Druckluft und Bremsen

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Bei der Eisenbahn kannte man um 1910 die Druckluft bereits. Sie wurde bei den Dampfzügen für die Bremsen benötigt. Mit den neuen elektrischen Fahrzeugen verschwand sie nicht. Vielmehr wurde die Druckluft noch für weitere Funktionen genutzt. Jedoch stellte sich hier das Problem, wie man diese Luft herstellt, denn es gab keinen Dampf für den Betrieb einer Luftpumpe. Man musste eine neue Lösung für das Problem finden.

Für die Herstellung der Druckluft wurde unter dem Boden des Wagenkastens ein Kompressor eingebaut. Dazu hatte man bereits ein Modell entwickelt, dass mit einem Motor arbeitete.

Durch dessen Bewegung wurde im Gerät die angesaugte und gefilterte Luft in eine geschlossene Leitung geschöpft. Dadurch entsprach die Funktion dieser neuen Kompressoren den bewährten Luftpumpen, die man von den Dampfma-schinen her bereits kannte.

Die Leitung endete im ebenfalls unter der Fahrzeug einge-bauten Luftbehälter. Dabei wurden in der Leitung ein Rückschlagventil und das nun benötigten Ventil zur Kon-trolle des maximalen Luftdruckes eingebaut.

Dieses Überdruckventil war so eingestellt worden, dass in den Leitungen ein maximaler Wert von acht bar erreicht werden konnte. Es war ein Wert, der durchaus auch schon bei den Dampfmaschinen verwendet wurde.

Dank dem Hauptluftbehälter konnte der Motorwagen auch arbeiten, wenn der Kompressor nicht genug Luft schöpfen konnte. Da hier die Druckluft jedoch auch benötigt wurde, um das Fahrzeug einzuschalten, musste der Vorrat im Behälter auch gespeichert werden können. Dazu waren Absperrhähne in den Leitungen eingebaut worden. Dabei wurden ab diesem Luftbehälter zwei Leitungen abgeführt, die wir ansehen müssen.

Die erste Leitung, die wir uns ansehen, wurde in den Unterlagen zum Fahrzeug als Apparateleitung bezeichnet. Dabei arbeitete diese erste Leitung mit den veränderlichen Luftdrücken des Hauptluftbehälters. Sie kann daher nicht mit den später verwendeten Lösungen verglichen werden. Jedoch wichtiger als der Name waren die hier angeschlossenen Baugruppen und damit erklärt sich auch gleich die Bezeichnung.

Angeschlossen wurden hier die elektrischen Apparate, aber auch die auf dem Dach montierte Lokpfeife. Diese war von den Dampflokomotiven über-nommen worden. Jetzt wurde sie jedoch statt mit Dampf mit Druckluft betrieben.

Das hatte zur Folge, dass die Lautstärke wegen dem geringeren Druck in der Leitung vermindert wurde. Trotzdem waren die akustischen Signale gut zu erkennen. Anpassungen hier sollte es viele Jahre nicht mehr geben.

Speziell war jedoch, dass die Leitung nicht auf das Fahrzeug beschränkt wurde. Vielmehr wurde sie zu den beiden Stossbalken geführt. Dort teilte man die Leitung, so, dass jeweils zwei Anschlüsse vorhanden waren.

Die am Stossbalken montierten Absperrhähne waren weiss gestrichen wor-den. Auch die Kupplungen der Schläuche hatten diese Farbe bekommen. Zudem wurden andere Modelle verwendet, denn die Leitungen durften nicht vertauscht werden.

Diese Apparateleitung an den Stossbalken entsprach somit den heute be-kannten Speiseleitungen. Deren Nutzen war sogar identisch, auch wenn es damals nicht viele Fahrzeuge gab, die über solche Anschlüsse verfügten.

Genau genommen waren es diese drei Motorwagen. Doch mit dem heute für diese Leitung üblichen Begriff, können wir zur zweiten am Hauptluftbehälter angeschlossenen Leitung wechseln.

Bei der zweiten an dem Luftbehälter angeschlossen Leitung änderte sich gegenüber der zuvor vorgestellten Apparateleitung nicht viel. Auch bei diesem Anschluss wurden die unterschiedlichen Luftdrücke zwischen sechs und acht bar genutzt. Damit man die beiden Leitungen in den Dokumenten unterscheiden konnte, wurde hier von der Speiseleitung gesprochen und sie war nur auf das Fahrzeug beschränkt worden.

Auch wenn wir nun den Verdacht haben, dass die beiden verwendeten Leitungen mit vertauschten Namen versehen wurden, stimmt das nicht. Später wurde nicht mehr die Apparateleitung zu den Stossbalken geführt, da sie mit stabilen Drücken arbeitete. Der Anschluss für angehängte Fahrzeuge war daher an dieser zweiten Leitung und somit an der Speiseleitung angeschlossen worden. Die Namen blieben, der Anschluss änderte sich.

Diese Speiseleitung diente der Versorgung der Druckluftbremsen. Diese waren auch der Grund, warum solche Systeme bereits seit Jahren bekannt waren. Da an diesen Motorwagen herkömmliche Fahrzeuge angekuppelt wurden, musste auch eine zu diesem Bremsen passende pneumatische Bremse verbaut werden. In diesem Fall wurde in den Unterlagen zum Fahrzeug von der doppelten Westinghousebremse gesprochen.

Wie es der Name schon vermuten lässt, es waren zwei unabhängige Bremssysteme vorhanden. Diese wurden von der Firma Westinghouse geliefert, was anhand der Bezeichnung erwartet werden konnte. Damals gab es kaum andere Anbieter für die pneumatischen Bremsen. Wir beginnen auch hier die Betrachtung mit der einfacher aufgebauten direkt wirkenden Bremse. Diese Lösung wurde damals oft auch als Regulierbremse bezeichnet.

Bei dieser Bremse wurde die von der Speiseleitung bezogene Druckluft mit einem Ventil in eine zweite Leitung geleitet. Dabei konnte mit dem Regulierbremsventil der Bauart Westinghouse der Luftdruck stufenlos bis zu einem maximalen Druck von 3.5 bar gesteigert werden. Dank der einfachen Bedienung dieses Bremsventils konnte die Bremskraft sehr fein reguliert werden. Aus diesem Grund wurde dieses System auch so bezeichnet.

Wie es damals bei den Reisezügen bereits üblich war, wirkte die Regulierbremse des Triebfahrzeuges auch auf die Anhängelast. Daher musste die Regulierleitung ebenfalls zu den Stossbalken geführt werden. Dort teile sie sich und stand in zwei Schläuchen den Verbrauchern zur Verfügung. Die Schlauchkupplungen besassen jedoch noch keine Rückschlagventile. Daher wurde auch diese Brems-leitung mit beim Stossbalken montierten Absperrhähnen versehen.

Ein Problem der Regulierbremse war die direkte Wirkweise. Das führte dazu, dass die Anhängelast bei einer Zugstrennung nicht mehr gebremst wurde. Gerade auf den steigungsreichen Strecken des Berner Oberlandes, war das natürlich nicht gut. Daher wurde das zweite Bremssystem benötigt. Dieses stammte ebenfalls aus dem Hause Westinghouse, womit sich die doppelte Westinghousebremse ergab. Wir müssen daher auch diese Bremse ansehen.

Mit dem zweiten Bremssystem nach Westinghouse wurde die Sicherheitsbremse verwirklicht. Diese Lösung wurde oft auch als automatische Bremse, aber auch als Westinghousebremse bezeichnet und sie arbeitete mit einer Leitung, die als Hauptleitung bezeichnet wurde. Die Bremse war betriebsbereit und somit gelöst, wenn die Leitung über das Bremsventil von der Speiseleitung mit einem maximalen Luftdruck von fünf bar gefüllt worden war.

Auch die Hauptleitung musste auf die Anhängelast übertragen werden. So-mit wurde die Leitung zu den Stoss-balken geführt und dort, wie die an-deren Leitungen geteilt.

Ein rot eingefärbter Absperrhahn ver-hinderte, dass ungewollt Druckluft ent-weichen konnte. Die hier verwendeten Kupplungen waren ebenfalls rot.

Sie konnten nicht mit der Appara-teleitung vertauscht werden. Doch da-mit haben wir einen sehr gut gefüllten Stossbalken erhalten.

Da bei dieser Bremse eine Verzöger-ung erreicht wurde, wenn der Luft-druck in der Hauptleitung gesenkt wurde, konnte der Bremszylinder nicht direkt angeschlossen werden.

Wir haben damit eine indirekte Brem-se erhalten, die nur wirken konnte, wenn auf dem Fahrzeug ein Steuerventil der Bauart Westinghouse verbaut wurde. Diese Ventil wandelte den Druckabfall so um, dass der Bremszylinder mit Druckluft versorgt wurde.

Die Bremskraft wurde anhand des Druckabfalls geregelt. Mit dem Steuerventil konnte im Bremszylinder ein maximaler Druck von 3.9 bar erzeugt werden. Damit haben wir die normale P-Bremse erhalten. Eine Möglichkeit auf die langsamere G-Bremse umzustellen war nicht vorhanden. Bei einem Motorwagen wäre diese so oder so nicht benötigt worden, da dieser kaum für lange Güterzüge benutzt werden sollte.

Wurde der Druck in der Hauptleitung erhöht, löste das Steuerventil die Bremse komplett. Dabei spielte es keine Rolle, ob der Regeldruck von fünf bar erreicht wurde. Es war daher ein einlösiges Ventil verbaut worden. Damals kannte man nur solche Modelle. Jedoch war es jederzeit auch möglich, die automatische Bremse mit der Regulierbremse zu übertreffen. Wobei das aber nicht bis zum maximalen Druck möglich war.

Egal welche Bremseinrichtung effektiv angewendet wurde, die in den beiden Drehgestellen eingebauten Bremszylinder wurden mit Druckluft betrieben. Dabei sorgte diese dafür, dass der Kolben nach aussen ge-stossen wurde.

Wurde die Luft jedoch wieder entfernt, sorgte eine Rückholfeder dafür, dass die mechanischen Bremsen des Motorwagens aus korrekt gelöst wurden. Damit sind wir jedoch bereits bei den mechanischen Bremsen angelangt.

Mit dem Kolben des Bremszylinders war ein Brems-gestänge verbunden worden. Dieses war so aufgebaut worden, dass die Bremsbeläge durch die Kraft des Zylinders gegen das drehende Rad gepresst wurden.

Dadurch wurde dieses an der freien Drehung gehindert und das Fahrzeug verzögerte. Die dabei erzeugte Kraft war sowohl vom Bremszylinder, als auch von der An-zahl Beläge, abhängig. Letztere setzten die Kraft in Reibung um.

Jedes Drehgestell verfügte über ein eigenes Bremsgestänge. Dieses wurde, wie wir schon wissen, vom Bremszylinder bewegt. Jedoch gab es noch eine mechanische Lösung. Es lohnt sich, wenn wir auch hier etwas genauer hinsehen. Auch jetzt reduziere ich mich auf ein Drehgestell. Das zweite war, Sie können es mir glauben, in diesem Punkt identisch aufgebaut worden. Auch jetzt sehen wir das Drehgestell Nummer eins an.

Mit dem Bremsgestänge sind wir beim mechanischen Teil angelangt. Dieser wurde nicht nur vom Bremszylinder bewegt. Im benachbarten Führerstand war auch noch eine Handbremse vorhanden. Diese war als Spindelbremse ausgeführt worden und wirkte jeweils auf das benachbarte Gestänge. Eine Lochscheibe konnte zur Arretierung genutzt werden. Daher konnten alle Achsen auch mechanisch gebremst werden.

Ob nun die Handbremse, oder der Bremszylinder das Gestänge bewegte, hatte auf die Funktion keinen Einfluss. Lediglich die dabei mögliche Kraft war nicht gleich. Jedoch konnte auch ein sehr starker Mann die Kraft des Bremszylinders nicht aufbringen.

Daher galten für die Sicherung des Motorwagens ge-ringere Werte. Diese waren jedoch so hoch, dass das Fahrzeug überall, auch auf der neuen Berg-strecke, abgestellt werden konnte.

Am Bremsgestänge war schliesslich die mechanische Bremse angeschlossen worden. Wie damals üblich wurde hier eine Klotzbremse verwendet.

Bei dieser Lösung wurden durch das Gestänge die Bremsklötze so gegen die Lauffläche des Rades ge-presst, dass sich dieses nicht mehr frei drehen konnte.

Die dabei entstehende Reibung wurde in Wärme um-gewandelt. Diese wiederum musste abgeführt wer-den und da kam der Bremsklotz ins Spiel.

Bei jedem Rad wurden zwei Bremsklötze eingebaut. Diese bestanden aus einfachem Grauguss. Dieser war weicher, als der Stahl der Bandage. Das führte dazu, dass der Bremsklotz durch die Reibung abgenutzt wurde.

Da dieser Bremsstaub die Energie auch abführte, war er mit sehr hohen Temperaturen versehen wor-den. Trotzdem wurde auch der Bremsklotz durch die Reibung erwärmt. Ein Vorgang, der dazu führte, dass die Bremsbeläge schnell rostig wirkten.

Wegen dem hohen Verschleiss bei den Bremsklötzen, musste das Bremsgestänge angepasst werden. Nur so war eine gleichbleibende Bremswirkung möglich. Daher waren dazu im Gestänge die damals üblichen Bremsgestängesteller vorhanden. Diese mussten in regelmässigen Abständen in einer Werkstatt nachgestellt werden. Der Motorwagen musste deshalb wegen den Bremsen regelmässig dem Unterhalt zugeführt werden.

Zum Schluss muss noch erwähnt werden, dass dieser Motorwagen eine sehr gute Bremse bekommen hatte. Hier wirkten die damaligen Reisezugwagen positiv auf das Fahrzeug. Später sollten so deutliche Unterschiede zwischen den Triebwagen und den Lokomotiven nicht zu erkennen sein. Doch damit sind wir auch bei diesem Motorwagen bei dem Teil angelangt, den es wirklich nur bei solchen Fahrzeugen zu betrachten gilt.

 

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