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Auch wenn wir es bei
der Maschinenfabrik Oerlikon MFO mit einem Hersteller zu tun haben, der
über Erfahrung verfügte. So war auch hier nach der Fertigstellung nicht
sicher, ob das neue Modell wunschgemäss funktioniert. Da der mechanische
Teil jedoch in Auftrag gegeben wurde, fanden dort bereits eine erste
Abklärungen statt. Diese sollten wir nicht vergessen, denn es war gerade
jetzt eine spannende Sache. Bei der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM in Winterthur wurde der mechanische Teil hergestellt. Auch wenn diese Stadt nicht weit von Oerlikon entfernt war, musste der mechanische Teil überführt werden.
Das war nicht so
leicht, wie man meinen könnte, denn ein Verlad war schlicht
ausgeschlossen. Das unfertige Fahrzeug musste deshalb auf den eigenen
Rädern
zur Endmontage überstellt werden.
Da der Aufbau des
Fahrwerkes
soweit abgeschlossen war, dass nur noch der Motor fehlte, konnte der
mechanische Teil mit den üblichen Zug- und
Stossvorrichtungen
überstellt werden. Um aber die neue Technik zu schonen und weil die
Bremskräfte
wegen dem fehlenden Gewicht zu hoch waren, durften die
Bremsen
nicht genutzt werden. Das mehrere Tonnen schwere Fahrzeug war daher
ungebremst und das erforderte eine spezielle
Überführung.
Wir müssen zudem
bedenken, dass die
Lokomotive von der SLM bereits mit dem
definitiven Anstrich und mit den Anschriften ausgeliefert wurde. Wer in
der Nähe des
Bahnhofes
war, konnte schnell die im Sonnenlicht noch glänzende Maschine erkennen.
Diese fiel jedoch nicht so auf, da die meisten
Personenwagen
der Schweizerischen Bundesbahnen SBB ebenfalls grün waren. Trotzdem wurde
das neue Vehikel genauer angesehen, als sonst.
Die Anschrift BERN –
LÖTSCHBERG – SIMPLON verwirrte die Leute auch nicht so, denn seit den
beiden schweren Unglücken beim Bau des Haupttunnels wusste man im Land
genauer, was da im Oberland gebaut wurde und was nicht nach Wunsch
klappte. Auch damals war es für die Presse ein gelungenes Fressen. Nur mit
dem Lesen haperte es bei vielen Leuten noch. Die konnten jedoch auch den
Schriftzug nicht identifizieren. Der fertige mechanische Teil wurde für den Transport nach Zürich Seebach den Schweizerischen Bundesbahnen SBB übergeben. Diese mussten dem Zug zusätzliche Wagen mitgeben, damit das unförmige Teil abgebremst werden konnte.
Auch wenn die
elektrische Ausrüstung fehlte hatte der mechanische Teil mit rund 45
Tonnen ein ansehnliches Gewicht. Das durfte nicht einfach so mitgegeben
werden, denn neue Trümmer sehen auch nicht gut aus. So war es einfacher, wenn die Maschine für die BLS in einem Güterzug nach der Lokomotive eingereiht wurde. So wurde aber der Weg etwas länger, da diese Züge damals nicht über Seebach nach Zürich verkehrten, sondern den Weg über Oerlikon nahmen.
Trotzdem war es ein
Transport, der in Zukunft noch oft vorgenommen werden sollte. Damals
wusste man es nicht, aber die meisten Maschinen machten diesen Schritt vor
der Endmontage. Nach der Ankunft in Seebach schleppte man den Teil ins Werk. Damit war die neue Lokomotive für die BLS erst-mals unter einer Fahrleitung.
Nur selber fahren ging
nicht. Noch fehlten die Teile der elektrischen Ausrüstung. Erst nach deren
Einbau, konnte auch von einer
Lokomotive gesprochen werden. Ein Blick ins Werk
hätte dabei ein interessantes Bild ergeben. Die Leute der Siemens
Schuckert Werke SSW montierten dort die
Motorwagen.
Mit anderen Worten,
vier von fünf Fahrzeugen für die neue
Versuchsstrecke
im Berner Oberland wurden in einer Halle montiert. Die Leute der MFO
hatten dabei aber eine durchaus grössere Aufgabe, denn es sollte jetzt aus
den angelieferten Teilen die stärkste
Lokomotive der Welt entstehen. In diesem Punkt
konnten die
Motorwagen
nicht mithalten, denn alle drei zusammen hatten nicht diese
Leistung
erhalten. Trotzdem waren auch sie speziell. Auch wenn es nicht unbedingt mit der Inbetriebsetzung verbunden war. Die vier Fahrzeuge sorgten dafür, dass es in der Schweiz zu einer aussergewöhnliche Situation kommen sollte.
Die Strecke zwischen
Seebach und Wettingen wurde zwei mal mit dem gleichen
Stromsystem
elektrifiziert. Der Grund war simpel, die Anlagen der MFO konnten abgebaut
werden. Die Versuche fanden nun zwischen Spiez und Frutigen statt.
Mit Abschluss der
Arbeiten konnten erste Versuche beginnen. Diese umfassten erste
Schaltungen und sonstige Tests im Stillstand. Dazu musste nur ein
spezieller Teil der Werkshallen aufgesucht werden. Dort konnten die Bügel
gehoben werden. Der erste Einschaltversuch wurde zur grossen Stunde.
Klappte es, oder folgte der grosse Knall und es musste wieder von vorne
begonnen werden. Auch wenn alles geprüft wurde, Fehler konnten sich
einschleichen.
Wie lange diese ersten
Schritte dauern und was dabei schief lief, wurde natürlich nicht gross
kommuniziert. Niemand gesteht gerne ein, dass er einen grossen Fehler
gemacht hat. Jedoch merkte man die Probleme, wenn die Auslieferung nicht
fristgerecht erfolgte. Nicht immer war die Montage daran Schuld, ab und zu
traf es auch Ingenieure. Hier können wir davon ausgehen, dass die
Schwierigkeiten nicht so gross waren.
Die in Oerlikon
endmontierte
Lokomotive wurde danach gleich dort den ersten
Versuchen unterzogen. So einfach, wie man meinen könnte, war das auch
wieder nicht. Die aus dem Werk auf die Strecke führende
Fahrleitung
war nach anderen Normen aufgebaut worden. Es kann jedoch angenommen
werden, dass diese auf einigen Metern angepasst wurde. Trotzdem mussten
für die längeren Ausflüge Massnahmen ergriffen werden. Statt den normalen Stromabnehmern wurden andere zur Strecke passende Modelle mit einer breiten Schleifleiste montiert. So konnten die ersten Gehversuche auf dem Anschlussgleis und der Strecke mit der Bügelfahrleitung nach dem Muster SSW vorgenommen werden. Schalteten die Hüpfer korrekt und konnte mit der Bremse angehalten werden. Alles Fragen, die vor der ersten grossen Fahrt beantwortet werden mussten. Erst dann wagte man den Schritt mit der Lokomotive auf die Strecke. Es kann angenommen werden, dass eine der beiden Versuchslokomotiven der MFO als Angstlokomotive mitgenommen wurde.
Noch ging es nicht um
grosse Lasten, denn bis es soweit war, mussten noch Einstellungen
vor-genommen werden. Das umfasste die Schaltfolge der
Hüpfer,
denn es sollte ja eine gleichmässige Be-schleunigung der
Lokomotive möglich sein. Gerade diese Einstellungsarbeiten benötigten bei neuen Lokomotiven sehr viel Zeit. Bei den ersten Modellen einer Serie, konnte man nicht mit vorhandenen Werten arbeiten. Hier gab es schlich keine vergleichbare Maschine.
Mit anderen Worten, es
mussten Versuche und Fehlschläge in Kauf nehmen. Wobei natürlich die
Technik nicht so kompliziert war, wie heute, wo die einzelnen Punkte mit
einem Computer ungestellt wurden.
Als wenn alles stimmte
und der Mut etwas grösser wurde, kamen Züge dazu. Erst jetzt konnte die
stärkste
Lokomotive der Welt zeigen, was sie
konnte. Selbst die grössten Dampflokomotiven in der Schweiz sollten ein
Nachsehen haben. Doch auch die Strecke machte da oft nicht mehr mit. So
wurden hohe
Ströme
benötigt und die Züge waren oft zu leicht. Das Furttal war nicht besonders
bekannt für lange steile Abschnitte. Sie müssen bedenken, die erst Versuchsstrecke zwischen Seebach und Wettingen verfügte nur über eine einfache Einspeisung. Für die ersten Gehversuche mit den kleinen Maschinen reichte das.
Mit der nun hier
fahrenden und provisorisch noch als F 2x 3/3 bezeichnete
Lokomotive konnten den
Kraftwerken
doch kräftig zusetzen. So war es schlicht unmöglich, das neue
Triebfahrzeug
an die Grenzen zu bringen. Vorher sackte die
Spannung
der
Oberleitung
zusammen. Nach Abschluss dieser ersten Versuche und nach dem eingetretenen Erfolg war klar. Die Maschinenfabrik Oerli-kon MFO hatte die stärkste elektrische Lokomotive der Welt gebaut und sie funktionierte erst noch.
Da auch die
Fahrleitung
im Berner Oberland noch nicht ganz fertig war, konnten vermerkt werden,
dass die MFO fristgerecht an die BLS liefern konnte. Nicht nur in dem
Punkt hatte man gegenüber der Konkurrenz aus Berlin die Nase vorne. Mit der gigantischen Leistung hatte man auch die AEG in den Schatten gestellt, denn deren Schnellzugslokomotive lag bei der Leistung zurück.
Erstmals hatte eine
Güterzugslokomotive
diesen Titel erlangen können und mit 2000 PS erst noch einen deutlichen
Massstab gesetzt. Selbst bei der
Höchstgeschwindigkeit
war man mit 70 km/h nicht weit entfernt. Es zeigte sich, dass die MFO in
den wenigen Jahren viel Wissen erlangt hatte.
Auch wenn bei diesen
ersten Fahrten zur
Inbetriebsetzung
auch Züge geführt wurden, die endgültigen Ergebnisse sollten erst im
Berner Oberland zu erfahren sein. Die zwischen Seebach und Wettingen
eingesetzte
Lokomotive musste dazu noch in das Werk
zurück, denn vor der Auslieferung mussten die
Stromabnehmer
mit der 1 320 mm breiten
Schleifleiste
montiert werden. Nur so kam sie durch den dortigen
Tunnel. Die fertige Lokomotive wurde daher auf die Reise nach Spiez geschickt. Da sie im Werk für den Transport vorbereitet wurde, konnte sie kaum alleine fahren. Doch bevor die Reise beginnen konnte, musste noch ein Punkt abgeklärt werden, denn die Achslasten waren auch einzuhalten, wenn die Lokomotive überführt wurde.
So hiess es ab auf die
Waage. Die Stunde der Wahr-heit war gekommen. Immer wieder eine spannende
Sache. Lokomotiven wurden damals achsweise gewogen. Bei der neuen Maschine für die BLS wurde bei den sechs Achsen Werte von 15 Tonnen gemessen. Gerechnet ergab das 90 Tonnen. Die angeblich stärkste Lokomotive der Welt war ein Leichtgewicht, denn man hätte locker noch sechs Tonnen mehr einbauen können.
Nur eben, der Beweis,
dass die
Leistung
von 2000 PS auch auf die
Schienen
gebracht werden kann, war man noch schuldig.
Die Reise ins Berner
Oberland erfolgte durch die Schweizerischen Bundesbahnen SBB. Das dazu
Dampflokomotiven benutzt wurden, versteht sich, denn ausser der
Fahrleitung
zwischen Seebach und Wettingen, gab es nur noch diese im Raum Spiez und
dort wartete man auf die neue
Lokomotive aus Oerlikon. Nur so leicht war
der Transport auch wieder nicht, denn nicht alle Strecken waren für dieses
Gewicht geeignet.
Nach der Ankunft in
Spiez wurde die neue Maschine genau angesehen. Jetzt war es amtlich, der
Versuchsbetrieb
zwischen Spiez und Frutigen konnte aufgenommen werden. In Oerlikon wurden
die Maschinen MFO 1 und MFO
2 abgestellt und die Anlagen wieder entfernt. Den neuen Spielplatz
hatte man nun im Berner Oberland und für die Leute aus dem Raum Zürich war
die alpine Gegend immer wieder eine Reise wert.
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