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Bei der Industrie nahm man das Anliegen der Schweizerischen
Bundesbahnen SBB an. Die einzelnen Firmen arbeiteten daraufhin ihre
Vorschläge für ein Design aus, denn noch waren ja einige Eckdaten nicht
definiert worden. Damit hatte das Direktorium erste Ideen, die man
begutachten konnte. Erst wenn man sich klar war, konnten die Leute das
Anliegen einbringen und so hoffen, dass die finanziellen Mittel letztlich
bereitgestellt würden.
Die Auswertung der von der Industrie eingereichten Ideen dauerte
bis in den Februar 1951. Es war daher keine leichte Aufgabe, die erledigt
werden musste. Um die notwendige finanzielle Zusage zu erhalten, musste
aber genauer definiert werden, wofür man das Geld ausgeben will. Hilfreich
war dabei, dass die Industrie genau wusste, was mit der Anfrage genau
bezweckt wurde und daher die Vorschläge entsprechend ausgearbeitet wurden. Man erkannte schnell, dass in erster Linie eine Entlastung des «Churchill-Pfeils» RBe 4/8 als dringendste Massnahme erachtet wurde. Die neuen Fahrzeuge sollten daher in diesem Bereich angesiedelt werden.
Die Idee dabei war, dass in jedem
Kreis
ein Modell für
Grup-pen
bis zu 100 Personen bereitstehen könnte. So wäre eine weitere Öffnung in
diesem erfolgreichen Bereich des Marktes möglich geworden. Es war daher
eine Ergänzung zu den RCe 2/4. Wir müssen bedenken, dass die Schweizerischen Bundes-bahnen SBB in diesem Bereich des Marktes spezielle Fahr-preise erheben konnten. Die Sonderzüge waren nicht dem normalen Tarif unterworfen.
Heute würden wir in diesem Punk von Charterverkehr sprechen.
Damals war die Sache gleich, auch wenn man es noch nicht so bezeichnete.
Mit den neuen Zügen hätte das Unternehmen durchaus Gewinne erzielen
können.
So wurden die verantwortlichen Leute der Schweizerischen
Bundesbahnen SBB letztlich mit der Ausarbeitung eines
Pflichtenheftes
beauftragt. Es sollten daher neue Ausflugstriebwagen nach dem Muster des
mittlerweile zum
RAe 4/8 mutierten
Triebzuges
beschafft werden. Damit konnte die dringend benötigte Entlastung dieses
besonderen Fahrzeuges erreicht werden. Zudem hätte jeder
Kreis
sein eigenes Modell einsetzen können.
Erstmals in der Geschichte der Schweizerischen Bundesbahnen SBB
sollten also Fahrzeuge beschafft werden, die nicht für fahrplanmässige
Züge verwendet werden sollten. Der vorhandene
Triebwagen
RAe 4/8 war ja mehr eine
Idee der Industrie und die
Staatsbahnen
mussten einfach in den sauren Apfel beissen, aber nun wünschte man
offiziell einen Ausflugstriebwagen. Ein Fahrzeug, das nicht im regulären
Betrieb auftauchen sollte. Das Pflichtenheft schrieb für diese neuen Triebzüge eine Höchst-geschwindigkeit von 125 km/h und die Zulassung zur Zugreihe R vor. Das war die Geschwindigkeit, die damals mit den meisten Zügen gefahren werden konnte.
Damit war man deutlich unter dem Modell
RAe 4/8. Das wohl auch wegen
der Tatsache, dass dieser nie die im technischen Beschrieb erwähnten 150
km/h fahren konnte. Daher die im Land üblichen Werte.
Technisch war die Industrie damals aber durchaus bereit, dass neue
Triebzüge für 150 km/h gebaut werden konnten. Neue Lösungen
mit
Magnetschienenbremsen
hatten im Ausland und bei Schmalspurbahnen bereits gezeigt, dass damit
deutlich kürzere
Bremswege
ermöglicht wurden. Hier wollte man das nicht, denn die zu installierende
Leistung
konnte anders deutlich besser genutzt werden. Mit einer Beschränkung auf
125 km/h stieg die
Zugkraft.
Die
Lokomotive
Re 4/4 erreichte
diese Geschwindigkeit ebenfalls. Damit wurde nun eine spezielle
Zugreihe
geschaffen. Diese sah vor, dass Fahrzeuge die schneller als 110 km/h
fahren können und dabei erst noch erhöhte Kurvengeschwindigkeiten erlauben
nach der
Zugreihe R
verkehren. Für diese wurden nun auf den Strecken neue Werte festgelegt und
dem
Lokomotivpersonal
in den
Fahrplänen
mitgeteilt. Damit war der Grundstein für diesen Verkehr gelegt worden.
Um es einfacher zu sagen, in der Schweiz verkehrten damals die
meisten
Reisezüge mit Geschwindigkeiten von
bis zu 110 km/h und damit nach
Zugreihe A.
Die
Städteschnellzüge
erreichten dank der
Lokomotive
Re 4/4
Werte von bis zu 125 km/h. Damit konnten die Ausflugstriebwagen mit diesem
Wert durchaus mit den schnellsten Reisezügen mithalten, was natürlich
erlaubte, die Fahrten in den
Fahrplan
einzufügen. Man dachte bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB wieder wirtschaftlicher und nicht mehr natio-nalistisch, wie dies bei den letzten Zügen der Fall war. Daher wurde eine Geschwindigkeit gewählt die pass-te und nicht eine die beeindruckte, aber nie gefahren wurde. Bei 125 km/h sah man diesen Punkt erreicht.
Daher war auch die sich im Bau befindliche neue
Lo-komotive
für den Gotthard auf diesen Wert festgelegt worden. Genau nahmen es die Schweizerischen Bundesbahnen SBB mit den Anforderungen an die Leistung. Der alleine verkehrende Triebwagen sollte eine maximale Steigung von 38 ‰ ohne Hilfe befahren können.
Damit waren zwar die steilsten Abschnitte immer noch nicht
möglich, aber das Fahrzeug konnte im Gegensatz zum vorhandenen Modell auf
sämtlichen Strecken der
Staatsbahnen
eingesetzt werden. Das war durchaus eine Steigerung der
Leistung.
Für steilere Abschnitte, wie es sie zum Beispiel auf der
Südostbahn SOB gab, war auch eine Forderung eingebaut worden. Der
Triebzug sollte diese Bereiche mit einer
Vorspannlokomotive
befahren können. Dabei erwartete man beim Besteller durchaus, dass diese
mit wenig Aufwand gekuppelt werden konnte. Eine Forderung, die mit der
nächsten Bestimmung untermauert wurde und so klar zeigte, in welche
Richtung es gehen musste.
Auf Steigungen bis zu 27 ‰ sollte noch ein
Leichtstahlwagen
mitgeführt werden können. Dabei war diese Forderung speziell, denn
offiziell gab es diese Steigung nur auf der Lötschbergstrecke. Zudem war
klar gefordert, dass ein Fahrzeug mit normalen Zug- und
Stossvorrichtungen
mitgeführt werden muss. Nicht benannt wurde die damit erreichte
Geschwindigkeit, jedoch kann angenommen werden, dass Werte von 80 km/h
erwartet wurden. Gerade die genannte Forderung mit dem Leichtstahlwagen überraschte bei einem Ausflugstriebwagen etwas. Dabei müssen wir uns erinnern, dass die vorhandenen Modelle keine Wagen mitführen konnten.
Die Ausrüstung der
Bremsen
erlaubte das dort noch nicht. Ein Problem, das sich bei den
Triebwagen
CLe 2/4 sehr schnell zeigte, wenn
Fahrten zur Vergnügung bei Wintersport ange-boten wurden. Es gab schlicht
keinen Platz.
Bekannt war sicherlich der Skianhänger zu den damals als
CLe 2/4 bezeichneten
Triebwagen.
Hier wollte man in diesem Fall einen normalen
Gepäckwagen
mitführen können. Ein Fahrzeug, das aus dem normalen Bestand genommen
werden konnte und das nicht lange Zeit nutzlos im
Depot
stand. Mit einem normalen Gepäckwagen war das Problem elegant gelöst. Dazu
musste der neue Triebwagen, der als Alleinfahrer konzipiert wurde,
gekuppelt werden können.
Die
elektrische
Bremse musste den
Triebwagen
auf Gefällen bis 38 ‰ in Beharrung, ohne Benützung der
Druckluftbremse,
halten können. In geringeren Gefällen galt das zum Teil auch für die
mitgeführte
Anhängelast.
Die Folge war, dass eine kräftige elektrische Bremse erwartet wurde. In
diesem Bereich zeigten die vorhandenen Modelle jedoch sehr gute Wert, so
dass erwartet werden konnte, dass dem auch hier so sei, aber das trügt.
Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB forderten aber nicht mehr
eine von der
Fahrleitung
unabhängig funktionierende
elektrische
Bremse. Die Erfahrungen mit den
vorhandenen Modellen hatten gezeigt, dass diese nicht nur vorteilhaft
waren. Somit war hier eine normale elektrische Bremse mit starker Wirkung
einzubauen. Ein Punkt, der seit wenigen Jahren bei den neuen
Triebfahrzeugen
genannt wurde, und der neue Ansprüche an die pneumatische
Bremse
stellte. Die pneumatische Bremse sollte den aktuell gängigen Standards entsprechen und nach dem Muster der Lokomotive Re 4/4 ausgeführt werden.
So war klar, dass der neue
Triebwagen
eine
automatische Bremse
mit der Druckerhöhung einer
R-Bremse
erhalten sollte. Diese
Druckluftbremse
wurde mittlerweile von den
Staats-bahnen
standardisiert und kam bei allen neuen
Triebfahrzeugen
und
Reisezugwagen
zum Einbau.
Soweit die technischen Eckpunkte, die natürlich noch mit weiteren
Informationen an die Hersteller versehen wurde. Diese lassen wir weg und
sehen uns an, was von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB für eine
Inneneinrichtung erwartet wurde. Dabei haben wir als Muster die Baureihen
RBe 2/4 und
RAe 4/8. Ein deutlicher
Unterschied, der teilweise durchaus mit den neuen und beliebten
Leichtstahlwagen
auch erreicht werden konnte.
Die Inneneinrichtung des neuen
Triebzuges war «ohne übertriebenen und unangebrachten
Luxus» so auszuführen, dass sie jener von modernen Reisebussen nicht
nachstand. Damit war klar, dass diese
Triebwagen
nicht mehr den Komfort des «Churchill-Pfeils» und den verlängerten
Modellen
RAe 2/4 erhalten sollte.
Jedoch wurde nicht erwähnt, dass die Ausstattung einer der beiden
Wagenklassen
zu entsprechen hatte.
Gerade hier wollte man mit den neuen Postautos mithalten können.
Nur hatte man ein Problem, denn der Zug fuhr in zwei Richtungen und wie
sollten da die Sitze immer in Fahrrichtung angeordnet sein? Ein Punkt, der
damals sicherlich diskutiert wurde und den wir heute nicht verstehen
können, denn wir sind uns mittlerweile gewohnt, dass man in Reisebussen in
Fahrrichtung und bei
Reisezügen je nach Bestuhlung
sitzen kann oder muss. Um zu verhindern, dass die Industrie sich bei der Aus-stattung übertraf, wurde im Pflichtenheft ein Punkt ein-gefügt, der überraschend war. Der Zug sollte, sofern er im regulären Einsatz steht, mit Fahrscheine in der zweiten Wagenklasse genutzt werden können.
So richtig konnten sich die Schweizerischen Bundes-bahnen SBB doch
noch nicht an reinen Ausflugstriebwagen erfreuen. Ein Punkt, der
vermutlich die Direktoren gnädig stimmen sollte. Auf die Angabe einer möglichen Fahrzeugbezeichnung verzichtete man jedoch im Pflichtenheft, aber es war klar zu erkennen, dass die Schweizerischen Bundesbahnen SBB auf der Suche nach einem Triebwagen waren, der dem Modell RAe 4/8 entsprach.
Daher wurde auch diese
Achsfolge
erwartete, aber festge-schrieben war das nicht, die Industrie sollte nicht
zu sehr eingeengt werden, denn schliesslich waren recht hohe
Zugkräfte
gefordert worden.
Unter den eingereichten konkreten Vorschlägen war ein Modell
vorhanden, dass sich bei der Grösse, aber auch bei der
Kapazität
am vorhandenen
Triebwagen
RAe 4/8 orientierte. Jedoch
waren hier nicht mehr die bekannten Merkmale der «Roten Pfeile» vorhanden,
sondern es kam ein einfacherer Aufbau zur Anwendung. Der Grund dafür war
simpel, denn auch jetzt wurde der Entwurf nach dem üblichen Empfinden
gestaltet.
Eingereicht wurde der Vorschlag von einem
Konsortium
von mehreren Firmen. So zeichnete sich für den mechanischen Aufbau die
Firma Schindler Wagon Schlieren SWS verantwortlich. Das war neu, denn
bisher beschränkte man sich in Schlieren auf den Bau von Wagen. Der
mechanische Aufbau von
Triebwagen
war bisher der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM in
Winterthur vorbehalten. Es fand daher ein Wechsel statt. Es sollte der Beginn einer klaren Aufteilung sein. Die Wagen-bauer kümmerten sich um die mechanischen Teile der Triebwagen.
Die Lokomotivfabrik baute das, was der Name schon immer sagte,
Lokomotiven.
Damit wurden die
Triebwagen
beim Bau eher den Wagen zugeschlagen, was zum Beispiel bei der Baureihe
BDe 4/4 wichtig war, weil diese
zu den
Leichtstahlwagen
passen sollte. Wer den Wagen baute, wusste, was wo und wie angeordnet
werden musste.
Der elektrische Teil wurde von der Firma Brown Boveri und Co BBC
in Münchenstein verantwortet. Das Haus lieferte die gesamte
Traktionsausrüstung bestehend aus
Transformator
und
Fahrmotoren.
Münchenstein sollte zudem die Endmontage übernehmen, da das dortige Werk
in der Zeit nicht besonders gut ausgelastet war, denn nach den
Prototypen
der Baureihe Ae 6/6 dauerte es, bis
sich die
Staatsbahnen
zu einer Serie durchringen konnten.
Als Zulieferer trat die Firma Société Anonym des Ateliers de
Sécheron SAAS in Genève auf. Aus der Westschweiz sollten Komponenten für
die Regelung der
Fahrstufen
geliefert werden. Zudem zeichnete sich die SAAS auch für die Steuerung des
neuen Fahrzeuges verantwortlich. Eine Lösung, die auch in Zukunft vermehrt
angewendet werden sollte. Man konnte sich so in beiden Werken die
aufwendige Entwicklung aller Baugruppen ersparen.
Von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB wurden zwei
Triebwagen
bestellt. Auf eine Aussicht auf weitere Modelle, oder einer eventuellen
Serie, wurde jedoch verzichtet. Es war daher klar, dass nur zwei
Triebwagen dieser Baureihe geliefert werden sollten. Die nun erstmals
genannte Bezeichnung für das neue Modell lautete, wie bei Triebwagen
üblich RBe 4/8. Die von den
Staatsbahnen
vergebenen Nummern waren 661 und 662.
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