausgeschlagen und erzeugen ein für die Re 620 ureigenes Fahrgeräusch. An diese Eigenheiten hat man sich im Lauf der Jahre gewöhnt und daher fällt es einem auf, wenn man mal auf einer Re 620 sitzt, in der diese Geräuschkulisse fehlt. Ein sehr ruhiges Exemplar von einer Lokomotive, die einsetzende Dämmerung sorgt zudem schon für eine besondere Stimmung.

Einzig die beiden orangen Lichter am Einfahrsignal von Taverne-Torricella stören diese friedliche Situation. Die passen einfach nicht so recht ins Bild der heilen Welt. Die Warnung ertönt und hätte wohl jeden, der sich zu sehr hätte von der Stimmung übermannen lassen, geweckt. Ich quittiere und lasse die Lok, die schon seit ein paar Sekunden nicht mehr arbeitet, weiter rollen.

Die Geschwindigkeit sinkt so dank den Steigungen auch und später kann ich mit der elektrischen Bremse noch so verzögern, dass die Lok, die mittlerweile noch mit knapp 40 km/h rollt schön vor dem roten Signal anhalten wird. Mein so schön zu Recht gelegter Plan wird aber durch eine Tatsache unterbunden, dass das Signal seine Meinung geändert hat. Es ist nicht mehr rot. Ich kann meinen bereitgelegten Plan verwerfen und weiter fahren.

Erneut fahre ich an der Baustelle für die NEAT vorbei. Diese Strecke, die nur am Morgen einen gewissen Charme ausstrahlt, vermisst nicht mancher Lokführer. Hier durch fährt man wirklich einfach, weil man muss. Es fehlen die Punkte, wo sich etwas Schönes zeigt. Nur Industriebauten, und Autobahnen sind da nicht besonders gut. Einzig der kleine Fluss bringt etwas Leben in die melancholische Szene des Val Vedeggio.

Da man die Strecke dem Gelände entlang gebaut hat, ändert sich die Steigung immer wieder. Die Stufen der Lok passen meistens nicht zur Steigung und so kann ich kaum einmal die Hand vom Fahrschalter nehmen. Das hat aber einen Vorteil, denn ich bemerke so meine Müdigkeit nicht. Es ist immer wieder überraschend, denn bei einsetzender Dämmerung wird man müde. Da spielt es keine Rolle, ob man gut oder schlecht geschlafen hat.

Trotz allem habe ich die Passhöhe mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von etwas unter 80 km/h erreicht. Die Anzeige blieb wirklich fast immer auf dieser Marke stehen. Gut, mit der Passhöhe habe ich etwas übertrieben, die ist noch etwas höher und die Bahn benutzt einen Tunnel. Die Gegend hier kenne ich noch von meinen Tagen in der Armee, wirklich schön ist es hier nicht, besonders dann nicht, wenn man in Uniform einen Spaziergang unternimmt.

In der Station Rivera-Bironico muss ich die Bremsen prüfen. Man nennt diese Prüfung Bremsprobe auf Wirkung. Die Regel sieht vor, dass die Lok ausgelöst wird und man nur die Wagen bremst. Nur welche Wagen? Zudem muss die elektrische Bremse der Lokomotive für die Einfahrt in ein solches Gefälle geprüft werden. Beide Bremsen scheinen aber so zu arbeiten, wie sie sollten. Angepasst habe ich nur die Bremsprobe auf Wirkung mit der automatischen Bremse.

Arbeiten wird nun die elektrische Bremse der Lokomotive. Hätte die nicht funktioniert, hätte ich ein Problem gehabt, denn eine allein fahrende Lokomotive darf ohne elektrische Bremse diese Gefälle nicht befahren. Der Grund für diese Vorschrift ist bald 100 Jahre alt, aber durchaus immer noch sehr aktuell. Steine fallen auf einer Gebirgsstrecke immer wieder auf die Schienen und können der Lokomotive gefährlich werden.

Die Nordseite des Ceneri ist da nicht so anfällig. Hier sind die Probleme vor allem im Herbst zu finden, denn das Laub auf den Schienen ist nicht beliebt. Vor allem nicht, wenn man einen Führerausweis mit der Berufsbezeichnung Lokführer in der Tasche hat und hier mit einem schweren Zug arbeitet. Aber jetzt im Frühsommer bei schönstem Wetter und nur einer Lokomotive ist die Gefahr klein.

Auf der anderen Talseite sind die Spitzen der Berge schon im vollen Sonnenlicht, das breite Tal und meine Hangseite liegen noch im Schatten. Ein wenig früher und die Spitzen hätten vermutlich noch rot aufgeleuchtet. Immer wieder ein Bild, das einem Frühaufsteher Freude bereitet. Der Lohn für den frühen Arbeitsbeginn. Meine Aufmerksamkeit liegt jedoch bei den Signalen und der Strecke, so bleibt es nur bei kurzen Blicken.

Die dunklen Häuser lassen zudem erkennen, es ist noch niemand sonderlich darauf aus, mein Schicksal zu teilen. Die Leute schlafen noch in ihren Betten. Dabei vermutlich nicht immer ganz unter der Decke, denn die Luft ist schon recht warm für die Nacht. Durch das offene Fenster kommt nur etwas davon in die Lok, aber in Lugano war das zumindest so und auch Bellinzona wird nicht viel kühler sein.

Da es keine Behinderungen gab, erreiche ich den Fuss dieser Strecke. Es ist Giubiasco, der Wagen von heute früh ist schon lange weg und die ersten Nahverkehrszüge sind unterwegs. Nun ist die Nacht des Güterverkehrs vorbei und die Züge des Personenverkehrs kommen nun dazu. Das macht die Arbeit etwas mühsamer, da nicht mehr einheitliche Geschwindigkeiten vorherrschen.

Für mich bedeutet das zudem, dass ich in Giubiasco vor dem roten Signal zum stehen komme. Ein Güterzug verlässt die Station gerade in Richtung Bellinzona und die S-Bahn kommt mir entgegen. Somit sind beide Geleise belegt und für eine Lok gibt es keinen Platz mehr. So muss ich halt warten, bis es auch für mich ein freies Stück gibt.

Nachdem die S-Bahn den Bahnhof erreicht hat, wechselt mein Signal die Farbe. Aha, dass kann nur auf dem rechten Gleis weiter gehen, denn der Güterzug hat ja den Bahnhof noch nicht verlassen. Ich schalte die Stufen wieder hoch und beschleunige die Lokomotive wieder auf die erlaubte Geschwindigkeit. Das wird aber von kurzer Dauer sein, denn Bellinzona steht an und dort endet mein Zug. Die Frage ist nur wo?

Bellinzona hat so viele Hauptsignale, dass man kaum mit Sicherheit sagen kann, das ist nun das Signal, vor welchem der Zug endet. In der LEA stehen auch keine genaueren Angaben und so geht man am besten davon aus, dass man so weit wie möglich nach den Hauptsignalen fährt. Steht man dann lange genug vor einem Signal, erklärt einem dann der Fahrdienstleiter schon, dass es jetzt in Rangierfahrt weiter geht.

Diesmal sind mir die Signale gnädig und ich kann bis zu dem Signal fahren, das für mich wohl des letzte sein wird. Die Annahme ist gerechtfertigt, denn meine Lok wird im Geleise nebenan abgestellt und dann sollte es eigentlich nun in Rangierfahrt weiter gehen. Das Zwergsignal zeigt den schrägen Begriff und das Hauptsignal geht auch nach längerem warten nicht auf Fahrt. Ich bin mit der Lok in Bellinzona angekommen.

Parkplatzsuche leicht gemacht

Nun gilt es eigentlich nur noch, die Lokomotive dort abzustellen, wo das vom Unternehmen vorgesehen ist. Früher war das noch klar, die Lok geht ins Depot und wird dort abgestellt, bis man sie wieder benötigt. Diese Zeiten sind nun vorbei, Depots sind nicht mehr gefragt und Lokomotiven parkiert man besser im Wetter draussen, als in einer geschützten Remise.

Es ist nicht meine Aufgabe, solche Dinge zu hinterfragen. Dafür haben sich Leute stark gemacht, die mehr Tage in der Schule waren als ich. Ein etwas dümmlicher Schichtarbeiter, der sich anmasst, die Geschicke der studierten Oberschicht zu kommentieren. Nein, in eine solche Schublade möchte ich nicht geworfen werden. Ist stelle nur fest, dass die Fahrzeuge heute stärker beansprucht werden, als das vor ein paar Jahren der Fall war.

Ich habe es aufgegeben, mich für solche Sachen stark zu machen. Es ist scheinbar nicht die Aufgabe eines schlichten Schichtarbeiters, dem Unternehmen zu zeigen, wo Geld weggeworfen wird.

Diese Lektion habe ich vor Jahren gelernt, denn schliesslich sind tragbare Computer für Lokführer gänzlich ungeeignet. Wenig später kam dann die LEA.

Egal, es gilt ja, die Re 620 abzustellen und nicht sich an verpassten Chancen zu grämen.

Das ist einfach, denn ich muss ja nur über eine Weiche fahren. Danach wechsle ich den Führerstand.

Die Lokomotive kann dann, sofern es die Signale erlauben, an den Ort fahren, wo sie gut stehen. Wenn dieses Gleis mitten im Gleisfeld und nicht in einem Depot ist, ist mir das eigentlich egal. Ich sorge einfach dafür, dass mein Kollege nicht all zu sehr leidet.

Das mache ich nach der Ankunft auf einfache weise. Ich ziehe die Storen runter und öffne die Fenster. Täte ich das nicht, wäre am Mittag oder dann, wenn die Lok benötigt wird, mein Kollege mit heissen Bedienelementen und einem Arbeitsplatz, der jenem am Hochofen gleicht, konfrontiert worden. Ich habe das nicht gerne und so sorge ich dafür, dass es den Kollegen nicht auch so ergeht.

Die Kontrollen um die Lok sind schnell erledigt. Mit den Jahren weiss ich, wo die kritischen Punkte zu finden sind. Die Zeit für eine genaue und daher gute Kontrolle gibt mir das Unternehmen schon lange nicht mehr. Es ist mein Problem, wenn bei der Lokomotive etwas nicht stimmt. Ich schreibe einen Reparaturschein. So auch jetzt, denn ich wurde fündig.

Das entsprechende Buch hilft mir nicht viel, aber ich muss dort meine Feststellung niederschreiben. Das mache ich und steckte das Buch in den Halter des Fahrplans. So erkennt mein Kollege gleich, dass ich den Fehler gesehen und ihn gemeldet habe. So schlimm, dass ich gleich zum Telefon greife ist er nicht, aber gemeldet wird er. Dazu benötige ich nur einen Computer.

Ich kann daher die Lokomotive nun verlassen. Irgendwann wird am Nachmittag ein Kollege drei Lokomotiven dieses Typs in diesem Gleis übernehmen und damit den Zug nach Olten bespannen. Dies damit morgen ein Kollege von mir, diese Tour auch fahren kann. So ist der Umlauf garantiert. Störungen sind üblicherweise nicht vorgesehen.

Nur vor wenigen Wochen wäre ich gegen Süden gelaufen und mich in der Milchküche an einem frisch duftenden Kaffee, einen frischen Stück Brot, Butter und eventuell Honig erfreut. Diese Zeiten sind nun vorbei. Die Lokführer von SBB Cargo haben neue Aufenthaltsräume erhalten und diese sind im Rangierbahnhof. Das heisst, ich muss mich vom Kaffee und frischem Brot entfernen. Das schmerzt im Magen.

Mein Weg führt in die neuen Räumlichkeiten. Diese liegen weit weg vom Zentrum. Dort finde ich auch den Computer, in dem ich meine Meldung über die Störung eingeben kann. Das mache ich nun als erstes, denn jetzt weiss ich ja noch, was ich schreiben muss. Ich suche deshalb einen der vorhanden Computer auf. Diese gibt es und frei sind sie auch noch.

Ein paar Klicks später stehe ich vor einer Eingabemaske. Die ist einfach aufgebaut, nur stimmen unsere Störungen dummerweise nicht mit den Vorgaben überein. Man darf dann suchen. Ich wähle zuerst den Ort der Störung. Die Auswahl hilft nicht weiter, denn zu was gehört der Der Schlauchhalter am Bahnräumer nun. Einigermassen passend finde ich die Rubrik "ganzes Fahrzeug" nicht.

Im nächsten Schritt schränke ich das weiter ein. Eigentlich klingt das ganz gut. Ich korrigiere, ist nun der Bahnräumer ein Teil des Fahrzeugkastens oder eventuell des Fahrwerks. Ich wähle den Fahrzeugkasten, denn schliesslich ist das Teil am Kasten montiert worden. Es kommt die Auswahl zwei und damit die Ernüchterung, denn ich kann auswählen, was ich will, den Bahnräumer finde ich nicht.

Die Suche startet von vorne. Ich wähle nun das Fahrwerk. Erneut erhalte ich eine Auswahl. Darin suche ich nun den passen Text. Nach dem fünften Anlauf finde ich unter Schutzbauteile den Schienenräumer. Das könnte passen, stimmt zwar nicht genau, aber langsam geht mir die Geduld aus. Die Werkstatt kann mich ja auch zur Witzfigur delegieren. Dabei hatte es doch Karl noch sehr einfach.

Ich ändere meine Meinung, denn beim Zustand verzweifle ich erneut. Ich habe eine riesige Liste, aber scheinbar ist es nicht vorgesehen, dass bei den SBB etwas verbogen werden könnte. Diese Auswahl habe ich nicht. Daher suche ich den passenden Eintrag, den gibt es, denn das Bauteil ist ungenügend. Eine lange Suche hat nun ihr Ende gefunden.

Damit doch noch die Hoffnung besteht, dass etwas repariert wird, nehme ich noch den freien Text, dort notiere ich dann. Halter Rangierbremsschlauch Führerstand 1 links verbogen. So einfach wäre das. Aber die Elektronik verlangt, dass ich mich dämlich suche. Ein Blick auf die Uhr lässt mich erkennen, die Pause wird wieder einmal 15 Minuten kürzer ausfallen. Das ist nun mein Pech, hätte ich es sein lassen, hätte ich meine Pause gehabt.

Ich versende die Meldung mit der leisen Hoffnung, dass sie jemand liest. Die Bemerkung vieler Kollegen, die von einem direkten Versand in den Papierkorb ausgehen, halte ich nicht viel. Nur, ich habe oft auch Probleme damit, aber mit dem muss man leben, es ist scheinbar nicht die Aufgabe der Firma den Arbeitern die Arbeit zu erleichtern.

Für mich beginnt nun die Pause und das ist das, worauf ich mich doch schon seit Mitternacht freue. Ein fein duftender Kaffee, ein Brötchen, etwas Butter und Honig oder Konfitüre. Also ein ganz einfaches normales Frühstück kurz vor 6 Uhr morgens. Daran ist ja nichts falsch und die ganze Welt macht das so, also auch ich.

Ein Frühstück mit Tiefgang

Die neuen Räumlichkeiten haben auch ein neues Verpflegungskonzept hervorgerufen. Es sind Automaten! Die Freunde der Lokführer und längers je mehr auch die Lieblinge? Anscheinend gibt es Leute, die so eine Art der Verpflegung als angemessen betrachten. Die Uhr zeigt nun 5.30 Uhr und ich beginne damit, den Automaten abzusuchen. Was gibt es nun? Schokolade, Süssgebäck, Chips und "Zürcher Geschnetzeltes mit Nudeln". Wunderbar, wo finde ich nun mein frisches Brot, Butter und Honig? Irgendwann, aber nicht im Frühdienst, sollte mir jemand das angemessen erklären.

Frühstück ist im Automat nicht vorgesehen. Ich beginne damit zu bereuen, dass ich die Meldung geschrieben habe. Die Zeit hätte ich nutzen können um mich in der etwas entfernten Milchküche zum Frühstück zu begeben. Aber Lokführer müssen ja nicht frühstücken, wie war das nun mal. Ach ja, ein Apfel reicht für eine Schicht von 10 Stunden. Gut, greife ich zum Apfel. Aha, dort wo die vermutlich wären herrscht gähnende Leere. Scheinbar hatten auch andere das Angebot als angemessen empfunden. Ich begnüge mich notgedrungen mit einem Kaffee im Plastikbecher.

Das Geknurre im Magen ignoriere ich einfach, denn wer will um diese Zeit schon ein "Zürcher Geschnetzeltes mit Nudeln" oder ein "Gulasch mit Reis"? Niemand, denn das sind nicht die Mahlzeiten, die normale Leute um diese Zeit zu sich nehmen. Als Lokführer darf man sich am einem Schokoriegel und einem Becher mit Kaffee erfreuen. Das muss reichen für eine Schicht, die gerade einmal in der Hälfte ist. Die frischen Brötchen sind so oder so schon längst zu einem Traum geworden.

Ich überlege mir nun ernsthaft, wenn ich auf die Meldung des Schadens verzichtet hätte und zuerst in die Milchküche gegangen wäre, dann hätte ich eine vernünftige Verpflegung erhalten und die Lok würde nie repariert. Beides ist halt nicht mehr vorgesehen und im Zweifelsfall verzichtet der Lokführer halt auf seine Verpflegung? Mit knurrendem Magen ist noch niemand eingeschlafen und verhungern tut man ja erst nach mehreren Tagen.

Auch die neue Tageszeitung liegt nicht hier. Ich wäre froh gewesen, ich hätte noch etwas von gestern erfahren, aber das muss bis nach Feierabend waren. Nur hier ist die Sache etwas anders, denn die Zeitungen haben den Weg ins Tessin gerade erst gefunden und müssen noch ausgepackt werden. Ich erhoffte, dass ich etwas über die Zukunft meiner Firma erfahren könnte. Habe ich in drei Monaten noch eine Anstellung oder stehe ich vor dem nichts? Fragen, auf die auch mein Chef keine Antwort weiss. Diese Sorgen fahren einfach mit, obwohl wir gelernt haben, dass sie das nicht sollten. Nur, wer kann das nicht nachvollziehen?

Jetzt, wo es draussen hell geworden ist, ich meine Ruhe gefunden habe und der Magen knurrt sollte ich mich erholen, denn der Dienst wird noch lange dauern. Ich suche daher eine Möglichkeit etwas zu ruhen. Was will man mehr, wenn man nichts Passendes zum Essen findet. Schokolade und "Zürcher Geschnetzeltes mit Nudel" habe ich zwar gerne, aber nicht um 5.30 Uhr.

Bevor ich aber meine Ruhe zu finden versuche, schaue ich nach meinem nächsten Zug. Der steht ja schon in Bellinzona! Das ist gut, nur meine Pause dauert noch 35 Minuten und der Gesetzgeber findet, dass ich diese einhalten muss. Die Pause dient ja der Erholung und der Verpflegung. Erholen kann ich mich, aber verpflegt bin ich nicht. Aber wenn der Gesetzgeber eine Pause vorsieht, halte ich diese ein, denn mit dem Gesetz will ich mich nicht anlegen, denn dann ist im dümmsten Fall die Karriere zu Ende.

Das heisst, ich kann mich noch knapp 30 Minuten ausruhen. Eine Zeit, die man einfach braucht, will man gesund nach Hause kommen. Der Zug steht gut und es ist ja nicht meine Aufgabe in der Pause zu schauen, ob der Zug schon kommt. Diese Überraschung hätte ich mir auch bis zum Schluss der Pause aufheben können. Nur, es ändert nichts, ich strecke die Beine im weichen Ledersessel und schliesse die Augen.

Unterbrochen wird meine Ruhe nach nur 10 Minuten. Es ist die Leitstelle! Mein Zug sei bereits in Bellinzona und müsste eigentlich schnell weg, da er ein Gleis blockiere. Ich erkläre, dass ich meine Pause einhalten müsse, weil ich sonst gegen das Gesetz verstosse. Überraschend schnell wird mir erklärt, dass ein Kollege die Lok an den Zug stelle und ich nach meiner Pause sofort zur Lokomotive am Zug gehen soll. Ach so, das geht natürlich auch.

Von viel Ruhe kann also keine Rede sein. Noch habe ich ein paar Minuten Ruhe. Diese Ruhe brauche ich, denn der Föhn in Erstfeld hat dafür gesorgt, dass die Nacht ohne viel Schlaf war, die kalte Luft hier im Raum macht auch müde, weil der Körper nicht mit der Abkühlung beschäftigt ist. Nur der endlos knurrende Magen verhindert, dass ich wirklich richtig einschlafe. Trotzdem verrinnt die Zeit und der am Handy gerichtete Wecker klingelt.

Die Heimfahrt steht bevor

Ich greife zur Mappe und mache mich auf den Weg. Bei der Türe bemerke ich, dass die Räume angenehm klimatisiert waren und ich deshalb etwas eingenickt bin. Doch nun verlasse ich die kühle Umgebung und trete in den Tessiner Morgen. Heiss ist es noch nicht, aber man erkennt den blauen Himmel und es ist schon angenehm warm. Ein freundlicher Morgen im Sommer, dumm ist nur, dass ich schon sehr lange auf den Beinen bin.

Eine Jacke wäre sicherlich fehl am Platz, aber von der Tessiner Hitze ist zum Glück noch nichts vorhanden. Der Weg führt nun nach Norden. Hätte ich nun die Lok am Abstellort abholen müssen, hätte ich um die abgestellten Güterwagen gehen müssen. Einen direkten und daher kurzen Weg gibt es nicht. Jetzt stehen die Loks mitten im Rangierbahnhof und wir gelangen nur dorthin, wenn wir die Geleise überqueren.

Hier rollen die Wagen vom Ablaufberg her und dort ist niemand drauf, der einen warnen könnte. Die Vorsicht ist deshalb auch hier die Mutter der Porzellankiste. Ein rollender Wagen weckt meine Aufmerksamkeit. Wo rollt er hin und wird er für mich gefährlich? Gefahr gebannt, er sucht sich einen anderen Weg und quert meinen Weg nicht. Wie war das noch mal, die Wege sollten sicherer werden und nach Möglichkeit sollte man das Gleis nicht überqueren? Ach ja, Lokführer haben daher keine Zutrittsberechtigung zum Gleisfeld.

Da mein Zug auf der anderen Seite desselben steht, heisst das auch, dass ich diesen Tanz noch ein paar Mal machen muss, denn am Ablaufberg stehen noch viele Wagen bereit und jeder ist eine potentielle Gefahr. Angenehm sind solche Wege nicht, aber Rangierbahnhöfe wurden früher nicht dazu gebaut, dass Lokführer auf der Suche nach Zügen oder Lokomotiven sind. Die Anlagen passen oft nicht zu den heutigen Sparprogrammen.

Die Lokomotiven waren früher im Depot und dorthin gibt es gesicherte Wege und im Depot fahren nur Lokomotiven mit einem Kollegen, der sich auch achtet. In einem Rangierbahnhof ist es gefährlich und genau in diesem Umfeld müssen wir uns immer mehr bewegen. So darf die Konzentration nicht nachlassen. So darf man über den ganzen Arbeitstag keine Sekunde unkonzentriert sein. Ablenkung ist gefürchtet, besonders beim Lokomotivpersonal. Ich erreiche nun endlich das Gleis, wo normalerweise die Lokomotiven stehen.

Normalerweise darum, weil das Gleis nun schlicht leer ist. Der nächste Zug gegen Norden muss vermutlich auf die Lok warten. Zudem erkenne ich, dass mein Zug im Gleis 501 zu finden ist. Auch das ist ein Gleis, das voller Gefahren ist, weil daneben die Züge mit 90 km/h vorbei fahren. Aber darum kümmere ich mich noch nicht, zuerst muss ich den Weg zum Zug überleben, denn nun nimmt ein Wagen Anlauf auf mich, genauer auf das Gleis, das ich überqueren will.

Es ist geschafft, ich habe mich durch das Gleisfeld geschlagen und bin nun an meinem Zug. An seiner Spitze stehen zwei Lokomotiven. Die blaue Farbgebung lässt mich einen kurzen Moment stutzen. Nein, es sind nicht die üblichen Lokomotiven, also Re 620 und Re 420. Schon beschleicht mich eine kleine Panik. Das darf nicht wahr sein, das sind zwei Re 484! Bisher machten die doppelten Re 484 einen weiten Bogen um mich.

Nicht, dass ich nicht gerne damit fahren würde, aber die Mehrfachtraktionssteuerung ist seit einem Wechsel der Software sehr anfällig auf Störungen. Wer damit ankommt, hat schon sehr viel Glück gehabt, um nicht zu sagen, dass er ein Wunder erlebt hat. Tessiner Kollegen weigern sich, diese Lokomotiven in Vielfach-steuerung zu bedienen und auch betroffene Kollegen von Goldau meinten, es sei mehr Glück nötig um nach Goldau zu gelangen. Das wird sicherlich noch eine abenteuerliche Fahrt. Ich hätte mir eine ruhige Reise gewünscht. Die Moral sinkt auf einen Tiefstand, der eigentlich nicht sein dürfte.

Je mehr ich mich den Lokomotiven nähere, desto mehr bin ich mir nicht mehr ganz sicher. Das Dach mit den Stromabnehmern, die Form der vorderen Lokomotive? Das passt nicht zur den Re 484, die sehen anders aus. Das sind doch zwei Re 482! Genau, jetzt erkenne ich es, es sind zwei Re 482, die ich nach Norden vor dem Zug habe. Üblich ist das nicht, aber wenn das schon so vorbereitet wurde, sage ich nicht nein.

Nebenan rollt eine Re 10 in das Gleis, das für sie reserviert wurde. Nun ist sie da, die Lokomotive, die normalerweise vor meinem Zug sein sollte. Nun ist es aber nicht so. Nun fällt es mir wieder ein, normalerweise fehlt für diesen Zug in Goldau die Lokomotive. Das wäre ja nun anders, denn ich habe sie ja schon am Zug. Denkt da die Lokleitung eventuell mit?

Vorsorglicherweise greife ich zum Handy. Dort wähle ich die Rufnummer der Leitstelle in Goldau. Ein Kollege ist am Telefon. Ich erkundige mich, was mit den beiden Re 482 in Goldau denn passieren werde. Beide Loks laufen bis nach Deutschland, genauer Hamburg durch. Es wäre schön, wenn ich die PZB und LZB für den Kollegen prüfen könnte.

Das geht leider nicht, denn die Loks stehen bereits am Zug und ich habe die gleichen Probleme, wie der Kollege in Basel. Es ist ausserdem ein Lokführer von Bellinzona, der die Lok an den Zug gestellt hat. Für den sind Abkürzungen wie PZB oder LZB Fremdworte. Ich glaube kaum, dass er die Lok in den DB-Modus verbracht hat. Wenn es aber gut läuft, könnte ich dem Kollegen in Goldau helfen, was sicherlich schneller ginge.

Ich habe meine Information. Ein Tag, an dem ich mit einer Überraschung konfrontiert werde. Mittlerweile habe ich auch die beiden Lokomotiven erreicht. Jetzt erkenne ich auch, warum ich diese Loks habe. Geplant war das sicherlich nicht, aber beide scheinen einen Aufenthalt im Industriewerk gehabt zu haben. Es handelt sich um eine Rückführung und es hätte ja so oder so keine Re 10 gehabt, als der Kollegen nach den Loks fragte.

Die Rückfahrt über den Gotthard

Bei der Lokomotive angekommen ist der Kollege aus dem Tessin gerade damit beschäftigt, die Daten des Zuges einzugeben. Ein Stirnrunzeln erweckt meine Aufmerksamkeit. Ich schaue interessiert und er meint dann nur. Maccina solo per maccinisti tedesc. Ich lächle verlegen, denn vermutlich erginge es mir mit Italienisch ähnlich. Wir wechseln ein paar Worte der Übergabe.

Zum Schluss kommt dann noch die verlegene Frage, Tu fa? Ja ich mache die Eingaben noch. Das ist nicht schwer, wenn man die Sprache der Lokomotive spricht. Der Ablauf ist genau gleich, wie bei der Re 484, aber das Menü ist nun halt Deutsch. Die Re 482 kann nicht auf italienisch umgestellt werden. Scheinbar verwirrt ihn die Meldung und die Sprachausgabe, die dauernd Störung labert. Darum kümmere ich mich nachher.

Ich glaube daher nicht, dass die Prüfungen der PZB und der LZB gemacht wurden. Wenn der liebe Kollege schon mit der Lok im SBB-Modus kämpft, wechselt er nicht in einen Modus, der für ihn so weit weg ist, dass er davon vermutlich nur von der Karte weiss. Wenn es läuft, liegt das dann in Goldau noch drin.

Nachdem ich die Daten eingegeben habe, kümmere ich mich um diese nervige Störung. Aha, beim Führerraum 1 ist ein Leuchtmittel gestört. Schön, dass ich das auch weiss. Ich kontrolliere vorsichtshalber die Stirnbeleuchtung der Lok. Alle drei Lampen leuchten weiss. Ist alles in Ordnung! Der Rangierarbeiter erkundigt sich mit einem Handzeichen nach dem Zustand der Fahrbereitschaft.

Ein Handzeichen meinerseits ist für ihn die Info, die er braucht. In der Ferne drückt er auf seinem Funkgerät ein paar Knöpfe. Was dann passiert, weiss ich nicht. Nur weiss ich, dass die Kommunikation mit Zeichen über die Sprachbarriere hinweg funktioniert hat. Ich bin nun wieder alleine am Zug und richte mich noch fertig ein. Nebenan donnert gerade der ETR 470 durch. Vermutlich ist er noch etwas schneller, als die 90 der üblichen Reisezüge. Üblicherweise ist der Zug schneller als ich. Zumindest ist er pünktlich.

Danach wechselt das Signal vor mir seine Farbe, ich kann nun den Zug beschleunigen. Ich entriegle den Fahrschalter und verbringe diesen langsam in die Stellung, die dafür sorgt, dass Zugkraft aufgebaut wird. Bei zwei Loks ist das nicht gleich, wie bei einer. Ich muss nun darauf achten, dass wirklich beide arbeiten. Das machen sie und ich kann den Zug beschleunigen.

Der Zug erreicht im Raum Castione die maximal erlaubte Geschwindigkeit. Die liegt bei diesem Zug bei 80 km/h. Ich kontrolliere nun die Bremsen. Bisher war das wegen der Steigung nicht möglich. Die Bremsen des Zuges sprechen an und ich kann sie wieder lösen. Der Fahrt gegen Norden steht nichts im Weg. So beschleunige ich wieder so, dass ich die maximale Geschwindigkeit erreiche.

Das wurde aber in Osogna abrupt beendet, denn die Ausfahrt ist und bleibt geschlossen. So muss ich abbremsen und komme vor dem roten Signal zum Stillstand. Da ich vorzeitig unterwegs bin, lässt es mich kalt. Sorgen machen kann ich mir dann, wenn es lange dauern wird. Ein Zug kommt mir entgegen. Das Signal wechselt nun seine Farbe. Ach so, es besteht Einspurbetrieb.

Die Beschleunigung des Zuges steht nun wieder an. Ich kann das Gewicht von knapp 900 Tonnen leicht beschleunigen und die schlanken Weichen hindern mich nicht daran. Als ich um die Kurve komme, sehe ich den Grund für den vermeintlichen Einspur. Der ETR 470 steht in der Kurve und bewegt sich nicht. Das ist auch nicht möglich, denn schliesslich sind die Stromabnehmer gesenkt.

Eigentlich hatte ich ja noch Glück, hätte der Zug nur das Signal geschafft, hätte ich mich dahinter eingeparkt und die Stunden zählen können, so überholt aber nun einmal ein Güterzug den schnellen Kurvenflitzer. Ein erhebendes Gefühl, wenn man auch ein wenig Mitleid mit dem geplagten Kollegen hat, denn Störungen liebt nun kein Lokführer.

Ich nähere mich der Fahrleitungsschutzstrecke. Dort muss ich die Stromabnehmer senken. Die Vorschriften verlangen es so und dann machen wir es auch, auch wenn es sinnlos ist und über 60 Jahre funktioniert hat. Ich schalte den Hauptschalter aus, und senke die Stromabnehmer. Das dies erfolgt ist, erkenne ich an den beiden blauen Balken die verschwinden. Diese zeigten die Fahrleitungsspannung, die an beiden Lokomotiven gemessen wurde, an.

Ich kann unter der Fahrleitungsschutzstrecke durchrollen. Ruhig ist es dabei nicht, denn der Fahrzeugrechner der Lok labert etwas von Störung. Diese ignoriere ich nun. Ich weiss ja, dass eine Re 482 nicht ohne eine Störung unter einer Schutzstrecke durch kommt. Ich hebe die Stromabnehmer, obwohl das nun einschalten heissen sollte. Die beiden blauen Balken auf dem Display sind wieder da. Ich kann die Hauptschalter einschalten.

Beide sind eingeschaltet, auch das erkenne ich am Display. Es dauert aber ewig, bis ich wieder Zugkraft aufbauen kann. Nun, das ist auch nicht nötig, denn das Einfahrsignal von Biasca wird mit Reduktion angekündigt. Es geht entweder raus in die Überholung oder wieder auf das linke Gleis. Erkennen kann ich das so nicht. Da aber die Zeit eher für eine Rückkehr spricht, glaube ich eher daran.

Die Lok ziehen endlich wieder und ich kann so die erlaubte Geschwindigkeit halten. Ich habe es richtig vermutet, ich kann wieder auf dem linken Gleis weiter fahren. Die Reise führt also weiter Richtung Norden. Nun bin ich vor dem Neigezug. Ob dieser wieder flott gemacht werden konnte? Ich werde es früh genug erfahren, aber jetzt bin ich vorne und fahre die erlaubte Geschwindigkeit, die danke der Zugreihe D nicht besonders hoch ist.

Nun beginnt die Steigung der Südrampe. Jetzt benötige ich beide Lokomotiven, denn für eine Re 482 ist der Zug zu schwer. Die Fahrt beginnt ohne Probleme. Die Steigung ist nicht so gross, dass ich die volle Zugkraft benötige. Der Zug rollt mit 75 km/h den Gotthard hoch. Die ersten Kehrtunnel verschlingen den Zug und ich drehe den ersten Kreis. Auf der mittleren Ebene blicke ich nach hinten. Das mache ich mit der Kamera. Viel erkennen kann ich nicht, weil ich die Winkel nicht verändern kann. Das was ich sehe, sieht auf jeden Fall noch gut aus. Erneut dreht es ab und der zweite Kreis steht an.

Nachdem ich den Tunnel verlassen habe. riskiere ich einen Blick zur Seite. Erkennen kann ich nichts, denn ich sitze auf der falschen Seite. Bei einer Re 620 hätte ich nun runter blicken können und hätte dann vermutlich gesehen, was wenig später in Lavorgo Wirklichkeit wurde, der ETR 470 ist wieder flott. In Lavorgo muss ich ihn vor lassen. Das dauert nicht lange, denn der Zug war schon recht nahe und ist auch schneller unterwegs.

Die weitere Fahrt den Gotthard hoch war ohne Probleme möglich und in Airolo hatte ich auf die Marschtabelle noch einen Vorsprung von 15 Minuten. Nun kann die Vielfachsteuerung ausfallen, denn ab jetzt schaffe ich den Weg nach Arth-Goldau auch mit einer Lokomotive. Die Kamera zeigten mir sowohl in Ambri, als auch jetzt, am Zug ist alles in Ordnung.

Nun beginnen die Minuten im Tunnel des Gotthards. Das sind immer schwere Minuten, die Steigung und die nun vorherrschende, wenn auch nicht beeindruckende Höhe, sorgen dafür, dass man sich schnell müde fühlt. Die Dunkelheit verstärkt den Effekt dann noch. So muss man im Tunnel mit sich selber kämpfen. Das Problem kennen auch jene, die das Programm mit dem Auto versuchen und früh los mussten.

Da die Geschwindigkeit tief ist und die Lokomotive sehr ruhig läuft, kommt einem der Tunnel noch etwas unbehaglicher vor. Wie wäre ich nun froh, wenn das Ende nur schon ein oder zwei Kilometer früher kommen würde, doch die Sifa sorgt dafür, dass ich beschäftigt bin. Die Zeit wird aber kommen, wo ich von 15 Kilometer träumen darf, denn dann sind es 57 Kilometer und mit einem solchen Zug dauert die Fahrt fast unendliche 45 Minuten. Rechnen können wir ja jetzt schon. Nur gefallen uns die Ergebnisse nicht.

Helfend sind die farbigen Punkte der Signale, die an der Lok vorbei fliegen. Doch weiter vorne sehe ich ungewohnte gelbe Lichter. Es ist die Schutzstrecke im Gotthard, die nun einschaltet ist. Früher war das üblich und wir wussten, dass sie aktiviert ist. Nun aber ist es selten geworden, die Kraftwerke arbeiten halt optimal zusammen. Trotzdem gilt, der Hauptschalter muss raus und die Bügel müssen gesenkt werden, wenn die Schutzstrecke aktiviert ist.

Eingefleischt wurde uns jungen Lokführern, dass diese Schutzstrecke überwacht sei und jede nicht ausgeschaltete Lokomotive registriert werde. Das bleibt im Hinterkopf. Gut, auch ich hatte schon jene Momente, wo ich mich fragte, was hat den Hauptschalter ausgeschaltet ich oder die fehlende Spannung? Einmal war es mein Fehler und einmal war ich von einem Scheinwerfer geblendet und das Signal überraschte mich.

Nun beginnt jedoch wieder das Spiel von Osogna. Ja, es ist eine Störung vorhanden und die Batterieladung ist ausgefallen. Ich weiss auch, dass die Fahrleitungsspannung nicht vorhanden ist. Aber alles ist so gewollt. Nur, warum kapiert das dieses dämliche Diagnosesystem nicht und labert immer etwas von einer Störung, das lenkt ab. Egal, die Lok arbeitet wieder und ich kann das Portal in Göschenen sehen. Zwar dauert es noch ein paar Minuten, aber das Ende vom Tunnel ist in Sicht.

Es ist so, rund 7.5 Kilometer vor dem Portal können wir dieses bei schönem Wetter erkennen. Der nun kleine Punkt wir immer grösser werden und dann ist es soweit, ich habe das Ende erreicht. Geändert hat sich nun auch die Sprache, ab jetzt kann ich wieder so sprechen, wie ich das als Kind von meiner Mutter gelernt habe. Die Fahrt führt aber ungehindert weiter und so erreiche ich das beleuchtete Schild, das mit einer drei versehen wurde.

Was in anderen langen Tunnel vorgeschrieben ist, finde ich auch beim Gotthard sinnvoll. Zwar besteht keine zwingende Vorschrift, aber ich prüfe die Bremsen des Zuges immer drei Kilometer vor dem Ende. So habe ich auch eine gewisse Sicherheit, wenn es nicht so klappen sollte, wie das geplant war. Die Bremsen sollten ja so verzögern, wie ich das anhand meiner Erfahrung erwarte. Tun sie das nicht, sollte ich tunlichst dafür sorgen, dass ich in Göschenen zum stehen komme.

Es würde nicht nur meiner Gesundheit schlecht bekommen, denn in dem Zug, den ich am Haken meiner beiden Lokomotiven habe, befinden sich viele unangenehme Stoffe. Ein paar sind so gefährlich, dass sie mit speziellen Beiblättern erwähnt werden. Ein kurzer Blick auf die Papiere in Bellinzona zeigte, es hat auch Sprengstoffe im Zug, das gäbe wohl ein riesiges Desaster, wenn ich nicht bremsen könnte.

Die pneumatischen Bremsen der Wagen arbeiten einwandfrei. Das gilt jedoch nicht für die elektrische Bremse. Beim prüfen dieser Bremse fiel mir nämlich auf, dass nur 120 kN erzeugt werden. Für die Talfahrt darf ich aber 190 kN bremsen. Die Loks können das, nur müssen sie softwaremässig umgestellt werden. Das hole ich nun bei der ersten Lokomotive nach. Bei der zweiten kann ich das nicht tun, da ich ja fahre und diese Umschaltung nicht ferngesteuert erfolgen kann.

Der kleine Punkt ist nun zu einem grossen weissen Fleck geworden. Ja, er ist nun so gross, dass ein Zug durch passen würde. Das ist auch so und ich habe Göschenen erreicht. Wieder kontrolliere ich die LEA und die darin enthaltene Fahrordnung. Der Vorsprung ist etwas angestiegen, aber nur ein paar Minuten. Eigentlich überraschend, das ich ja nicht schneller las 80 km/h fahren durfte. Ich wäre halt hinter dem IR geplant und nicht davor, das macht den Unterschied, denn der ist am Gotthard im Schnitt auch nicht schneller.

Nun steht aber die Talfahrt an. Den Hebel für die Zugkraft habe ich im Gotthardtunnel schon vollständig zurück genommen. Jetzt werde ich ihn auch nicht mehr benötigen, denn ab Göschenen muss ich keine Zugkraft mehr aufbauen. Nun kämpfe ich gegen die Schwerkraft und muss diese beherrschen. Der Zug mit seinem Gewicht wird etwas mehr Druck ausüben als ich mit der elektrischen Bremse erzeugen darf.

Was so einfach klingt, ist aber genau das, was ich nun wissen muss. Das heisst, ich kann nicht den ganzen Zug mit den Lokomotiven in Beharrung halten. Die pneumatischen Bremsen der Wagen müssen mithelfen. Die Talfahrt ist daher mit etwas mehr Arbeit verbunden. Ich bin jedoch darum froh, denn ich kämpfe aktuell doch etwas gegen den Schlaf. Das Rauchverbot macht mir aktuell wirklich grosse Probleme, denn sonst hätte ich jetzt geraucht.

Die Talfahrt beginnt etwas langsamer als erlaubt, aber so kann ich etwas zuwarten, bis die Luftbremse benötigt wird. Die elektrische Bremse erzeugt maximal 182 kN. Das reicht nicht für das Maximum, aber dazu müsste ich ausserordentlich anhalten und würde mir das Leben auf der Talfahrt erschweren. So kann ich den Hebel der elektrischen Bremse bis zum Anschlag ziehen. Das beim Bremsen mit der Luft gefürchtete Klick der Rastrierung bleibt so aus.

Wie ich es erwartet habe, beginnt die Geschwindigkeit zu steigen. Der Zug drückt die Geschwindigkeit hoch. Das ist eine Folge davon, dass die Hangabtriebskraft grösser ist, als die elektrische Bremskraft. War ja gut, das wir das an einem Tag Schulung erfahren haben, denn ich meinte immer, es sei einfach eine Macke der Wagen. So weiss ich aber, dass die Kräfte nicht ausgeglichen sind. Das kann ein Techniker, wie das Lokführer nun mal sind, nachvollziehen.

Ein Lokführer vom Gotthard ist sich dieser Tatsache schon seit Jahren bewusst. Das ist so und die studierten Leute im warmen Büro müssen nun, damit es sinnvoll erscheint, eine Anweisung, die sie Prozess nennen, schreiben.

Daher wissen wir nun, dass die Kräfte nicht ausgeglichen sind. Das ändert sich aber, denn ich ziehe nun am Hebel und sorge so dafür, dass die Wagen bremsen. Die Reibung erzeugt nun eine Kraft, die der Hang-abtriebskraft und dem rollenden Rad entgegen wirkt.

Dadurch wird der Zug verzögert. Warum er das tut, ist mir eigentlich egal, ich muss wissen, dass er es tut. Die erwartete Verzögerung tritt immer etwas verzögert ein.

Die Bremsen sind träge und brauchen daher etwas, bis sie richtig angesprochen haben. Die Gesch-windigkeit nimmt also trotz angelegter Bremse im ersten Augen-blick noch zu. Das weiss jeder Lokführer vom Gotthard und erst noch ohne entsprechenden Prozess.

Noch einer Tatsache ist man sich bewusst, wenn man am Gotthard Eisenbahn fährt. Es sind die pneumatischen Bremsen und deren Zustand. Am Gotthard ist sich jeder Lokführer jederzeit bewusst, in welchem Zustand sich seine Bremsen befinden. Nur so kann er immer richtig reagieren, denn bleibt einmal ein Signal auf Halt, dann heisst es bremsen und dann ist es wichtig, dass ich weiss, der Zug reagiert so oder so.

Mit meinem fachlichen Wissen und einer Bremsausrüstung, die mir wohlgesinnt war, schaffte ich die Talfahrt zügig und dabei immer noch sehr sicher. Die Zeiten habe ich nur in Wassen und jetzt in Amsteg kontrolliert. Sie stimmten mit den Vorgaben überein und ich fahre mit meinem Zug rund 20 Minuten vor dem Fahrplan. So soll es bleiben, dann erreiche ich Arth-Goldau noch mit Vorsprung und die Prüfungen können erledigt werden.

Doch das Einfahrsignal von Erstfeld verhindert meine ungehinderte Fahrt. Ein Blick auf die Uhr. Alles klar, die Zeiger zeigen 8.50 Uhr. Jetzt muss ich bremsen und vor dem Einfahrsignal anhalten, denn in zehn Minuten fährt in Erstfeld die S-Bahn los und da kann kein Güterzug voraus fahren. Das kennen wir und wundern uns immer wieder, warum das gerade in Erstfeld immer so ist. An anderen Orten klappt das immer wieder.

Ich konnte noch in den Bahnhof einfahren, dort komme ich aber genau in dem Augenblick zum stehen, als im Gleis daneben der RABe 523 losfährt. Ohne diese unnötigen Bremsmanöver wäre ich vermutlich schon bald in Altdorf und die S-Bahn hätte mich nie bemerkt. Aber so stehe ich an meinem Wohnort, der nun mal Erstfeld ist. Nur eben, stationiert bin ich ja in Arth-Goldau. Langsam gewöhne ich mich wirklich an meinen neuen Arbeitsort. Nach 18 Jahren Erstfeld war das nicht sehr einfach.

Feierabend gibt es noch nicht

Die Zeiten, in denen es nun hiess, die Sachen packen und absteigen sind vorbei. Mein Ziel ist Arth-Goldau und das ist noch knapp 30 Minuten entfernt. Wie lange es wirklich sein wird, hängt vom Signal hier in Erstfeld ab. Das ist noch rot. Ich greife zum Funk und rufe den Bahnhof auf. Nach einiger Zeit meldet sich der Fahrdienstleiter. Die Stimme kenne ich und eigentlich bin ich nicht sonderlich überrascht, dass nicht gleich geantwortet wurde.

Ich frage höflich, wann es denn für mich weiter gehen werde. Die Antwort verwundert nun auch mich. Der Bahnhof erklärt, dass niemand die Fahrbereitschaft erklärt habe. Ach so, der Zug hat Durchfahrt, der Lokführer fährt durch und alle Stellen sind informiert, nur der Bahnhof im Kanton Uri hat wieder seine eigenen Vorstellungen. Ich bin Fahrbereit und das schon seit Bellinzona. Lok und Lokführer sind im Transit.

Das Signal geht auf Fahrt und ich kann losfahren. Kaum habe ich die Zugkraft aufgebaut, leuchtet die Abfahrerlaubnis auf. Ist ja gut, aber die brauche ich nun wirklich nicht, ich hatte ja nur einen normalen Signalhalt. Klar, Güterzüge brauchen in Erstfeld eine solche Abfahrerlaubnis, aber nur Güterzüge mit einem vorgeschriebenen Halt. Vorgeschrieben ist der für mich jedoch nicht. Wenn es dumm geht, darf ich dann beim Chef noch Rechenschaft ablegen, warum ich denn das gemacht habe, was ich muss.

Mit 60 km/h bin ich gut bedient. Werde ich schneller, dann hole ich die S-Bahn ein, die ja an den Fahrplan gebunden ist. Mein Vorsprung ist nun massiv angestiegen, denn in Erstfeld hätte ich warten müssen. Genau hätte ich noch knapp eine ganze Stunde warten müssen. Das ist jetzt aber egal, denn ich fahre ja gegen Altdorf. Rechts von mir liegt die grösste Baustelle der Schweiz und vor mir ein Signal, das Warnung zeigt.

Erneut heisst es abbremsen, die S-Bahn steht nun im Bahnhof und wartet den Neigezug der Gegenrichtung ab. Ich verzögere, komme aber nicht zum stehen. Nur, die Geschwindigkeit liegt jetzt bei 30 km/h. Das reicht, denn Flüelen ist sehr nah und die S-Bahn steht dort ja wieder. Kein Grund zur Hektik, denn im Güterverkehr eilt es ja nicht, warum sonst sollten wir immer hinter den S-Bahnen eingereiht werden?

Sie werden es vermutlich vermuten, es dauerte schier ewig, bis ich endlich das Ziel meiner Reise erreicht habe. Immer wieder hatte ich die S-Bahn eingeholt und musste abbremsen. Das Spiel von Altdorf wiederholte sich so noch dreimal. Jetzt ist der Bahnhof von Arth-Goldau erreicht und die S-Bahn zweigt ab. Was aber egal ist, denn hier endet meine Fahrt. Mein Zug hat nun rund 50 Minuten Vorsprung. Ein Ablöser wird sicherlich nicht anwesend sein, denn es ist ein Kollege von Goldau und der hat gar noch nicht begonnen und auch sein Tag wird lange sein.

Mit meiner Zugslänge, muss ich sehr genau bis zum Signal fahren. Das gelingt mir nicht so wie gewollt. Ich komme knapp eine Loklänge vor dem Signal zum stehen. Am Funk erkundige ich mich, ob denn wirklich der ganze Zug im Gleis steht.

Die Antwort ist klar, ja der Zug steht im Gleis und die Lok laufe durch, ich müsse nicht kuppeln. Ich bedanke mich für die Auskunft. Der Fahrdienstleiter konnte ja nicht wissen, dass ich mich vor zwei Stunden schon erkundigt hatte.

Da ich noch lange nicht Feierabend habe, kann ich die noch ausstehenden Aufgaben übernehmen. Zeit dazu habe ich ja genug. Der Kollege kann dann gleich losfahren und muss nicht noch lange Tests und Downloads ausführen.

Als erstes starte ich Ebula. Dort führe ich die Manipulationen aus um die Fahrplandaten zu bekommen. Das klappt, dank der GSM-R-Ausrüstung des Gotthards auch hier in Arth-Goldau. Die Re 482 durfte über den Gotthard mit GSM-R verkehren und muss hier in Arth-Goldau umgestellt werden.

Die benötigten Daten zum deutschen Fahrplan im Ebula werden auf die Lok geladen und schon ist die erste Aufgabe erledigt. Damit ich die Prüfungen der PZB und LZB erledigen kann, muss ich die Luftleitung zum Zug trennen. Die Ergänzung der Luft stimmt sonst nicht mit dem Prüfprogramm überein und es kann Probleme geben. Daher ziehe ich meine Handschuhe an und gehe nach hinten. Die Lufthahnen schliesse ich und kann nun wieder nach vorne gehen um die Prüfungen zu starten.

Die Lokomotive wird nun abgerüstet und der Systemwechsel vorgenommen. Die Schritte kenne ich langsam und ich weiss, dass ich dazu nicht schnell arbeiten darf. Die Rechner müssen herunterfahren und neu aufstarten, das dauert halt ein wenig. Gerade jetzt wäre ich natürlich schneller. Die Umschaltung am Display ist auch längst zur Routine geworden und dann ist man oft zu schnell für die Rechner.

Ich kann die Lok nach der kurzen Wartezeit wieder einschalten. Der Fotograf, der sich schon an frühen Morgen auf den Bahnsteig verirrt hat, wundert sich nun vielleicht über das sich bietende Bild. So hat die vordere Lok den breiten Stromabnehmer der DB gehoben und die hintere den üblichen schmalen Bügel der Schweiz. Den Wechsel habe ich nur auf der vorderen Lok gemacht, denn hinten wird die PZB heute höchstwahrscheinlich nicht aktiviert werden. Der Weg nach Hamburg ist lange.

Nun kann ich den Test starten. Die Sprachausgaben, die Anzeigen und die Bremsungen mit den Füllungen stimmen und der Test wird erfolgreich beendet. Die Prüfung ist so schnell abgeschlossen. Es wird nun Zeit, die Lokomotive wieder zu normalisieren, also wieder in den Modus der SBB umzuschalten. Auch die üblichen Prüfungen auf dem zweiten Führerstand unterlasse ich, denn die Loks sollen ja bis Hamburg am Zug bleiben und bis dieser dort ist, ist der Tag auch zu Ende. Dass der Zug nach Hamburg fährt, hat mir auch das Ebula verraten, denn dort wurde der Endbahnhof Hamburg angezeigt.

Erneut muss ich warten, denn auch jetzt müssen die Rechner umschalten. Danach kann ich wieder den Modus der SBB wählen und die Lokomotiven normal in Betrieb nehmen. Jetzt passen auch die Stromabnehmer zum Land und der Fotograf kann endlich das erhoffte Bild machen. Was, so wie ich sehen kann, auch gemacht wird. Die Lok ist wieder bereit.

Erneut gehe ich nach hinten, denn nun muss ich natürlich die Leitung zum Zug wieder öffnen. Diese Handgriffe sitzen auch und ich höre, wie von vorne Luft in die Leitung strömt. Die Bremsen des ersten Wagens beginnen sich nun langsam zu lösen. Da ich Zeit habe, verzichte ich auf den Füllstoss und lasse die Bremsen in der Fahrstellung lösen. Die Bremsen müssen auch so lösen, denn das hat ja am Gotthard auch geklappt.

Es dauert halt etwas, aber schliesslich ich kann die gelöste Bremse kontrollieren. Los ist sie und ich kann wieder zum Führerstand gehen. Die Bremsung leite ich sofort ein und gehe dann kontrollieren, ob die vorher kontrollierte Bremse wirklich fest ist. Auch das ist so und der Weg führt wieder zurück in den Führerstand. Jetzt benutze ich den Füllstoss, damit die Bremsen wieder lösen.

Auch diesen Vorgang kontrolliere ich am Zug. Die Bremsen sind gut und da ich die Daten für das ZUB, die verloren gingen, schon wieder während der Lösephase eingegeben habe, ist auch der Zug wieder klar zur Weiterfahrt. Ich sehe zudem, dass der Kollege im Anmarsch ist. Ich kann nun noch meine Unterlagen zusammen räumen und die Prüfung im entsprechenden Buch mit Unterschrift vermerken. Zum Schluss kontrolliere ich noch einmal ob am Ebula auch wirklich alles stimmt. Ich bin müde und da kontrolliere ich lieber nochmals, bevor ich eine falsche Aussage mache.

Der Kollege hat den Weg zur Lokomotive geschafft und wir können unsere Übergabe machen. Er wird mit dem Zug nun bis nach Offenburg fahren und dann in Basel an beiden Lokomotiven den Systemwechsel durchführen. Ich erkläre, dass die Prüfungen für Deutschland in diesem Führerstand erledigt sind und dass auf dem Ebula die Daten für Deutschland stimmen und aktuell sind. Der Funk müsse er nur noch auf Analog umstellen und dann könne er mit dem Zug starten.

Warten auf den Feierabend

Ich beginne mit dem Fussweg zu den Räumlichkeiten beim Stellwerk. Da ich Zeit habe, benutze ich den sicheren Weg. Dieser führt mich auf den Bahnsteig und von dort durch die Unterführung auf die andere Seite der Geleise. Die Rechnung hätte gepasst, wäre da nicht jener Herr mit dem Fotoapparat. Er spricht mich an. Das ist selten, aber wenn, dann heisst das, das Wissen ist gefragt und mich erwarten komplizierte Fragen. Nicht jeder Lokführer fühlt sich in solchen Rollen wohl, denn es ist nicht immer einfach.

Ich drehe mich um und spreche mit dem Herrn. Er fragt genau das, was ich vermutete habe. Warum hatte die vordere Lok kurzzeitig den breiten Stromabnehmer gehoben und ist das überhaupt erlaubt? Daher erkläre ich, dass bei den Lokomotiven ein System, das später in Deutschland benötigt würde, geprüft werden musste. Im Stillstand sei das durchaus auch in der Schweiz erlaubt. Ob das denn nicht in Basel ginge? Doch, aber ich hatte Zeit und dann mache ich das hier, der Kollege wird es mir danken, denn diese Tests sind eigentlich nicht am Zug vorgesehen.

Wenn das System benötigt würde, werde die Lok in Basel nicht mehr gewechselt? Das ist so, die Lok bleibt am Zug bis zum Endbahnhof und das ist nun mal Hamburg. Nein, den Lokführer wechseln wir von Zeit zu Zeit aus, das geht und so kann jeder zu Hause schlafen. Er findet, dass ungewöhnlich, denn bei den Fernfahrern sei das anders. Das stimmt, aber wir sind keine Fernfahrer und auch froh, dass wir zu Hause schlafen dürfen.

Ein leichter Ruck geht durch die Wagen neben uns. Ein Zeichen dafür, dass vorne ein Signal auf grün wechselte und mein Kollege mit dem Zug losfahren kann. Die Wagen beginnen zu rollen und werden schneller. Vorne schlängelt sich die Lok über die Weichen und neben mir kommt eine Person mit der Kamera kaum nach. Die Szene scheint ihm so zu gefallen, dass er zur Videokamera griff. Wieder ein Eisenbahnfilm, den vermutlich nur wenige zu sehen bekommen, Urlaubserlebnisse aus Arth-Goldau oder was der Titel sein wird.

Die Loks werden immer kleiner und immer mehr Wagen rollen immer schneller an mir vorbei, bis es ruhiger wird und der Zug endgültig vorbei ist. Ist nicht immer der Fall, dass ein Lokführer erkennen kann, dass der letzte Wagen seines Zuges ein Zugschlusssignal trägt. Jetzt ist es aber möglich. Und die Kamera hat wohl genug Filmmaterial gesammelt, denn sie sinkt wieder ab und ein glückliches Gesicht erscheint dahinter.

Noch ein paar Worte, in denen ich einige Punkte so gut wie möglich erkläre. Es ist selten, dass die Leute, die Tage damit verbringen auf einem Bahnsteig zu stehen und nicht zu verreisen, einen echten Eisenbahner ansprechen. Die Barriere scheint zu hoch zu sein. Das ist gut für uns, denn nur so können wir unserer Arbeit nachgehen und auch jetzt habe ich nicht endlos Zeit. Die Firma bezahlt uns halt nicht, um Fremdenführer zu spielen und die Arbeit geht vor.

Ich gehe weiter und erreiche die Rampe zur Unterführung. Die Rampe führt mich nach unten. Kaum habe ich das Ende erreicht fragt mich eine ältere Frau, wo denn der Zug nach St. Gallen fahre. Dieser fährt auf dem Gleis sechs los, da müsse sie hier hoch. Sie bedankt sich und geht. Ich gehe auch, nur in die andere Richtung. Der Weg ist nicht sehr lange und so erreiche ich die Räumlichkeiten von heute morgen.

Hier kann man nur mit einem speziellen Schlüssel oder einem Zahlencode eintreten. Diese besitzen alle Lokführer, die hier her kommen. Beim Schlüssel sogar noch mehr. Die Räumlichkeiten sind nicht mehr öffentlich zugänglich und daher abgeschlossen. Die nette Dame vom Anbieter der Automaten füllt diese mit frischen Waren. Keine Angst, auch jetzt gibt es kein frisches Brot und keine Butter. Die Maschinen müssen halt gewartet werden.

Die zweite Türe, die ebenfalls mit dem gleichen Schlüssel geöffnet werden muss, steht nun offen. Das ist meistens so, wenn ein Lokführer anwesend ist. Die zweite Türe soll eigentlich nur verhindern, dass jene, die mit dem ersten Schloss kein Problem hatten, hier scheitern. Wenn aber ein Lokführer hier ist, will er sich nicht wie in einem Hochsicherheitsgefängnis fühlen.

Aha, der Chef hier hat auch seine Arbeit begonnen. Sein Büro, das kaum weniger Beton und Fenster hat, als die restlichen Räume wirkt nicht sehr einladend. Die paar optischen Verbesserungen wirken irgendwie hilflos. Ein kalter Raum wurde so nicht zu einem angenehmen Arbeitsort. Kein Arbeitsplatz für mich, ich liebe es, draussen zu sein.

Mit dem Chef wechsle ich ein paar Worte. Meine Zeit hier begann vor etwas mehr als einem Jahr und die Bilder von mir und meinen Kollegen hängen auch an der Wand. Jede Klasse gehört mit zum Konzept der Verschönerung. Ich muss mich aber um meine nächste Arbeit bemühen. Statt Feierabend, muss ich noch warten, damit ich eine Lok an den Zug stellen kann. Das dauert aber noch rund 75 Minuten.

Einen Blick ins Programm für die Zuglage hilft weiter, ich schaue daher im ProSurf nach dem Zug. Dieser hat Bellinzona noch nicht erreicht und glänzt aktuell mit 120 Minuten Verspätung. Ich klicke auf den Zuglauf und erkenne, der Zug hat Luino noch nicht verlassen, er sollte aber laut dem elektronischen Programm in Goldau nur noch 20 Minuten verspätet sein. Doch das wird sich ja noch zeigen.

Der Chef meint, ob ich einen Kaffee trinke. Klar, Lokführer trinken gerne Kaffee. Besonders dann, wenn sie vor über 9 Stunden dem Bett entstiegen sind. Die Dame vom Kaffeeanbieter hat den Automat gerade fertig gereinigt und wieder verschlossen. Jetzt können wir den Kaffee bestellen. Das tun wir auch indem wir auf dem netten Gerät eine Taste drücken.

Der Kaffee im Becher schmeckt. Die Zeiten mit den wässrigen Lösungen, die man für Kaffee halten sollte, sind vorbei, die Automaten machen mittlerweile einen guten Kaffee. Das ist eine gute Entwicklung. Mein Geknurre im Magen lässt mich den Automat daneben inspizieren. Was wird hier geboten? Schokolade, Teegebäck, Äpfel und wie könnte es anders sein, "Zürich Geschnetzeltes mit Nudeln". Nur das "Riz Casimir" daneben ist anders.

Zum Kaffee kaufe ich mir ein Teegebäck. Das passt und beruhigt meinen Magen ein wenig, der seit gestern Mittag immer noch auf etwas Vernünftiges wartet. Das Frühstück fiel ins Wasser und wurde durch einen Schokoriegel mit Planetennamen ersetzt. Jetzt ist es etwas Teegebäck. Ausgewogene und gesunde Ernährung ist mit Automaten einfach nicht möglich. Die bieten ein Grundangebot und das passt selten zum Tagesverlauf.

Wenn man miteinander spricht, vergeht die Zeit. Die bedrückenden Räume wirken nicht so bedrohlich und dunkel. Es wird Zeit, mich wieder um die nächste Arbeit zu kümmern. Zuerst der Zug. Der steht mittlerweile mit 90 Minuten Verspätung in Bellinzona. Eile steht nicht an. Der Kollege aus Deutschland hat soeben den Raum betreten. Er wird den Zug nach seiner Pause übernehmen.

Wir wechseln ein paar Worte. Er hat nun Pause und packt dabei das von zu Hause mitgebrachte Essen aus. Die Preise, auch an den Automaten, sind für die Kollegen aus Deutschland einfach viel zu hoch. Gut, ich glaube auch nicht, dass er sich um diese Zeit an einem Geschnetzeltes nach Zürcher Art hätte erfreuen können. Ich greife einmal zum Telefon, das hätte ich ja schon lange vorher tun können, aber der Smalltalk verhinderte das.

Die Leitstelle meldet sich, Ich melde mich mit Namen und der Nummer der Tour. Auch das Depot sollte ja genannt werden, der Mitarbeiter betreut ja mehrere Standorte. Da er aber auch von hier ist, weiss er, welchen Standort ich meinte. Nach kurzer Zeit hat er mich gefunden. Seine Antwort ist klar. Ich müsse ja noch den Zug vorbereiten. Ich solle zur rechten Zeit auf die Lok gehen.

Schön, und wo ist der Zug? Erst jetzt bemerkt der Arbeiter, dass die Verspätung so gross ist, dass ich die Lok nicht mehr an den Zug stellen muss, denn der Kollege, der gerade in ein frisches Brötchen, mit Trockenfleisch und Butter beisst, kann die Lok auch selber am Standplatz übernehmen. Die Vorbereitung fällt somit ins Wasser und der Mitarbeiter auf der Leitstelle meint, ich sollte um 10 Uhr Feierabend machen. Ein Blick auf die Uhr lässt mich erkennen, dass das in gut 20 Minuten sein wird.

Es geht nach Hause

Exakt um 10 Uhr verlasse ich die Räumlichkeiten. Der Spruch eines früheren Disponenten bekommt jetzt eine ganz besondere Bedeutung. Er meinte damals immer, wenn wir nach Hause durften, sie sind entlassen. So fühlt man sich, wenn man dieses Verliess verlässt. Wie ein Gefangener, der entlassen wurde. Aber nur auf Bewährung, denn nach den Freitagen kommt man wieder hierher.

Die Zeit bis jetzt nutzte ich noch, um meine Mappe zu ordnen. Die Warnweste hat darin ihren Platz ebenso, wie das Überkleid und die LEA. Wichtige Dokumente sind in einem eigenen Fach und so hat alles seine Ordnung. Ich finde darin alles, was ich zur Arbeit brauche. Es ist so schon eine recht schwere Packung geworden. Gewogen habe ich sie noch nie, aber es werden sicher mehr als 10 Kilogramm sein.

Ich verabschiede mich vom Chef, der wieder hinter seinem Schreibtisch sitzt und in den Bildschirm schaut. Vielleicht hat es dort die ruhige Natur, die es einfach ab und zu braucht. Ein Blick in die grüne Landschaft wirkt erholsam und muntert auf. Nun, ich muss zum Glück nicht diesen schönen Tag in diesem Kerker verbringen. Auch Chefs sind nicht immer zu beneiden. Gut, die kleineren Kader dürfen nicht zu viel Unterstützung vom Unternehmen erwarten.

Mein Wagen steht immer noch auf dem Parkplatz. Im Gespräch vorhin habe ich erfahren, dass einem Kollegen das Auto aufgebrochen wurde. Bei mir würde sich das nicht lohnen, denn darin ist nun wirklich nichts von Wert. Der Radio passt nur zum Wagen und meine Wertsachen trage ich auf mir. Das wird bei den meisten so sein und letztlich ist es ja nur der Ärger, der nervt, denn jetzt will ja auch ich nur noch nach Hause.

Die Mappe kommt nun an ihren Platz. Das ist eine Neuerung, denn bisher hatte ich die Mappe immer in den Kasten gestellt. Nun hat sie ihren Platz im Wagen gefunden. Vermutlich hätte ich sie auch früher nach Hause genommen, nur wer trägt schon 10 Kilogramm feiwillig jeden Tag nach Hause? Jetzt im Wagen ist das kein Problem mehr, den beeindrucken diese paar Kilogramm wenig.

Ich setze mich in den Wagen, die Morgensonne hat schon dafür gesorgt, dass der Innenraum recht heiss geworden ist. Die Klimaanlage wird schon noch kühlen. Ich fahre los und nehme Kurs auf Erstfeld und meine Wohnung. Das wird etwas mehr als 30 Minuten dauern. So bin ich dann zu Hause, wenn ich Feierabend hätte. So können verspätete Züge auch einen Vorteil bringen.

Zu Hause bekomme ich dann das Essen, das zum Tag passt. Jetzt würde das Geschnetzelte Zürcher Art passen, doch ich entschied mich für ein anderes Gericht, das ich selber zubereitete. Reis, ein Stück Fleisch und Gemüse. Jetzt nach rund 24 Stunden ist es an der Zeit, sich endlich etwas für den Magen zu gönnen. Dazu ein Glas Wein. Ich kann es mir nun leisten, denn jetzt habe ich vier Tage frei und danach Büro statt Nachtdienst.

Während dem Essen fiel mit ein, die Meldung für die defekte Pfeife habe ich doch tatsächlich vergessen. Wieder eine Meldung, die vermutlich nie geschrieben wird, weil sich nicht jeder Lokführer achtet, oder einfach aus dem Grund, weil diese Pfeiftafeln selten geworden sind und so dieser Defekt kaum auffällt. Nur eben, wie lange hätte ich gesucht, bis ich mich durch das Labyrinth der Menüs gesucht hätte?

Ein Nachteil kam dann später, denn vom schönen Tag hatte auch ich nicht viel. Vermutlich konnte der Chef in seinem Kerker mehr vom schönen Tag geniessen, denn bei mir schlug nach 13 Stunden auf den Beinen die Müdigkeit erbarmungslos zu. Jetzt forderte der Körper das, was ihm in der letzten Nacht fehlte, ausreichend Schlaf. Bei grosser Hitze ist das aber nicht immer möglich.

 

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