Betriebseinsatz Teil 1 |
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Bei jedem neuen Fahrzeug
beginnt die Karriere mit den ersten Tests der Funktionen. Diese erfolgen
im Werk und dann folgen in der Regel ausführliche
Testfahrten. So eine
Inbetriebsetzung zeigt schnell Probleme auf. Diese beiden
Triebwagen
zeigen jedoch, dass es auch anders gehen kann. So wurden die beiden
Fahrzeuge beim Hersteller in Münchenstein nach den ersten Kontrollen der
Funktion ausgeliefert und dem Kunden übergeben. Daher begann die Karriere mit dem ersten Zug am 04. Juli 1953. Die Nummer 661 wurde von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB übernommen.
Anschliessend erfolgten
einige
Testfahrten, bei denen die Funktionen überprüft wurden. Ein
Vorgang, der eigentlich bei jedem neuen Fahrzeug gemacht wird. Eine
solches Testprogramm dauert meistens ein oder zwei Tage, danach geht es in
den Betrieb und das war es auch schon.
So überraschte es nicht, dass
es keine klassische
Inbetriebsetzung gab und der erste ausgelieferte
Triebwagen dem
Kreis
I übergeben wurde. Dieser stationierte das Fahrzeug
vorerst in Lausanne, wo man sich gleich daran machte nach Vevey zu fahren.
Dort kuppelte man als
Ballast einen Wagen an den Zug und dann ging es
durch die Rebberge hoch nach Chexbres. Jetzt musste der Zug bei Steigungen
bis 38‰ zeigen, was er konnte.
Die
Leistung des Zuges musste schliesslich ja auch überprüft werden. Und mit
dem zusätzlichen Wagen überschritt man sogar die Anforderungen. Der neue
Triebwagen zeigte dabei, dass er durchaus in der Lage war, auch diese
Aufgabe zu bewältigen. Daher stand einem kommerziellen Einsatz nichts mehr
im Wege. Das ging jedoch nur mit dem entsprechenden Personal und da hatte
man mit den bisherigen Fahrzeugen Erfahrungen gemacht.
Durch die seltenen Einsätze
der
Triebwagen lohnte es sich nicht, dass man das gesamte
Lokomotivpersonal auf
dem Fahrzeug schulte. Das waren daher nur ein paar auserwählte Lokführer.
Anders gesagt, wer mit diesen Zügen fuhr, hatte sich bewährt, oder wurde
zur Strafe ausgebildet. Die Wahl, wer durfte war daher eine Sache der
Leitung. Damit konnten die Probleme mit den Kenntnissen leichter gelöst
werden. Natürlich betraf das nicht nur das Personal in Lausanne. Auch in anderen Depots wurden Lokführer geschult. Dabei war das nicht so eine intensive Schulung, denn viele Punkte waren bereits von den Baureihen CFe 4/4 und Re 4/4 her bekannt.
Es
mussten nur noch die Unterschiede erklärt werden. Insbe-sondere galt das
für die Arbeiten bei Störungen. Welche Mög-lichkeiten gab es um doch noch
den Heimweg zu schaffen.
Stand
dann eine Gesellschaftsfahrt an, bekamen diese speziell geschulten
Lokführer den
Triebwagen und fuhren mit der
Gruppe auf der gewünschten
Strecke. Da der Lokführer dabei an Gesetze gebunden war, gab es aber auch
Ablösungen durch andere Lokführer in einem anderen
Depot. In den Fällen,
wo das nicht möglich war, wurde ein Pilot gestellt. Das waren auf der
Strecke kundige Lokführer aus anderen Depots.
Jedoch galt für diese Lokführer auch, dass sie nach einigen Fahrten, die
über die gleichen Strecken führten, mit der Zeit diese auch kannten. Daher
waren die Einsätze der Piloten immer seltener. Was die Kollegen in Zürich
mit dem RAe 4/8 machten, schafften die Lokführer in Lausanne mit dem RBe
4/8 ohne Probleme. Nur wenn es dann auf den langen Weg nach dem Bodensee
ging, kamen auch andere
Depots in den Genuss.
Sie
sehen, es war nicht leicht, das Personal für diese speziellen Züge zu
finden. Hatte man die Handvoll Lokführer, die geschult wurden, musste
Fahrten verkauft werden. Wer dann ausrücken musste, schnappte sich vor der
Fahrt das passende
Reglement, denn so richtig gut kannte den
Triebwagen
eigentlich niemand, denn es fehlte schlicht die Erfahrung. Wer ein
Fahrzeug täglich fährt, kennt dessen Macken. Hier war das nicht möglich. Der zweite Zug folgte am 19. August 1953. Nach der Ablieferung in Münchenstein fuhr das Fahrzeug nach Luzern und wurde dem dortigen Depot zugeteilt. Auch hier begannen nun die Schulungen des auserwählten Personals.
Die von
Lausanne her bekannten Probleme gab es auch hier, denn wer mit dem neuen
Fahrzeug aus dem
Depot
fahren durfte, rieb sich zuerst die feuchten Hände
und kontrollierte, ob das Handbuch dabei ist. Der Zug mit der Nummer 662 übernahm anschliessend, wie sein Bruder in Lausanne die Gesellschaftsfahrten und die Ausflugszüge im entsprechenden Kreis. Somit hatte nun jeder Kreis seinen entsprechenden Triebwagen erhalten.
In
Zürich und somit im
Kreis III war ja der
RAe 4/8 mit der Nummer 651
stationiert worden. Meistens stand das Fahrzeug aber irgendwo im
Depot und
nahm wertvollen Platz weg. Be-sonders unter der Woche war das ein Problem. Schnell erkannten die Reisedienste, dass mit diesen beiden Triebwagen mehr möglich war, als das mit dem Modell in Zürich der Fall war.
So wurden
plötzlich auch längere Ausflüge angeboten. Die von der kalten Bise
geplagten Leute fuhren dann in das von der Sonne verwöhnte Stresa. Dabei
war aber in Domodossola Schluss. Es wurde nun eine
Lokomotive der FS
vorgespannt und dann konnte das Ziel in Italien erreicht werden.
Dabei
kombinierten die FS diese Fahrten auch gleich mit dem blauen
Triebwagen,
der den
Grenzbahnhof von Bern kommend erreicht hatte. Für die Leute galt
dann einfach. Der Rote fährt durch das Rhonetal und der andere über dem
Lötschberg. Wie oft die Leute in Domodossola wieder zu ihrer
Gruppe
stiessen, entzieht sich meiner Kenntnisse. Auf jeden Fall irgendwann kamen
alle wieder dort an, wo sie losgefahren waren.
Diese
speziellen
Triebwagen waren daher in der ganzen Schweiz und sogar im
Ausland anzutreffen. Passte die
Spannung der Während von Lausanne die Fahrt nach Stresa und zurück in einem Tag zu schaffen war, ging das bei den Ausflügen ab Luzern nicht immer, denn dort stiegen die Leute nicht mehr nur für die Fahrt ins Tessin ein.
Die neuen
Reiseziele ab der Innerschweiz befanden sich im Osten und dabei wurde eine
Stadt immer wieder genannt, denn das Ziel hiess Wien. Eine Reise, bei der
selbst der Lokführer seine Koffer packen musste, denn er machte die Fahrt
mit.
Damit
kommen wir jedoch zu einem nicht unwesentlichen Punkt. Der
Triebwagen
befuhr die Strecken in Österreich mit eigener Kraft. Die Steigungen am
Arlberg waren kein Problem. Nur beim Lokführer gab es dieses, denn bedient
wurde der Zug von einem Lokführer der Schweizerischen Bundesbahnen SBB. Ab
der Grenze wurde dieser mit einem Kollegen der ÖBB ergänzt und die Fahrt
ging weiter. Einer kannte das Fahrzeug, der andere die Vorschriften und
die Strecke.
Gerade bei diesen langen Fahrten zeigte sich die
automatische Bremse
dieser beiden
Triebwagen als sehr vorteilhaft. Insbesondere dann, wenn das
Stromnetz
nicht passte, konnte einfach eine
Vorspannlokomotive benutzt werden.
Der Zug mit den Gästen mutierte in diesem Fall zu einem Wagen, der jedoch
nicht geheizt werden konnte und dessen
Batterien in dem Fall doch stark
beansprucht wurden, denn das Licht bleib bekanntlich eingeschaltet. Einen Unterbruch bei den Ausflugsfahrten gab es für den Triebwagen Nummer 661 im November 1955. Der Zug wurde von der Generaldirektion benötigt und daher von Lausanne nach Bern verschoben.
Damit war klar, dass nun auch diese
Modelle in den Dienst des Staats treten konnten. Generaldirektion
bedeutete unweigerlich, dass es um einen Gast des Landes ging.
Würdenträger werden in der Schweiz be-kanntlich mit der Bahn befördert. In Erinnerung waren dabei sicherlich die Fahrten des RAe 4/8 aus Zürich, dem die Reise von Sir Winston Churchill zu viel Ruhm verhalf. Auf den aus Lausanne angereisten Triebwagen wartete jedoch kein Pre-mierminister.
Doch
zu dem Ruhm wie sein Bruder sollte es nicht kommen. Vermutlich lag das
nicht am
Triebwagen, sondern am Namen des Gastes, denn jetzt sollte
schlicht ein Kaiser mit dem Zug eine Reise unter-nehmen.
Der
Triebwagen wurde daher mit Blumenschmuck versehen und herausgeputzt. Der
so hergerichtete Zug wurde von der Generaldirektion SBB dem Staat für
seinen Staatsgast zur Verfügung gestellt. So trat der Kaiser Haile
Selassie von Äthiopien seine Reisen durch die Schweiz im neuen
Ausflugstriebwagen der Schweizerischen Bundesbahnen SBB an. Dabei soll
sich der Kaiser auf einer dieser Fahrten sogar neben den Lokführer gesetzt
haben.
Die
Eindrücke wurden scheinbar vom afrikanischen Staatsgast als
aussergewöhnlich ausgedrückt. Nur, im Gegensatz zu seinem Halbbruder, dem
RBe 4/8 Nummer 651 erhielt dieser Zug nicht den entsprechenden Übernamen
und blieb daher die ganze Zeit ohne entsprechenden Übernamen. Vermutlich
beeindruckte Churchill im roten Pfeil mit seinen dicken Zigarren die Leute
entlang der Strecke mehr, als die Krone des Kaisers. Auch der Triebwagen überstand die Abkommandierung ohne grössere Blessuren. Jedoch gab es diese bei den beiden Triebwagen immer wieder. Ein Besuch in der Hauptwerkstätte nach Getriebeschaden ist nach so kurzer Zeit nicht gut.
Noch ging man davon aus, dass es sich um einen kleineren Störfall
handelte. Nur, als auch der zweite
Triebwagen mit dem gleichen Problem in
Zürich einrückte, wurde etwas ge-nauer hingesehen. Gleichzeitig ging es aber mit den Gesellschaftsfahrten weiter und die Züge erfreuten sich zunehmender Beliebtheit. Daher verwunderte es eigentlich nicht, dass sie nahezu an jedem Wochenende auf Fahrt gingen.
Dabei waren
jedoch nicht immer die weiten Ziele geplant. Ab Lausanne eine Rundfahrt
über den Lötschberg und durch das Rhonetal übernahm der wieder im Westen
eingetroffene
Triebwagen mit der Nummer 661.
Deutlich weniger Freunde verschaffte sich der
Triebwagen in Luzern. Der
dortige Reisedienst war sehr gut darin, Fahrten an den Lago di Lugano zu
verkaufen. Dabei war das Ziel nicht nur Lugano, sondern immer wieder auch
der
Bahnhof von Melide, da man dort wirklich unmittelbar neben dem See
anhalten konnte. Nur eine Fahrt ins Tessin bedeutete schlicht auch, dass
man sich über den chronisch verstopften Gotthard kämpfen musste.
Einen
Einblick in die Situation von damals soll ein Bericht der
Station Wassen
verdeutlichen. Dieser musste vom Personal erstellt werden, weil der
Personenzug 2549 in Wassen am 7. August 1957 vor dem
Einfahrsignal
verspätet wurde. Die Direktion in Luzern verlangte daraufhin von dem
beteiligten Personal eine
Meldung zur Abklärung des Sachverhaltes.
Durchaus eine übliche Vorgehensweise, jedoch am Gotthard selten, da das
dort eigentlich normal war. Dazu schrieb der diensthabende Beamte in seinem Protokoll die Situa-tion nach seiner Sichtweise nieder. Es entstand so ein wunderbarer ein Blick in die Situation am Gotthard in dieser Zeit. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass es sich dabei zwar um einen ausser-gewöhnlichen aber nicht einzigartigen Vorfall handelte.
Man konnte diese Situation am Gott-hard
durchaus als normal bezeichnen. Doch nun zum Bericht. «Der Zug 2549 kam vor Einfahrsignal Wassen zum stehen und musste dort wegen der Zugslage längere Zeit war-ten. Der Grund war der von einer Lokomo-tive Be 6/8 III geführte Nahgüterzug, der im Bahnhof Wassen rangiert hatte.
Dieser
musste gegen die
Einfahrt des Zuges 2549 vorziehen, damit das
Gleis zwei
im
Bahnhof frei wurde damit dort ein weiterer
Güterzug abgestellt werden
konnte. Beide mussten die
Überholung von drei schnelleren Zügen abwarten.
Als
erster Zug kam der mit einem RAe 4/8 geführte Ausflugsverkehr. Ihm folgten
die beiden schweren
Schnellzüge 52 und 54, die nicht mit gleicher
Geschwindigkeit fahren konnten und daher einigen Abstand zum RAe 4/8
hatten. Erst nach deren Durchfahrt konnte der
Güterzug im
Gleis zwei in
Richtung Göschenen weiterfahren. Der
Nahgüterzug
konnte abschliessend in
den
Bahnhof zurücksetzen. Womit sich die Situation wieder normalisierte.
Das
Einfahrsignal für den
Regionalzug (Der die ganze Zeit vor Signal wartete)
wurde anschliessend unverzüglich auf Fahrt gestellt. Dadurch erhielt
dieser Zug mehrere Minuten
Verspätung. Ich empfehle der Direktion, sich in
Zukunft bessere Lösungen für den stetig zunehmenden Ausflugsverkehr mit
alleine fahrenden
Triebwagen zu suchen. Diese behindern den Verkehr am
Gotthard in unzulässigerweise.» Sicherlich kein Freund der Triebwagen.
Obwohl deutlich gemeldet wurde, dass die
Triebwagen am Gotthard für mehr
Chaos, als Nutzen sorgten, änderte sich nichts. Wenn es wirklich gut lief,
durfte sich Wassen und der dortige Berichterstatter an dem Zug aus Luzern
und jenem aus Zürich erfreuen. Und damit das nicht genug war, mischte sich
auch noch ein kleiner «Roter Pfeil» dazwischen. Es war für das Personal
sicherlich nicht leicht, in dem Chaos die Übersicht zu behalten.
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