Bedienung des Motorwagens

Letzte

Navigation durch das Thema

Nächste

Wie vorher bei der Steuerung schon erwähnt, die Motorwagen sollten durch mehr als einem Mitarbeiter bedient werden. Insgesamt waren für dieses Fahrzeug nicht weniger als drei Personen erforderlich. Dazu gehörte auch der Zugführer, der für die Reisenden zuständig war. Neben den Kontrollen der Fahrausweise hatte er noch die Beleuchtung der Abteile einzustellen und die Deckenlüfter bei Bedarf zu öffnen, oder zu schliessen.

Mit der restlichen Bedienung hatte der Zugführer nicht viel zu tun. Dazu war das von den Dampflokomotiven stammende Lokomotivpersonal zuständig. Neben dem Heizer war auch der Lokführer vorhanden. Diese beiden Personen hatten sich die Aufgaben zu teilen. Auch wenn der Heizer hier kein Feuer mehr zu bedienen hatte. Um das zu verdeutlichen, wurde in den Unterlagen auch von einem Beimann gesprochen. Neuer Name, aber der gleicher Job.

Wie üblich besteht die Aufgabe des erwähnten Personals darin, einen Motorwagen zu übernehmen, die erforderlichen Prüfungen zu machen und dann eine kurze Fahrt zu absolvieren. Sie können davon ausgehen, dass genau so das Lokomotivpersonal an die neuartigen Fahrzeuge herangetreten war. Es gab kein Feuer mehr und auch sonst musste sich das Personal mit den neuen Gefahren der elektrischen Traktion vertraut machen.

In das Fahrzeug gelangte das Personal noch einfach. Es wurde dazu einfach einer der seitlichen Einstiege benutzt. Welcher effektiv genutzt wurde, hing daher von der Bequemlichkeit ab.

Der Heizer war da schon etwas aktiver, denn seine Aufgabe umfasste die Aussenkontrolle. Er suchte nach Schäden und kontrollierte, ob überall noch genügend Schmiermittel vorhanden war. Fehlte dieses wurde der Vorrat wieder ergänzt.

Danach begab aber auch er sich in den Motorwagen und stiess dabei zum Lokführer. Wir gehen nun davon aus, dass beide den Führerraum betreten und sehen nach, was sich dem Personal für ein Bild zeigte.

Durch eine der beiden Türen gelangte man in den Führerraum, jedoch nicht zum Arbeitsplatz des Lok-führers. Dieser war mit einem Scherengitter abgegrenzt worden. Es sollten so mutwillige Schäden verhindert werden.

Um auch sicher zu stellen, dass es keine Beschädig-ungen durch Dritte gab, war dieses Gitter eine der wenigen Zugänge, die verschlossen werden konnten. Es gab schlicht keine Klinke und das Schloss wurde mit dem Vierkantverschluss der Eisenbahnen versehen. Wer über diesen Schlüssel verfügte, konnte das Gitter öffnen. Im besetzten Führerstand blieb es offen, da hier ja niemand ohne Erlaubnis an die Elemente kam.

Der Raum war in den Farben des Motorwagens gehalten. Auf der rechten Seite befand sich der Arbeitsplatz des Lokführers und links jener des Heizers. Diese Lösung wurde von den bereits eingesetzten Dampflokomotiven übernommen. Hier hätte sich jedoch auch ein Wechsel angeboten, da nicht mehr auf den Heizer und den Flug der Kohle geachtet werden musste. Neu für das Personal waren daher nur das Führerpult mit den Bedienelementen.

Wie schon bei den Dampflokomotiven musste der Motorwagen stehend bedient werden. Der für die Führerkabine verfügbare Platz verhinderte eine Sitzgelegenheit im Bereich der Bedienelemente. Um optimal auf die Strecke zu blicken, stellte sich der Lokführer so auf, dass er durch das mittlere Fenster blicken konnte. Stand er anders, hatte er genau die Säule zwischen den beiden Frontfenstern im Blickfeld. Somit wählte er automatisch diese Stellung.

Es war jedoch an der Rückwand des Führerstandes eine Sitzbank vorhanden. Diese durfte bei längeren Aufenthalten benutzt werden. Meistens wurde dort aber auch das mitgeführte Gepäck des Lokführers deponiert.

So hatte dieser leichten Zugriff zu den Fahrplänen und weiteren Dokumenten. Bei längeren Aufenthalten, war das Personal zudem oft mit Kontrollen beschäftigt. Mit anderen Worten, die Sitzbank war eine Ablage.

Die effektiven Handlungen des Lokomotivpersonals werden wir uns mit einer normalen Inbetriebnahme des Motorwagens ansehen. Dazu musste sich der Lokführer vor sein Pult stellen. So konnte er alle Bedienelemente erreichen.

Um die richtige Handlung auszuführen, waren die Steuerschalter beschriftet worden. Dabei zeigte der Griff an, in welchem Schaltzustand sich der Schalter befand. Speziell dabei war nur jener für den Stromabnehmer.

Dieser Bedienhebel konnte abgezogen werden. Das erlaubte es, den Griff zum anderen Führerstand mitzunehmen. Dort konnte dann der Steuerschalter wieder mit dem Handgriff versehen werden.

Eine einfache Lösung, die dafür sorgte, dass das Fahrzeug nur in einem Führerstand auf-gerüstet werden konnte. Egal wo, war der Griff vorhanden, wurde dieser zuerst in die Stellung «Hoch» verbracht. Die Bügel wurden nun gehoben.

Der Lokführer hatte nun zu warten, bis die Stromabnehmer die Fahrleitung berührten. Erst wenn das erfolgt war, durfte der Steuerschalter zum Hauptschalter betätigt werden. Der Motorwagen schaltete nun ein und der Lokführer konnte an den unter dem Fenster montierten Instrumenten die Spannung in der Fahrleitung ablesen. Erfolgte dort jedoch keine Anzeige, konnte es durchaus sein, dass es keine Spannung gab.

Sofern die Spannung vorhanden war, aktivierte sich die Umformergruppe und der Kompressor nahm die Arbeit auf. Aus diesem Grund wurde der Steuerschalter dazu im Vorfeld schon auf «Automat» gestellt. So war gesichert, dass die Druckluft nach dem Einschalten ergänzt wurde. Wichtig war das, weil bei den nächsten Schritten diese Druckluft benötigt wurde. Auch hier mussten vor der Fahrt die Bremsen geprüft werden.

Geprüft wurden sowohl die Regulier- als auch die automa-tische Bremse. Auch jetzt beginnen wir mit der Regulier-bremse. Diese konnte auch sofort geprüft werden, da es keine Apparate gab, die gefüllt werden mussten.

Die Zeit der Prüfung wurde daher dazu genutzt um die Hauptleitung zu füllen. Doch nun zur Bremsprobe mit dem Regulierbremsventil der Bauart Westinghouse, das be-kanntlich von den vorhandenen Dampflokomotiven über-nommen wurde.

Das Regulierbremsventil musste gegen den Uhrzeigersinn verdreht werden. Damit wurde Druckluft in die Leitung entlassen. Diese wiederum sorgte dafür, dass der Brems-zylinder ausgestossen wurde.

Ob diese Handlung korrekt erfolgt, konnte der Lokführer an einem unter dem Fenster montierten Manometer ables-en. Je mehr verdreht wurde, desto höher der Luftdruck. Erst mit dem verbringen zum Anschlag löste die Bremse wieder.

Eine einfache Prüfung, die auch an allenfalls mitgeführten Wagen ausgeführt wurde. Dort wurde die korrekte Funktion jedoch an den Bremskloötzen und nicht an den Instrumenten geprüft. Eine Aufgabe, der der Zugführer zu übernehmen hatte. Es sei denn, der Bahnhof konnte entsprechendes Personal stellen. In jedem Fall galt die Regulierbremse als geprüft, wenn die Bremsen aller Fahrzeuge wieder korrekt gelöst wurden.

Es muss jedoch noch erwähnt werden, dass die Prüfung an den Wagen bei der Regulierbremse nur erfolgen konnte, wenn diese damit ausgerüstet waren. Das war jedoch nur bei den Reisezügen der Fall. Daher wirkte die Bremse nur auf dem bedienten Motorwagen. Ein Umstand, der nicht so schlimm war, weil auch das zweite Bremssystem vor der Fahrt geprüft werden musste. Die automatische Bremse war in jedem Fall mit den Wagen verbunden.

Bei der Prüfung der Westinghousebremse wurde das Führerbremsventil W4 benutzt. Dieses wurde ebenfalls von den Dampflokomotiven übernommen und es konnte die Hauptleitung sowohl in der Fahrstellung, als auch mit der Füllstellung mit Druckluft versorgen.

Dabei galt jedoch zu beachten, dass bei diesem Bremsventil nur mit der Fahrstellung der Druck von fünf bar möglich wurde. Der Füllstoss des Führerbremsventils konnte durchaus auch höhere Luftdrücke erzeugen.

Erst wenn der Luftdruck in der Hauptleitung diese fünf bar erreicht hatte, konnte die Bremse geprüft werden. Auch jetzt wurde der Motorwagen nur mit den Manometern kontrolliert.

Das Verfahren bei mitgeführten Wagen, wiederholte sich jedoch, denn auch hier galt die Bremse als geprüft, wenn der Druck in der Hauptleitung fünf bar betrug und alle Bremsen gelöst waren. Damit war das Fahrzeug fahrbereit.

Bevor jedoch losgefahren werden konnte, wurde das Fahrzeug wieder mit der direkten Bremse gesichert. Erst dann kam der Heizer wieder in Aktion, denn dieser hatte die Handbremse zu lösen.

Diese Spindelbremse konnte mit einem Stift so arretiert werden, dass sie sich nicht un-gewollt löste. Daher musste sie angezogen werden, wenn sich das Lokomotivpersonal ab dem Fahrzeug begab. Das ist nun nicht der Fall, da wir losfahren möchten.

Wurde das Fahrzeug bei beginnender Dunkelheit, oder in der Nacht übernommen, musste auch die Dienstbeleuchtung korrekt eingestellt werden. Welches Signalbild dabei ange-wendet wurde und wann dies erfolgen musste, war betrieblich bedingt.

Am Tag wurden nur die Schalter der einzelnen Lampen korrekt eingestellt. Das Licht blieb jedoch dunkel, da damals am Tag auch mit den Motorwagen ohne Licht gefahren wurde.

Jetzt sind alle Bedingungen erfüllt und es kann die Fahrrichtung eingestellt werden. Es war in jedem Führerstand kein Problem beide Richtungen einzustellen und auch zu fahren.

Da wir nun aber nach den Vorschriften arbeiten wollen, müssen wir den entsprechenden Steuerschalter nach vorne schieben und so die entsprechende Fahrrichtung einstellen. Auch hier war die Bedienung des Schalters logisch aufgebaut worden.

Mit dem Steuerkontroller, der sich senkrecht am Führ-erpult befand, konnte die erste Fahrstufe eingestellt werden. Dabei musste mit dem Handrad eine volle Umdrehung gemacht werden.

Die Schützensteuerung schaltete daraufhin die Stufe und die beiden Fahrmotor bekamen Strom. Der Motorwagen baute nun über den Tatzlagerantrieb und die Achse mit den Triebrädern gegen die angezogene Regulierbremse Zugkraft auf. Das konnte der Lokführer an einer Anzeige erkennen.

Wurde nun die Regulierbremse gelöst, begann der Motorwagen zu rollen. Je nach dem Tempo, wie diese Bremse gelöst wurde, rollte das Fahrzeug ruppiger los. Erfahrene Lokführer konnten jedoch so eine Anfahrt ohne einen Ruck ermöglichen. Erst bei vollständig gelöster Regulierbremse wurde die volle Zugkraft auf den Motorwagen übertragen. Je nach Strecke resultierte daraus eine Beschleunigung und die Fahrt wurde schneller.

Erfolgte nun keine Veränderung der Fahrstufe, endete die Beschleunigung in dem Moment, wenn die Zugkraft dem Widerstand der Tatzlagermotoren entsprach. In dem Fall musste, wollte man schneller fahren, eine weitere Stufe zugeschaltet werden. Wann der Lokführer diese schalten durfte, konnte er an einer kleinen Tabelle ablesen. Wer etwas zu forsch ans Werk ging, durfte dann das Relais zurückstellen. Meistens eine Aufgabe, die der Heizer übernehmen musste.

Da wir nun fahren, muss dem Lokführer auch die Geschwind-igkeit angezeigt werden. Dazu war in jedem Führerstand ein Geschwindigkeitsmesser verbaut worden. Diese in der Ecke montierte Anzeige trug auch eine Marke, die jedoch nur zur Kennzeichnung der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit diente.

Bei den Motorwagen war das bei 70 km/h der Fall. Da die Daten aufgezeichnet wurden, sollte sich das Personal an die Geschwindigkeiten halten.

Geregelt wurde die Geschwindigkeit mit der Zugkraft. Bei den vorhandenen sechs Fahrstufen konnte das durchaus be-deuten, dass immer wieder eine Stufe zu- oder abgeschaltet werden musste.

Bei der groben Abstimmung, bedeutete das, dass immer wieder ein Ruck durch die Fahrgäste ging. Zumindest damals war eine Reise mit Dampfmaschinen noch etwas eleganter. Jedoch müssen wir auch wissen, hier war der Effekt noch nicht bekannt.

Um zu verzögern, oder mit dem Motorwagen anzuhalten, musste die Zugkraft abgeschaltet werden. Dadurch rollte das Fahrzeug alleine durch die Schwerkraft weiter.

Reichte deren Verzögerung nicht aus, musste der Zug mit einer der beiden pneumatischen Bremsen verzögert, oder reguliert werden. Welche Bremse benutzt werden musste, war dem Bedienpersonal bekannt, denn in diesem Punkt gab es keinen Unterschied zu den Dampflokomotiven.

Wenn der Motorwagen mit der automatischen Bremsen zum Stillstand kam, wurde der Steuerschalter für die Fahrrichtung in die neutrale Stellung verbracht. Da wir nun aber eine Fahrt gemacht haben, können wir das Fahrzeug ausschalten und verlassen. Während sich der Lokführer dabei um die elektrischen Punkte des Fahrzeuge kümmerte, übernahm der Heizer, der nun als Beimann bezeichnet wurde, die restlichen Kontrollen.

 

Letzte

Navigation durch das Thema

Nächste
Home SBB - Lokomotiven BLS - Lokomotiven Kontakt

Copyright 2022 by Bruno Lämmli Lupfig: Alle Rechte vorbehalten