Betriebseinsatz Teil 3

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Auch wenn mit den Triebwagen RBe 4/4 und der Baureihe Re 4/4 II neue schnelle Triebfahrzeuge mit hoher Leistung in Betrieb kamen, die drohende Ausrangierung von älteren Modellen konnte die Ae 3/6 I noch locker hinnehmen. Schliesslich verkehrten in der Schweiz immer noch Dampflokomotiven. Deren Verschwinden war 1965 beschlossen worden. Die Reihe Ae 3/6 I wurde aber immer mehr auf Nebenlinien abgedrängt.

Wenn man den Einsatz auf den Nebenstrecken blicken will, kommen wir unweigerlich zum See-tal. Diese Strecke zwischen Luzern und Lenzburg war mit den zahlreichen Bahnübergängen be-kannt geworden.

Aber auch die oft starken Steigungen gehörten zu dieser besonderen Strecke. Das früher oder später eine Lokomotive der Baureihe Ae 3/6 I dort zu Ehren kam, war eigentlich klar.

Dabei war eher überraschend, dass es bis zu diesem Tag bis in die 60er Jahre dauerte. Auch sonst traf man die Maschinen immer mehr auf Nebenstrecken an.

Dort konnten neben Reisezügen auch oft die Stücker damit bespannt werden. Jedoch war dabei das Problem, dass die Strecken angepasst werden mussten. Die recht hohe Meterlast der Baureihe Ae 3/6 I war aber ein Hindernis.

Letztlich sollten jedoch nur noch wenige Ab-schnitte mit einem Fahrverbot belegt werden. Diese sollten wir uns nun ansehen, denn der Gotthard gehörte nicht dazu.

Im Züricher Oberland betraf das die Strecke zwischen Bäretswil und Bauma. Der Oberbau dieser Linie war nie richtig verstärkt worden und auch sonst sorgte der dort vorhandene Verkehr nicht dafür, dass man eine Maschine der Baureihe Ae 3/6 I für den Güterverkehr benötigt hätte. Das Fahrverbot war daher kaum ein grosses Problem und es sollte bis zur Einstellung des Verkehrs bestehen bleiben. Die Baureihe konnte also nicht überall verkehren.

Spezieller war die Situation bei der Strecke zwischen Bischofszell Nord und Hauptwil. Das war nur ein Abschnitt auf der Linie zwischen Sulgen und Gossau. Dort betraf es die Brücken, denn diese konnten damals weder mit den Achslasten, noch mit der bei der Reihe Ae 3/6 I vorhandenen Meterlast befahren werden. Das Fahrverbot musste daher ausgesprochen werden. Die Anpassung der Strecke erlebte jedoch die Maschine nicht mehr.

Der Winter 1968 war in der Schweiz besonders kalt. Das führte dazu, dass die Maschinen der Baureihe Ae 3/6 I sehr oft mit Schäden abgestellt werden mussten. Die somit anstehenden Reparaturen sprengten die Kapazität der Hauptwerkstätte in Zürich.

Aus diesem Grund wurden einige beschädigte Lokomotiven zur Entlastung in der Hauptwerkstätte von Bellinzona hergestellt. Dabei reisten die Maschinen aber nicht ins Tessin, sondern nur die Motoren.

Auch die Auslieferung der Lokomotiven Re 4/4 II verdrängte an-dere Baureihen in die Dienstpläne der Baureihe Ae 3/6 I. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB waren daher froh, konnte man einige Lokomotiven vermieten.

Ab 1968 wurden daher die Nummern 10 700 bis 10 703 an die BLS-Gruppe vermietet. Diese wurden aus dem Beständen des Depots Bern entnommen. Die so frei werdenden Dienste wurden von anderen Maschinen übernommen.

Während die Nummern 10 700 und 10 701 ab Spiez eingesetzt wurden, waren die anderen beiden Maschinen in der Nähe geblieben und kamen ins Depot Holligen.

Das führte dazu, dass die Lokomotiven der Schweizerischen Bundesbahnen SBB auf dem gesamten Netz der BLS-Gruppe eingesetzt wurden und da machte man nicht einmal von der Bergstrecke über den Lötschberg halt. Was am Gotthard nicht ging, war bei der BLS möglich.

Wobei auch Einsätze vor den Autozügen durch den Lötschbergtunnel zu den Arbeiten der Baureihe Ae 3/6 I gehörten. Sie sehen, dass die vier Modelle der Staatsbahnen vielseitig verwendet wurden. Zudem können wir uns von den vier Lokomotiven auch verabschieden, denn die Miete bei der BLS-Gruppe dauerte bis ins Jahr 1982. Wobei die Nummern nur bei Revisionen ersetzt wurden. Nach den Aufenthalt kam sie wieder zur BLS-Gruppe.

Besonders tragisch sollte der 21. April 1969 für die Loko-motive mit der Nummer 10 681 enden. Der Führerstand war an diesem Tag besonders gut besetzt. Neben dem Lokführer war ein Führergehilfe in Ausbildung und ein weiterer Lokführer auf einer Instruktionsfahrt dabei.

Eine seltene aber nicht ungewöhnliche Situation. Nur an diesem Tag sollte das für die Leute im Führerstand kein gutes Ende nehmen, denn die Fahrt kam nie am Ziel an.

In der Nähe von Galmiz näherte sich die Lokomotive im dichten Nebel mit dem Zug einem Bahnübergang. Niemand im Zug ahnte, dass sich auf diesem ein LKW befand, der seine Fahrt wegen den geschlossenen Schranken nicht fortsetzen konnte.

Als das Hindernis erkannt wurde, war jede Bremsung zu spät. Die Lokomotive kollidierte mit dem Strassenfahrzeug bei hoher Geschwindigkeit. Dabei fanden insgesamt fünf Menschen den Tod.

Gerade der Unfall von Galmiz soll uns aufzeigen, dass es keineswegs eine gute Idee ist, auf einem Bahnübergang anzuhalten. Züge kommen schnell und können nicht bremsen. Eine durchbrochene Schranke führt zudem am Fahrzeug zu einem deutlich geringeren Schaden. Fünf Menschen wären zu ihren Familien zurückgekehrt, wenn damals der Bahnübergang rechtzeitig geräumt worden wäre. Die Lokomotive wurde wieder hergerichtet.

Am 30. November 1970 war ein weiterer schwarzer Tag für die Baureihe Ae 3/6 I. Die Lokomotive mit der Nummer 10 607 kam in die Hauptwerkstätte. Eine Reparatur kam nicht mehr in Frage und so wurde an diesem Tag die erste Lokomotive dem Schrotthändler übergeben.

Begleitet wurde sie dabei von der Nummer 10608. Die erste Ausrangierung einer Maschine dieses Typs war nach einem Einsatz von nahezu 50 Jahren zur Tatsache geworden.

Was sich 1970 abzeichnete, wurde fünf Jahre später bestätigt. Nachdem sich am 31. Oktober 1974 die Nummer 10 606 verabschiedete, begann nun ein regelrechtes Sterben. Dabei verabschiedete sich die Maschine mit der Nummer 10 674 mit einem Unfall.

Sie war am 14. Februar 1975 in Gisikon mit verlorenen Wagen kollidiert und beschädigt worden. Eine Reparatur der alten Lokomotive kam nicht mehr in Frage und es kam Ende März zur Ausrangierung.

Neben diesem Unfallopfer wurden weitere sechs Maschinen abgebrochen. Dabei traf es in erster Linie Exemplare der schwächeren Version. Aber auch zwei von den bis 110 km/h schnellen Modelle verschwanden 1975 für immer. Es war nun keine gute Idee, in schlechtem Zustand die Hauptwerkstätte aufzusuchen. Was dort eintraf wurde nicht mehr revidiert, sondern ausgeschlachtet und dem Schrotthändler des Vertrauens zugeführt.

Die immer zahlreicher werdende Serie bei der Baureihe Re 4/4 II führte dazu, dass die Reisezüge immer seltener in den Dienstplänen zu finden waren. Schlimmer war jedoch die Reihe Re 6/6, deren Auslieferung begann und die ältere Modelle vom Gotthard ins Flachland verdrängte. Auf der Suche nach Arbeit griffen diese nach den Zügen der Baureihe Ae 3/6 I. Die gute Lokomotive war nun endgültig am Ende der Hackordnung angelangt.

Aus Mangel an Arbeit wurden die Lokomotiven auch für die Vermietung vorgesehen. Immer noch befanden sich vier Maschinen bei der BLS im Einsatz. Sonst war der Bedarf wegen den Auswirkungen der Erdölkrise überall gering. Eine Anfrage der MBS führte jedoch nicht zur Miete. So blieben die Einsätze im Ausland sehr gering. Auch wenn sich das Gerücht, dass Modelle der Baureihe Ae 3/6 I im Raum Berlin gewesen seien, nicht entkräften lässt.

Im Verlauf des Jahres 1976 verschwanden weitere sieben Maschinen. Dabei betraf es weiterhin die schwa-chen Modelle, die nun bereits arg dezimiert wurden. Aber auch die neueren traf es.

Darunter befand sich die Nummer 10 701, die schon län-ger an die BLS vermietet worden war. Dort hatte man mit den neuen Re 4/4 einen Ersatz gefunden. Es war wirklich eine schlechte Idee, mit einem grösseren Pro-blem nach Zürich zu reisen.

Ein richtiges Problem hatte die Nummer 10 677. Als sie in Zürich eintraf fehlten sowohl das Drehgestell, als auch die Laufachse. Die Maschine war im Dezember 1976 bei Wauwil entgleist. Dabei war diese aber eine Folge davon, dass sich im Laufwerk bis auf die drei Triebachsen alle Achsen verabschiedet hatten. Damit war klar, dass sie ausrangiert würde. Sie wurde deshalb auf den 31. Dezember 1976 aus den Listen gestrichen, womit acht Stück fehlten.

Wie weit die einst stolze Baureihe wirklich gesunken war, konnte immer wieder beobachtet werden. So richtig unbeliebt waren die Einsätze hinter dem «Fäkalie-Wage». Der spezielle Wagen zur Beseitigung von Unkraut musste geschoben werden und er wurde oft treffend als «Chüngelimörder» betitelt. Diese Tortur mutete man nun wirklich nur den Lokomotiven zu, die nicht mehr zu retten waren, denn die tödliche Sauce klebte auch am Laufwerk.

Bis Ende 1979 wurden weitere acht Maschinen der Ausrangierung zugeführt. Darunter befand sich mit der Betriebsnummer 10 601 auch die älteste Maschine. Nach einer Laufleistung von rund 4 000 000 Kilometern in 58 Jahren wartete aber nicht der Schrotthändler. Die Maschine wurde äusserlich hergerichtet und anschliessend in Baden auf den Sockel gestellt. Baden wurde gewählt, weil die BBC dort ihren Sitz hatte und diese sollte nach dem rechten sehen.

Die bevorstehende Umstellung auf den Taktfahrplan ergab bei den alten Mo-dellen noch einen Aufschub. Dabei war die Arbeit wirklich sehr dünn gesät worden. Das nutzte man am 27. Au-gust 1981 aus.

In Luzern erlitt eine Re 4/4 I eine Pan-ne und musste mit samt dem Pendel ins Depot überstellt werden.

Um den Regionalzug nach Göschenen doch noch führen zu können wurden Wagen gesucht und die Ae 3/6 I mit der Nummer 10 688 vorgespannt.

Besonders der Zug von Göschenen nach Luzern erhielt dabei eine beacht-liche Länge. Wegen dem starken Ge-fälle und der nicht vorhandenen elek-trischen Bremse musste das Sicher-heitsbremsverhältnis berechnet wer-den.

Dabei mussten die Wagen die unge-bremste Lokomotive zum Stillstand bringen. Bei 95 Tonnen Gewicht, reichte der normale Wagensatz nicht aus.

Daher wurden zusätzliche Reisezug-wagen eingereiht und der Zug bekam eine stattliche Länge.

Der Taktfahrplan und die damit verbundene Auslieferung neuer Triebwagen für den Regionalverkehr verdrängten die auch im Jahre 1985 immer noch vor vereinzelten Reisezügen anzutreffende Maschine. In der Folge wurden bis Ende 1985 weitere 46 Maschinen dem Schrotthändler zugeführt. Damit war nun klar, der grosse Niedergang war nicht mehr aufzuhalten. Mit jährlich noch einer Leistung von 34 000 Kilometer, wurden die Lokomotiven überzählig.

Während die schwachen Maschinen bis auf die Nummer 10 620 verschwunden waren, gab es für die schnelleren Modelle immer noch passende Züge. Dabei begann neben den Einsätzen vor Güterzügen der Nebenstrecken, auch die Beförderung der schnelle Postzügen. Was mit mehr als 110 km/h herumfahren konnte, wurde für Reisezüge benötigt. Diese waren in den Dienstplänen der alten Maschinen auch 1985 immer noch vorhanden.

Um den letzten Vertreter der alten Garde, war es am 31. Juli 1987 geschehen. Die Nummer 10 620 wurde ausrangiert und dem Abbruch zugeführt. Ihr folgen bis 1989 noch elf weitere Maschinen. Wobei die Nummer 10 700 nur formell ausrangiert wurde.

Aus ihr sollte eine historische Lokomotive ent-stehen. Dazu wurde sie einer Revision unterzogen und kam anschliessend wieder mit dem ursprüng-lichen Anstrich in die Obhut des Depots Bern.

Die Tage der Baureihe waren nun gezählt. Bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB gab es kaum noch Arbeit und da kam die Anfrage der MThB gerade richtig. Daher konnten im Zeitraum von 1991 bis 1993 noch Maschinen in den Thurgau vermietet werden. Zumindest so lange, bis auch dort die Reihe Ae 4/7 die kleinere Schwester verdrängte. War nur noch eine Frage der Zeit, bis das endgültige Ende kommen sollte.

Ab dem Jahre 1993 gab es im Kreis III keine Lokomotiven der Baureihe Ae 3/6 I mehr. Die nagelneue Baureihe Re 460 schon andere Serien nach hinten und so wurden die Ae 4/7 arbeitslos. Da aber mit der Baureihe Ae 3/6 I noch ältere Modelle vorhanden waren, wurden diese an den Abgrund geschoben und letztlich dem Schrotthändler anvertraut. Auch der letzte Postzug wurde jetzt mit neuen Maschinen bespannt und die alte Kiste verschwand.

1994 gab es schliesslich keine planmässigen Dienste mehr. Die letzte Fahrt fand am 28. Mai 1994 statt und die verbliebenen Maschinen der Reihe Ae 3/6 I wurden auf den Fahrplanwechsel aus dem Verkehr genommen. Alle wurden per Ende Mai 1994 ausrangiert und verkauft. Dabei gingen aber nicht mehr alle zum Schrotthändler, sondern sie wurden abgestellt und sollten für ein historisches Depot genutzt werden. Eine ungewisse Zeit wartete auf sie.

Am Ende der planmässigen Einsätze sollten wir ein Fazit ziehen. Die Lokomotive mit der Nummer 10 684 wurde am 13. April 1927 in Betrieb genommen. Als sie am 31. Mai 1993 ausrangiert wurde hatte sie ein Alter von 66 Jahren und so den Ruhestand verdient. Mit einer Leistung von 5 972 957 Kilometern, war sie der Rekordhalter der Serie. Wer in einer so langen Zeit, so weit fährt, hat das Prädikat einer erfolgreichen Baureihe verdient.

 

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