Entwicklung und Beschaffung

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Etwas enger, als bei der Lokomotive Ae 8/14 mit der Nummer 11 852, arbeitete man hier schon zusammen. Wir erinnern uns, die gigantische Lokomotive sollte auch auf diese Art dem Unternehmen angedreht werden. Sie sollte die moderne Technik wiedergeben und arbeitete mit Antrieben von 1930. Die Staatsbahn hatte signalisiert, dass man nach anderen Lösungen suche und daher blieb die Antwort zu 12 000 PS immer noch nein.

Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB wurden grundsätzlich eigentlich von der Wirtschaft angehalten, ein Pflichtenheft für einen zusätzlichen Ausflugstriebwagen zu erstellen. Man hätte diese Forderung der Wirtschaft auch als Nötigung betrachten können, denn die Bahnindustrie wollte, dass die Staatsbahnen wegen der Krise ein Fahrzeug bestellen. Durchgesetzt hatte man dies, wie so oft, mit Hilfe der Politik in Bern.

Dass die Staatsbahnen gar nicht wollten, versteht sich von selber. Ein Fahrzeug definieren, das man nicht will und welches man schon gar nicht gebrauchen kann, ist nicht leicht. Aber die Schweizerischen Bundesbahnen SBB mussten sich dem Druck, der über die Regierung des Landes ausgeübt wurde, notgedrungen fügen. Eher ein Wunder war, das es tatsächlich Leute gab, die an so einem speziellen Fahrzeug Freude empfinden konnten.

So wurde wohl mehr aus Prestige- und Propagandagründen als nach praktischen Bedürfnissen ein entsprechendes Fahrzeug von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB umschrieben. Das von der Wirtschaft geforderte Pflichtenheft war also Tatsache geworden und sie hatten ihr Ziel erreicht, die grosse Staatsbahn leistete sich diesen Luxus mit einem Triebwagen, der nicht für den fahrplanmässigen Verkehr bestimmt war.

Wobei der Wunschkatalog so gestaltet wurde, dass es für die Industrie nicht einfach werden sollte. Wenn man schon so etwas bestellen muss, dann will man nicht auch noch die Arbeit machen. Daher waren gewisse Punkte nicht umschrieben worden, sondern sie fehlten schlicht im Dokument. Doch werfen wir einen verstohlenen Blick in das Pflichtenheft, das seinen Namen eigentlich gar nicht verdiente, denn es war die Antwort auf die Forderung.

Das neue Fahrzeug sollte sich sowohl optisch, als auch technisch an den bisherigen Leichttriebwagen Re 2/4 orientieren. So war eigentlich eindeutig klar, dass die Schweizerischen Bundesbahnen SBB einen Leichttriebwagen erwarteten, der sich in seiner Grösse zwischen der Baureihe Re 2/4 und der Reihe Re 8/12 einfügen konnte. Damit hätte man ein Fahrzeug, das die doch recht grosse Lücke zwischen diesen beiden Zügen schliessen würde.

So war klar, dass man ein zweiteiliges Fahrzeug von der Industrie verlangte. Die Bezeichnung wurde natürlich auch angegeben und lautete gemäss den Forderungen der Schweizerischen Bundesbahnen SBB Re 4/8. Damit war man aber noch nicht am Schluss, denn die kritischen Punkte kamen noch und da wollte man bei den Staatsbahnen durchaus das ultimative Fahrzeug, das auch bei Staatsbesuchen hätte verwendet werden können.

Die Höchstgeschwindigkeit für den neuen Zug legte man bei 150 km/h fest. Da auch die Reihe Re 8/12 diese Geschwindigkeit erreichen konnte, war das eigentlich nicht so überraschend. Bei den Staatsbahnen war man vermutlich bestrebt, dieses Tempo auch auf den Strecken einzurichten. Dazu wären möglicherweise längere Abstände der Vorsignale erforderlich gewesen. Vorerst galt der Wert aber nur auf dem Papier und das ist bekanntlich geduldig.

Die Leistung des Fahrzeuges sollte bei ungefähr 1 100 PS liegen. Damit war aber klar, der fertige Triebzug würde nicht mehr alle Steigungen aus eigener Kraft schaffen und zusätzliche Wagen an Anhängelast waren auch nicht vorgesehen. Die Kraft des Triebwagens reichte nur noch für Steigungen bis zu 30 ‰ aus. Ein Punkt, bei dem man der Industrie die Chance verweigern wollte, zu sagen, dass diese Leistung nicht umgesetzt werden kann.

Die Strecken von Vevey nach Puidoux, die See-thalbahn, oder die Strecke von Le Day nach Le Pont konnten nicht befahren werden. Selbst am Gotthard reichte es gerade noch, Reserven hatte man jedoch keine mehr.

Hinzu kamen noch viele Strecken der Privat-bahnen. Namentlich die Südostbahn, mit ihren 50 ‰ steilen Rampen. Wobei gerade diese Privat-bahnen auch von den vorhandenen Triebwagen kaum zu schaffen war.

Jedoch kann gesagt werden, dass Gesellschafts-fahrten recht gut gesteuert werden konnten. Wenn man den Kunden erklärte, dass diese Steig-ungen nicht zu schaffen seien, schwenkten diese auf Alternativen ein.

So fuhr man von Vevey aus dem See entlang und nicht durch die Rebberge. Reizvoll waren beide Strecken. Nur im Seetal gab es keine Alternative, nur sollte dieser Prestigezug nicht an einem der vielen Bahnübergänge beschädigt werden.

Auch beim Komfort, war man nicht bescheiden. Das neue Fahrzeug musste die gehobenen Stand-ards erfüllen. Nicht in Frage kamen daher Sitze in der dritten Wagenklasse. Wichtig war das, wenn man diesen besonderen Triebwagen auch bei staatlichen Anlässen einsetzen wollte. Politiker reisen nicht gerne auf Holzbänken. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Was dem gemeinen Volk zugemutet wird, will man selber nicht haben.

Es fehlten schlicht Angaben zur Zugkraft und damit zur Beschleunigung. Aber auch die sonst immer ausführlich aufgeführten Hinweise zur elektrischen Bremse gab es nicht. Man wollte ein Fahrzeug, das rund 1000 PS hatte, das 150 km/h fahren konnte und in dessen inneren es keine Holzbänke geben soll. Die weitere Arbeit sollten die Leute der Industrie machen. Der Auftraggeber zeigte so aber auch seine Abneigung gegenüber dem ausgeübten Druck.

Damit hatten die Schweizerischen Bundesbahnen SBB sehr genau umschrieben, was sie von der Industrie erwarteten. Die Industrie hatte daher einige wichtige Eckpunkte gesetzt bekommen, konnte sich aber sonst frei entfalten. Damit wollte der Kunde eigentlich nur verhindern, dass es zu langen Verhandlungen gekommen wäre. Oft stritt man sich da viele Wochen über die kleinsten Details des Anstriches. Hier musste ein Liefertermin gehalten werden.

Man musste sich bei der Industrie an die grobe Richtung halten, was man jedoch im Detail daraus machen wollte, lag ganz klar bei den Ingenieuren. Ein verständlicher Vergleich mit der Strasse ist etwa, wenn Sie zum Händler gehen und dem erklären, Sie hätten gerne ein Auto, das vier Räder haben sollte. Bequeme Sitze mussten es auch noch sein. Damit hat der Händler viele Freiheiten und sie würde niemals ein Auto auf diese Weise kaufen.

Gut, wenn Sie sich so ein flaches rotes Ding mit einem Pferdchen im Emblem kaufen, dann lassen Sie sich nicht mit vielen Details zum Lack aufhalten. Nur der neue Ausflugstriebwagen war kein Ferrari. Womöglich könnte ich da aber falsch liegen, denn auch das war möglich. Wobei ein schönes Pferdchen im Emblem würde nicht kommen. Doch nun lag es an der Industrie zu zeigen was sie konnte, denn letztlich präsentierten sie sich an der Landesausstellung.

Genau das taten sie ja mit der Lokomotive. Diese musste her, koste es was es wollte. Nach der Landesaustellung verknurrt man dann die Staatsbahnen dazu, das riesige Wunderding zu kaufen. Dass man dort aber die Rechnung ohne das Direktorium der Schweizerischen Bundesbahnen SBB machte, wussten die Leute schlicht noch nicht. Nach langen Verhandlungen klappte der Handel, gezahlt wurde aber nur der billigste Preis.

Hier war die Situation anders und daher begannen die Lokomotiv- und Wagenbauer der Schweiz mit der Umsetzung des neuen Fahr-zeuges. Es galt einen Triebwagen für Ausflugsfahrten zu bauen, der auch bei Staatsbesuchen verwendet werden konnte.

Nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. Zudem waren die wenigen de-finierten Punkte so deutlich umschrieben worden, dass man in die-sem Punkt nicht mit einem Erfolg bei Verhandlungen rechnen konnte.

So entstanden die Pläne und Zeichnungen, anhand derer die Schweizerischen Bundesbahnen SBB das geforderte Fahrzeug bestellten konnten. Es lag also nun wieder bei den Staatsbahnen, sich aus den vielen Vorschlägen für ein geeignetes Modell zu entscheiden. Sicher keine leichte Wahl bei einem Triebwagen, den man eigentlich gar nicht wollte. Zudem wusste man auch nicht, ob ein Markt dafür bestehen würde.

Daraufhin erteilten die Schweizerischen Bundesbahnen SBB den Auftrag für den Bau eines einzelnen Fahrzeuges. Eine weitere Bestellung einer kleinen Serie schloss man jedoch kategorisch aus. Es sollte daher nur das Fahrzeug entstehen, das in Zürich Wollishofen an der Landesausstellung gezeigt werden sollte. Das war bekanntlich auch der Wunsch der Industrie. Zumindest in diesem Fall hatte man den erhofften Auftrag.

Es kann erwähnt werden, dass nur wenige Wochen später das Pflichtenheft für die Reihe Ae 4/6 fertig geworden war. Damit kam die gewünschte kleine Lokomotive mit der Vielfachsteuerung. Das Modell mit der Nummer 11 852, das an die Ausstellung geschickt wurde, war nun definitiv fehl am Platz. Nur eben die kleine Welt der Schweiz sollte von den 12 000 PS geblendet werden, auch wenn das genau genommen auch nicht stimmte.

Die Typenbezeichnung für den neuen Ausflugstriebwagen sollte sich zudem an den bisherigen Zügen orientieren und somit definitiv Re 4/8 lauten. Die Nummer für das neue Fahrzeug wurde auf 301 festgesetzt.

Damit ordnete sich der Triebwagen auch von der Nummer her zwischen den Triebwagen Re 2/4 (201 und folgende) und den Triebzügen Re 8/12 (501 und 502) ein. Eine klare Situation, die so die Lücke bei den Zügen füllte.

Wie es bei Aufträgen für elektrische Lokomotiven üblich war, teilte sich der Auftrag auf die einzelnen Hersteller auf. So sollte jeder sein Stück vom Kuchen bekommen. Es war ja klar, die Staatsbahn musste jede Firma unterstützen, denn nur so konnte man die Krise abwenden.

Sie sehen, dass sich die Firmen durchaus mit der Hilfe von Steuergeldern versuchten über Wasser zu halten. Die Krise hatte ihren Höhepunkt auch in der Schweiz erreicht.

Der Kasten und die Drehgestelle lieferte die in Winterthur ansässige Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM. Eigentlich keine Überraschung, denn die Firma war der übliche Mechaniker beim Bau von Lokomotiven. Selbst bei den wenigen Leichttriebwagen waren die Leute in Winterthur beteiligt worden. Doch hier sollte die Aufteilung noch einen Schritt weitergehen und so wurde ein Wagenbauer mit ins Boot geholt.

So lieferte die in Schlieren ansässige Schindler Wagon Schlieren SWS auch einen Teil. Dort sah es zwar nicht so schlimm aus, aber die SLM benötigte jemanden, der die Bestuhlung herstellen und liefern konnte. Da war natürlich der Wagenbauer ideal, denn dort gab es die Polsterei, die hier dringend benötigt wurde. Jedoch war die Firma auch für weitere Bereiche der Inneneinrichtung verantwortlich. Mit anderen Worten, die Leute setzten sich auf SWS.

Bei den elektrischen Firmen war die Bildung von Konsortien keine Seltenheit. Besonders dann nicht, wenn bei einem Fahrzeug die besten Teile verbaut werden mussten.

Daher überrascht es eigentlich nicht, dass alle drei grossen Firmen an diesem Objekt beteiligt waren. Doch sehen wir uns an, was die drei Firmen zu diesem Ausflugstriebwagen der Schweizerischen Bundesbahnen SBB beigetragen haben und wer die Montage übernahm.

Die Firma Brown Boveri und Co BBC lieferte die Transformatoren und die Antriebe, war jedoch nicht an der Montage beteiligt.

Dabei wurden Modelle verwendet, die sowohl bei der Baureihe Re 2/4, als auch bei der Reihe Re 8/12 verwendet wurden.

Gerade die Antriebe, waren jedoch rein mech-anische Baugruppen, die von einem klassischen Elektriker geliefert wurden. Das zeigte, wie gut dieser Federantrieb mit Hohlwelle wirklich war. Wenige Jahre später zeigte die Reihe Ae 6/6, dass dieser Antrieb auch der Ae 8/14 mit der Nummer 11 852 gut gewesen wäre.

Ebenso wenig beteiligt war die Maschinenfabrik Oerlikon MFO, die für diesen Zug nur die Fahrmotoren liefern konnte. Das war nicht so tragisch, da man dort daran war, die stärkste Lokomotive der Welt zu bauen. Gerade diese sollte aus Sicht der Industrie das Problem sein, denn niemand war sich sicher, dass dieses Wunder bis zur Expo fertig sein würde. Daher sorgten die Firmen dafür, dass man sich dort darum kümmern konnte.

Die Teile aus Münchenstein und Oerlikon wurden nach Genève geliefert und dort von der Société Anonym des Ateliers de Sécheron SAAS in Empfang genommen. Mit Kleinteilen aus der eigenen Produktion ergänzt, fand dann die Endmontage des Fahrzeuges statt. Es oblag also der SAAS dieses spezielle Fahrzeug zu bauen und den Schweizerischen Bundesbahnen SBB letztlich fertig gebaut zu übergeben. Dort hatte man auch die Maschine der BLS gebaut.

Man kann beruhigt behaupten, dass alle Firmen irgendwie an dem Fahrzeug gebaut hatten. Damit kann man davon ausgehen, dass für den Triebwagen, den man aller Welt zeigen wollte, die beste Technik verwendet wurde. Der Ausflugstriebwagen wurde damit zum Sinnbild für die Schweiz kurz vor dem zweiten Weltkrieg. Nur wusste man nicht, wie kurz davor man wirklich war. Doch sehen wird uns an, was da gebaut wurde.

 

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