Entwicklung und Bestellung

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Bei der Entwicklung der Lokomotiven für das Flachland standen die Modelle im Vordergrund, die vor den Schnellzügen eingesetzt wurden. Bei den Güterzügen war damals die Geschwindigkeit nicht so hoch, da diese oft noch von Hand gebremst wurden. In diesem Bereich sollten die bewährten Maschinen der Baureihe Ce 6/8 II nachgebaut werden. So gab es damals nur eine komplett neue Entwicklung bei den Reisezügen.

Wenn wir schnell die Lokomotive für den schweren Güterverkehr im Flachland ansehen, dann landen wir bei der Baureihe Ce 6/8 III. Diese kam an den Gotthard, so dass die etwas schwächeren Modelle der erwähnten Reihe Ce 6/8 II ins Mittelland verdrängt wurden. Beide Typen werden jedoch in eigenen Artikeln vorgestellt und kommen hier nicht mehr zu einer weiteren Erwähnung. Hier geht es um die Modelle für Schnellzüge.

Für die Schnell- und Personenzüge wurde eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h vorgesehen. Die gegenüber den Schnellzugslokomotiven der Reihe A 3/5 geringere Geschwindigkeit sollte durch die höhere Zugkraft bei hohen Geschwindigkeiten ausgeglichen werden. Dampflokomotiven verloren in Steigungen oft den Schwung und das sollte mit den neuen Modellen nicht mehr erfolgen. Die neuen Modelle sollten das Tempo besser halten können.

Die Ausarbeitung des Pflichtenheftes musste in kurzer Zeit erfolgen. Daher konnten keine Details zu bestimmten Punkten darin aufgeführt werden. Doch die Einleitung war klar. Es sollte eine Lokomotive für Reisezüge entstehen, die mit Wechselstrom von 15 000 Volt und 16 2/3 Hertz betrieben wird. Zudem sollten die Modelle mit den üblichen Fahrzeugen gekuppelt werden können, also Zug- und Stossvorrichtungen nach den Normen der UIC erhalten.

Weiter wurden im Pflichtenheft entsprechende Angaben aufgeführt. So sollte mit den neuen Maschinen bei einer geringen Steigung von 2‰ Züge mit einem Gewicht von 480 Tonnen mit der Höchstgeschwindigkeit befördert werden. Das waren Werte, die auch von den Dampflokomotiven der Reihe A 3/5 erreicht werden konnten. Es war daher im Gegensatz zu den Modellen am Gotthard keine Steigerung bei den Zugkräften verlangt worden.

Deutlich wichtiger war der zweite Punkt dieser An-gaben. Der gleich schwere Zug musste in Steig-ungen von bis zu 10‰ mit einer Geschwindigkeit von 65 km/h befördert werden können.

Steigungen die in der Schweiz auch im Flachland oft vorhanden waren und bei denen mit der elektri-schen Lokomotive schneller gefahren werden soll-te. Die Dampflokomotive verlor hier zu viel Schwung und wurde daher langsamer.

Angaben zu Steigungen von 26‰ wurden jedoch nicht gemacht. Die neue Baureihe sollte im Flachland eingesetzt werden und war nicht für die Steigungen am Gotthard vorgesehen. Dort waren ja die Maschinen der Baureihen Be 4/6 im Einsatz. An deren Zugkräfte kam das neue Modell nicht heran, aber weitaus wichtiger war, dass sie schnell fahren konnte und das war in den Steigungen bis zu 10‰ der Fall.

Wie schon bei der Schnellzugslokomotive A 3/5 wurden lediglich drei Triebachsen vorgesehen. Das war zu erwarten, da ja nicht mehr Zugkraft verlangt wurde, sondern dass erwartet wurde, dass man die Züge auch schnell die Anhöhe hoch ziehen konnte. Sie sehen, es waren grundlegend andere Bedingungen, die von den neuen Modellen erbracht werden mussten. Es sollten nicht schwere Züge sein, sondern man wollte eher am Ziel ankommen.

Eine bestimmte Angabe zur Leistung wurde nicht aufgeführt. Man erwartete gewisse Werte, die eingehalten werden mussten. Was dazu der Lokomotive für Muckis verpasst wurden, sollte den Herstellern überlassen werden. Daher müssen wir uns diese Vorgaben genauer ansehen, denn so erkennen wir, was von der neuen Baureihe im Betrieb erwartet wurde. Angaben die sonst immer etwas durch die Leistung verdeckt werden.

Mit dem genannten Zug von 480 Tonnen Gewicht, musste mit der Lokomotive in einer Steigung von 10‰ die Anfahrt möglich sein. Dabei musste der Zug innerhalb von vier Minuten auf eine Geschwindigkeit von 55 km/h beschleunigt werden.

Es wurde also nicht der Wert angestrebt, der bei einer Durch-fahrt gehalten werden musste. Ein Entgegenkommen an die Hersteller, die durchaus keine leichte Aufgabe erhalten sollten.

Wurde zuvor die maximale Anfahrzugkraft bestimmt, ging es bei den weiteren Angaben um die Dauerleistung. In der Schweiz wurde diese oft mit bestimmten Programmen defi-niert.

Das war hier nicht anders und daher musste auch jetzt wieder der erwähnte Zug mit 480 Tonnen befördert werden. Wir haben daher bei allen Angaben die gleichen Bedingungen an das Rollmaterial. Nun aber musste damit gefahren werden.

Innerhalb von zehn Stunden musste die Strecke von Zürich nach St. Gallen dreimal in beiden Richtungen befahren werden. Da-bei waren gerade in Richtung St. Gallen lange anhaltende Steigungen von bis zu 10‰ vorhanden. Zudem waren unter-wegs noch Halte einzulegen. An den Endbahnhöfen musste die Lokomotive nach 15 Minuten die Rückfahrt beginnen können. Der Unterhalt sollte also erst nach dem Programm erfolgen.

Mit der Strecke von Villeneuve nach Brig galten die gleichen Werte, wie zuvor. Jedoch waren nun höhere Geschwindigkeiten vorhanden, denn im Rhonetal konnte lange schnell gefahren werden. Zudem waren auf dieser Strecke die Steigungen geringer ausgefallen. Auch das waren somit Angaben, die nicht so leicht eingehalten werden konnten. Es war kein einfaches Pflichtenheft, das hier von den Staatsbahnen ausgearbeitet worden war.

Die maximal erlaubten Achslasten wurden auch aufge-führt. So waren für die Triebachsen 20 Tonnen zugelassen und bei den Laufachsen galt ein Wert von 13 Tonnen.

Die Lokomotive für das Flachland konnte dabei bei drei Triebachsen und drei Laufachsen ein Gewicht von 99 Ton-nen erhalten.

Nur bei den Laufachsen durfte der Wert geringfügig über-schritten werden. Eine Angabe, die aber auch Ausbauten der Strecken bedeutete.

Nicht im Pflichtenheft aufgeführt wurde eine elektrische Bremse. Diese war damals nur für die Fahrten in den Steigungen des Gotthards vorgeschrieben. Im Flachland sah man deren Nutzen jedoch nicht. Daher wurde auf die-se Angabe verzichtet.

Zudem waren ja auch bei den vorher aufgeführten Be-dingungen keine Bedingungen für die Gotthardstrecke auf-geführt worden. Noch sollte eine Lokomotive für das Flachland gebaut werden.

Das so ausgearbeitete Pflichtenheft wurde an die drei in der Schweiz vorhandenen Elektriker versendet. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB waren auf Grund der Tatsache, dass es sich um eine Staatsbahn handelte, verpflichtet im eigenen Land zu bestellen. Eine Ausschreibung, wie sie heute üblich ist, erfolgte damals jedoch nicht. Mit den angeschriebenen Firmen hatte man jedoch ausgesprochen gute Partner. Dabei wurden Angebote von allen drei Firmen erwartet. Nach Abschluss der Verhandlungen wurde gebaut.

Durch die Maschinenfabrik Oerlikon MFO wurde in Zusammenarbeit mit der SLM eine Lokomotive angeboten, die über die Achsfolge 2 C 1 verfügte. Bei den Staatsbahnen wurde diese Baureihe als Ae 3/6 II geführt. Dabei wurde der Index II für die MFO als Erbauer geführt. Die nahe Verwandtschaft zu der hier vorgestellten Bauart war jedoch nicht gegeben. Die Reihe Ae 3/6 II wird in einem eigenen Artikel genauer vorgestellt.

Auch von der Firma Société Anonym des Ateliers de Sécheron SAAS wurde ein Modell angeboten. Dieses konnte auf eine Laufachse verzichten und wurde daher als Baureihe Ae 3/5 geführt.

Durch die Reduktion um eine Achse fiel nicht auf, dass bei diesem Hersteller der Index III geführt wurde. Erst nach der Anpassung trat das in den Vordergrund.

Auch für die Reihe Ae 3/5 gilt, dass diese in einem eigenen Artikel genauer vorgestellt wurde.

Damit fehlt nur noch der dritte Elektriker. Die Firma Brown Boveri und Co BBC reichte auch ein Angebot ein. Dieses wollen wir uns ansehen, denn der erste Vor-schlag war besonders.

So schlug man eine Lokomotive mit vier Triebachsen und vier Laufachsen vor. Mit der Achsfolge 2 Do 2 war das Modell grösser, aber eher ein Muster für die später gebaute Baureihe Ae 4/7. Dies Schweizerischen Bundesbahnen SBB erachteten diese Steigerung nicht als sinnvoll.

So wurde das Angebot zu einer Lokomotive mit der Achsfolge 2 Co 1 geändert. Merkmal dieser Maschine war, dass hier der Antrieb nach Buchli verbaut werden sollte. Dieser hatte bei der Versuchslokomotive Ae 4/8 gute Werte gebracht. Daher setzte man in Münchenstein auf diesen Antrieb. Die neue Baureihe Ae 3/6 I wurde daher mit dem Index für die BBC ergänzt. Wir haben damit das dritte Modell für Schnellzüge im Flachland erhalten.

Wie bei den beiden anderen Elektrikern sollte auch hier die mechanische Arbeit von der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM in Winterthur erbracht werden. Die elektrische Ausrüstung und die Endmontage erfolgte jedoch im Werk der BBC in Münchenstein. Dass dieser Grundsatz nicht bei allen Maschinen galt, hatte jedoch mit den Bestellungen zu tun. Doch noch existierte die Reihe Ae 3/6 I nur auf dem Papier.

Am 28. Januar 1920 erfolgte schliesslich die Be-stellung bei der BBC und der SLM von zunächst vier als Prototypen gedachten Lokomotiven der Baurei-he Ae 3/6 I. Diese sollten mit den Nummern 10 301 bis 10 304 bezeichnet werden.

Dabei wurde ein Stückpreis von 706 266 Schweizer Franken ausgehandelt. Zur Auslieferung kamen die-se vier Maschinen ein Jahr später. Damit war die Baureihe Ae 3/6 I tatsächlich vorhanden.

1921 wurden mit den Nummern 10 305 bis 10 308 vier weitere Maschinen der Baureihe Ae 3/6 I be-stellt. Diese sollten ein Jahr später ausgeliefert werden und dabei machten die Hersteller noch Kosten von 540 000 Franken für eine Lokomotive geltend. Der Preis war gegenüber den ersten vier Modelle gesenkt worden, was klar dem nun geringeren Aufwand bei den Herstellern geschuldet war. Der Besteller musste weniger tief in die Tasche greifen.

Mit der 1923 erfolgten weiteren Bestellung von nun acht Lokomotiven wurde der Preis auf 420 000 Franken gesenkt. Eine weitere Reduktion des Preises sollte bis zum Ende der Lieferungen nicht mehr erfolgen. Jetzt wurden die Nummern 10309 bis 10 316 vergeben und auch jetzt wurden die Maschinen nach einem Jahr ausgeliefert und in den Betrieb genommen. Die Auslieferung hatte nun eingesetzt und sie wurde immer wieder erweitert.

Noch 1924 konnten die im gleichen Jahr bestellten Maschinen mit den Nummern 10 317 bis 10326 in Betrieb genommen werden. Danach wurde die Auslieferung jedoch geändert. Die weiteren Maschinen sollten eine höhere Leistung haben. Zudem wurden die Lokomotiven der Baureihe Ae 3/6 I mit neuen Nummern versehen. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB wollten so den erforderlichen Platz für Modelle der SAAS schaffen.

Nun hatte aber die Auslieferung der Lokomotiven begonnen. Im Jahre 1924 wurden die Nummern 10 627 bis 10 646 bestellt. Als diese ausgeliefert wurde, war mit den Nummern 10 647 bis 10 676 bereits die nächste Serie beschafft worden.

Diese Maschinen wurden im Jahre 1926 ausge-liefert. Es sollten vorerst die letzten Modelle dieser Baureihe sein. Der Grund war, dass die BBC mit den Arbeiten für die neue Reihe Ae 4/7 beschäftigt war.

Im Jahre 1927 erfolgte eine weitere Bestellung. Da-bei wurden von der BBC die Lokomotiven mit den Nummern 10 677 bis 10 686 ausgeliefert. Da nun aber auch die Reihe Ae 4/7 in Münchenstein gebaut wurde, hatten die Firmen MFO und SAAS kaum mehr Arbeit. Aus diesem Grund wurden die weiteren Lokomotiven der Baureihe Ae 3/6 I an diese Firmen übergeben. Dabei mussten die Motoren mit den Maschinen der BBC übereinstimmen.

In Oerlikon, also bei der MFO, wurden die Lokomotiven mit den Nummern 10 687 bis 10712 bis 1928 gebaut. Die Lieferung bei der Baureihe Ae 3/6 I endete mit den Nummern 10 713 und 10 714 die von der SAAS gebaut wurden. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB benötigten keine weiteren Modelle mehr, da nun die kräftigere Baureihe Ae 4/7 in Betrieb genommen werden konnte. Es waren jedoch 114 Ae 3/6 I vorhanden.

Durch die lange Lieferzeit und die Tatsache, dass es bei der Leistung Anpassungen gab, unterschieden sich die einzelnen Maschinen. Das galt für optische Ansichten, als auch für technische Aspekte. Bei der nun folgenden Vorstellung der Baureihe kommen wir daher nicht darum herum mit den Nummern zu arbeiten. Dabei werden jedoch immer die endgültigen Nummern verwendet. Aus der Gruppe 10 301 bis 10 326 wurde somit 10 601 bis 10626.

 

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