Ein Tag, der früh losging, hat nun kurz vor Mittag ein Ende
gefunden. Nun steht der
Feierabend
an. Doch bevor ich hier in Arth-Goldau die Räumlichkeiten für das
Lokomotivpersonal
verlasse und zu meinem Wagen gehe, rufe ich bei der
Leitstelle
an. Meine Frage ist wegen dem Tag, der Morgen beginnt. Wie ist das nun,
muss ich wirklich nach Goldau fahren um dann zurück nach Erstfeld zu
reisen? Der Mitarbeiter kann dazu noch nichts sagen.
Ich müsse da schon seinen Nachfolger, der die
Spätschicht habe,
fragen. Der beginne in 30 Minuten. So lange warten will ich nicht, denn
die Müdigkeit setzt zu und der Weg nach Hause bietet viele Gefahren. Ich
werde mich zu Hause noch einmal erkundigen. Sonst lasse ich den Blödsinn
so sein, wie er ist. Ich bin ja der Arbeiter und muss mich nicht zwingend
darum kümmern, ob das Unternehmen Geld sparen könnte. Ich arbeite das, was
mir beauftragt wurde und wenn das in meinen Augen noch so stupid wirkt.
Die Mappe stelle ich in den Wagen. Sie hat dort ihren festen Platz
und ist so gut fixiert, sie fliegt so nicht durch den Wagen, wenn es
einmal kräftig bremst. Die Fahrt nach Hause, besonders entlang dem
Urnersee, wird nicht einfach sein. Die lieben Touristen schaffen auf der
Axenstrasse kaum mehr als
So ist es auch Heute schneller als 45 km/h läuft der Wagen aus den
Niederlanden nicht. War wohl eine lange Reise mit dieser Geschwindigkeit.
So bummelt der Wagen auf dieser Strasse in Richtung Süden. Bei der
Tellsplatte gab es dann die Sondervorstellung mit der Vollbremsung und
meine Reaktion wurde gefragt. Die Abzweigung zum Restaurant hätte der
Wagen beinahe verpasst, schon schade, dass es keine Wegweiser in flämisch
gibt. Keine Angst, meiner Mappe passierte nichts. Zu Hause rufe ich erneut in Arth-Goldau an, mittlerweile ist die Spätschicht an der Arbeit. Nein, er sehe noch nicht, ob es mit meiner Idee klappen wird, ich solle doch am Abend noch einen Blick auf mein Handy werfen. Die Stunden am Nachmittag nutzte ich, um längst anstehende Einkäufe zu erledigen. Mein Kühlschrank gleicht eher einer kargen Eislandschaft, als einem Aufbewahrungsort für frische Produkte.
Dummerweise habe ich beim Einkauf tatsächlich etwas vergessen, was
ich benötigt hätte. Zu blöd, raus will ich nicht mehr und die Müdigkeit
sorgt nun dafür, dass ich das Bett schon sehnsüchtig betrachte. Nun, ich
kann ja das Vergessene morgen noch einkaufen, an einem Geschäft mit dem
entsprechenden Produkt werde ich schon vorbei kommen. Ein Blick auf die
Uhr zeigt, es wird Zeit, sich wirklich ins Bett zu legen.
Viel Zeit bleibt nicht mehr, denn auch die Uhr blieb nicht stehen
und zeigt nun 16.00 Uhr an. Mitten am Nachmittag! Die Sonne scheint
unvermindert auf den Kanton Uri, Erstfeld und das Hause, wo ich wohne. Die
Bauern ernten das Heu, das frisch durch die offenen Fenster duftet und
draussen herrscht auf der Strasse reger Verkehr. Ich vermeide es auf die
Temperatur zu achten, ich bin müde und nun ist Zeit zu schlafen. Die Natur
spielt zwar nicht mit, aber ich habe keine Wahl, ich muss früh raus.
Das
Handy blieb still und es kam keine SMS. Das heisst, ich richte
den Wecker auf 23.30 Uhr! Hätte ich die SMS bekommen, hätte die Zeit 0.30
Uhr gelautet. Aber so, stehe ich halt eine Stunde früher auf. Hätte mich
auf diese Stunde Schlaf gefreut, aber ohne entsprechende Info, bleibt es
beim normalen Programm. Aktionen meiner Kollegen, die ohne Nachfrage nicht
nach Goldau reisen, mache ich nicht. Wenn die
Tour blöd ist und
das Büro es nicht bemerkt, belasse ich es so.
Es dauert überraschend lange, bis ich endlich einschlafe, ich kam
nicht so richtig zur Ruhe. Schlafmittel hätten wohl geholfen. Ich warte,
bis es wirklich nicht mehr klappt, bis ich diese beschaffe, bisher ging es
immer ohne. Ich kenne aber Lokführer, die nur noch dank diesen
Medikamenten zu genügend Schlaf kommen. Die
Schichtarbeit
setzt halt dem Körper zu.
Als ich wieder erwache, zeigt die Uhr an meinem Wecker 23.00 Uhr.
Eine halbe Stunde Zeit hätte ich noch, Zeit, die ich im Bett noch etwas
döse. Erholt fühle ich mich trotz ausgiebig Schlaf nicht wirklich. Wer
kann schon gut schlafen, wenn draussen das normale Leben abläuft und im
Schlafzimmer die Temperatur über Ich benötige vor der Fahrt nach Goldau einfach noch einen Kaffee, daher muss ich den Wecker etwas eher stellen. Es ist 23.30 Uhr der Wecker klingelt und auch die Zeit im Halbschlaf hat nun ein Ende gefunden. Der neue Tag beginnt nun. Ich stehe auf, ziehe die frische Unterwäsche an und höre durch das geöffnete Fenster, wie meine Nachbarn gerade nach Hause kommen.
Meine heutige
Tour, nein
meine morgige Tour, beginnt sehr früh und führt mich nach Lugano und
zurück. Start ist um 0.56 Uhr in Arth-Goldau. Sommer war wohl bei der
Planung dieser Tour nicht vorgesehen. Auch sonst beschleicht mich hier das
Gefühl, dass man klar gegen den Arbeiter entschieden hatte. Andererseits
arbeite ich lange genug beim
Fahrplanwechsel
mit, dass ich weiss, dass es nicht immer leicht ist. Nur hier, empfinde
ich es schon fast eine Frechheit. Nur, das ist meine persönliche und vor
allem private Meinung, die vertrete ich nicht als Mitglied des
Fahrplanwechselteams.
Genauer fahre ich bei der heutigen
Tour nach
Lugano Vedeggio. Nachdem ich auch die frischen Kleider angezogen habe,
riskiere ich einen Blick auf mein
Handy. Die SMS hat es bis jetzt nicht
geschafft, so fahre ich halt mit dem Auto nach Goldau! Währe schön
gewesen, wenn ich noch eine Stunde hätte ruhen können. Aber so, bleibt
noch knapp Zeit, mich am Kaffee zu erfreuen. Immerhin habe ich nun den
letzten
Frühdienst.
Die Fahrt entlang der Felswände der Axenstrasse und die hohen
Tempi der Autobahn brachten mich letztlich ohne grosse Probleme nach
Goldau. Auch die Touristen schlafen um diese Zeit seelenruhig in den
Betten der Hotels. Ziel meiner Fahrt war wie schon so oft die Güterstrasse
in Goldau. Dort liegt seit etwas mehr als einem Jahr mein Arbeitsplatz.
Genauer meine Dienststelle, und mein Schrank. Aber nicht mein Schrank, der
mit den Unterlagen versorgt wird und schon gar nicht das Büro meines
Chefs.
Einen Parkplatz finde ich schnell. Die Büros, die eigentlich mit
dem Zug anreisen könnten, belegen die Parkplätze der Schichtarbeiter noch
nicht. Der Motor verstummt und ich kann meine Mappe nehmen und losgehen.
Natürlich lasse ich den Wagen nicht unverschlossen zurück. Würde zwar
keine Rolle spielen, denn wertvolle Teile gibt es darin nicht und die
elektronische Wegfahrsperre verhindert den Diebstahl des Fahrzeugs.
In den tristen Räumen hier in Goldau treffe ich einen Kollegen.
Ja, die kahlen Wände wirken trist und lieblos. Die einzigen Farbtupfer
sind die Informationen der
Gewerkschaften
und des Arbeitgebers. Wobei, farbiger wirken schon die Gewerkschaften.
Vorbei sind auch die Zeiten, wo man durch ein Fenster auch in der Nacht
die schwachen Umrisse eines Baumes erkennen konnte. Ein Blick ins Freie, ist hier schlicht nicht möglich, denn die Fenster sind so weit oben, dass auch am Tag nichts von draussen erkannt werden kann. Zumindest die Fenster, die einem einen Blick nach draussen ermöglichen würden, vermisse ich. Ein paar grüne Bäume, die dem Arbeitnehmer ein wenig Leben einhauchen könnten, fehlen hier auch. Die Gegend ist technisch und sehr kühl. Freude hier zu arbeiten kommt nicht auf. Wer arbeitet schon gerne in einer Betonkiste ohne freie Sicht nach draussen? Ich bin zum Glück Lokführer und komme so raus.
Ein paar Minuten Zeit habe ich noch. Die
LEA
braucht keine Daten, denn heute habe ich die letzte
Tour und
dann geht es für 2 Wochen ins Büro. Die gestern geladenen Daten sind auch
noch aktuell. Nach dem Büro muss ich so oder so eine neue Datenbank laden,
das das Update nicht klappen wird und daher lade ich gleich sämtliche
Daten neu.
Obwohl ich mich vor knapp einem Jahr auf diese Funktion im Büro
gemeldet habe, wurde ich bisher darin nicht glücklich. Die Arbeit mit dem
Fahrplanwechsel
sorgt bei mir nur noch für Frust und Ärger. Letzteren habe ich im Griff,
aber die Arbeit macht mir einfach keine Freude mehr. Es wird Zeit, sich
davon loszulösen und neue Herausforderungen zu suchen. Ich schaffe es
einfach nicht mehr, mich für diese Arbeit zu motivieren. Nur glaubt mir
das vermutlich kein Mensch.
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Los geht es mit der Tour |
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Die Zeit ist doch sehr kurz und ich mache mich auf den Weg zum
Bahnhof. Dort treffe ich auf die letzten Leute, die aus dem
Ausgang nach Hause kommen. Da heute ja ein kirchlicher Feiertag ist, sind
noch viele Leute unterwegs. Meine
Tour
beginne ich mit
Dienstfahrt.
Diese startet kurz nach 1 Uhr und führt mich dort hin, wo ich vor rund 90
Minuten dem Bett entstiegen bin. Nicht genau dort hin, aber immerhin in
den knapp 10 Minuten von meinem Bett entfernten Bahnhof von Erstfeld!
Die
S-Bahn kommt aus
Luzern und ist etwas verspätet. So kann ich in der lauen Nacht noch etwas
im Freien warten. Einige der Nachtschwärmer legen sich auf der nahen Bank
hin und nicken schnell ein. Platz für die anderen Personen gibt es dann
nicht mehr. Die Sitzgelegenheit wird zum provisorischen Bett. Andere Leute
blicken immer wieder auf die Uhr, als dass dort der vermisste Zug zu
finden sein würde. Es dauert nicht lange und der
RBDe 560
fährt mit seinen Wagen vor. Die Fahrt gegen Erstfeld kann nun beginnen.
Das provisorische Bett war wohl gut, denn die Person, die sich
dort hingelegt hat, ist immer noch dort und wird vermutlich nun den
letzten Zug verpassen. So ist es, denn die Türen wurden geschlossen und
der
RBDe 560
beschleunigt den Zug sanft und die Fahrt geht ohne jene Person auf der
harten Holzliege los.
Um diese Zeit, die Uhr steht gerade auf 1.05 Uhr, reicht nur eine
ruhige Ecke und schon schlummert man ein. Der Lokführer des Zuges fährt
sehr sanft, ein Zeichen, dass er sein Handwerk versteht. Oft genug erlebte
ich, dass der Kollege mit dem Zug so fuhr, dass sich die Leute lautstark
beschwerten. In solchen Situationen bin ich froh, dass ich meine Arbeit in
Zivil erledige, denn sonst müsste ich dafür gerade stehen.
Kaum jemand im Zug weiss, dass es sich dabei um einen Lokführer
von SBB
Cargo handelt. Eine
Aufteilung, die immer noch nicht alle verstehen und die zum Glück in
Erstfeld noch nicht vollständig umgesetzt wurde. Die
Stationen
Steinen, Schwyz und Brunnen sind, wenn man sich Gedanken macht, schnell
passiert. Zumindest kam es mir so vor. Die künstliche Stimme, die die
Ansagen macht, erzählte das auf jeden Fall. Um diese Zeit nutzt man Dienstfahrten einfach um zu entspannen. Wenn man sich nur etwas erholen kann, profitiert man den ganzen Morgen. Auch Pausen werden immer mehr für ein kurzes Nickerchen genutzt. Die Touren im Frühdienst sind einfach zu lange geworden, denn auch ich muss bis 10.43 Uhr arbeiten. Mein Kollege von Goldau, der nur kurze Zeit nach mir begann, sogar noch eine Stunde länger. Ich erlebte noch jene Zeiten, wo eine solch frühe Tour um 8.00 Uhr endete, doch dass ist schon über 15 Jahre her und längst Vergangenheit.
Es ist eine kurze
Dienstfahrt,
denn die Fahrt nach Erstfeld dauert nur wenige Minuten. Vor allem dann,
wenn man noch etwas Schlaf in den Knochen hat. Schon verabschiedet sich
der Computer von den Fahrgästen und der Zug rollt in Erstfeld ein. Die
Endstation
ist erreicht und der Zug wird weggestellt, gereinigt und steht dann in
wenigen Stunden für den neuen Tag bereit.
Ja, das waren noch Zeiten, als ich hier meine
Schichten begann und
die Fahrten nach Basel oder Chiasso führten. Beide Ziele sind selten
geworden und meine Schichten beginnen nur noch selten hier in Erstfeld.
Ein wenig Sehnsucht nach den alten Zeit macht sich so breit. Neu heissen
die Ziele Lugano Vedeggio, Bellinzona oder aber Offenburg und wieder
Singen.
Die Räumlichkeiten hier kenne ich. Es ist ein Raum mit zwei Türen
und ohne Fenster. Er wurde für das auswärtige
Lokomotivpersonal
geschaffen, dazu gehöre auch ich. Darin stehen ein paar Schränke, ein
Tisch mit Stühlen und ein weiterer Tisch mit einem PC. Mehr findet sich
hier nicht und der Raum scheint noch trister und freudloser, als jener in
Goldau. Die Türen haben zwar Fenster, doch diese mussten verklebt werden,
damit niemand von draussen sieht, was die Lokführer hier machen. Man nennt
das funktionale Räumlichkeiten.
Nur, was machen wir hier, wir erkundigen uns nach den Zügen. Vor
Jahren wurden diese noch ausgerufen, heute liefert diese Information ein
Computer, auf dem ein Programm aufgeschaltet ist, das die Züge auf der
Strecke zeigt. Ein schönes Spiel, wenn die Züge hier wie kleine Flöhe von
einem Abschnitt zum anderen hüpfen, nur jeder Floh hat einen Lokführer,
der nach den Signalen fährt, die hier nicht dargestellt sind. Was aber
wichtiger ist, er arbeitet nun.
Der mir anvertraute Zug passiert gerade die elektronischen Felder,
über denen die Abkürzung BRU zu lesen steht. Ja, bei der Eisenbahn
arbeitet man gerne mit Abkürzungen und Codes. Der LF ist der Lokführer,
der sich mit der
LEA
auf den FSTD begibt und am DMI Eingaben macht. Sie sehen, eine Welt von
Abkürzungen, die sich hier öffnet. Auf jeden Fall BRU steht für Brunnen,
ich habe also noch genug Zeit den
Bahnsteig
in Richtung Süden zu benutzen.
Mit der Mappe, die noch neu glänzt, mache ich mich auf den Weg.
Nach all den Jahren, musste endlich eine neue her. Die Suche gestaltete
sich dabei nicht sonderlich leicht, denn die meisten Koffer, die passten,
hatten Rollen. Nur sind die nicht für das Gelänge geeignet und beim tragen
steigern sie das Gewicht. Lokführer bewegen sich aber oft auf
Schotterpisten und in
Gleisfeldern,
wo ein Rollkoffer nicht gut ist.
Jetzt auf dem
Bahnsteig,
wäre das kein Problem, aber es wäre diese Woche das erste Mal, dass ich
die Rollen hätte brauchen können. Der Traggurt hilft aber beim tragen und
so sind auch diese 400 Meter einmal geschafft. Der Bahnsteig war
menschenleer. Gut, bei Nacht ist das meistens der Fall. Hier in Erstfeld
hat der Sommer trotz den heissen Tagen noch nicht begonnen und so sind die
Fans, die sich die Nacht auf dem Bahnsteig um die Ohren schlagen, noch
nicht hier.
Der
Sputnik, der seinem
Laufwerk beraubt,
hier früher für den Schutz des Personals diente, ist einer neuen Kabine
gewichen. Die bietet mit den nahezu rundherum laufenden Glaswänden
verblüffend viel Einsicht in den karg ausgestatteten Innenraum. Darin ist
es sicherlich noch glühend heiss, denn die Sonne vom Vortag hat den Raum
geheizt und auch der darin stehende alte Computer kühlt nicht. Ich sehe
auch von draussen, dass der Zug meiner Wünsche in wenigen Augenblicken ins
Gleis 6
einfährt.
Solche waghalsigen
Manöver
haben schon manchem Lokführer das Leben gekostet. Die meisten Unfälle
passieren, weil man noch schnell durch will und weil man sich so plötzlich
in Gefahr bringt. Der Beruf ist schön, aber er hat viele Gefahren und auch
zu unmöglichen Zeiten muss man mit einem wachen Kopf im
Gleisfeld
herum laufen. Schnell ist man unachtsam und schon ist es passiert.
Betroffen sind dann ein Kollege und die Familien.
Ich bin gerade am Schluss des ersten Zuges angelangt, als sich
dieser in Bewegung setzt. Schön, hätte ich gewartet, wäre der Zug an
meinen Füssen vorbei gefahren und der Weg über das
Gleis
wäre frei gewesen. Doch meine Augen richten sich gegen den einfahrenden
Zug. Ein Zug mit
Kesselwagen
rollt an mir vorbei. Der machte mir grössere Sorgen. Als dieser vorbei
ist, kann ich meinen Weg fortsetzen und komme so zu meinem Zug. |
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Früher Ärger |
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Als ich mich zur
Lokomotive durchgeschlagen habe, meint mein
Kollege, der den Zug gebracht hat, dass das Signal schon lange auf Fahrt
stehe. Ein schneller Wechsel muss wohl sein und so wechseln wir nur wenige
Worte. Scheinbar eilt es jetzt plötzlich, denn warum sonst sollte das
Signal auf Fahrt stehen, ohne dass der Lokführer fahrbereit gemeldet
hatte?
Auf der
Lokomotive richte ich mich ein, die
LEA
muss in den Halter und der Stuhl muss auch noch verstellt werden. Am
digitalen
Funk
meldet sich der
Fahrdienstleiter.
Er erkundigt sich erbost, warum der Zug nicht fahre. Also, erstens musste
ich wegen den anderen Zügen einen Umweg machen und zweites, hat noch
niemand die
Fahrbereitschaft
gemeldet. Er brummelt etwas von
Verspätung. Ich
lege den Hörer auf, das fängt ja schon gut an.
Ich verbringe den
Fahrschalter
in die Stellung ● und nur kurz auf M. So schaltet nur eine Stufe und die
Lok streckt den Zug mit kleinen
Zugkräften.
Eine zweite Stufe verträgt es noch. Der Zug rollt langsam an. Eine dritte
Stufe benötige ich noch und die Beschleunigung beginnt. Der Zug ist nun
gestreckt und die hohen Zugkräfte richten keinen Schaden mehr an. Heute
wird es in der Ausbildung anders gelernt, aber was bei der
Re 420
geht, führt bei der
Re 620
unweigerlich zur
Zugstrennung.
Bei schweren Zügen dauert das lange, und man
schafft es oft nicht, bis der letzte Wagen die einschränkende
Weiche
frei gelegt hat. Jetzt ist es aber kein Problem und so komme ich schnell
raus und muss sogar noch die
Zugkraft
reduzieren. Die erste Steigung ist jetzt wirklich kein Hindernis. Die Lok beschleunigt den Zug schnell und schon bald sind auch die erlaubten 75 km/h erreicht. Schwere Züge schaffen das nicht und halten gerade einmal die Geschwindigkeit. Hier, gerade nach dem Bahnhof Erstfeld, ist der steilste Abschnitt der Nordrampe und der setzt den schweren Zügen zu. Aber mit knapp 250 Tonnen am Haken und 10'600 PS ist das ganz anders. Das geht schon schnell ab und ich kann mich sehr schnell auf die Einhaltung der Geschwindigkeit beschränken.
Der
Kupplungsfriedhof,
also jene Stelle, wo es wieder flach wird, ist mit diesem Zug kein
Problem. Ich bin ja nicht mehr am beschleunigen und übe so nur kleinere
Zugkräfte
aus. Im Licht der gut eingestellten
Scheinwerfer
sehe ich, dass wohl ein Kollege die Stelle kennen gelernt hat. Die Trümmer
einer
Kupplung liegen
zwischen den
Schienen. Die
Stelle hat ihrem Namen wieder einmal alle Ehre gemacht. Die Fahrt für mich
geht aber ohne Probleme weiter.
In Amsteg-Silenen kontrolliere ich, wie ich zum
Fahrplan liege. Gut
10 Minuten bin ich hinter der fahrplanmässigen Zeit. Eigentlich nicht
schlimm, aber mein Zug sollte pünktlich verkehren, denn ich transportiere
Lebensmittel für das Tessin. Da mag es nicht viel
Verspätung
vertragen. Ich halte mich deshalb exakt an die Geschwindigkeit. Das ist
alles was ich machen kann, denn ich darf die vorgegebenen
Geschwindigkeiten unter keinen Umständen überschreiten. Technisch wäre es
möglich, aber meiner Anstellung könnte das nicht gut bekommen. Die
Steigung und das Gewicht der Wagen passen zu einer
Fahrstufe
und so muss ich nicht viel ändern.
Ist so sehr einfach den Gotthard zu befahren, wer mit solchen
Vorgaben an die schweren
Güterzüge
kommt, wird überrascht werden. Alles stimmt und in der Dunkelheit
erscheint die einzige Pfeiftafel am Gotthard. Ein Signal, das ich auch in
der Nacht zu beachten habe. Ich entlocke der
Pfeife der
Lokomotive einen
Ton. Nur kurze stutze ich, das klang nicht wie immer. Eine Tonlage klingt
nicht. Gut, so lange eine Tonlage funktioniert, ist es ja noch gut, wenn
aber gar nichts geht, beginnen die Probleme.
Mit Gurtnellen passiere ich das älteste
Stellwerk
der ganzen Strecke über den Gotthard. Das sorgt aber dafür, dass sich hier
ein
Fahrdienstleiter
befindet und wir noch auf die altehrwürdige Fühlungsnahme zurückgreifen
können. Der Lokführer schaltet kurz das Licht im
Führerstand
ein und der Fahrdienstleiter grüsst mit einem Handzeichen. Eine kleine
Geste, die zeigt, mir geht es gut und ich habe keine Probleme.
Erneut kann ich die Zeit prüfen. Die
Verspätung
beträgt immer noch 8 Minuten. Zwei Minuten sind weg, und auch dieser
flache Abschnitt hat ein Ende. Es folgen die nächsten Kilometer den Berg
hoch. Der Gotthard ist eine einfache Strecke, aber das heisst nicht, dass
er leicht zu befahren ist. Nun folgen auch die langen
Kurven und
die
Kehrtunnel.
Es ist Zeit, dass ich die Wagen wieder einmal kontrolliere. Die
Rückspiegel
raus und ein kurzer Blick genügt. Alles dunkel und somit in Ordnung.
Mit dem Pfaffensprung stehe ich vor einem steil abfallenden Stück
Gelände. Damit ich mit meinem Zug diese natürliche
Barriere
überwältigen kann, dreht die Strecke nach rechts gegen den Berg weg und
schraubt sich im Berg in einer Spirale hoch. Wenig später überquere ich
das unten liegende
Gleis und
fahre wieder Richtung Süden. Da der
Tunnel nicht ganz so steil ist, wie die restliche Strecke, muss
ich die
Zugkraft
der
Lokomotive etwas anders einstellen.
Das
Vorsignal zum
Spurwechsel Pfaffensprung zeigt freie Fahrt. Es geht also
weiter durch die dunkle Nacht im Urner Reusstal. Die Stimmung draussen ist
friedlich, überall stehen dunkle Häuser und auch die Kirche auf den Berg
liegt im dunkeln. Das Tal schläft friedlich und nur auf der
Bahnlinie
und der nahen Autobahn bewegen sich Fahrzeuge. So wird auch die Schleife
bei Wattingen zur einfachen Sache. Die Fotografen sind noch nicht da und
so kann man sich getrost um den Zug kümmern.
Die Fahrt den Berg hoch, kommt langsam ans Ende. Die
Station
Wassen ist passiert und der Zug wieder eingestellt. Es wird Zeit, sich
etwas auf die Fahrt durch den
Tunnel vorzubereiten. Die maximale Geschwindigkeit der
Güterzüge
beträgt im Tunnel 120 km/h. Das darf ich mit diesem Zug sogar fahren. Doch
bevor es so weit ist, steigt es noch ein paar Minuten an, denn noch bin
ich nicht in Göschenen und habe soeben die letzte Kehre geschafft, nun geh
es wieder direkt nach Süden.
Es ist geschafft, die Steigung habe ich hinter mir. Auch wenn der
Zug leicht ist, es geht trotzdem noch steil hoch. Der
Bahnhof von Göschenen ist leer. Auch hier sind die grossen
Tage, an denen die
Autozüge
rund
um die Uhr liefen, vorbei. Die
Rampen, die Zufahrten und die Signale, die
schon seit Jahren nie mehr etwas anderes zeigen als rot, sind die stummen
Zeugen von längst vergangenen Tagen.
Geht es nach Politikern, sollte in ein paar Jahren der Verlad von
Autos hier erneut aufgenommen werden. Der Strassentunnel muss saniert
werden und das geht scheinbar nicht ohne komplette Sperrung über Monate,
ja man spricht sogar von Jahren. Beim Bahntunnel ging das in wenigen
Monaten und immer mit einem
Gleis,
das befahren wurde.
Wenn es gerade ist, steigen auch die Geschwindigkeiten. Der feine
Zeiger auf dem Monitor vor mir steigt nun kontinuierlich an. Aus 75 wird
85 und dann geht es hoch, bis letztlich die 120 km/h erreicht sind.
Schneller dürfen
Güterzüge
in der Schweiz aktuell nicht fahren. Aber auch so bin ich, seit man die
Nachtzüge
aufgehoben hat, der schnellste Zug im
Tunnel. Ein Exot mitten in der Nacht. Daran wird sich
nicht so schnell etwas ändern.
Mit dem beleuchteten Schild 7 habe ich die Sprachgrenze erreicht.
Bisher war in den Zügen Deutsch die massgebliche Sprache. Nun sind es
treni und die massgebende Sprache ist italienisch. Eine neue Regelung, die
nicht jeder versteht, aber eingeführt wurde, in der Hoffnung, dass man
sprachliche Genies zu Schichtarbeitern machen kann. Wie sich herausstellte
ein Ding der Unmöglichkeit, denn ein Sprachgenie wird nie für diesen Lohn
Schicht arbeiten, wenn er im Büro mehr verdient. Lokführer sind halt nicht
so perfekt, wie alle meinen und sie kommen mit ihren sprachlichen
Fähigkeiten schnell ans Limit.
Ebenso bin ich nun oben und somit am höchsten Punkt der SBB. Ab
jetzt geht es nur noch talwärts. Die ersten Kilometer noch sanft und im
Tunnel, dann kommen die Gefälle, die schon manchem
Lokführer ein etwas mulmiges Gefühl beschert haben. Sicher nicht bei
solchen Zügen wie heute, aber bei den schweren Brummern, die nur mit Hilfe
der
Druckluftbremsen
im Zaum zu halten sind. Heute geht das vermutlich mit der
elektrischen
Bremse
der
Lokomotive ganz gut.
Nun, es wird Zeit, dass ich die
Bremsen
überprüfe. Schliesslich will ich nicht an der Tunnelwand entlang
schrammen, wie das schon passiert ist. Diese Prüfung ist obligatorisch und
ich finde sie sinnvoll. Zuerst reduziere ich den
Luftdruck in der
Hauptleitung
um etwa 0.6
bar. Einen kurzen
Moment später bemerke ich die Verzögerung. Sie ist nur schwach, denn die
120 Tonnen der
Lokomotive sind ungebremst und ziehen am Zug. Aber alles
entspricht dem, was ich erwartet habe.
Nun ist auch die
elektrische
Bremse an der Reihe. Ich schalte die erste Stufe ein
und es passiert nichts. Ich verbringe den
Fahrschalter
wieder auf
Zugkraft
und wechsle erneut in die
Bremsstellung.
Nun warte ich einen kurzen Moment und starte einen neuerlichen Versuch mit
der elektrischen Bremse. Erleichtert stelle ich fest, dass nun
Bremskraft
aufgebaut wird. War wohl mein Fehler und die Lok war noch nicht
umgeschaltet. Der Puls beginnt sich wieder zu beruhigen.
Die Radarfalle, also jene Stelle im
Gotthardtunnel,
die verhindern soll, dass Züge zu schnell aus dem
Tunnel fahren, passiere ich mit 80 km/h. Eigentlich
hätte ich auch schneller fahren dürfen, doch die Anlage weckt sehr viel
Ehrfurcht, denn ein Vergehen hier, wird registriert und man muss beim Chef
vorstellig werden. Im schlimmsten Fall kann das die Entlassung bedeuten.
Solche Fehler macht man nicht oft. Ein Ort, wo Lokführer präzis arbeiten
müssen, vor allem dann, wenn es eilt.
Um sicher zu sein, reduziert man ein wenig mehr, denn wer riskiert
schon etwas, wenn er Zeit hat. Moment, wie stehe ich eigentlich zum
Fahrplan? Ein
Blick in die
LEA
verrät, ich hätte soeben Airolo passieren müssen. Bis dort dauert es aber
noch eine bis zwei Minuten. Ich bin bald wieder pünktlich. Eine schnelle
Talfahrt sorgt dann schon dafür, dass der Zug pünktlich in Lugano ankommt.
Es waren genau zwei Minuten und zehn Sekunden, die ich Rückstand
hatte, als ich durch Airolo fuhr. Die
elektrische
Bremse der
Lokomotive arbeitet nun und die
Geschwindigkeit des Zuges bleibt bestehen. Die Talfahrt sollte ohne Hilfe
der
Bremsklötze und
deshalb sehr wirtschaftlich gelingen. Das sorgt dann automatisch dafür,
dass ich wieder pünktlich bin. Energie wird dabei auch noch produziert.
So ist es, in Ambri bin ich nahezu pünktlich und ich kann nun
weiter Richtung Süden fahren. Zumindest meinte ich das, denn das
Blocksignal
will einfach nicht. Das
Vorsignal
bleibt orange und ich muss abbremsen. Scheinbar bin ich einem
Güterzug
aufgelaufen. Im Kopf lasse ich die vergangene Fahrt und die Begegnungen
zirkulieren. Kurz vor Göschenen kam mir eine zurückkehrende
Schiebelokomotive
entgegen. Die hatte wohl den Zug hochgeschoben, der mich nun einbremst.
Das Signal hat seine Meinung geändert und zeigt nun grün. Ich
rolle mit dem Zug weiter und lasse die
Zugkraft
nur wenig ansteigen. Eilig habe ich es nun nicht mehr, denn der Zug wird
mit der Luft arbeiten müssen und so sinkt die Geschwindigkeit unter den
üblichen Wert meines Zuges. Die Folgen sind klar, ich bremse erneut ab,
weil ein Signal rot ist. Dann nehme ich es lieber gemütlich.
Auch so musste ich ein paar Mal in die Eisen steigen, denn der Zug
war scheinbar recht schwer und die
Bremskraft nur gering. Es war eine
gemütliche Fahrt den Berg runter. Meiner
Fahrzeit hat das
jedoch geschadet, ich habe wieder meine 10 Minuten Rückstand. Nun ist
Bodio erreicht und die
Ausfahrt ist nur mit 60 km/h erlaubt. Ich wechsle
die Seite und fahre auf dem rechten
Gleis
nach Biasca. Eine Lösung, die schon viel früher möglich gewesen wäre, denn
Züge kamen nicht entgegen.
Ich beschleunige den Zug wieder und versuche, den erneuten
Rückstand aufzuholen. Die Signale sind grün und auch Biasca lässt mich
gerade durch. So rückt es und ich komme voran. Meine
Verspätung
sinkt und die Eisenbahnwelt scheint sich zumindest hier zu beruhigen. Beim
ausfahren war es dann auch so weit, ich erkannte den Zug, der mich
einbremste, er verlässt Biasca ebenfalls gerade. Ein Zug auf dem linken,
der anderer auf dem rechten
Gleis.
Mit 120 km/h fliege ich förmlich am anderen Zug vorbei. Er scheint
sich mit 80 km/h zu begnügen. Die Wagen lassen erkennen, dass der Zug, der
aus verschiedenen Wagen besteht, sicherlich sehr schwer ist und die Wagen,
die mit
Holz beladen sind, sind immer so schwer, dass es zur
Zugreihe D
kommt. Noch verkehren diese Züge, aber da man diese in Italien nicht mehr
will, scheint die Zukunft des Wagenladungsverkehrs fraglich und die
Strasse gewinnt erneut.
Ich konnte auf dem rechten
Gleis bis
nach Castione fahren. Ist eine Seltenheit, denn normalerweise kommt immer
ein Zug entgegen, der solche Aktionen verhindert. Mein Rückstand beträgt
nur noch eine Minute und die
Zugsicherung
spricht beim
Vorsignal
der
Langsamfahrstelle
an. Hier wird gebaut und es ist nur 80 km/h zugelassen. Ich muss den Zug
abbremsen. Jetzt sehe ich auch den Grund, warum ich rechts bleiben konnte.
Hier ist nur ein Gleis befahrbar und so kann ich gerade einfahren und habe
so keine Einschränkungen durch ablenkende
Weichen.
Es ist selten, aber heute war es so, ich konnte durch Bellinzona
fahren, ohne dass ich mich mit orangen Lampen hätte befassen müssen. Die
Zeit für die
Durchfahrt
sank so, so dass ich den
Bahnhof pünktlich, ja sogar mit ein oder zwei Minuten
Vorsprung verlasse. Geholfen haben mir dabei sicherlich die
unterschiedlichen
Durchfahrzeiten in San Paolo. Jetzt ist dann jedoch der
erste Halt angesagt, denn der Zug hat am Schluss einen Wagen für
Giubiasco.
Ich halte vor dem roten Signal an. Hinten wird ein Wagen
abgekuppelt. Davon merke ich an der Spitze kaum etwas. Zwar stand ein
Arbeiter bereit, aber was der macht, weiss ich nicht. Vor mir wechselt das
Signal auf Fahrt. Nur, losfahren darf ich nicht, denn wer ist sicher, dass
der
Rangierer
hinten fertig ist mit seiner Arbeit? So warte ich, bis mir gesagt wird,
dass gekuppelt ist. Eine Vorschrift, die schwer hat, sich durchzusetzen.
Die
Meldung kam und jetzt geht die Fahrt wieder weiter. Der Zug wurde nun
um 16 Tonnen leichter.
Am Ceneri passt daher die Stufe nicht mehr genau, ich muss immer
wieder regulierend eingreifen. Eigentlich hätte ich nun eine
Bremsprobe auf Wirkung machen sollen. Nur, die Steigungen verhindern diese, da ich in
der Steigung keine gesicherten Feststellungen machen kann. Aber auch so
ist die Fahrt nicht schwer und ich erreiche ohne Hindernisse den
Tunnel vor Rivera-Bironico. Hier wurden
Stromschienen
montiert um so auf eine herkömmliche
Fahrleitung
zu verzichten. Egal, wichtig ist, dass der
Strom zu
Lokomotive kommt und ich so
Zugkraft
aufbauen kann.
In Rivera-Bironico bin ich endlich oben. Die
Bremsprobe auf Wirkung wird nun nachgeholt. Die Talfahrt beginnt und ich kann wieder
mit der
elektrischen
Bremse
arbeiten. So erreiche ich die neue
Station
Sigirino. Die dortige Verladeanlage wird mit Kies beliefert. Das, wie
könnte es auch anders sein, ein Lokführer von Erstfeld anliefert. Kaum ein
Mitarbeiter würde mit den sprachlichen Problemen und den regionalen
Begriffen besser zu Recht kommen. Ich fahre nun aber durch und bin darüber
nicht unglücklich.
Nun nähere ich mich dem nächsten
Bahnhof. Dort verlasse ich den üblichen Weg, denn obwohl
auf meiner Belastung Lugano steht, führt mein Fahrweg nach Lugano
Vedeggio. Dort werden die Güter, die nach Lugano sollen, angeliefert. Nur
in Zürich, genauer in Zürich Mülligen ist das einfach Lugano. Andererseits
werden hier auch Belastungen abgegeben, die Basel oder Zürich als Ziel
angeben. Nur, dort gibt es viele Bahnhöfe. Daher lässt man es, das Ziel
ist Lugano, auch wenn ich diesen Bahnhof nie erreichen werde.
Die Strecke zum
Endbahnhof
besitzt viele
Weichen
und die Fahrt dauert nicht lange. Wie so oft, ist das
Einfahrsignal
geschlossen. Hier wartet jeder Zug, bis im
Bahnhof wieder Platz vorhanden ist. Der Bahnhof Lugano
Vedeggio mit seinen Handweichen erinnert eher an die Zeit der
Dampflokomotiven, als an eine moderne Eisenbahn, die mit schwersten Zügen
operiert,
die hier auch ankommt. Mein Zug ist eine Ausnahme. Die
Minuten verstreichen und passieren einmal die Zeit, wo ich ankommen
sollte.
Das Signal ist davon nicht beeindruckt und so muss ich warten.
Lange wird es wohl nicht mehr dauern, denn hier folgen sich die Züge am
Morgen sehr dicht. Am Abend besteht schon eher die Gefahr, dass man
vergessen wird, aber am frühen Morgen ist hier viel los. Meine Gedanken
sind nicht fertig gedacht, wechselt das Signal seine Farbe. Ich darf
einfahren und dann wenden. |
|||||
Lugano Vedeggio |
|||||
In der einsetzenden Dämmerung erkenne ich vor mir ein paar
abgestellte Wagen und in einem freien
Gleis den
Prellbock,
der dieses abschliesst. Weiter komme ich nun nicht mehr und ich kann nun
den
Führerstand
wechseln. Dazu schalte ich die
Lokomotive aus, stellte die Schalter für
die
Stirnbeleuchtung so um, dass nachher eine rote Lampe brennen wird und
ziehe den Schlüssel zum Verriegelungskasten ab. Die Lokomotive ist so auf
dieser Seite schon für die Rückfahrt vorbereitet.
Zuletzt packe ich meine Sachen ein, greife zur Mappe und drücke
den Taster um die
Beleuchtung im
Maschinenraum
einzuschalten. Im
Führerstand
lösche ich das Licht und verlasse diesen nun für längere Zeit. Der Gang in
der
Re 620 kenne ich gut und weiss so auch, welche Schalter ich nun
betätigen muss und welche Kontrollen beim durchgehen schnell erledigt
sind. Ich erkenne nichts Aussergewöhnliches und die Stromabnehmerwahl habe
ich auf den anderen Bügel umgestellt.
Im andern
Führerstand
schalte ich das Licht ein. Den Schalter finde ich nicht nur dank dem nun
ein wenig helleren Raum, sondern, weil ich seit Jahren weiss, wo er ist.
Man kann so auch im dunkeln Licht machen, was sicherlich in der Nacht ein
Vorteil ist. Vor mir stehen immer noch die Wagen, die ich gebracht habe.
Mehr Zeit um mich um diese zu kümmern habe ich nicht, denn ich muss meine
Lokomotive wieder einschalten.
Die
Bremsen
probiere ich nun auch noch, denn ohne diese Prüfung darf ich nicht
losfahren. Ich schaue nach vorne und erkenne, dass sich die Wagen vor mir
bewegen und schon ein paar Meter zurückgelegt haben. Noch habe ich Zeit,
die
Beleuchtung
der
Lokomotive zu kontrollieren. Ich höre, wie die Vögel im Morgengrauen
zwitschern und erkenne, wie der Tag langsam erwacht. Dabei wird mir jedoch
bewusst, ich bin schon ein paar Stunden auf den Beinen. Es sind bereits
mehr als 4 Stunden. Denn dem Bett entstieg ich kurz vor Mitternacht. Die Lampen der Lokomotive leuchten wie sie sollten und ich kann wieder in den Führerstand zurückkehren. Das Gleis ist nun leer und nur meine Lokomotive verhindert, dass man es uneingeschränkt nutzen könnte. Losfahren darf ich aber nicht, denn ohne eine Erlaubnis bewege ich, wie meine Kollegen die Lokomotive nicht. Eine Vorschrift verhindert das. Lokführer halten sich an Vorschriften.
Vor allem hier, wo es keine
Sicherung mit Zwergsignalen gibt, muss
man wirklich konzentriert arbeiten, schnell passiert ein Missgeschick und
es kommt zum Unfall. Lugano Vedeggio ist kein einfacher
Bahnhof, jedoch gibt es noch schlimmere Exemplare, die wir
selten anfahren und die wir natürlich kennen müssen. Diese dürfen dann
meist nur mit der notwendigen Kenntnis befahren werden. Mich betrifft das
in Olten RB.
Weit entfernt wird gewunken. Für mich ist dieses, für einen
Aussenstehenden recht simple winken, das Zeichen, dass ich vorfahren darf.
Ziel ist das Profil der ersten
Weiche. Ich schalte die erste Stufe zu, die
Lokomotive beginnt langsam zu rollen. Ich schalte die Stufe wieder aus und
die Maschine rollt weiter. Alle
Bremsen
scheinen wieder los zu sein. Besonders bei den
Re 620 kann ich nicht mit Sicherheit im
Führerstand
erkennen, dass alle Steuerventile optimal arbeiten.
Es kann passieren, dass die hintere Hälfte der
Lokomotive gebremst
ist, ich aber im
Führerstand
davon nichts bemerke. Daher kontrolliere ich diese Situation immer beim
losfahren. Danach muss der Auslöseknopf zur pneumatischen
Bremse
regelmässig gedrückt werden. Wer das nicht macht, läuft Gefahr, dass er
eine
Meldung bekommt, dass die
Achsen 4 - 6
gebremst seien. Eine Störung, die nun wirklich nur die
Re 620 kennt. Daher sind die Triebfahrzeugkenntnisse
sehr wichtig und nur sie verhindern grössere Schäden.
Nun kann ich wieder die Stufen hoch schalten und die
Lokomotive
auf knapp |
|||||
Mit der Lok nach
Bellinzona nur wie weit? |
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Die
Weichen
der
Station
sind frei gelegt und ich kann nun auf
Auch die unter dem
Führerstand
montierten
Querdämpfer
sind oft ausgeschlagen und erzeugen ein für die
Re 620 ureigenes Fahrgeräusch. An diese Eigenheiten hat
man sich im Lauf der Jahre gewöhnt und daher fällt es einem auf, wenn man
mal auf einer
Re 620 sitzt, in der diese Geräuschkulisse fehlt. Ein
sehr ruhiges Exemplar von einer
Lokomotive, die einsetzende Dämmerung
sorgt zudem schon für eine besondere Stimmung.
Einzig die beiden orangen Lichter am
Einfahrsignal
von Taverne-Torricella stören diese friedliche Situation. Die passen
einfach nicht so recht ins Bild der heilen Welt. Die
Warnung
ertönt und hätte wohl jeden, der sich zu sehr hätte von der Stimmung
übermannen lassen, geweckt. Ich quittiere und lasse die Lok, die schon
seit ein paar Sekunden nicht mehr arbeitet, weiter rollen.
Die Geschwindigkeit sinkt so dank den Steigungen auch und später
kann ich mit der
elektrischen
Bremse
noch so verzögern, dass die Lok, die
mittlerweile noch mit knapp
Erneut fahre ich an der Baustelle für die NEAT vorbei. Diese
Strecke, die nur am Morgen einen gewissen Charme ausstrahlt, vermisst
nicht mancher Lokführer. Hier durch fährt man wirklich einfach, weil man
muss. Es fehlen die Punkte, wo sich etwas Schönes zeigt. Nur
Industriebauten, und Autobahnen sind da nicht besonders gut. Einzig der
kleine Fluss bringt etwas Leben in die melancholische Szene des Val
Vedeggio. Da man die Strecke dem Gelände entlang gebaut hat, ändert sich die Steigung immer wieder. Die Stufen der Lok passen meistens nicht zur Steigung und so kann ich kaum einmal die Hand vom Fahrschalter nehmen. Das hat aber einen Vorteil, denn ich bemerke so meine Müdigkeit nicht. Es ist immer wieder überraschend, denn bei einsetzender Dämmerung wird man müde. Da spielt es keine Rolle, ob man gut oder schlecht geschlafen hat.
Trotz allem habe ich die Passhöhe mit einer durchschnittlichen
Geschwindigkeit von etwas unter
In der
Station
Rivera-Bironico muss ich die
Bremsen
prüfen. Man nennt diese Prüfung
Bremsprobe auf Wirkung. Die Regel sieht vor, dass die Lok ausgelöst wird und man nur
die Wagen bremst. Nur welche Wagen? Zudem muss die
elektrische
Bremse der
Lokomotive für die
Einfahrt
in ein solches Gefälle geprüft werden. Beide Bremsen scheinen aber so zu
arbeiten, wie sie sollten. Angepasst habe ich nur die Bremsprobe auf
Wirkung mit der
automatischen Bremse.
Arbeiten wird nun die
elektrische
Bremse der
Lokomotive. Hätte die nicht funktioniert,
hätte ich ein Problem gehabt, denn eine allein fahrende Lokomotive darf
ohne elektrische Bremse diese Gefälle nicht befahren. Der Grund für diese
Vorschrift ist bald 100 Jahre alt, aber durchaus immer noch sehr aktuell.
Steine fallen auf einer Gebirgsstrecke immer wieder auf die
Schienen
und
können der Lokomotive gefährlich werden.
Die Nordseite des Ceneri ist da nicht so anfällig. Hier sind die
Probleme vor allem im Herbst zu finden, denn das Laub auf den
Schienen
ist nicht beliebt. Vor allem nicht, wenn man einen Führerausweis mit der
Berufsbezeichnung Lokführer in der Tasche hat und hier mit einem schweren
Zug arbeitet. Aber jetzt im Frühsommer bei schönstem Wetter und nur einer
Lokomotive ist die Gefahr klein.
Auf der anderen Talseite sind die Spitzen der Berge schon im
vollen Sonnenlicht, das breite Tal und meine Hangseite liegen noch im
Schatten. Ein wenig früher und die Spitzen hätten vermutlich noch rot
aufgeleuchtet. Immer wieder ein Bild, das einem Frühaufsteher Freude
bereitet. Der Lohn für den frühen Arbeitsbeginn. Meine Aufmerksamkeit
liegt jedoch bei den Signalen und der Strecke, so bleibt es nur bei kurzen
Blicken.
Die dunklen Häuser lassen zudem erkennen, es ist noch niemand
sonderlich darauf aus, mein Schicksal zu teilen. Die Leute schlafen noch
in ihren Betten. Dabei vermutlich nicht immer ganz unter der Decke, denn
die Luft ist schon recht warm für die Nacht. Durch das offene Fenster
kommt nur etwas davon in die Lok, aber in Lugano war das zumindest so und
auch Bellinzona wird nicht viel kühler sein.
Da es keine Behinderungen gab, erreiche ich den Fuss dieser
Strecke. Es ist Giubiasco, der Wagen von heute früh ist schon lange weg
und die ersten
Nahverkehrszüge sind unterwegs. Nun ist die Nacht des
Güterverkehrs
vorbei und die Züge des
Personenverkehrs
kommen nun dazu. Das macht die Arbeit etwas mühsamer, da nicht mehr
einheitliche Geschwindigkeiten vorherrschen.
Für mich bedeutet das zudem, dass ich in Giubiasco vor dem roten
Signal zum stehen komme. Ein
Güterzug
verlässt die
Station
gerade in Richtung Bellinzona und die
S-Bahn kommt mir
entgegen. Somit sind beide
Geleise
belegt
und für eine Lok gibt es keinen Platz mehr. So muss ich halt warten, bis
es auch für mich ein freies Stück gibt.
Nachdem die
S-Bahn den
Bahnhof erreicht hat, wechselt mein Signal die Farbe. Aha, dass
kann nur auf dem rechten
Gleis
weiter gehen, denn der
Güterzug
hat ja den Bahnhof noch nicht verlassen. Ich schalte die Stufen wieder
hoch und beschleunige die
Lokomotive wieder auf die erlaubte
Geschwindigkeit. Das wird aber von kurzer Dauer sein, denn Bellinzona
steht an und dort endet mein Zug. Die Frage ist nur wo?
Bellinzona hat so viele
Hauptsignale,
dass man kaum mit Sicherheit sagen kann, das ist nun das Signal, vor
welchem der Zug endet. In der
LEA
stehen auch keine genaueren Angaben und so geht man am besten davon aus,
dass man so weit wie möglich nach den Hauptsignalen fährt. Steht man dann
lange genug vor einem Signal, erklärt einem dann der
Fahrdienstleiter
schon, dass es jetzt in
Rangierfahrt
weiter geht.
Diesmal sind mir die Signale gnädig und ich kann bis zu dem Signal
fahren, das für mich wohl des letzte sein wird. Die Annahme ist
gerechtfertigt, denn meine Lok wird im
Geleise
nebenan abgestellt und dann sollte es eigentlich nun in
Rangierfahrt
weiter gehen. Das Zwergsignal zeigt den schrägen Begriff und das
Hauptsignal
geht auch nach längerem warten nicht auf Fahrt. Ich bin mit der Lok in
Bellinzona angekommen. |
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Parkplatzsuche leicht gemacht |
|||||
Nun gilt es eigentlich nur noch, die
Lokomotive dort abzustellen,
wo das vom Unternehmen vorgesehen ist. Früher war das noch klar, die Lok
geht ins
Depot
und wird dort abgestellt, bis man sie wieder benötigt. Diese Zeiten sind
nun vorbei, Depots sind nicht mehr gefragt und Lokomotiven parkiert man
besser im Wetter draussen, als in einer geschützten
Remise.
Es ist nicht meine Aufgabe, solche Dinge zu hinterfragen. Dafür
haben sich Leute stark gemacht, die mehr Tage in der Schule waren als ich.
Ein etwas dümmlicher Schichtarbeiter, der sich anmasst, die Geschicke der
studierten Oberschicht zu kommentieren. Nein, in eine solche Schublade
möchte ich nicht geworfen werden. Ist stelle nur fest, dass die Fahrzeuge
heute stärker beansprucht werden, als das vor ein paar Jahren der Fall
war.
Diese Lektion habe ich vor Jahren gelernt, denn schliesslich sind tragbare Computer für Lokführer gänzlich ungeeignet. Wenig später kam dann die LEA.
Egal, es gilt ja, die
Re 620 abzustellen und nicht sich an verpassten Chancen
zu grämen. Das ist einfach, denn ich muss ja nur über eine Weiche fahren. Danach wechsle ich den Führerstand.
Die
Lokomotive kann dann, sofern es die Signale erlauben, an den Ort fahren, wo
sie gut stehen. Wenn dieses
Gleis
mitten im
Gleisfeld
und nicht in einem
Depot
ist, ist mir das eigentlich egal. Ich sorge einfach dafür, dass mein
Kollege nicht all zu sehr leidet.
Das mache ich nach der Ankunft auf einfache weise. Ich ziehe die
Storen runter und öffne die Fenster. Täte ich das nicht, wäre am Mittag
oder dann, wenn die Lok benötigt wird, mein Kollege mit heissen
Bedienelementen und einem Arbeitsplatz, der jenem am Hochofen gleicht,
konfrontiert worden. Ich habe das nicht gerne und so sorge ich dafür, dass
es den Kollegen nicht auch so ergeht. Die Kontrollen um die Lok sind schnell erledigt. Mit den Jahren weiss ich, wo die kritischen Punkte zu finden sind. Die Zeit für eine genaue und daher gute Kontrolle gibt mir das Unternehmen schon lange nicht mehr. Es ist mein Problem, wenn bei der Lokomotive etwas nicht stimmt. Ich schreibe einen Reparaturschein. So auch jetzt, denn ich wurde fündig.
Das entsprechende Buch hilft mir nicht viel, aber ich muss dort
meine Feststellung niederschreiben. Das mache ich und steckte das Buch in
den Halter des
Fahrplans. So erkennt
mein Kollege gleich, dass ich den Fehler gesehen und ihn gemeldet habe. So
schlimm, dass ich gleich zum
Telefon greife ist er nicht, aber gemeldet
wird er. Dazu benötige ich nur einen Computer.
Ich kann daher die
Lokomotive nun verlassen. Irgendwann wird am
Nachmittag ein Kollege drei Lokomotiven dieses Typs in diesem
Gleis
übernehmen und damit den Zug nach Olten bespannen. Dies damit morgen ein
Kollege von mir, diese
Tour auch fahren
kann. So ist der Umlauf garantiert. Störungen sind üblicherweise nicht
vorgesehen.
Nur vor wenigen Wochen wäre ich gegen Süden gelaufen und mich in
der
Milchküche
an einem frisch duftenden Kaffee, einen frischen Stück Brot, Butter und
eventuell Honig erfreut. Diese Zeiten sind nun vorbei. Die Lokführer von
SBB
Cargo haben neue
Aufenthaltsräume erhalten und diese sind im
Rangierbahnhof. Das heisst, ich muss mich vom Kaffee und frischem
Brot entfernen. Das schmerzt im Magen.
Mein Weg führt in die neuen Räumlichkeiten. Diese liegen weit weg
vom Zentrum. Dort finde ich auch den Computer, in dem ich meine
Meldung
über die Störung eingeben kann. Das mache ich nun als erstes, denn jetzt
weiss ich ja noch, was ich schreiben muss. Ich suche deshalb einen der
vorhanden Computer auf. Diese gibt es und frei sind sie auch noch.
Ein paar Klicks später stehe ich vor einer Eingabemaske. Die ist
einfach aufgebaut, nur stimmen unsere Störungen dummerweise nicht mit den
Vorgaben überein. Man darf dann suchen. Ich wähle zuerst den Ort der
Störung. Die Auswahl hilft nicht weiter, denn zu was gehört der Der
Schlauchhalter am
Bahnräumer
nun. Einigermassen passend finde ich die Rubrik "ganzes Fahrzeug" nicht.
Im nächsten Schritt schränke ich das weiter ein. Eigentlich klingt
das ganz gut. Ich korrigiere, ist nun der
Bahnräumer
ein Teil des Fahrzeugkastens oder eventuell des
Fahrwerks.
Ich wähle den Fahrzeugkasten, denn schliesslich ist das Teil am Kasten
montiert worden. Es kommt die Auswahl zwei und damit die Ernüchterung,
denn ich kann auswählen, was ich will, den Bahnräumer finde ich nicht.
Die Suche startet von vorne. Ich wähle nun das
Fahrwerk.
Erneut erhalte ich eine Auswahl. Darin suche ich nun den passen Text. Nach
dem fünften Anlauf finde ich unter Schutzbauteile den
Schienenräumer. Das könnte passen, stimmt zwar nicht genau,
aber langsam geht mir die Geduld aus. Die Werkstatt kann mich ja auch zur
Witzfigur delegieren. Dabei hatte es doch Karl noch sehr einfach.
Ich ändere meine Meinung, denn beim Zustand verzweifle ich erneut.
Ich habe eine riesige Liste, aber scheinbar ist es nicht vorgesehen, dass
bei den SBB etwas verbogen werden könnte. Diese Auswahl habe ich nicht.
Daher suche ich den passenden Eintrag, den gibt es, denn das Bauteil ist
ungenügend. Eine lange Suche hat nun ihr Ende gefunden.
Damit doch noch die Hoffnung besteht, dass etwas repariert wird,
nehme ich noch den freien Text, dort notiere ich dann. Halter
Rangierbremsschlauch
Führerstand
1 links verbogen. So einfach wäre das. Aber die Elektronik verlangt, dass
ich mich dämlich suche. Ein Blick auf die Uhr lässt mich erkennen, die
Pause wird wieder einmal 15 Minuten kürzer ausfallen. Das ist nun mein
Pech, hätte ich es sein lassen, hätte ich meine Pause gehabt.
Ich versende die
Meldung mit der leisen Hoffnung, dass sie jemand
liest. Die Bemerkung vieler Kollegen, die von einem direkten Versand in
den Papierkorb ausgehen, halte ich nicht viel. Nur, ich habe oft auch
Probleme damit, aber mit dem muss man leben, es ist scheinbar nicht die
Aufgabe der Firma den Arbeitern die Arbeit zu erleichtern.
Für mich beginnt nun die Pause und das ist das, worauf ich mich
doch schon seit Mitternacht freue. Ein fein duftender Kaffee, ein
Brötchen, etwas Butter und Honig oder Konfitüre. Also ein ganz einfaches
normales Frühstück kurz vor 6 Uhr morgens. Daran ist ja nichts falsch und
die ganze Welt macht das so, also auch ich. |
|||||
Ein Frühstück mit Tiefgang |
|||||
Die neuen Räumlichkeiten haben auch ein neues Verpflegungskonzept
hervorgerufen. Es sind Automaten! Die Freunde der Lokführer und längers je
mehr auch die Lieblinge? Anscheinend gibt es Leute, die so eine Art der
Verpflegung als angemessen betrachten. Die Uhr zeigt nun 5.30 Uhr und ich
beginne damit, den Automaten abzusuchen. Was gibt es nun? Schokolade,
Süssgebäck, Chips und "Zürcher Geschnetzeltes mit Nudeln". Wunderbar, wo
finde ich nun mein frisches Brot, Butter und Honig? Irgendwann, aber nicht
im
Frühdienst,
sollte mir jemand das angemessen erklären.
Frühstück ist im Automat nicht vorgesehen. Ich beginne damit zu
bereuen, dass ich die
Meldung geschrieben habe. Die Zeit hätte ich nutzen
können um mich in der etwas entfernten
Milchküche
zum Frühstück zu begeben. Aber Lokführer müssen ja nicht frühstücken, wie
war das nun mal. Ach ja, ein Apfel reicht für eine
Schicht von 10 Stunden.
Gut, greife ich zum Apfel. Aha, dort wo die vermutlich wären herrscht
gähnende Leere. Scheinbar hatten auch andere das Angebot als angemessen
empfunden. Ich begnüge mich notgedrungen mit einem Kaffee im
Plastikbecher.
Das Geknurre im Magen ignoriere ich einfach, denn wer will um
diese Zeit schon ein "Zürcher Geschnetzeltes mit Nudeln" oder ein "Gulasch
mit Reis"? Niemand, denn das sind nicht die Mahlzeiten, die normale Leute
um diese Zeit zu sich nehmen. Als Lokführer darf man sich am einem
Schokoriegel und einem Becher mit Kaffee erfreuen. Das muss reichen für
eine
Schicht, die gerade einmal in der Hälfte ist. Die frischen Brötchen
sind so oder so schon längst zu einem Traum geworden.
Ich überlege mir nun ernsthaft, wenn ich auf die
Meldung des
Schadens verzichtet hätte und zuerst in die
Milchküche
gegangen wäre, dann hätte ich eine vernünftige Verpflegung erhalten und
die Lok würde nie repariert. Beides ist halt nicht mehr vorgesehen und im
Zweifelsfall verzichtet der Lokführer halt auf seine Verpflegung? Mit
knurrendem Magen ist noch niemand eingeschlafen und verhungern tut man ja
erst nach mehreren Tagen. Auch die neue Tageszeitung liegt nicht hier. Ich wäre froh gewesen, ich hätte noch etwas von gestern erfahren, aber das muss bis nach Feierabend waren. Nur hier ist die Sache etwas anders, denn die Zeitungen haben den Weg ins Tessin gerade erst gefunden und müssen noch ausgepackt werden. Ich erhoffte, dass ich etwas über die Zukunft meiner Firma erfahren könnte. Habe ich in drei Monaten noch eine Anstellung oder stehe ich vor dem nichts? Fragen, auf die auch mein Chef keine Antwort weiss. Diese Sorgen fahren einfach mit, obwohl wir gelernt haben, dass sie das nicht sollten. Nur, wer kann das nicht nachvollziehen?
Jetzt, wo es draussen hell geworden ist, ich meine Ruhe gefunden
habe und der Magen knurrt sollte ich mich erholen, denn der Dienst wird
noch lange dauern. Ich suche daher eine Möglichkeit etwas zu ruhen. Was
will man mehr, wenn man nichts Passendes zum Essen findet. Schokolade und
"Zürcher Geschnetzeltes mit Nudel" habe ich zwar gerne, aber nicht um 5.30
Uhr.
Bevor ich aber meine Ruhe zu finden versuche, schaue ich nach
meinem nächsten Zug. Der steht ja schon in Bellinzona! Das ist gut, nur
meine Pause dauert noch 35 Minuten und der Gesetzgeber findet, dass ich
diese einhalten muss. Die Pause dient ja der Erholung und der Verpflegung.
Erholen kann ich mich, aber verpflegt bin ich nicht. Aber wenn der
Gesetzgeber eine Pause vorsieht, halte ich diese ein, denn mit dem Gesetz
will ich mich nicht anlegen, denn dann ist im dümmsten Fall die Karriere
zu Ende.
Das heisst, ich kann mich noch knapp 30 Minuten ausruhen. Eine
Zeit, die man einfach braucht, will man gesund nach Hause kommen. Der Zug
steht gut und es ist ja nicht meine Aufgabe in der Pause zu schauen, ob
der Zug schon kommt. Diese Überraschung hätte ich mir auch bis zum Schluss
der Pause aufheben können. Nur, es ändert nichts, ich strecke die Beine im
weichen Ledersessel und schliesse die Augen.
Unterbrochen wird meine Ruhe nach nur 10 Minuten. Es ist die
Leitstelle!
Mein Zug sei bereits in Bellinzona und müsste eigentlich schnell weg, da
er ein
Gleis
blockiere. Ich erkläre, dass ich meine Pause einhalten müsse, weil ich
sonst gegen das Gesetz verstosse. Überraschend schnell wird mir erklärt,
dass ein Kollege die Lok an den Zug stelle und ich nach meiner Pause
sofort zur Lokomotive am Zug gehen soll. Ach so, das geht natürlich auch.
Von viel Ruhe kann also keine Rede sein. Noch habe ich ein paar
Minuten Ruhe. Diese Ruhe brauche ich, denn der Föhn in Erstfeld hat dafür
gesorgt, dass die Nacht ohne viel Schlaf war, die kalte Luft hier im Raum
macht auch müde, weil der Körper nicht mit der Abkühlung beschäftigt ist.
Nur der endlos knurrende Magen verhindert, dass ich wirklich richtig
einschlafe. Trotzdem verrinnt die Zeit und der am
Handy gerichtete Wecker
klingelt. |
|||||
Die Heimfahrt steht bevor |
|||||
Ich greife zur Mappe und mache mich auf den Weg. Bei der Türe
bemerke ich, dass die Räume angenehm klimatisiert waren und ich deshalb
etwas eingenickt bin. Doch nun verlasse ich die kühle Umgebung und trete
in den Tessiner Morgen. Heiss ist es noch nicht, aber man erkennt den
blauen Himmel und es ist schon angenehm warm. Ein freundlicher Morgen im
Sommer, dumm ist nur, dass ich schon sehr lange auf den Beinen bin.
Eine Jacke wäre sicherlich fehl am Platz, aber von der Tessiner
Hitze ist zum Glück noch nichts vorhanden. Der Weg führt nun nach Norden.
Hätte ich nun die Lok am Abstellort abholen müssen, hätte ich um die
abgestellten
Güterwagen gehen
müssen. Einen direkten und daher kurzen Weg gibt es nicht. Jetzt stehen
die Loks mitten im
Rangierbahnhof und wir gelangen nur dorthin, wenn wir die
Geleise
überqueren.
Hier rollen die Wagen vom
Ablaufberg
her und dort ist niemand drauf, der einen warnen könnte. Die Vorsicht ist
deshalb auch hier die Mutter der Porzellankiste. Ein rollender Wagen weckt
meine Aufmerksamkeit. Wo rollt er hin und wird er für mich gefährlich?
Gefahr gebannt, er sucht sich einen anderen Weg und quert meinen Weg
nicht. Wie war das noch mal, die Wege sollten sicherer werden und nach
Möglichkeit sollte man das
Gleis
nicht überqueren? Ach ja, Lokführer haben daher keine Zutrittsberechtigung
zum
Gleisfeld.
Da mein Zug auf der anderen Seite desselben steht, heisst das
auch, dass ich diesen Tanz noch ein paar Mal machen muss, denn am
Ablaufberg
stehen noch viele Wagen bereit und jeder ist eine potentielle Gefahr.
Angenehm sind solche Wege nicht, aber
Rangierbahnhöfe wurden früher nicht dazu gebaut, dass
Lokführer auf der Suche nach Zügen oder
Lokomotiven sind. Die Anlagen
passen oft nicht zu den heutigen Sparprogrammen.
Die
Lokomotiven waren früher im
Depot
und dorthin gibt es gesicherte Wege und im Depot fahren nur Lokomotiven
mit einem Kollegen, der sich auch achtet. In einem
Rangierbahnhof ist es gefährlich und genau in diesem Umfeld
müssen wir uns immer mehr bewegen. So darf die Konzentration nicht
nachlassen. So darf man über den ganzen Arbeitstag keine Sekunde
unkonzentriert sein.
Ablenkung ist gefürchtet, besonders beim
Lokomotivpersonal.
Ich erreiche nun endlich das
Gleis, wo
normalerweise die
Lokomotiven stehen. Normalerweise darum, weil das Gleis nun schlicht leer ist. Der nächste Zug gegen Norden muss vermutlich auf die Lok warten. Zudem erkenne ich, dass mein Zug im Gleis 501 zu finden ist. Auch das ist ein Gleis, das voller Gefahren ist, weil daneben die Züge mit 90 km/h vorbei fahren. Aber darum kümmere ich mich noch nicht, zuerst muss ich den Weg zum Zug überleben, denn nun nimmt ein Wagen Anlauf auf mich, genauer auf das Gleis, das ich überqueren will.
Es ist geschafft, ich habe mich durch das
Gleisfeld
geschlagen und bin nun an meinem Zug. An seiner Spitze stehen zwei
Lokomotiven. Die blaue Farbgebung lässt mich einen kurzen Moment stutzen.
Nein, es sind nicht die üblichen Lokomotiven, also
Re 620 und
Re 420.
Schon beschleicht mich eine kleine Panik. Das darf nicht wahr sein, das
sind zwei Re 484!
Bisher machten die doppelten
Re 484
einen weiten Bogen um mich.
Je mehr ich mich den
Lokomotiven nähere, desto mehr bin ich mir
nicht mehr ganz sicher. Das Dach mit den
Stromabnehmern, die Form der vorderen Lokomotive? Das passt
nicht zur den
Re 484,
die sehen anders aus. Das sind doch zwei
Re 482!
Genau, jetzt erkenne ich es, es sind zwei
Re 482,
die ich nach Norden vor dem Zug habe. Üblich ist das nicht, aber wenn das
schon so vorbereitet wurde, sage ich nicht nein.
Nebenan rollt eine
Re 10
in das
Gleis,
das für sie reserviert wurde. Nun ist sie da, die
Lokomotive, die
normalerweise vor meinem Zug sein sollte. Nun ist es aber nicht so. Nun
fällt es mir wieder ein, normalerweise fehlt für diesen Zug in Goldau die
Lokomotive. Das wäre ja nun anders, denn ich habe sie ja schon am Zug.
Denkt da die
Lokleitung
eventuell mit?
Vorsorglicherweise greife ich zum
Handy. Dort wähle ich die
Rufnummer der
Leitstelle
in Goldau. Ein Kollege ist am
Telefon. Ich erkundige mich, was mit den
beiden
Re 482
in Goldau denn passieren werde. Beide Loks laufen bis nach Deutschland,
genauer Hamburg durch. Es wäre schön, wenn ich die
PZB und
LZB für den Kollegen
prüfen könnte.
Das geht leider nicht, denn die Loks stehen bereits am Zug und ich
habe die gleichen Probleme, wie der Kollege in Basel. Es ist ausserdem ein
Lokführer von Bellinzona, der die Lok an den Zug gestellt hat. Für den
sind Abkürzungen wie
PZB oder
LZB Fremdworte. Ich
glaube kaum, dass er die Lok in den DB-Modus verbracht hat. Wenn es aber
gut läuft, könnte ich dem Kollegen in Goldau helfen, was sicherlich
schneller ginge.
|
|||||
Die Rückfahrt über den Gotthard |
|||||
Bei der
Lokomotive angekommen ist der Kollege aus dem Tessin
gerade damit beschäftigt, die Daten des Zuges einzugeben. Ein Stirnrunzeln
erweckt meine Aufmerksamkeit. Ich schaue interessiert und er meint dann
nur. Maccina solo per maccinisti tedesc. Ich lächle verlegen, denn
vermutlich erginge es mir mit Italienisch ähnlich. Wir wechseln ein paar
Worte der Übergabe.
Zum Schluss kommt dann noch die verlegene Frage, Tu fa? Ja ich
mache die Eingaben noch. Das ist nicht schwer, wenn man die Sprache der
Lokomotive spricht. Der
Ablauf ist
genau gleich, wie bei der
Re 484,
aber das Menü ist nun halt Deutsch. Die
Re 482
kann nicht auf italienisch umgestellt werden. Scheinbar verwirrt ihn die
Meldung und die
Sprachausgabe, die dauernd Störung labert. Darum kümmere
ich mich nachher.
Ich glaube daher nicht, dass die Prüfungen der
PZB und der
LZB gemacht
wurden. Wenn der liebe Kollege schon mit der Lok im SBB-Modus kämpft,
wechselt er nicht in einen Modus, der für ihn so weit weg ist, dass er
davon vermutlich nur von der Karte weiss. Wenn es läuft, liegt das dann in
Goldau noch drin.
Nachdem ich die Daten eingegeben habe, kümmere ich mich um diese
nervige Störung. Aha, beim
Führerraum
1 ist ein Leuchtmittel gestört. Schön, dass ich das auch weiss. Ich
kontrolliere vorsichtshalber die
Stirnbeleuchtung der Lok. Alle drei
Lampen leuchten weiss. Ist alles in Ordnung! Der
Rangierarbeiter
erkundigt sich mit einem Handzeichen nach dem Zustand der
Fahrbereitschaft.
Ein Handzeichen meinerseits ist für ihn die Info, die er braucht.
In der Ferne drückt er auf seinem
Funkgerät
ein paar Knöpfe. Was dann passiert, weiss ich nicht. Nur weiss ich, dass
die Kommunikation mit Zeichen über die Sprachbarriere hinweg funktioniert
hat. Ich bin nun wieder alleine am Zug und richte mich noch fertig ein.
Nebenan donnert gerade der
ETR 470 durch. Vermutlich ist er noch etwas
schneller, als die 90 der üblichen
Reisezüge.
Üblicherweise ist der Zug schneller als ich. Zumindest ist er pünktlich. Danach wechselt das Signal vor mir seine Farbe, ich kann nun den Zug beschleunigen. Ich entriegle den Fahrschalter und verbringe diesen langsam in die Stellung, die dafür sorgt, dass Zugkraft aufgebaut wird. Bei zwei Loks ist das nicht gleich, wie bei einer. Ich muss nun darauf achten, dass wirklich beide arbeiten. Das machen sie und ich kann den Zug beschleunigen.
Der Zug erreicht im Raum Castione die maximal erlaubte
Geschwindigkeit. Die liegt bei diesem Zug bei
Das wurde aber in Osogna abrupt beendet, denn die
Ausfahrt
ist und bleibt geschlossen. So muss ich abbremsen und komme vor dem roten
Signal zum Stillstand. Da ich vorzeitig unterwegs bin, lässt es mich kalt.
Sorgen machen kann ich mir dann, wenn es lange dauern wird. Ein Zug kommt
mir entgegen. Das Signal wechselt nun seine Farbe. Ach so, es besteht
Einspurbetrieb.
Die Beschleunigung des Zuges steht nun wieder an. Ich kann das
Gewicht von knapp 900 Tonnen leicht beschleunigen und die
schlanken
Weichen
hindern mich nicht daran. Als ich um die
Kurve komme,
sehe ich den Grund für den vermeintlichen Einspur. Der
ETR 470 steht in
der Kurve und bewegt sich nicht. Das ist auch nicht möglich, denn
schliesslich sind die
Stromabnehmer
gesenkt.
Eigentlich hatte ich ja noch Glück, hätte der Zug nur das Signal
geschafft, hätte ich mich dahinter eingeparkt und die Stunden zählen
können, so überholt aber nun einmal ein
Güterzug
den schnellen Kurvenflitzer. Ein erhebendes Gefühl, wenn man auch ein
wenig Mitleid mit dem geplagten Kollegen hat, denn Störungen liebt nun
kein Lokführer.
Ich nähere mich der
Fahrleitungsschutzstrecke. Dort muss ich die
Stromabnehmer senken. Die Vorschriften verlangen es
so und dann machen wir es auch, auch wenn es sinnlos ist und über 60 Jahre
funktioniert hat. Ich schalte den
Hauptschalter
aus, und senke die Stromabnehmer. Das dies erfolgt ist, erkenne ich an den
beiden blauen Balken die verschwinden. Diese zeigten die
Fahrleitungsspannung,
die an beiden
Lokomotiven gemessen wurde, an.
Ich kann unter der
Fahrleitungsschutzstrecke durchrollen. Ruhig ist es dabei
nicht, denn der
Fahrzeugrechner
der Lok labert etwas von Störung. Diese ignoriere ich nun. Ich weiss ja,
dass eine
Re 482
nicht ohne eine Störung unter einer
Schutzstrecke durch kommt. Ich hebe die
Stromabnehmer, obwohl das nun einschalten heissen
sollte. Die beiden blauen Balken auf dem Display sind wieder da. Ich kann
die
Hauptschalter
einschalten.
Beide sind eingeschaltet, auch das erkenne ich am Display. Es
dauert aber ewig, bis ich wieder
Zugkraft
aufbauen kann. Nun, das ist auch nicht nötig, denn das
Einfahrsignal
von Biasca wird mit Reduktion angekündigt. Es geht entweder raus in die
Überholung oder wieder auf das linke
Gleis.
Erkennen kann ich das so nicht. Da aber die Zeit eher für eine Rückkehr
spricht, glaube ich eher daran.
Die Lok ziehen endlich wieder und ich kann so die erlaubte
Geschwindigkeit halten. Ich habe es richtig vermutet, ich kann wieder auf
dem linken
Gleis
weiter fahren. Die Reise führt also weiter Richtung Norden. Nun bin ich
vor dem
Neigezug.
Ob dieser wieder flott gemacht werden konnte? Ich werde es früh genug
erfahren, aber jetzt bin ich vorne und fahre die erlaubte Geschwindigkeit,
die danke der
Zugreihe D
nicht besonders hoch ist.
Nun beginnt die Steigung der
Südrampe.
Jetzt benötige ich beide
Lokomotiven, denn für eine
Re 482
ist der Zug zu schwer. Die Fahrt beginnt ohne Probleme. Die Steigung ist
nicht so gross, dass ich die volle
Zugkraft
benötige. Der Zug rollt mit
Die weitere Fahrt den Gotthard hoch war ohne Probleme möglich und
in Airolo hatte ich auf die Marschtabelle noch einen Vorsprung von 15
Minuten. Nun kann die
Vielfachsteuerung
ausfallen, denn ab jetzt schaffe ich den Weg nach Arth-Goldau auch mit
einer
Lokomotive. Die Kamera zeigten mir sowohl in Ambri, als auch jetzt,
am Zug ist alles in Ordnung.
Nun beginnen die Minuten im
Tunnel des Gotthards. Das sind immer schwere Minuten,
die Steigung und die nun vorherrschende, wenn auch nicht beeindruckende
Höhe, sorgen dafür, dass man sich schnell müde fühlt. Die Dunkelheit
verstärkt den Effekt dann noch. So muss man im Tunnel mit sich selber
kämpfen. Das Problem kennen auch jene, die das Programm mit dem Auto
versuchen und früh los mussten.
Da die Geschwindigkeit tief ist und die
Lokomotive sehr ruhig
läuft, kommt einem der
Tunnel noch etwas unbehaglicher vor. Wie wäre ich nun
froh, wenn das Ende nur schon ein oder zwei Kilometer früher kommen würde,
doch die
Sifa
sorgt dafür, dass ich beschäftigt bin. Die Zeit wird aber kommen, wo ich
von 15 Kilometer träumen darf, denn dann sind es 57 Kilometer und mit
einem solchen Zug dauert die Fahrt fast unendliche 45 Minuten. Rechnen
können wir ja jetzt schon. Nur gefallen uns die Ergebnisse nicht.
Helfend sind die farbigen Punkte der Signale, die an der Lok
vorbei fliegen. Doch weiter vorne sehe ich ungewohnte gelbe Lichter. Es
ist die
Schutzstrecke im Gotthard, die nun einschaltet ist. Früher
war das üblich und wir wussten, dass sie aktiviert ist. Nun aber ist es
selten geworden, die
Kraftwerke
arbeiten halt optimal zusammen. Trotzdem gilt, der
Hauptschalter
muss raus und die Bügel müssen gesenkt werden, wenn die Schutzstrecke
aktiviert ist.
Eingefleischt wurde uns jungen Lokführern, dass diese
Schutzstrecke überwacht sei und jede nicht ausgeschaltete
Lokomotive registriert werde. Das bleibt im Hinterkopf. Gut, auch ich
hatte schon jene Momente, wo ich mich fragte, was hat den
Hauptschalter
ausgeschaltet ich oder die fehlende
Spannung?
Einmal war es mein Fehler und einmal war ich von einem
Scheinwerfer
geblendet und das Signal überraschte mich.
Nun beginnt jedoch wieder das Spiel von Osogna. Ja, es ist eine
Störung vorhanden und die
Batterieladung
ist ausgefallen. Ich weiss auch, dass die
Fahrleitungsspannung
nicht vorhanden ist. Aber alles ist so gewollt. Nur, warum kapiert das
dieses dämliche
Diagnosesystem
nicht und labert immer etwas von einer Störung, das lenkt ab. Egal, die
Lok arbeitet wieder und ich kann das
Portal in Göschenen sehen. Zwar
dauert es noch ein paar Minuten, aber das Ende vom
Tunnel ist in Sicht.
Es ist so, rund 7.5 Kilometer vor dem
Portal können wir dieses bei
schönem Wetter erkennen. Der nun kleine Punkt wir immer grösser werden und
dann ist es soweit, ich habe das Ende erreicht. Geändert hat sich nun auch
die Sprache, ab jetzt kann ich wieder so sprechen, wie ich das als Kind
von meiner Mutter gelernt habe. Die Fahrt führt aber ungehindert weiter
und so erreiche ich das beleuchtete Schild, das mit einer drei versehen
wurde.
Was in anderen langen
Tunnel vorgeschrieben ist, finde ich auch beim Gotthard
sinnvoll. Zwar besteht keine zwingende Vorschrift, aber ich prüfe die
Bremsen
des Zuges immer drei Kilometer vor dem Ende. So habe ich auch eine gewisse
Sicherheit, wenn es nicht so klappen sollte, wie das geplant war. Die
Bremsen sollten ja so verzögern, wie ich das anhand meiner Erfahrung
erwarte. Tun sie das nicht, sollte ich tunlichst dafür sorgen, dass ich in
Göschenen zum stehen komme.
Es würde nicht nur meiner Gesundheit schlecht bekommen, denn in
dem Zug, den ich am Haken meiner beiden
Lokomotiven habe, befinden sich
viele unangenehme Stoffe. Ein paar sind so gefährlich, dass sie mit
speziellen
Beiblättern erwähnt werden. Ein kurzer Blick auf die Papiere in
Bellinzona zeigte, es hat auch Sprengstoffe im Zug, das gäbe wohl ein
riesiges Desaster, wenn ich nicht bremsen könnte.
Die pneumatischen
Bremsen
der Wagen arbeiten einwandfrei. Das gilt jedoch nicht für die
elektrische
Bremse. Beim prüfen dieser Bremse fiel mir nämlich auf,
dass nur 120 kN erzeugt werden. Für die Talfahrt darf ich aber 190 kN
bremsen. Die Loks können das, nur müssen sie softwaremässig umgestellt
werden. Das hole ich nun bei der ersten
Lokomotive nach. Bei der zweiten
kann ich das nicht tun, da ich ja fahre und diese Umschaltung nicht
ferngesteuert erfolgen kann.
Der kleine Punkt ist nun zu einem grossen weissen Fleck geworden.
Ja, er ist nun so gross, dass ein Zug durch passen würde. Das ist auch so
und ich habe Göschenen erreicht. Wieder kontrolliere ich die
LEA
und die darin enthaltene
Fahrordnung.
Der Vorsprung ist etwas angestiegen, aber nur ein paar Minuten. Eigentlich
überraschend, das ich ja nicht schneller las 80 km/h fahren durfte. Ich
wäre halt hinter dem
IR geplant
und nicht davor, das macht den Unterschied, denn der ist am Gotthard im
Schnitt auch nicht schneller.
Nun steht aber die Talfahrt an. Den Hebel für die
Zugkraft
habe ich im
Gotthardtunnel
schon vollständig zurück genommen. Jetzt werde ich ihn auch nicht mehr
benötigen, denn ab Göschenen muss ich keine Zugkraft mehr aufbauen. Nun
kämpfe ich gegen die Schwerkraft und muss diese beherrschen. Der Zug mit
seinem Gewicht wird etwas mehr Druck ausüben als ich mit der
elektrischen
Bremse
erzeugen darf.
Was so einfach klingt, ist aber genau das, was ich nun wissen
muss. Das heisst, ich kann nicht den ganzen Zug mit den
Lokomotiven in
Beharrung halten. Die pneumatischen
Bremsen
der Wagen müssen mithelfen. Die Talfahrt ist daher mit etwas mehr Arbeit
verbunden. Ich bin jedoch darum froh, denn ich kämpfe aktuell doch etwas
gegen den Schlaf. Das Rauchverbot macht mir aktuell wirklich grosse
Probleme, denn sonst hätte ich jetzt geraucht.
Die Talfahrt beginnt etwas langsamer als erlaubt, aber so kann ich
etwas zuwarten, bis die Luftbremse benötigt wird. Die
elektrische
Bremse erzeugt maximal 182 kN. Das reicht nicht für
das Maximum, aber dazu müsste ich ausserordentlich anhalten und würde mir
das Leben auf der Talfahrt erschweren. So kann ich den Hebel der
elektrischen Bremse bis zum Anschlag ziehen. Das beim Bremsen mit der Luft
gefürchtete Klick der Rastrierung bleibt so aus.
Wie ich es erwartet habe, beginnt die Geschwindigkeit zu steigen.
Der Zug drückt die Geschwindigkeit hoch. Das ist eine Folge davon, dass
die Hangabtriebskraft grösser ist, als die elektrische
Bremskraft. War ja
gut, das wir das an einem Tag Schulung erfahren haben, denn ich meinte
immer, es sei einfach eine Macke der Wagen. So weiss ich aber, dass die
Kräfte nicht ausgeglichen sind. Das kann ein Techniker, wie das Lokführer
nun mal sind, nachvollziehen.
Daher wissen wir nun, dass die Kräfte nicht ausgeglichen sind.
Das ändert sich aber, denn ich ziehe nun am Hebel und sorge so dafür, dass
die Wagen bremsen. Die Reibung erzeugt nun eine Kraft, die der
Hang-abtriebskraft und dem rollenden
Rad
entgegen wirkt. Dadurch wird der Zug verzögert. Warum er das tut, ist mir eigentlich egal, ich muss wissen, dass er es tut. Die erwartete Verzögerung tritt immer etwas verzögert ein.
Die
Bremsen
sind träge und brauchen daher etwas, bis sie richtig angesprochen haben.
Die Gesch-windigkeit nimmt also trotz angelegter Bremse im ersten
Augen-blick noch zu. Das weiss jeder Lokführer vom Gotthard und erst noch
ohne entsprechenden Prozess.
Noch einer Tatsache ist man sich bewusst, wenn man am Gotthard
Eisenbahn fährt. Es sind die pneumatischen
Bremsen
und deren Zustand. Am Gotthard ist sich jeder Lokführer jederzeit bewusst,
in welchem Zustand sich seine Bremsen befinden. Nur so kann er immer
richtig reagieren, denn bleibt einmal ein Signal auf Halt, dann heisst es
bremsen und dann ist es wichtig, dass ich weiss, der Zug reagiert so oder
so.
Mit meinem fachlichen Wissen und einer Bremsausrüstung, die mir
wohlgesinnt war, schaffte ich die Talfahrt zügig und dabei immer noch sehr
sicher. Die Zeiten habe ich nur in Wassen und jetzt in Amsteg
kontrolliert. Sie stimmten mit den Vorgaben überein und ich fahre mit
meinem Zug rund 20 Minuten vor dem
Fahrplan. So soll es
bleiben, dann erreiche ich Arth-Goldau noch mit Vorsprung und die
Prüfungen können erledigt werden.
Doch das
Einfahrsignal
von Erstfeld verhindert meine ungehinderte Fahrt. Ein Blick auf die Uhr.
Alles klar, die Zeiger zeigen 8.50 Uhr. Jetzt muss ich bremsen und vor dem
Einfahrsignal anhalten, denn in zehn Minuten fährt in Erstfeld die
S-Bahn los und da
kann kein
Güterzug
voraus fahren. Das kennen wir und wundern uns immer wieder, warum das
gerade in Erstfeld immer so ist. An anderen Orten klappt das immer wieder.
Ich konnte noch in den
Bahnhof einfahren, dort komme ich aber genau in dem Augenblick zum
stehen, als im
Gleis daneben
der RABe 523
losfährt. Ohne diese unnötigen Bremsmanöver wäre ich vermutlich schon bald
in Altdorf und die
S-Bahn
hätte mich nie bemerkt. Aber so stehe ich an meinem Wohnort, der nun mal
Erstfeld ist. Nur eben, stationiert bin ich ja in Arth-Goldau. Langsam
gewöhne ich mich wirklich an meinen neuen Arbeitsort. Nach 18 Jahren
Erstfeld war das nicht sehr einfach. |
|||||
Feierabend gibt es noch nicht |
|||||
Die Zeiten, in denen es nun hiess, die Sachen packen und absteigen
sind vorbei. Mein Ziel ist Arth-Goldau und das ist noch knapp 30 Minuten
entfernt. Wie lange es wirklich sein wird, hängt vom Signal hier in
Erstfeld ab. Das ist noch rot. Ich greife zum
Funk
und rufe den
Bahnhof auf. Nach einiger Zeit meldet sich der
Fahrdienstleiter.
Die Stimme kenne ich und eigentlich bin ich nicht sonderlich überrascht,
dass nicht gleich geantwortet wurde.
Ich frage höflich, wann es denn für mich weiter gehen werde. Die
Antwort verwundert nun auch mich. Der
Bahnhof erklärt, dass niemand die
Fahrbereitschaft
erklärt habe. Ach so, der Zug hat
Durchfahrt, der Lokführer fährt durch
und alle Stellen sind informiert, nur der Bahnhof im Kanton Uri hat wieder
seine eigenen Vorstellungen. Ich bin Fahrbereit und das schon seit
Bellinzona. Lok und Lokführer sind im Transit.
Das Signal geht auf Fahrt und ich kann losfahren. Kaum habe ich
die
Zugkraft
aufgebaut, leuchtet die
Abfahrerlaubnis
auf. Ist ja gut, aber die brauche ich nun wirklich nicht, ich hatte ja nur
einen normalen Signalhalt. Klar,
Güterzüge
brauchen in Erstfeld eine solche Abfahrerlaubnis, aber nur Güterzüge mit
einem vorgeschriebenen Halt. Vorgeschrieben ist der für mich jedoch nicht.
Wenn es dumm geht, darf ich dann beim Chef noch Rechenschaft ablegen,
warum ich denn das gemacht habe, was ich muss.
Mit 60 km/h bin ich gut bedient. Werde ich schneller, dann hole
ich die
S-Bahn ein,
die ja an den
Fahrplan
gebunden ist. Mein Vorsprung ist nun massiv angestiegen, denn in Erstfeld
hätte ich warten müssen. Genau hätte ich noch knapp eine ganze Stunde
warten müssen. Das ist jetzt aber egal, denn ich fahre ja gegen Altdorf.
Rechts von mir liegt die grösste Baustelle der Schweiz und vor mir ein
Signal, das
Warnung
zeigt. Erneut heisst es abbremsen, die S-Bahn steht nun im Bahnhof und wartet den Neigezug der Gegenrichtung ab. Ich verzögere, komme aber nicht zum stehen. Nur, die Geschwindigkeit liegt jetzt bei 30 km/h. Das reicht, denn Flüelen ist sehr nah und die S-Bahn steht dort ja wieder. Kein Grund zur Hektik, denn im Güterverkehr eilt es ja nicht, warum sonst sollten wir immer hinter den S-Bahnen eingereiht werden?
Sie werden es vermutlich vermuten, es dauerte schier ewig, bis ich
endlich das Ziel meiner Reise erreicht habe. Immer wieder hatte ich die
S-Bahn
eingeholt und musste abbremsen. Das Spiel von Altdorf wiederholte sich so
noch dreimal. Jetzt ist der
Bahnhof von Arth-Goldau erreicht und die S-Bahn zweigt ab.
Was aber egal ist, denn hier endet meine Fahrt. Mein Zug hat nun rund 50
Minuten Vorsprung. Ein
Ablöser
wird sicherlich nicht anwesend sein, denn es ist ein Kollege von Goldau
und der hat gar noch nicht begonnen und auch sein Tag wird lange sein.
Die Antwort ist klar, ja der Zug steht im Gleis und die Lok laufe
durch, ich müsse nicht kuppeln. Ich bedanke mich für die Auskunft. Der
Fahrdienstleiter
konnte ja nicht wissen, dass ich mich vor zwei Stunden schon erkundigt
hatte. Da ich noch lange nicht Feierabend habe, kann ich die noch ausstehenden Aufgaben übernehmen. Zeit dazu habe ich ja genug. Der Kollege kann dann gleich losfahren und muss nicht noch lange Tests und Downloads ausführen.
Als erstes starte ich
Ebula.
Dort führe ich die Manipulationen aus um die Fahrplandaten zu bekommen.
Das klappt, dank der
GSM-R-Ausrüstung
des Gotthards auch hier in Arth-Goldau. Die
Re 482
durfte über den Gotthard mit GSM-R verkehren und muss hier in Arth-Goldau
umgestellt werden.
Die benötigten Daten zum deutschen
Fahrplan im
Ebula
werden auf die Lok geladen und schon ist die erste Aufgabe erledigt. Damit
ich die Prüfungen der
PZB und
LZB erledigen
kann, muss ich die Luftleitung zum Zug trennen. Die Ergänzung der Luft
stimmt sonst nicht mit dem Prüfprogramm überein und es kann Probleme
geben. Daher ziehe ich meine Handschuhe an und gehe nach hinten. Die
Lufthahnen schliesse ich und kann nun wieder nach vorne gehen um die
Prüfungen zu starten.
Die
Lokomotive wird nun abgerüstet und der Systemwechsel
vorgenommen. Die Schritte kenne ich langsam und ich weiss, dass ich dazu
nicht schnell arbeiten darf. Die Rechner müssen herunterfahren und neu
aufstarten, das dauert halt ein wenig. Gerade jetzt wäre ich natürlich
schneller. Die Umschaltung am Display ist auch längst zur Routine geworden
und dann ist man oft zu schnell für die Rechner.
Ich kann die Lok nach der kurzen Wartezeit wieder einschalten. Der
Fotograf, der sich schon an frühen Morgen auf den
Bahnsteig
verirrt hat, wundert sich nun vielleicht über das sich bietende Bild. So
hat die vordere Lok den breiten
Stromabnehmer der DB gehoben und die hintere den
üblichen schmalen Bügel der Schweiz. Den Wechsel habe ich nur auf der
vorderen Lok gemacht, denn hinten wird die
PZB heute
höchstwahrscheinlich nicht aktiviert werden. Der Weg nach Hamburg ist
lange.
Nun kann ich den Test starten. Die
Sprachausgaben, die Anzeigen
und die Bremsungen mit den Füllungen stimmen und der Test wird erfolgreich
beendet. Die Prüfung ist so schnell abgeschlossen. Es wird nun Zeit, die
Lokomotive wieder zu normalisieren, also wieder in den Modus der SBB
umzuschalten. Auch die üblichen Prüfungen auf dem zweiten
Führerstand
unterlasse ich, denn die Loks sollen ja bis Hamburg am Zug bleiben und bis
dieser dort ist, ist der Tag auch zu Ende. Dass der Zug nach Hamburg
fährt, hat mir auch das
Ebula
verraten, denn dort wurde der
Endbahnhof
Hamburg angezeigt.
Erneut muss ich warten, denn auch jetzt müssen die Rechner
umschalten. Danach kann ich wieder den Modus der SBB wählen und die
Lokomotiven normal in Betrieb nehmen. Jetzt passen auch die
Stromabnehmer zum Land und der Fotograf kann endlich
das erhoffte Bild machen. Was, so wie ich sehen kann, auch gemacht wird.
Die Lok ist wieder bereit.
Erneut gehe ich nach hinten, denn nun muss ich natürlich die
Leitung zum Zug wieder öffnen. Diese Handgriffe sitzen auch und ich höre,
wie von vorne Luft in die Leitung strömt. Die
Bremsen
des ersten Wagens beginnen sich nun langsam zu lösen. Da ich Zeit habe,
verzichte ich auf den Füllstoss und lasse die Bremsen in der
Fahrstellung
lösen. Die Bremsen müssen auch so lösen, denn das hat ja am Gotthard auch
geklappt.
Es dauert halt etwas, aber schliesslich ich kann die gelöste
Bremse
kontrollieren. Los ist sie und ich kann wieder zum
Führerstand
gehen. Die Bremsung leite ich sofort ein und gehe dann kontrollieren, ob
die vorher kontrollierte Bremse wirklich fest ist. Auch das ist so und der
Weg führt wieder zurück in den Führerstand. Jetzt benutze ich den
Füllstoss, damit die Bremsen wieder lösen. Auch diesen Vorgang kontrolliere ich am Zug. Die Bremsen sind gut und da ich die Daten für das ZUB, die verloren gingen, schon wieder während der Lösephase eingegeben habe, ist auch der Zug wieder klar zur Weiterfahrt. Ich sehe zudem, dass der Kollege im Anmarsch ist. Ich kann nun noch meine Unterlagen zusammen räumen und die Prüfung im entsprechenden Buch mit Unterschrift vermerken. Zum Schluss kontrolliere ich noch einmal ob am Ebula auch wirklich alles stimmt. Ich bin müde und da kontrolliere ich lieber nochmals, bevor ich eine falsche Aussage mache.
Der Kollege hat den Weg zur
Lokomotive geschafft und wir können
unsere Übergabe machen. Er wird mit dem Zug nun bis nach Offenburg fahren
und dann in Basel an beiden Lokomotiven den Systemwechsel durchführen. Ich
erkläre, dass die Prüfungen für Deutschland in diesem
Führerstand
erledigt sind und dass auf dem
Ebula
die Daten für Deutschland stimmen und aktuell sind. Der
Funk
müsse er nur noch auf Analog umstellen und dann könne er mit dem Zug
starten. |
|||||
Warten auf den Feierabend |
|||||
Ich beginne mit dem Fussweg zu den Räumlichkeiten beim
Stellwerk.
Da ich Zeit habe, benutze ich den sicheren Weg. Dieser führt mich auf den
Bahnsteig
und von dort durch die
Unterführung
auf die andere Seite der
Geleise. Die
Rechnung hätte gepasst, wäre da nicht jener Herr mit dem Fotoapparat. Er
spricht mich an. Das ist selten, aber wenn, dann heisst das, das Wissen
ist gefragt und mich erwarten komplizierte Fragen. Nicht jeder Lokführer
fühlt sich in solchen Rollen wohl, denn es ist nicht immer einfach.
Ich drehe mich um und spreche mit dem Herrn. Er fragt genau das,
was ich vermutete habe. Warum hatte die vordere Lok kurzzeitig den breiten
Stromabnehmer gehoben und ist das überhaupt erlaubt?
Daher erkläre ich, dass bei den
Lokomotiven ein System, das später in
Deutschland benötigt würde, geprüft werden musste. Im Stillstand sei das
durchaus auch in der Schweiz erlaubt. Ob das denn nicht in Basel ginge?
Doch, aber ich hatte Zeit und dann mache ich das hier, der Kollege wird es
mir danken, denn diese Tests sind eigentlich nicht am Zug vorgesehen.
Wenn das System benötigt würde, werde die Lok in Basel nicht mehr
gewechselt? Das ist so, die Lok bleibt am Zug bis zum
Endbahnhof
und das ist nun mal Hamburg. Nein, den Lokführer wechseln wir von Zeit zu
Zeit aus, das geht und so kann jeder zu Hause schlafen. Er findet, dass
ungewöhnlich, denn bei den Fernfahrern sei das anders. Das stimmt, aber
wir sind keine Fernfahrer und auch froh, dass wir zu Hause schlafen
dürfen.
Ein leichter Ruck geht durch die Wagen neben uns. Ein Zeichen
dafür, dass vorne ein Signal auf grün wechselte und mein Kollege mit dem
Zug losfahren kann. Die Wagen beginnen zu rollen und werden schneller.
Vorne schlängelt sich die Lok über die
Weichen
und neben mir kommt eine Person mit der Kamera kaum nach. Die Szene
scheint ihm so zu gefallen, dass er zur Videokamera griff. Wieder ein
Eisenbahnfilm, den vermutlich nur wenige zu sehen bekommen,
Urlaubserlebnisse aus Arth-Goldau oder was der Titel sein wird.
Die Loks werden immer kleiner und immer mehr Wagen rollen immer
schneller an mir vorbei, bis es ruhiger wird und der Zug endgültig vorbei
ist. Ist nicht immer der Fall, dass ein Lokführer erkennen kann, dass der
letzte Wagen seines Zuges ein
Zugschlusssignal trägt. Jetzt ist es aber möglich. Und die Kamera
hat wohl genug Filmmaterial gesammelt, denn sie sinkt wieder ab und ein
glückliches Gesicht erscheint dahinter.
Noch ein paar Worte, in denen ich einige Punkte so gut wie möglich
erkläre. Es ist selten, dass die Leute, die Tage damit verbringen auf
einem
Bahnsteig
zu stehen und nicht zu verreisen, einen echten Eisenbahner ansprechen. Die
Barriere
scheint zu hoch zu sein. Das ist gut für uns, denn nur so können wir
unserer Arbeit nachgehen und auch jetzt habe ich nicht endlos Zeit. Die
Firma bezahlt uns halt nicht, um Fremdenführer zu spielen und die Arbeit
geht vor.
Ich gehe weiter und erreiche die
Rampe zur
Unterführung.
Die Rampe führt mich nach unten. Kaum habe ich das Ende erreicht fragt
mich eine ältere Frau, wo denn der Zug nach St. Gallen fahre. Dieser fährt
auf dem
Gleis sechs los,
da müsse sie hier hoch. Sie bedankt sich und geht. Ich gehe auch, nur in
die andere Richtung. Der Weg ist nicht sehr lange und so erreiche ich die
Räumlichkeiten von heute morgen.
Hier kann man nur mit einem speziellen Schlüssel oder einem
Zahlencode eintreten. Diese besitzen alle Lokführer, die hier her kommen.
Beim Schlüssel sogar noch mehr. Die Räumlichkeiten sind nicht mehr
öffentlich zugänglich und daher abgeschlossen. Die nette Dame vom Anbieter
der Automaten füllt diese mit frischen Waren. Keine Angst, auch jetzt gibt
es kein frisches Brot und keine Butter. Die Maschinen müssen halt gewartet
werden.
Die zweite Türe, die ebenfalls mit dem gleichen Schlüssel geöffnet
werden muss, steht nun offen. Das ist meistens so, wenn ein Lokführer
anwesend ist. Die zweite Türe soll eigentlich nur verhindern, dass jene,
die mit dem ersten Schloss kein Problem hatten, hier scheitern. Wenn aber
ein Lokführer hier ist, will er sich nicht wie in einem
Hochsicherheitsgefängnis fühlen.
Aha, der Chef hier hat auch seine Arbeit begonnen. Sein Büro, das
kaum weniger Beton und Fenster hat, als die restlichen Räume wirkt nicht
sehr einladend. Die paar optischen Verbesserungen wirken irgendwie
hilflos. Ein kalter Raum wurde so nicht zu einem angenehmen Arbeitsort.
Kein Arbeitsplatz für mich, ich liebe es, draussen zu sein.
Mit dem Chef wechsle ich ein paar Worte. Meine Zeit hier begann
vor etwas mehr als einem Jahr und die Bilder von mir und meinen Kollegen
hängen auch an der Wand. Jede Klasse gehört mit zum Konzept der
Verschönerung. Ich muss mich aber um meine nächste Arbeit bemühen. Statt
Feierabend,
muss ich noch warten, damit ich eine Lok an den Zug stellen kann. Das
dauert aber noch rund 75 Minuten.
Einen Blick ins Programm für die Zuglage hilft weiter, ich schaue
daher im
ProSurf
nach dem Zug. Dieser hat Bellinzona noch nicht erreicht und glänzt aktuell
mit 120 Minuten
Verspätung. Ich
klicke auf den Zuglauf und erkenne, der Zug hat Luino noch nicht
verlassen, er sollte aber laut dem elektronischen Programm in Goldau nur
noch 20 Minuten verspätet sein. Doch das wird sich ja noch zeigen. Der Chef meint, ob ich einen Kaffee trinke. Klar, Lokführer trinken gerne Kaffee. Besonders dann, wenn sie vor über 9 Stunden dem Bett entstiegen sind. Die Dame vom Kaffeeanbieter hat den Automat gerade fertig gereinigt und wieder verschlossen. Jetzt können wir den Kaffee bestellen. Das tun wir auch indem wir auf dem netten Gerät eine Taste drücken.
Der Kaffee im Becher schmeckt. Die Zeiten mit den wässrigen
Lösungen, die man für Kaffee halten sollte, sind vorbei, die Automaten
machen mittlerweile einen guten Kaffee. Das ist eine gute Entwicklung.
Mein Geknurre im Magen lässt mich den Automat daneben inspizieren. Was
wird hier geboten? Schokolade, Teegebäck, Äpfel und wie könnte es anders
sein, "Zürich Geschnetzeltes mit Nudeln". Nur das "Riz Casimir" daneben
ist anders.
Zum Kaffee kaufe ich mir ein Teegebäck. Das passt und beruhigt
meinen Magen ein wenig, der seit gestern Mittag immer noch auf etwas
Vernünftiges wartet. Das Frühstück fiel ins Wasser und wurde durch einen
Schokoriegel mit Planetennamen ersetzt. Jetzt ist es etwas Teegebäck.
Ausgewogene und gesunde Ernährung ist mit Automaten einfach nicht möglich.
Die bieten ein Grundangebot und das passt selten zum Tagesverlauf.
Wenn man miteinander spricht, vergeht die Zeit. Die bedrückenden
Räume wirken nicht so bedrohlich und dunkel. Es wird Zeit, mich wieder um
die nächste Arbeit zu kümmern. Zuerst der Zug. Der steht mittlerweile mit
90 Minuten
Verspätung
in Bellinzona. Eile steht nicht an. Der Kollege aus Deutschland hat soeben
den Raum betreten. Er wird den Zug nach seiner Pause übernehmen.
Wir wechseln ein paar Worte. Er hat nun Pause und packt dabei das
von zu Hause mitgebrachte Essen aus. Die Preise, auch an den Automaten,
sind für die Kollegen aus Deutschland einfach viel zu hoch. Gut, ich
glaube auch nicht, dass er sich um diese Zeit an einem Geschnetzeltes nach
Zürcher Art hätte erfreuen können. Ich greife einmal zum
Telefon, das
hätte ich ja schon lange vorher tun können, aber der Smalltalk verhinderte
das.
Die
Leitstelle
meldet sich, Ich melde mich mit Namen und der Nummer der
Tour. Auch das
Depot
sollte ja genannt werden, der Mitarbeiter betreut ja mehrere Standorte. Da
er aber auch von hier ist, weiss er, welchen Standort ich meinte. Nach
kurzer Zeit hat er mich gefunden. Seine Antwort ist klar. Ich müsse ja
noch den Zug vorbereiten. Ich solle zur rechten Zeit auf die Lok gehen.
Schön, und wo ist der Zug? Erst jetzt bemerkt der Arbeiter, dass
die
Verspätung
so gross ist, dass ich die Lok nicht mehr an den Zug stellen muss, denn
der Kollege, der gerade in ein frisches Brötchen, mit Trockenfleisch und
Butter beisst, kann die Lok auch selber am Standplatz übernehmen. Die
Vorbereitung
fällt somit ins Wasser und der Mitarbeiter auf der
Leitstelle
meint, ich sollte um 10 Uhr
Feierabend
machen. Ein Blick auf die Uhr lässt mich erkennen, dass das in gut 20
Minuten sein wird. |
|||||
Es geht nach Hause |
|||||
Exakt um 10 Uhr verlasse ich die Räumlichkeiten. Der Spruch eines
früheren
Disponenten bekommt jetzt eine ganz besondere Bedeutung. Er
meinte damals immer, wenn wir nach Hause durften, sie sind entlassen. So
fühlt man sich, wenn man dieses Verliess verlässt. Wie ein Gefangener, der
entlassen wurde. Aber nur auf Bewährung, denn nach den Freitagen kommt man
wieder hierher.
Die Zeit bis jetzt nutzte ich noch, um meine Mappe zu ordnen. Die
Warnweste
hat darin ihren Platz ebenso, wie das Überkleid und die
LEA.
Wichtige Dokumente sind in einem eigenen Fach und so hat alles seine
Ordnung. Ich finde darin alles, was ich zur Arbeit brauche. Es ist so
schon eine recht schwere Packung geworden. Gewogen habe ich sie noch nie,
aber es werden sicher mehr als
Ich verabschiede mich vom Chef, der wieder hinter seinem
Schreibtisch sitzt und in den
Bildschirm schaut. Vielleicht hat es dort
die ruhige Natur, die es einfach ab und zu braucht. Ein Blick in die grüne
Landschaft wirkt erholsam und muntert auf. Nun, ich muss zum Glück nicht
diesen schönen Tag in diesem Kerker verbringen. Auch Chefs sind nicht
immer zu beneiden. Gut, die kleineren Kader dürfen nicht zu viel
Unterstützung vom Unternehmen erwarten.
Mein Wagen steht immer noch auf dem Parkplatz. Im Gespräch vorhin
habe ich erfahren, dass einem Kollegen das Auto aufgebrochen wurde. Bei
mir würde sich das nicht lohnen, denn darin ist nun wirklich nichts von
Wert. Der Radio passt nur zum Wagen und meine Wertsachen trage ich auf
mir. Das wird bei den meisten so sein und letztlich ist es ja nur der
Ärger, der nervt, denn jetzt will ja auch ich nur noch nach Hause.
Die Mappe kommt nun an ihren Platz. Das ist eine Neuerung, denn
bisher hatte ich die Mappe immer in den Kasten gestellt. Nun hat sie ihren
Platz im Wagen gefunden. Vermutlich hätte ich sie auch früher nach Hause
genommen, nur wer trägt schon
Ich setze mich in den Wagen, die Morgensonne hat schon dafür
gesorgt, dass der Innenraum recht heiss geworden ist. Die
Klimaanlage
wird schon noch kühlen. Ich fahre los und nehme Kurs auf Erstfeld und
meine Wohnung. Das wird etwas mehr als 30 Minuten dauern. So bin ich dann
zu Hause, wenn ich
Feierabend
hätte. So können verspätete Züge auch einen Vorteil bringen.
Zu Hause bekomme ich dann das Essen, das zum Tag passt. Jetzt
würde das Geschnetzelte Zürcher Art passen, doch ich entschied mich für
ein anderes Gericht, das ich selber zubereitete. Reis, ein Stück Fleisch
und Gemüse. Jetzt nach rund 24 Stunden ist es an der Zeit, sich endlich
etwas für den Magen zu gönnen. Dazu ein Glas Wein. Ich kann es mir nun
leisten, denn jetzt habe ich vier Tage frei und danach Büro statt
Nachtdienst.
Während dem Essen fiel mit ein, die
Meldung für die defekte
Pfeife
habe ich doch tatsächlich vergessen. Wieder eine Meldung, die vermutlich
nie geschrieben wird, weil sich nicht jeder Lokführer achtet, oder einfach
aus dem Grund, weil diese Pfeiftafeln selten geworden sind und so dieser
Defekt kaum auffällt. Nur eben, wie lange hätte ich gesucht, bis ich mich
durch das Labyrinth der Menüs gesucht hätte?
Ein Nachteil kam dann später, denn vom schönen Tag hatte auch ich
nicht viel. Vermutlich konnte der Chef in seinem Kerker mehr vom schönen
Tag geniessen, denn bei mir schlug nach 13 Stunden auf den Beinen die
Müdigkeit erbarmungslos zu. Jetzt forderte der Körper das, was ihm in der
letzten Nacht fehlte, ausreichend Schlaf. Bei grosser Hitze ist das aber
nicht immer möglich.
|
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