Bedienung der Lokomotive

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Beginnen wir die Bedienung der Lokomotive mit ein paar grundlegenden Punkten. Wie schon bei den ersten für den Gotthard beschafften Maschinen wurde auch bei der Baureihe Ae 3/6 I eine zweimännige Bedienung vorgesehen. Diese setzte sich aus dem für die Fahrt zuständigen Lokführer und dem ihm zur Seite stehenden Führergehilfen zusammen. Letzterer war bei den Dampfmaschinen noch als Heizer im Einsatz gestanden und wurde entsprechend geschult.

Von diesem Grundsatz gab es jedoch eine Abweichung. Die Lokomotive mit der Nummer 10 660 durfte vom Lokführer in alleiniger Fahrt bedient werden. Deren neu eingebautes Totmannpedal ersetzte die Funktionen des Beimannes.

Wobei bei einer Lokomotive die Einsatzplanung diesen Umstand nicht berücksichtigte. Im Abschnitt mit dem Betriebseinsatz werden wir dann erfahren, dass dieser Grundsatz nicht lange Gültigkeit haben sollte.

Wenn sich das Lokomotivpersonal daran machte, das Fahrzeug zu übernehmen, standen einige allgemeine Punkte an. So musste die Lokomotive aussen auf mechanische Schäden untersucht und sofern möglich der Vorrat bei den Schmiermitteln der Achslager kontrolliert werden. Arbeiten, die in der Regel durch den Führergehilfen übernommen wurden. Der Lokführer machte sich daran, die Lokomotive im Inneren zu kontrollieren.

Dazu musste er jedoch zuerst in einen der beiden Führerstände gelangen. Welchen Zugang er dabei nutzte, war nicht geregelt worden. Hartnäckig halten sich Gerüchte, dass der Lokführer und der Führergehilfe nicht die gleiche Türe genutzt hätten. Ich will dieses Verhalten nicht beurteilen und daher entschliesse ich mich, die Nummer 10 660 in Betrieb zu nehmen. Dort fehlte der Beimann und der Lokführer machte alle Arbeiten alleine.

Die ersten Punkte, die auffielen, wenn man in einen der Führerstände gelangte, waren der Boden und die Wände. Den Boden hatte man mit Holzplanken belegt und zu erkennen waren die eingelassenen Zonen für die dort vorhandene Fussbodenheizung. Die so gut war, dass das Personal diese nur einmal einschaltete. Wer elegante Schuhe hatte, musste allenfalls befürchten, das die Sohlen schmolzen. Bei den damals noch vorhandenen Lösung mit Holz, drohte ein Feuer.

Da wir uns auf der Nummer 10 660 befinden, fiel das auf der rechten Seite unten am Boden zum Führerpult gerichtete Pedal auf. Dieses gehörte zum Totmann-pedal und man sollte es während der Fahrt tunlichst in den Boden drücken.

Im Stillstand war das nicht so wichtig, denn in dem Fall war die Einrichtung nicht aktiv. So konnte sich das Personal weiter um die Arbeiten kümmern. Wir hingegen haben es nicht eilig und sehen uns noch etwas um.

Gegen die Frontwand gerichtet, befand sich das Führ-erpult. Dieses nahm nahezu die gesamte Breite ein und an der Stelle von geschlossenen Wänden, waren zahlreiche Türen vorhanden. Hinter diesen waren das Werkzeug, aber auch die Schmiermittel zu finden.

Gefärbt war dieser Bereich in einer hellgrünen Farbe. Nur die Arbeitsfläche war schwarz gestrichen wor-den. Die Bedienelemente auf dem Pult werden wir uns später noch ansehen.

Die Wände des Führerstandes hatten die gleiche Farbe erhalten, wie das beim Führerpult der Fall war. Ledig-lich die Decke, die mit weiss lackiertem Täfer ver-sehen war, strahlte etwas Behaglichkeit aus. Speziell war eigentlich nur die vor der Rückwand im Bereich des Lokführers vorhandene Sitzbank. So eine Vorrichtung gab es bisher nicht und auch hier wurde dort meistens das Gepäck deponiert, denn bedient wurde die Lokomotive stehend.

Wer nun bei der Sitzbank an etwas Komfort dachte, ist auf dem Holzweg. Es war einfach ein flaches Holzbrett, das eigentlich nur ein Deckel war. Unter diesem Bereich befand sich der Vorratsbehälter für die Sandstreueinrichtungen. Wurde der Deckel geöffnet, konnte diese aufgefüllt werden. Böse Gerüchte behaupten, dass der Sand beim Personal zur Verrichtung der Notdurft missbraucht wurde. Ob dabei ein Kater im Spiel war, ist nicht überliefert worden.

Um weiter mit den Inbetriebnahme der Maschine zu kommen, musste zuerst der Maschinenraum aufgesucht werden. In diesem Befand sich die Tafel mit den Relais und Schaltern.

Neben jedem der Batterie, musste auch der Hauptschal-ter für die Steuerung eingeschaltet werden. Damit war abgesehen von den Kontrollen, die Arbeit getan. Die weiteren Arbeiten wurde im Führerstand vorgenommen. Wir können in diesen zurückkehren.

Da die Steuerung nun ab den Batterien versorgt wurde, bestand die erste Handlung darin die Lokomotive in Be-trieb zu nehmen. Dazu mussten mit dem Steuerschalter die Stromabnehmer gehoben werden.

Dazu besass dieser die Stellungen «Tief», «Hoch» und «Abschluss». In der zuletzt erwähnten Position, konnte der Griff abgezogen werden. So war gesichert, dass im-mer nur ein Führerstand in Betrieb gesetzt werden konn-te.

Nicht nutzlos verstreichen lassen liess das Lokomotivper-sonal die Zeit, bis die Stromabnehmer den Fahrdraht berührten. Als Vorbereitung auf den späteren Einsatz, wurde die Erzeugung der Druckluft eingestellt.

Diese konnte manuell geregelt werden, oder sie wurde durch die Steuerung übernommen. Diese regelte den Luftdruck so, dass er sich zwischen sechs und acht bar bewegte. Als Schaltelement für den Schütz diente ein Druckschwankungsschalter.

Beim Einschalten des Hauptschalters ergaben sich zwei Lösungen. Die Modelle, die einen motorischen Antrieb hatten, wurden mit einem einfachen Steuerschalter in Betrieb genommen. Dieser entsprach den Lösungen, wie sie schon bei den Baureihen für den Gotthard angewendet wurden. Viel spannender ist da die Lösung bei der mechanischen Betätigung des Hauptschalter, denn die hatte durchaus ihre Tücken erhalten.

Der mechanische Schalter befand sich auf dem Führertisch rechts neben dem Steuerkontroller. Der in einer länglich verlaufenden Führung gehaltene Bediengriff musst mit reichlich Kraftaufwand und sehr viel Schwung nach vorne geschoben werden.

War man zu langsam, rastete die Klinke nicht ein und der Schalter wurde wieder geöffnet. Diese Klinke war nötig, damit die Steuerung den Hauptschalter auslösen konnte.

Hat der Einschaltversuch geklappt, schaltete die Lokomo-tive ein und die Spannung der Fahrleitung wurde an einem Instrument angezeigt. Gleichzeitig setzte die Erzeugung der Druckluft ein.

Diese musste auf den maximalen Wert erhöht werden, denn nun wurde sie für die obligatorische Prüfung der Bremsen genutzt. Ohne diese Bremsprobe durfte die Loko-motive nicht in Bewegung gesetzt werden, denn das erfolgte nur, wenn man anhalten konnte.

Zu viel Zeit mit der Bremsprobe wollen wir nicht ver-lieren. Bei der Regulierbremse kam das Ventil W2 von Westinghouse zur Anwendung.

Die automatische Bremse wurde mit dem Führerbrems-ventil W4 vom gleichen Hersteller bedient. Mit anderen Worten, die Bedienung der Bremsen wurde nicht geändert und sie war dem Personal bereits von den Dampflokomotiven her sehr gut bekannt. Daher war wirklich nur die elektrische Bedienung neu.

Wenn die Bremsen erfolgreich geprüft waren, wurde die Lokomotive mit der direkten Regulierbremse gesichert und die Handbremse gelöst. Diese hatte bisher die Aufgabe übernommen und wurde jetzt nicht mehr benötigt. Die auf dem Führertisch montierte Kurbel musste dazu im Sinn des Uhrzeigers verdreht werden, bis der Anschlag erreicht wurde. Damit war die Lokomotive fahrbereit und konnte bei vorliegender Erlaubnis bewegt werden.

Bevor jedoch losgefahren werden konnte, muss-te die Fahrrichtung eingestellt werden. Dazu mussten die Wendeschalter bedient werden. Bei allen Maschinen erfolgte das auf mechanische Weise.

Der Bedienhebel befand sich nun links vom Steuerkontroller. Dabei befand sich der Griff in der Mitte des länglichen Schalters und er war seitlich abgelegt worden. So konnte nicht aus Versehen die Fahrrichtung eingestellt werden.

Um diese einzustellen, musste der Hebel ange-hoben werden. Damit konnte er in der Gleitbahn bewegt werden. Wurde der Griff mit ausreichend Schwung nach vorne geschoben, gruppierten die Wendeschalter die Motoren so, dass vorwärts gefahren wurde.

Um in die andere Richtung zu fahren, musste der Griff nach hinten gezogen werden. Die Logik bei den Handlungen war daher auch bei dieser Lokomotive in vielen Punkten vorhanden.

Jetzt konnte die Fahrt begonnen werden. Dazu musste der Steuerkontroller um eine Raste im Sinn des Uhrzeigers verdreht werden. Der Stufenschalter schaltete dann mit seiner Geschwindigkeit die Fahrstufe. Die Motoren nahmen Strom auf und begannen zu arbeiten. Mit der gelösten Regulierbremse sollte sich die Lokomotive in Bewegung setzen. Reichte das nicht, konnte eine weitere Stufe zugeschaltet werden. Der Vorgang wiederholte sich.

Da die Verdrehungen des Lokführers mit einer anderen Geschwindigkeit erfolgten, wie der Stufenschalter diese schaltete, konnten auch Fahrstufen vorgewählt werden. Die Skala am Steuerkontroller zeigte die Wahl ein und ein weiterer Zeiger, die effektiv eingestellte Stufe. Da es jedoch keine Beschränkung der maximalen Ströme gab, darf die Steuerung nicht mit der Nachlaufsteuerung verglichen werden. Es war einfach nur eine Vorwahl der Stufe.

Wegen der fehlenden Begrenzung musste der Lokführer die Fahrmotorströme im Auge behalten können. Ein oberhalb des Steuerkontrollers in der Ecke zur Frontwand montiertes Instrument, zeigte ihm diesen Wert an.

Bei den Lokomotiven mit den Nummern 10 601 bis 10 636 wurde ein maximaler Wert von 1 800 Ampère eingestellt. Bei den mit etwas mehr Leistung versehenen Modellen, war der Strom auf maximal 2 400 Ampère beschränkt worden.

Da die unterschiedlichen Werte nicht jeder Lokführer im Kopf behalten konnte, musste er die erlaubten Stromwerte leicht ablesen können. Dazu wurden auf dem Führerpult im Bereich des Steuerkontrollers Tabellen angeschlagen.

Dort fand der Lokführer die Werte maximal, für eine Stunde und für den dauernden Betrieb. Wurde einer der Werte überschritten, konnte es Schäden geben. Nur der maximale Strom war mit einem Relais überwacht worden.

Speziell bei dieser Baureihe war der Booster. Zwar kannte man den Begriff damals noch nicht, aber er passt. Während der Dauer von 15 Minuten durfte der Wert für eine Stunde bei den Nummern 10 601 bis 10 636 um 180 Ampère überstritten werden.

Bei den restlichen Maschinen betrug dieser Wert sogar stolze 300 Ampère. So konnte bei einer schweren Anfahrt etwas besser beschleunigt werden, was genau dem Charakter eines Boosters entspricht.

Kamen die Lokomotiven an ihre Leistungsgrenze waren nicht mehr die Ströme der Fahrmotoren als Beschränkung vor-handen. Ab diesem Wert wurde der maximal erlaubte Strom aus der Fahrleitung gezogen.

Da auch dieser mit einem Relais überwacht wurde, sollte der Wert am Instrument nicht über 200 Ampère steigen. Der Wert wurde ebenfalls in der Tabelle aufgeführt. Bevor wir uns die Fahrt ansehen, noch der letzte aufgeführte Wert.

Dieser war dort, wo sie vorhanden war, für die elektrische Zugsheizung festgelegt worden. Bevor diese eingeschaltet werden durfte, musste mit dem Umschalter die korrekte Spannung eingestellt werden. War das erfolgt, konnte der Steuerschalter betätigt werden. Die Heizung der Wagen wurde nun versorgt und dabei durften unabhängig der eingestellten Spannung maximal 400 Ampère bezogen werden. Bei 1000 Volt war daher etwas mehr Leistung vorhanden.

Doch nun zur Fahrt. Die Geschwindigkeit wurde mit der Zugkraft geregelt. Mit etwas Erfahrung wusste der Lokführer bei jedem Zug sehr genau, welche Fahrstufe wo ein bestimmtes Tempo ergab. Da diese Lösung jedoch sehr ungenau war, wurde auch hier die gefahrene Geschwindigkeit angezeigt. Dabei war in der rechten Ecke ein V-Messer der Firma Hasler montiert worden. Dieser wurde mechanisch ab der benachbarten Triebachse angetrieben.

Damit sich das Personal auch an die Vorgaben hielt, war einer der beiden V-Messer mit einer Registrierung versehen worden. Diese musste nach der Fahrt der Obrigkeit zur Kontrolle abgegeben werden.

Speziell war hier, dass die aufgezeichneten Daten je nach Fahrrichtung und Durchmesser der Triebachsen von der effektiv gefahrenen Geschwindigkeit ab-weichen konnte. Das war besonders ein Problem, wenn sich die Registrierung im hinteren Führerstand befand.

Bevor wir diesen aufsuchen, müssen noch ein paar Punkte behandelt werden. So konnte der Lokführer, und wo vorhanden auch der Führergehilfe, die Lokpfeife betätigen. Der Lokführer konnte dazu ein Handgriff benutzen.

Je nach der Zugkraft erklang ein anderes Klangbild. Die in der Schweiz bekannte Tonfolge wurde daher durch das Personal erzeugt. Der Heizer hatte es dabei schwerer, da er an einem Seilzug ziehen musste.

Um zu verzögern, musste die Zugkraft reduziert werden. Dazu verbrachte der Lokführer den Kontroller einfach in die Stellung «Null». Der Stufenschalter folgte mit seinem Tempo.

In Notsituationen, also wenn es schnell gehen musste, griff der Lokführer zum Hebel des Hauptschalter und löste diesen manuell aus. Die Zugkraft wurde jetzt schlagartig ausgeschaltet, die Lokomotive rollte, und der Stufenschalter erreichte die Grundposition ohne Spannung.

Jede Bremsung wurde mit einer der beiden Druckluftbremsen vorgenommen. Da-bei wurde bei Fahrten mit Anhängelast die automatische Bremse genutzt. Diese ergab etwas mehr Bremskraft. Bei der Lokomotive alleine in Rangierfahrt, konnte aber auch zur Bremsung die Regulierbremse genutzt werden. In Notsituationen wurde aber in jedem Fall mit der Schnellbremse gearbeitet. Bei der Nummer 10 660 konnte auch das Totmannpedal eine Bremsung einleiten.

Es wird nun Zeit, dass wir die Fahrrichtung wechseln. Nach dem Stillstand, konnte der Griff für den Wendeschalter in die neutrale Position gezogen und abgelegt werden. Danach wurde der Hauptschalter ausgeschaltet und die Stromabnehmer gesenkt. Dabei konnte deren Steuerschalter jedoch auch so betrieben werden, dass die Bügel bei der Änderung der Fahrrichtung nicht gesenkt wurden. Wobei wir diese nun senken und den Griff abziehen.

Die Lokomotive wurde nun mit der Westinghousebremse gesichert. Der Griff von Führerbremsventil W4 musste danach einfach in die Stellung «Abschluss» verbracht werden. Handlungen, die für das eingesetzte Personal durchaus neu waren, denn bei den Dampflokomotiven wurde bekanntlich der Führerstand nicht gewechselt, denn es gab da nur einen. Auch sonst war die hier vorgestellte Maschine in diesem Punkt etwas eigenartig.

Wer es nun eilig hatte und mit dem Griff zum Stromabnehmer in der Hand durch den Maschinenraum hastete, hat spätestens im anderen Führerstand verloren. Dort bemerkte er nämlich, dass der Steuerkontroller fehlte.

Dieser konnte hier abgezogen werden und musste ebenfalls mitge-nommen werden. Wegen dieser Tatsache wurde bei der Baureihe Ae 3/6 I von der längsten Lokomotive der Schweizerischen Bun-desbahnen SBB gesprochen.

Am Ende des Dienstes wurde der Vorrat bei der Druckluft ergänzt und die Lokomotive wie bei einem Wechsel des Führerstandes abgerüstet. Danach wurde nun aber die Handbremse angezogen und die Maschine so von der Druckluft unabhängig gesichert.

Im Maschinenraum mussten dann noch die Hauptschalter für die Steuerung und die Batterie ausgeschaltet werden. Damit war die Lokomotive remisiert worden und konnte verlassen werden.

Auch jetzt waren aber die eingangs erwähnten Kontrollen auszu-führen und am Ende des Tages wurden auch der Steifen mit den Fahrdaten entnommen. Im Depot wurde dieser dann zusammen mit den Befehlen gefaltet und der Obrigkeit zur Kontrolle abgege-ben.

Ausserhalb dieser Zeit sollten diese Daten auch nach einem Unfall gesichert werden. Wann genau das zu erfolgen hatte, wurde von den Chefs genau vorgegeben.

Wir haben die Lokomotive aufgebaut und kennen nun deren Bedienung. Es wird nun Zeit, dass wir uns mit den Anpassungen im Betrieb befassen. Auf Grund der Tatsache, dass wir bisher oft nicht genau wussten, welche Maschine nun genau welche Punkte besass, erwarten wir Anpassungen. Schliesslich wird in diesem Artikel von einer Serie gesprochen und davon war bisher kaum etwas zu erkennen, denn es gab auch noch Exoten, die auch nicht passten.

 

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