Gürbetalbahn GTB

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Wie der Name schon verdeutlicht, die Gürbetalbahn verkehrte von Bern aus durch das Tal der Gürbe nach Thun. Diese regionale Bahnlinie bediente damit die Ortschaften in diesem Tal als Nebenlinie. Grösster Bahnhof der Strecke war ausser den beiden Endbahnhöfen der Bahnhof Belp. Die Bahn, die als Konkurrenz zur Linie der neu gegründeten SBB gedacht war, konnte diese nie sonderlich bedrängen.

Wir sehen uns ein paar Daten dieser Gürbetalbahn an und werden dabei sicherlich bei der Neigung überrascht sein, denn die GTB hatte sich hier wohl bei den Bergbahnen eingereiht. Nur stimmt unser Verdacht auch?

 

Eröffnung: 01.November 1902 Länge: 27.9 km
Max: Steigung: 22 ‰ Elektrifiziert: 16.August 1920
Brücken: keine Tunnel: 1

 

Nein, er stimmt nicht, steile Abschnitte gab es in der Schweiz auch im vermeintlichen Flachland. Wäre die Linie der Gürbetalbahn in der Strasse verlegt worden, hätte man sie schlicht mit einer Strassenbahn verwechseln können. Da war kaum etwas von Bergbahn oder von einer Vollbahn zu sehen. die GTB war eine einfache Nebenbahn geworden.

Besonders im Raum Bern war das augenscheinlich. Die Bahnlinie hatte viele sich kurz folgende Haltepunkte und war so schon früh eine Vorortsbahn geworden. Für die Betriebsgruppe war die Gürbetalbahn jedoch die Ergänzung, die es im Berner Oberland brauchte. Nur mit der Gürbetalbahn, konnte man alle Bahnen der Betriebsgruppe miteinander verbinden. Da aber alle Bahnen, bis auf die Bern - Neuenburg - Bahn klassische Nebenbahnen waren, stellte das auch keine grosse Herausforderung an den Oberbau.

Daher hatte die Bahnlinie Steigungen, die man sonst nur bei grossen Alpenbahnen wieder findet. Das wirkte sich auf die Geschwindigkeit und somit auf die Fahrzeit der Züge durch das Gürbetal aus. Daher war schnell klar, dass die neue Bahnlinie keine grosse Konkurrenz zur SCB und später zu den SBB, die schnell durch das Aaretal fuhren, sein würde. Die Gürbetalbahn hatte das Nachsehen.

Soweit waren die Positionen zwischen Thun und Bern klar bezogen worden. Die Rechnung machte man jedoch ohne die Thunerseebahn. Diese strebte mit ihren Zügen nach Bern und dazu wollte sie auf keinen Fall die Strecke der SBB benutzen. War ja klar, auch die Thunerseebahn wollte etwas vom Kuchen haben, denn der Verkehr nach dem Oberland bei Interlaken begann sich zu entwickeln.

Da kam das Gürbetal für die Thunerseebahn ganz gelegen. Die Bahnlinie musste daher schon früh auf drängen der Thunerseebahn verstärkt werden. Das passte damals aber nicht zu einer Nebenbahn, wie es die Gürbetalbahn nun mal war, aber die direkten Züge Bern - Interlaken versprachen Einnahmen und davon sollte ja auch die GTB etwas abbekommen. So wurde schon früh im Gürbetal verstärkt und erweitert.

Mit den Zügen der Thunerseebahn kam erstmals der Hauch der grossen weiten Welt ins Gürbetal. Schnellzüge fuhren nun auf dieser Strecke und das war auf Nebenbahnen schon fast eine Sensation. Diese Schnellzüge waren zudem immer wieder recht lang und behinderten den Verkehr bei Kreuzungen. Da die Züge jedoch schon damals, wie man heute sagen würde, im freien Netzzugang verkehrten, waren das auch Maschinen der Thunerseebahn oder der Spiez - Erlenbach - Bahn.

Mit Gründung der BLS und Aufnahme des elektrischen Betriebs der Strecke ab Scherzligen nach Spiez und Frutigen - Brig. verschwanden die Züge der Thunerseebahn wieder. Fortan sollten die SBB dafür besorgt sein, dass die internationalen Züge auf der Hauptstrecke ins Berner Oberland kamen. Die Gürbetalbahn rangierte somit wieder im Bereich der Nebenbahnen, mit einem einfachen Betrieb.

Daran hätte sich nichts, aber auch gar nichts geändert. Die Bahn hätte vermutlich lange mit den Dampflokomotiven gearbeitet. Dank der Betriebsgruppe hätte man alte Dampflokomotiven übernehmen können. Nur, rechnete man nicht mit dem Kanton Bern, der den Dampfverkehr beenden wollte. Dieser erliess ein Dekret, dass die Elektrifikation der Bahnen der Betriebsgruppe so schnell wie möglich vorsah. Etwas, was man sich bei einer so klassischen Nebenbahn kaum vorstellen konnte. die Gesellschaft sollte dann als Dekretsbahn bekannt werden.

Es kam dann zur sonderbaren Situation, dass die Nebenlinie eher mit elektrischen Lokomotiven zu arbeiten begann, als zum Beispiel die wichtigsten Strecken der SBB, vor allem dem Gotthard. Zwar tummelten sich in Bern die ersten elektrischen Lokomotiven der SBB neben denen der GTB, aber das war nicht weiter tragisch. Diese grossen Maschinen der SBB, die für eine Bergstrecke gebaut wurden, liessen die kleinen elektrischen Lokomotiven der Gürbetalbahn fast armselig aussehen, aber die GTB hatte sie und das zählte.

Daran änderte sich dann in den Jahren wenig. Die Gürbetalbahn blieb eine Nebenstrecke, die aber immer mehr zu einer Vorortsbahn der Stadt Bern verkam. Besonders der Abschnitt Bern - Belp war davon stark betroffen. Die ersten Lokomotiven wurden durch Triebzüge abgelöst. Am Charakter der Bahnlinie änderte auch die Tatsache nichts, dass man die Züge als S-Bahn bezeichnete.

Doch wenn man der Gürbetalbahn etwas Gutes zusprechen will, ist es die Tatsache, dass sie die Umleitungen übernimmt, wenn auf der Hauptstrecke Bern - Thun ein Unterbruch besteht. Dann kommen sie wieder, die langen Züge des Fernverkehrs und plötzlich verkehren auf der ehemaligen GTB wieder Intercity oder gar internationale Reisezüge. Nur, diese Tage sind selten und dazwischen lebt es sich im Gürbetal mit dem Regionalverkehr recht beschaulich und das seit über 100 Jahren.

 

GTB Ed 3/3 Nr. 1 - 4

Baujahr: 1900 - 1901 V. Max: 45 km/h
Gewicht: 32.8 t Länge: 8'440 mm
Heizfläche: 63.1 m2 Zylinderdurchmesser: 2x 360 mm

Die Gürbetalbahn berechnete als Bedarf für die Strecke und den Fahrplan vier Lokomotiven mit drei Triebachsen. Der schwache Oberbau lies indes keine schweren Lokomotiven zu. Daher sah das Pflichtenheft die Beförderung von 200t Anhängelast auf Steigungen bis 10 Promille vor. Dabei sollten die Lokomotiven noch eine Geschwindigkeit von 20 km/h erreichen. Die Höchstgeschwindigkeit sollte bei 45 km/h liegen. Die kurzen Steigungen der Steilstrecken sollten mit dem vorhandenen Schwung bewältig werden.

Man entschied sich dann auf einen neu konstruierten Typ zu verzichten. Vielmehr wählte man den Nachbau von aktuell gebauten Lokomotiven. Dabei orientierte man sich an der Jura-Simplon – Bahn JS, die seit 1896 scheinbar passende Lokomotiven von der Industrie erhielt. Diese 25 Maschinen bekamen bei der JS die Nummern 857 - 866. Daher konnte die Gürbetalbahn auf eine grosse Serie der Jura - Simplon - Bahn zurückgreifen, was die Beschaffung von Ersatzteilen vereinfachte.

Die Lokomotiven, die mit der Bezeichnung Ed 3/3 und den Nummern 1 - 4 eingesetzt werden sollten, wurden der Gürbetalbahn bis zur Eröffnung abgeliefert. Lieferant für diese Maschinen war erneut die in Winterthur ansässige Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM. Daher kann man einfach sagen, dass die Lokomotiven ab Stange gekauft wurden. Wie gut das letztendlich war, werden Sie nach der Vorstellung der Lokomotive noch erfahren.

Grundgerüst für diese Lokomotive war ein stabiler und verwindungssteifer Rahmen. Dieser Barrenrahmen wurde aus Blechen und Gussteilen geformt und mit Nieten verbunden. An den beiden Enden kamen dann die Stossbalken, die so den Rahmen abschlossen. Diese Stossbalken dienten der Aufnahme der beiden Stangenpuffer und der Schraubenkupplung mit Zughaken. Es waren also übliche Zug- und Stossvorrichtungen vorhanden.

Auf dem Rahmen aufgebaut wurde dann als dominierendes Teil der Kessel. Dieser bestand aus der am hinteren Ende eingebauten Feuerbüchse, dem eigentlichen Stehkessel und der am vorderen Ende montierten Rauchkammer. Die Feuerbüchse hatte dabei eine Rostfläche von 1.2 m2, was eine direkte Heizfläche von 5.6 m2 ergab. Mit den Siede- und Rauchrohren im Kessel ergab sich so einen totale Heizfläche von 63.1 m2.

Das mit einem leicht gewölbten Dach gedeckte Führerhaus wurde hinten am Kessel um die Feuerbüchse aufgebaut. Es war auf allen vier Seiten mit einer Wand versehen worden. Während die beiden Stirnseiten im oberen Bereich Fenster erhalten hatten, wurden bei den beiden Seitenwänden im oberen Bereich nur grosse Öffnungen vorgesehen. Die geschlossene untere Hälfte hatte dann auf jeder Seite eine Türe eingebaut, die den Zugang zum Führerraum erlaubte.

Die Lokomotive konnte in dem Wasserkasten 4.3 m3 Wasser mitnehmen. Die Kohlen mussten im Führerhaus gebunkert werden. Trotzdem gelang es, der Lokomotive davon 1,2 Tonnen mitzugeben. Das bedeute unweigerlich, dass das Lokomotivpersonal bei Abfahrt auf der Lokomotive in sehr beengten Platzverhältnissen arbeitete. Diese verbesserten sich dann auf der Fahrt mit der Zeit.

Alle drei Triebachsen lagerten im Rahmen. Als Lager kamen die damals noch üblichen Gleitlager zur Anwendung. Diese wurden mit Öl geschmiert und benötigten daher viel Unterhalt und das Lokomotivpersonal musste häufige Kontrollen machen. Die in den Gleitlagern in senkrechter Richtung frei beweglichen Lager wurden mit Blattfedern abgefedert. Die Blattfedern der ersten und zweiten Achse waren zudem mit einem Ausgleichshebel verbunden worden.

Die Dampfmaschine bestand aus den beiden seitlich montierten Zylindern. Bei einer Bohrung von 360 mm und einem Kolbenhub von 500 m hatten die Zylinder eine recht grosse Grösse. Dank dem Nassdampf, der unter einem Druck von 12 bar stand, erzeugten sie genügend Kraft. Die Gürbetalbahn verzichtete bei diesen Lokomotiven auf einen dritten Zylinder und so auf die Wirkung des Verbundes. Das einfach daher, da das Muster diesen auch nicht hatte.

Die in der Dampfmaschine erzeugte Kraft wurde über die Kolbenstange auf das Kreuzgelenk übertragen. Dort wurde die Kraft über die Schubstange auf die zweite Triebachse übertragen und dort im Kurbelzapfen in Zugkraft umgewandelt. Um Gewicht zu sparen wurde das Kreuzgelenk nur in einer Schiene geführt, was die übertragbaren Kräfte reduzierte. Zuletzt waren dann die beiden anderen Kuppelachsen mit Kuppelstangen mit der mittleren Achse verbunden worden.

Die Bewegung für die Steuerung wurde ebenfalls bei der zweiten Achse abgenommen. Es kam eine Walschaertssteuerung zum Einbau. Diese ermöglichte die genaue Einstellung des Vorlaufs und optimierte so die Dampfmaschine, was deren Leistung weiter erhöhte. So war die Lokomotive für steilere Strecken und hohe Zugkräfte gerüstet. Einzig die kleinen Räder mit einem Durchmesser von 1'030 mm verringerten die Höchstgeschwindigkeit auf 45 km/h. Das bedeute eigentlich, dass man die Lokomotive als Ed 3/3 bezeichnen sollte.

Abgebremst wurde die Lokomotive mit je einem Bremsklotz pro Rad. Diese Bremsklötze waren mit dem Bremsgestänge und dadurch untereinander verbunden. Die notwendige Bewegung des Gestänges erfolgte einerseits ab dem Bremszylinder und andererseits mechanisch aus dem Führerstand heraus. Somit hatte die Lokomotive eine optimale und übliche Bremsausrüstung erhalten.

Die pneumatische Bremse nach Westinghouse konnte mit einem Bremsventil im Führerstand beeinflusst werden. Die so geregelte Druckluft diente zur Ansteuerung eines Steuerventils. Dieses Steuerventil war einlösig und arbeitete nur mit der schnelleren P-Bremse. Bei Nebenbahnen waren keine schweren Güterzüge zu führen, so dass man problemlos auf die langsamer wirkende G-Bremse verzichten konnte.

Mechanisch beeinflusst werden konnte das Bremsgestänge aus dem Führerstand heraus mit der üblichen Handspindelbremse. Zudem war ein Exterhebel zum Ansteuerung des Bremsgestänges montiert worden. Dieser konnte mit einer einfachen Bewegung die Bremsklötze an das Rad pressen und kam daher im Rangierdienst oft zu Anwendung, da die Druckluftbremse und die Handbremse in diesem Einsatz zu träge wirkten.

Bei der Eröffnung der Bahnlinie standen die Lokomotiven bereit, das Personal war ausgebildet und die Fahrten konnten los gehen. Dabei verflog aber schnell die erste Euphorie, denn die kleinen Lokomotiven waren mit den Zügen auf den steilsten Abschnitten überfordert und erreichten den rettenden Bahnhof oft nur auf den letzten Drücker. Die Lokomotive ab Stange bewährte sich nicht so, wie man sich das bei den Verantwortlichen der GTB erhofft hatte.

So wurden die vier Lokomotiven schon sehr schnell von der Gürbetalbahn abgezogen. Dank der Betriebsgruppe konnte man so die Lokomotiven an einen Ort verschieben, wo sie besser eingesetzt werden konnten. So kam es, dass die Lokomotiven aus dem Gürbetal die Züge im Kandertal zogen. Umgekehrt kamen die kräftigeren Lokomotiven aus diesen Bereichen und vor allen von der Thunerseebahn ins Gürbetal.

Als die Schnellzüge der Thunerseebahn ins Gürbetal kamen, war es um diese Lokomotiven bei der GTB endgültig geschehen. Die GTB-Lokomotiven der ersten Stunde sahen ihre Heimat nur noch selten. Ab 1910 benötigte man sie nicht mehr im Kandertal und so wurden die aus Rangierlokomotiven entstandenen Streckenlokomotiven wieder zu Rangierlokomotiven. Anders gesagt, sie wurden in Interlaken zum rangieren verwendet.

Die dazu nun auch definitiv der Thunerseebahn zugeschlagenen Lokomotiven wurden dort mit neuen Nummern versehen. Das war nötig, weil die GTB-Nummern dort schon verwendet wurden. Die Lokomotiven der Gürbetalbahn bekamen nun die neuen Nummern 75 - 78 und waren Lokomotiven der Thunerseebahn geworden. Als aus der TSB die BLS wurde, hatten die Lokomotiven die Nummern jedoch behalten.

1920 wurde dann die Lokomotive 78, also die ehemalige 4, an die Zellulosefabrik Attisholz verkauft. Die Anzahl verringerte sich so. Daran änderte auch die Lokomotive Nummer 77 sechs Jahre später nichts, denn sie folgte ihrer Schwester nach Attisholz, womit die BLS noch zwei Lokomotiven hatte. Das war aber gerade genügend, denn die Strecken der Betriebsgruppe hatten Fahrleitungen erhalten und der Dampfbetrieb wurde eingestellt.

Die beiden verbliebenen Maschinen leisteten dann bei der BLS in den grösseren Bahnhöfen Interlaken und Spiez noch Rangierdienst. Es waren genau solche Dampflokomotiven, die nicht durch elektrische Vertreter ersetzt werden konnten, weil sie Abschnitte ohne Fahrleitung befuhren. Aus den GTB-Maschinen wurden Rangierlokomotiven der BLS.

Im Jahre 1943 endete schliesslich der Rangierdienst mit Dampflokomotiven bei der BLS. Die beiden verbliebenen Lokomotiven wurden nach Basel an die dortige Dreispitz-Verwaltung verkauft. Die letzten E 3/3 verliessen also das Berner Oberland und so wie es aussah für immer. Denn 1943 war man froh, wenn man die russenden alten Maschinen los war. Niemand wollte diese und den Dampfbetrieb erhalten, schon gar nicht bei der BLS.

Als schliesslich die Lokomotiven auch in Basel abgelöst werden konnten, verschwanden Sie in der Versenkung. So war offiziell ab 1966 keine Dampflok der BLS mehr vorhanden. Dabei vergass man aber die an die Zellulosefabrik verkauften Lokomotiven. Die GTB Nummer 3 tauchte dann frisch revidiert als historische Lokomotive wieder auf und erfreut nun korrekt als Ed 3/3 bezeichnet jung und alt. Es ist somit die einzige Dampflokomotive der heutigen BLS, die aus Beständen der ursprünglichen Betriebsgruppe erhalten blieb.

 

GTB Ec 3/5 Nr. 43 und 44

Baujahr: 1905 - 1907 V. Max: 65 km/h
Gewicht: 55.1 t Länge: 10'950 mm
Heizfläche: 113.1 m2 Zylinderdurchmesser: 2x 440 mm

Als die Thunerseebahn neue Lokomotiven beschaffte, schloss sich die Gürbetalbahn dieser Bestellung an. So hatte man doch noch eigene Lokomotiven, die mit der Leistung die Strecke durch das Gürbetal befahren konnten. Die passende Lokomotive der Thunerseebahn war da gerade Recht, denn man konnte so den Unterhalt gemeinsam planen, was dabei half, die Kosten auf der armen GTB massiv zu senken.

Anderseits waren so kürzere Fahrzeiten möglich geworden, was die Bahn attraktiver werden lies. So wollte man den Kampf mit der Konkurrenz auf der Linie Bern - Münsingen - Thun aufnehmen. Die Gürbetalbahn erneuerte deshalb ab 1904 ihren Oberbau, um so die Höchstgeschwindigkeit von 45 auf 60 km/h anzuheben und auch schwerere Lokomotiven einsetzen zu können.

Obwohl die Gürbetalbahn nicht zu einer der grossen Bahnen in der Schweiz gehörte, war sie wie die Thunerseebahn immer wieder Innovativ genug um sehr spezielle Fahrzeuge zu beschaffen. Nur oft fehlte es bei der GTB einfach am notwendigen Geld und auch am Erfolg. Erinnern will ich hier an die E 3/3, die billig ab Stange gekauft wurden und sich dann nicht bewährten, das sollte nun besser werden.

Die bisherigen Lokomotiven, also die E 3/3 waren anfänglich ausschliesslich für einen Betrieb in einer Fahrrichtung ausgelegt worden. Das bedingte, dass die Lokomotive nach Ankunft im Endbahnhof gewendet werden musste. Diese Lösung, die man bei Vollbahnen mit Hauptstrecken von den grossen Maschinen mit Schlepptender her kannte, schränkte den Verkehr auf einer Nebenbahn wie die Gürbetalbahn massiv ein.

Die Züge mussten immer bis zu einem Bahnhof geführt werden, der über die benötigte Drehscheibe verfügte. Wollte man einen Zug vorzeitig wenden, musste die Lokomotive in langsamer Fahrt bis zu einem Bahnhof fahren, der über eine Drehscheibe verfügte. Dort ging dann nochmals Zeit verloren um die Lokomotive zu wenden. Die E 3/3 wurden dementsprechend angepasst und konnten auch in beiden Fahrrichtungen eingesetzt werden.

Als erste schweizerische Privatbahn beauftragte die TSB die in Winterthur ansässig SLM mit der Entwicklung einer Lokomotive mit drei Triebachsen und der Einrichtung für einen Zweirichtungsbetrieb. Dabei musste die Lokomotive in beiden Fahrrichtungen die gleiche Höchstgeschwindigkeit fahren. Diese sollte in Anbetracht der Strecke bei 65 km/h liegen. Daraus ergab sich eine Lokomotive mit der Bezeichnung Ec 3/5. Dieser Bestellung schloss sich die Gürbetalbahn mit zwei Maschinen an.

Damit war es aber noch nicht getan, denn die Gürbetalbahn wollte auch im Unterhalt rationeller arbeiten. Daher sollten nach Möglichkeit Bauteile der erst kurz zuvor abgelieferten Ec 4/5 der Thunerseebahn verwendet werden können. So wollte die finanziell immer etwas schwach dastehende GTB einen Vorteil erzielen. Rationalisierungen sind also keine Erscheinung der Neuzeit und wurden früher schon umgesetzt.

Der Rahmen der neuen Lokomotive wurde nach den üblichen Kriterien als Barrenrahmen aufgebaut. Er war gegenüber der Ec 4/5 der Thunerseebahn um ein paar Zentimeter länger geworden. Diese Verlängerung um 150 mm musste vorgenommen werden, weil die Achsfolge anders aufgebaut werden musste. Der Abschluss war auch hier der Stossbalken mit den beiden Stangenpuffern. Jedoch wurden nun auf beiden Seiten Schienenräumer montiert.

Der bei dieser Lokomotive verwendete Kessel war in seinem Aufbau, dem Betriebsdruck und den Abmessungen mit dem Kessel der Ec 4/5 der Thunerseebahn identisch und konnte unter den beiden Baureihen ausgetauscht werden. Daraus ergaben sich für die Heizflächen und die Rostfläche auch identische Abmessungen. Die Vorhaltung von Ersatzkesseln und Ersatzteilen für die Feuerbüchse konnte so deutlich verringert werden.

Das Führerhaus entsprach in seinen Abmessungen auch jenem der Ec 4/5 der Thunerseebahn. Hier konnten zwar keine Vorteile gewonnen werden, vielmehr baute der Hersteller einfach immer wieder solche Führerhäuser. Hier war also mehr die SLM als die GTB verantwortlich. Dabei waren das leicht gewölbte Dach, die grosse seitliche Öffnung ohne Pfosten und die integrierten Kohlefächer und Wasserkästen nur in Details anders.

So hatte diese Lokomotiven eine optimale Verteilung der mitgeführten Vorräte erhalten. Man konnte hier 1.5 Tonnen Kohle mitnehmen, denn das war ein für die Strecke gut passender Vorrat. Der Vorrat an Wasser wurde mit einem zusätzlichen dritten unter dem Kohlekasten angeordneten Wasserkasten auf 7 m3 festgelegt. So konnten längere Abschnitte ohne Halt befahren werden. Das wirkte sich auf die Gestaltung der Fahrpläne und so auf die Fahrzeit aus.

Das Laufwerk bestand aus der vorderen Laufachse, die als Bissellaufachse ausgeführt wurde, den drei Triebachsen und der hinteren als Adamsachse aufgebauten Laufachse. Alle Achsen wurden in Gleitlagern gelagert und mit Blattfedern abgefedert. Hier hatte sich diese Form des Aufbaus durchgesetzt und wurde von der SLM auch nicht mehr weiter verbessert, da man schon die ersten elektrischen Lokomotiven gebaut hatte und feststellte, dass dort vermutlich die Zukunft zu finden war.

Bei der Dampfmaschine griff man zur bewährten Zwillingstechnik. Die Lösung mit dem Verbund hatte sich bei Nebenbahnen und bei den Ec 4/5 der Thunerseebahn nicht sonderlich bewährt. Der Verbund hatte seinen Vorteil nur in der Mehrlingstechnik der Maschinen mit Schlepptender. Bei den bei der Gürbetalbahn verwendeten Triebwerken mit zwei Zylinder war der Einsatz von zwei Dampfzylindern für Hochdruck sinnvoller. Daher hatten die Zylinder hier wieder die gleichen Abmessungen.

Die Kolbenstange, die in den Zylindern mit einem Hub von 600 mm bewegt werden konnte, wurde über das Kreuzgelenk mit der Schubstange verbunden. Diese wiederum war an der mittleren Triebachse im Kurbelzapfen gelagert worden. Die beiden anderen Triebachsen waren dann mit Kuppelstangen mit dieser Achse verbunden. Dadurch ergab sich eine recht steil stehende Schubstange.

Abgebremst wurde die Lokomotive mit einer Klotzbremse, die jeweils einseitig auf alle Triebachsen wirkte. Die beiden Laufachsen, waren wie die meisten Laufachsen in der Schweiz, ungebremst. Das mit den Bremsklötzen verbundene Bremsgestänge wurde durch einen Bremszylinder oder durch eine Handspindelbremse, die als Handbremse wirkte, beeinflusst. Mit Hilfe eines Gestängestellers konnte die Abnützung der Bremsklötze durch das Personal nachgestellt werden.

Die Westinghousebremse, die nur mit der schnelleren P-Bremse arbeitete, steuerte  über ein einlösiges Steuerventil den Bremszylinder an. Für den Lokführer baute man im Führerstand ein gewohntes Führerbremsventil Westinghouse W4 ein. Die für die Bremse benötigte Druckluft wurde in der an der Rauchkammer montierten Luftpumpe erzeugt und unter dem Kohlekasten in einem Druckbehälter gelagert. Auch die Bremsausrüstung entwickelte sich nicht weiter, denn diese funktionierte so sehr gut.

Die Steuer- und Bremsapparate im Führerstand waren wegen dem Betrieb mit zwei Fahrrichtungen doppelt angeordnet worden. Der Lokführer hatte so die Bedienelemente immer so, wie er es gewohnt war. Der Geschwindigkeitsmesser, der von der hintersten Triebachse aus mechanisch angetrieben wurde, konnte bei Rückwärtsfahrten in einem Spiegel beobachtet werden. Diese zusätzlichen Einrichtungen erleichterten die Arbeit des Lokomotivpersonals auf der Fahrt.

Diese Maschinen bildeten eine erste Etappe der Rationalisierung der Zugförderung auf der Gürbetalbahn. Mit ihnen konnten die Fahrzeiten verkürzt werden und das abdrehen an den Endbahnhöfen vermied man nun auch. Daher ist es wenig überraschend, wenn erwähnt wird, dass diese Lokomotiven, wie ihre Schwestern bei der Thunerseebahn, die höchsten Laufleistungen der Bahnen in der Betriebsgruppe erreichten. Dabei dürfen aber die moderneren elektrischen Lokomotiven nicht herangezogen werden.

Die neuen Lokomotiven ersetzten die gemieteten Lokomotiven, sie fuhren zusammen mit den Schwestern der Thunerseebahn vor den Zügen durch das Gürbetal. Erstmals gelangte eine Lokomotive aus dem Gürbetal an den Thunersee und half so der Thunerseebahn beim Wettlauf mit den Dampfschiffen. Die Züge waren dort nun plötzlich schneller als die Dampfer auf dem See. Die Leute nutzten daher die Züge ab Bern um ins Oberland zu reisen. Der rationelle Betrieb der TSB wurde zum grossen Erfolg für die Gürbetalbahn.

Lange währte der Einsatz auf der Thunerseebahn jedoch nicht. Nach nur gerade zehn Jahren wurde die Strecke Scherzligen - Spiez unter die Fahrleitung gestellt. die Züge der TSB, beziehungsweise der BLS wurden nun elektrisch geführt. Die Lokomotiven der Gürbetalbahn konnten sich dank der Möglichkeit in beiden Fahrrichtungen schnell zu fahren noch auf der eigentlichen Strecke der Gürbetalbahn halten. Sie bespannten nun also Züge durch das Gürbetal, wobei es nicht mehr die schnellen Züge nach Interlaken waren.

Als schliesslich die ganze Strecke dank dem bernischen Dekret mit einer Fahrleitung versehen wurde, wurden die arbeitslos gewordenen Ec 3/5 im Jahre 1921 und 1922 ausrangiert. Die Gürbetalbahn hatte keine Verwendung mehr. Gerade die Ausrangierung dieser doch recht guten und jungen Lokomotive, zeigt deutlich auf, wie verheerend sich das bernische Dekret auf die Dampflokomotiven der BLS-Gruppe und so auf die Maschinen der GTB auswirkte.

Diese noch gut erhaltenen Lokomotiven nahmen in der Folge den Weg nach Österreich unter die Räder. Die ÖBB reihte die Lokomotiven mit der Nummer 130.03 und 130.04 in ihrem Bestand ein und setzte sie im Zeitraum von 1928 bis 1938 ein. Doch nach diesen zehn Jahren waren die Kessel vermutlich nicht mehr zu retten, so dass die Lokomotiven ausgemustert wurden. Eine der ersten normalspurigen Dampflokomotiven für den Zweirichtungsbetrieb in der Schweiz verschwand so endgültig von den Schienen.

 

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