VTour 14: RBL - BNWM - NBS - RBL

                       

Nachdem die letzte Woche mit extremen Nachtdiensten bestückt war, kommt nun eine etwas entspanntere Woche auf mich zu. Zwei kurze Nachtdienste zu Beginn der Woche. Danach stehen dann noch drei endlos lange Spätdienste auf dem Programm. Verlangt werden diese vom Gesetz, das die Nacharbeit beschränkt. Gerade die sehr langen Spätdienste sind nicht sonderlich beliebt, sie gehören jedoch zum Beruf und so muss damit gelebt werden.

Aufstehen, zur Arbeit fahren, dann arbeiten und am spä-ten Abend ins Bett gehen. Nach zwölf Stunden geht es dann wieder von vorne los. Wenn man da noch etwa essen will, dann fehlt es an Schlaf.

Ruheschichten sollten länger sein als die Touren und nicht umgekehrt. Damit das geht, sind die Pausen einfach endlos. Drei Stunden bei einem Automaten für Futter sitzen macht wirklich keinen Spass. Meinen Urlaub am Ende des Woche muss ich schwer verdienen.

Es ist bereits früher Mittag, als ich das Bett verlasse. Da ich erst abends zur Arbeit fahren muss, kann ich den Nachmittag noch mit privaten Arbeiten verbringen. Eine Modellbahn braucht Zeit.

Wenn dann noch die eigene Elektrik nicht optimal ar-beitet, verliert sich diese. Nur schon die Suche nach der Ursache ist nicht so leicht gewesen. Schlimm ist, wenn es funktionierte und nun nicht mehr so will, wie das gedacht wurde.

Jetzt bin ich an der Lösung und die geht nur mit einer Verbesserung bestehender Schaltungen. Mit anderen Wor-ten, es geht in die Werkstatt. Die Bauteile müssen auf einer Platine so angeordnet werden, dass diese bei geringer Grösse dicht gepackt ist. Zugänglich und übersichtlich sollte es auch noch sein. Als wenn das nicht reicht, die Wartung darf nicht vernachlässigt werden. Relais haben die Angewohnheit von Zeit zu Zeit zu streiken.

Die Zeichnungen zur Platine sind mein heutiges Programm. Also Arbeit am Computer und nicht in der Werkstatt. Auch wenn viel vom PC übernommen wird, die meisten Notizen und Ideen werden auf Papier aufgezeichnet. Wegen der geringen Anzahl erspare ich mit die Zeichnung der Leiterbahnen für die Ätzung. Einfache Platten mit Leiterbahnen müssen für diese Schaltungen ausreichen und daher arbeite ich mit CAD Programmen.

Das Zeichenprogramm dazu habe ich schon länger und kann damit recht gut arbeiten. Nun soll es auch noch für die Erstellung von 3D-Objekten genutzt werden. So leicht scheint der Anfang damit nicht zu sein. Druckteile in 3D sind bei einer Modellbahn fast nicht mehr wegzudenken. Messing bekommt grosse Konkurrenz durch den 3D-Drucker zu Hause. Viel Aufwand, aber es lohnt sich, denn so kommen immer wieder Ideen. Es muss nur gezeichnet werden.

Es ist immer wieder ein Blick auf die Zeit wichtig, denn ich will vor der Arbeit noch etwas essen. Mit den Pausenorten ist das bei den meisten Touren immer so eine Sache, die gibt es und der Weg dorthin ist nicht so leicht und erst noch lange. Der Schnellimbiss springt dann ein. Nur so spät am Abend ist auch da die Auswahl nicht besonders gross. Das Konzept der Verpflegung wurde schon länger an einen grossen Betreiber von Automaten übergeben.

Die Konkurrenz sind Lokführer, die das nebenbei noch machen. Viel ausgewogener ist dort das Futter auch nicht, aber immerhin billiger. Wer eine gute Mahlzeit zu sich nehmen will, kocht zu Hause. Fertige Mahlzeiten, die man in die Mikrowelle schiebt, gibt es auch in den Automaten und dazu noch ein Chemielabor. Heute plante ich eine Mahlzeit mit Teigwaren und Fleisch, das vom Metzger um die Ecke stammt und somit aus der Region kommt.

Ein Blick in die Dienstpläne zeigt mir zudem, dass ich heute in meiner neuen Funktion eingesetzt werde. Ein Heizer, der heute offiziell als Azubi bezeichnet wird, begleitet mich. Heizer finde ich persönlich etwas schöner und man soll ja auch die Tradition etwas wahren. In jedem Fall kenne ich den angehenden Kollegen und daher weiss ich, dass er bereits fährt. Die Arbeit macht die Lokomotive, der Lehrling bedient sie und ich sehe nur zu.

Was so einfach klingt, ist es nicht. Meine Aufgabe besteht darin zu sehen, dass keine Fehler gemacht werden. Zumindest nicht solche, die für die erste Seite in der Tagespresse reichen. Im Notfall muss ich sogar eingreifen. Gerade bei Lehrlingen, die frisch auf die Lokomotive kamen, ist das nicht leicht. Für den der fährt, aber auch für den Mitarbeiter der kontrolliert, ist die Anspannung gross. Da muss man öfters in die Fahrt eingreifen und korrigieren.

Auch nach einer halben Ewigkeit, vergessen darf man dabei nicht, dass man auch mal so weit war. Jeder musste das Handwerk lernen und vermutlich habe auch ich meine Lokführer immer wieder an den Rand eines Herzinfarktes gebracht. Mein Glück ist nur, dass die längst in Rente sind und das nicht an die grosse Glocke hängen können. Fahrschule ist nicht leicht und das gilt sowohl auf der Strasse, als auch auf der Schiene, wo einfach die Fahrzeuge schwerer sind.

Ich muss das Haus zeitlich rechtzeitig verlassen. Auch wenn ich mich nicht in der Lastrichtung bewege, eng wird es immer wieder. Besonders bei der Kreuzung zur Einfahrt in Brugg ist der Verkehr am Abend immer wieder verstopft. Wer gegen das untere Aaretal will, fährt hier durch. Das machen auch jene für den Bereich zwischen Brugg und Aarau. Dazu bietet sich die neue Umfahrung an. Das noch mit jenen ergänzt, die hoffen so den Stau auf der Autobahn zu umgehen.

Wie so oft, wenn man mit dem Chaos rechnet, dann findet man es nicht. Es ist lange her, dass ich um diese Zeit so gut auf die Autobahn kam und auch dort hielt man sich gesittet. Es ist spannend, überall wird auf den Sozialabstand gepocht. Wenn man aber im Auto ist, dann wollen es viele wieder kuschelig. Die gelben Blinklichter auf der Gegenspur zeigten, dass sich da zwei getroffen haben. So richtig geklappt hat es jedoch nicht.

Dienstvorbereitung
                       

Wie vor jeder Tour sind Dienstvorbereitungen erforderlich und das umfasst die von mir getragene Schutzausrüstung. Diese ist vorgeschrieben und besteht neben der Warnweste auch aus den Sicherheitsschuhen. Die neuen Modelle passen mir einfach nicht mehr so gut an den Fuss. Der eigentlich für das warme Wetter im Sommer gedachte Sommerschuh, kann ich einfach nicht so binden, dass der Fuss im Schuh nicht rutscht. Jeder kennt die Folgen, wenn das passiert.

Auch die Programme auf dem Ipad müssen täglich aktualisiert werden. Jeden Tag kommen immer wieder neue Informationen, die dafür sorgen, dass wichtige Hinweise leicht übersehen werden. Was bringt mir die Info, dass in einem Bahnhof das Signal verschoben wurde.

Ich weiss nicht einmal, wie man den Namen korrekt ausspricht. Absolut keine Ahnung habe ich, wo sich denn dieser Bahnhof genau befindet. Ich kenne ihn nicht, weiss aber um das verschobene Signal.

Der Kollege nebenan erklärt mir dann, dass das Signal kurz vor Lausanne steht. Schön, dort fahre ich nicht, ich habe eine zweite Sprache, aber die passt nicht zu dieser Strecke.

Dort, wo ich diese Sprache brauchen könnte, komme ich so gut wie nicht mehr hin. Bis auf eine Tour am Samstag sind alle Leistungen ins Tessin nicht mehr vorhanden. Jeder Tour trauere ich dabei nicht nach und auch die Betonröhre hat den Reiz längst verloren.

Heute führt die Reise in unsere Hauptstadt. Bern steht auf dem Programm. Genau genommen ist es Bern Weyermannshaus. Ein schöner Name, denn eigentlich ist es der Güterbahnhof von Bern.

Wobei das immer wieder in Frage gestellt werden kann, denn der Personenverkehr stellt seine Züge immer öfters dort ab, wo wir mit unseren Zügen hin möchten. Ich weiss, niemand will den Güterverkehr und das ist nicht meine Meinung.

Ohne den Güterzug und den LKW, geht nun mal nichts. Die Produkte, die in den vielen Läden angeboten werden, können dort nicht hergestellt werden. Der Grund sind die vielen künstlichen Zusatzstoffe, die oft in Wagen und Container transportiert werden, die für den Transport als Gefahrgut gekennzeichnet wurden. Auch diesmal wird das nicht anders sein. Lokführer können die Informationen sogar einsehen, besonders dann, wenn es gefährlich ist.

In der LEA erscheinen die Daten des Zuges, als ich die Zugnummer eingegeben habe. An Stelle der normalerweise geplanten Re 484 ist eine Lokomotive der Reihe Re 620 eingetragen worden. Die Last ist jedoch nicht so gross und die Wagenliste offenbart die Last. Auffallend sind da drei Wagen mit Zucker. Das Ziel ist dort, wo die sehr bekannte Schokolade mit der komischen dreieckigen Form gemacht wird. Andere Güter sind für die Baudienste und Schrott ist auch dabei.

Natürlich darf der wichtigste Punkt der Dienstvorbereitung nicht fehlen. Der Kaffee muss sein und die Zeit, die nun wegen dem guten Verkehr bleibt, nutze ich auch um mich etwas zu erholen. Zudem muss ich ja noch auf meinen Fahrer warten, denn ohne ihn sollte ich nicht auf die Reise gehen. Die Regel ist so, das Heizer direkt den Lokführer informieren, wenn es nicht reicht. Jeder fügt sich dem Individualverkehr ein und da kann viel passieren.

Das grosse Thema sind die neuen vom Unternehmen ausgearbeiteten Bedingungen für meinen Job. Viele zusätzliche Arbeiten, die nicht direkt mit meiner Arbeit zu tun haben, sind vorgesehen. Es droht, dass die Leistung nach dem Vorbahnhof Zürich zu einer Tagesleistung wird. Woher die benötigten Lokführer kommen, weiss niemand, denn mit all den Aufgaben reicht der Bestand nicht mehr aus. Am Mittwoch werde ich den Chef fragen.

Auch mein Fahrer ist eingetroffen. Er macht die Dienstvorbereitung ebenfalls und als er zu mir kommt, ist auch er informiert. Meine Frage nach dem Standort des uns zugeteilten Arbeitsgerätes kann er mir diesen bekannt geben. Es ist nicht so, dass ich es nicht gewusst hätte, aber ich muss auch kontrollieren und daher kommen so Fragen, die nicht immer gleich sind. Auf jeden Fall sind wir vorbereitet und daher geht es los, denn Bern wartet.

RBL – Burgdorf – Bern Weyermannshaus
                       

Die Lokomotive steht im Depot und somit in den Geleisen vor der Haustüre. Das ist bei dem angedachten Zug nicht unüblich. Dieser steht in der Richtungsgruppe und verlässt diese in Richtung Westen. Um vor den Zug zu gelangen, muss die südliche Zirkulation benutzt werden. Es geht auch auf der anderen Seite, dann wir die Zufahrt bereits zu einer kleinen Weltreise. Heute können wir uns diese jedoch ersparen, was es einfacher macht.

Besonders ist eigentlich nur der Typ der Lokomotive. Seit die Baureihe Re 484 wieder im nationalen Ver-kehr eingesetzt wird, sind einige Depots darauf ge-schult worden.

Jedoch nicht alle wurden beglückt. In die West-schweiz darf sie nicht eingesetzt werden. Die für den Verkehr nach Italien gebaute Maschine spricht nur Deutsch und Italienisch.

Genau wie ich und viel weiter, als bis nach Bern dürf-te ich auch nicht mehr nach Westen fahren.

Daher haben wir die Lokomotiven nahezu auf sämt-lichen Touren bei denen wir mit der gleichen Ma-schine wieder zurück kommen. So eine Leistung ist jene nach Bern Weyermannshaus.

Hier ist die Baureihe nicht so unbeliebt, denn auf dem Heimweg erleichtert sie die Arbeit. Heute ist mir das egal, denn diese Arbeit übernimmt der Heizer, der auch die Führung der kleinen Gruppe übernimmt. Ich folge willig zum Standort des Arbeitsgerätes.

Heute wurde die Lokomotive jedoch durch ein Modell der Reihe Re 620 ersetzt. Das kommt vor, wenn eine Re 484 zusätzlich in den Unterhalt muss. Einen gleichwertigen Ersatz gibt es nicht mehr und so muss die starke Baureihe ran. Für den Heizer ist das nicht schlecht, denn schon oft hörte ich von denen, dass die lieber mit der Re 484 fahren, da sie Fehler etwas leichter verzeiht. Wer etwas lernen will, kommt auch mit dem alten Bock klar.

Auf dem Weg zur Lokomotive erkundige ich mich nach seiner Streckenkunde. Die ist bei den Kollegen in Ausbildung nicht immer vorhanden. Dort wo er sich auskennt, kann erwartet werden, dass er die Gefälle und Steigungen kennt. Das sollte sich in der Fahrweise widerspiegeln. Dort wo es mit der Kundigkeit noch nicht so gut aussieht, kann es zu Problemen kommen. Der Lehrlokführer steht in dem Fall helfend zu Seite.

Eine Aussage gefällt mir, denn er meint, den Teil bis nach Bern habe er zuvor am Wochenende auf dem Video angesehen. Gerade die Ausbildung ist eine Zeit, wo es wirklich kaum Freizeit gibt. Die Schulungen, dann wird gefahren und in der freien Zeit gelernt. Wer Familie hat, kann diese auf eine harte Probe stellen, denn für diese fehlt dann die Zeit. Nach der Prüfung müssen auch die nervigen Video nicht immer angesehen werden.

Ich erfahre auch, dass es der erste Tag nach der Begleitfahrt war. Diese wird durch den Prüfungsexperten begleitet und soll zeigen, ob der angehende Lokführer für die Prüfung bereit ist. Für uns Lehrlokführer ist das Ergebnis wichtig, denn die dort gemachten Fehler können jetzt noch korrigiert werden. Es sind die Schwachstellen, die jeder Mensch hat und wenn man noch die Möglichkeit hat, diese auszumerzen, soll man es machen.

Bei der Kontrolle der Lokomotive sehe ich, dass die Routine bereits gekommen ist und auch die Besonderheit der Lokomotive sind dem Heizer bekannt. Bei der Reihe Re 620 ist die Querkupplung so wichtig, dass Schäden daran erkannt werden müssen. Dazu ist alleine eine optische Kontrolle erforderlich. Ein Drahtseil verhindert, dass die Kupplung zu Boden fällt. So lange die Einrichtung korrekt arbeitet, ist das Seil nicht gestreckt.

Nach den zur Übernahme erforderlichen Arbeiten wurde die Re 620 061-2 vom Heizer in Betrieb genommen und die Bremsen geprüft. Meine Frage, was bei der Maschine im Bereich der automatischen Bremse zu beachten sei, wurde ohne Verzögerung auch korrekt beantwortet. Es scheint, dass sich der Heizer gut auf die bevorstehende Prüfung vorbereitet hat. Ein paar Kontrollfragen baue ich immer ein, denn so kann ich den Heizer auch einordnen.

Auch wenn ich nicht selber fahre, einfacher ist die Arbeit deswegen nicht geworden. Bei jeder Bremsung muss man sich auf die andere Person verlassen, dabei aber auch das Gefühl für die Bremsung haben. Die Verantwortung liegt beim Lehrlokführer und in seltenen Fällen muss eingegriffen werden. Heute jedoch liegt die Sache so, dass etwas zu defensiv gebremst wird. Das ist gut, denn wir sind die Abteilung G, das für gemütlich steht.

Der Zug ist ab der Richtungsgruppe zu führen. Dabei verlassen wir den Bahnhof in Richtung Westen. Das bedeutet, dass mit dem Zug durch die Gleisbremsen gefahren werden muss. Die in diesem Bereich eingebauten Modelle lassen nur eine Fahrt mit verminderter Geschwindigkeit zu. Genau genommen bedeutet das, dass lediglich mit Schrittgeschwindigkeit gefahren wird. Bei längeren Zügen kann das sehr lange so gemütlich bleiben.

So lange ist der heutige Zug gar nicht, dafür aber schwer. Mit der Zug- und Bremsreihe D 80% kann mit den 854 Tonnen noch 100 km/h gefahren werden. Die Zugsliste offenbart die Ziele der einzelnen Wagen. Gefahrgut wird keines mitgeführt und die Bahnhöfe befinden sich in der Region Bern. Muss ich in Zukunft nach der Ankunft diese auch noch übernehmen? Fragen zu den neuen Bedingungen, die wirklich Ängste auslösen.

Wabern kenne ich vom Namen her, denn dort wird die komische Schokolade produziert. Wie ich jedoch dorthin gelange, wissen die Geier und über die vielen Besonderheiten der Anschlussgleise wurde ich auch nicht informiert. Auf jeden Fall bedeutet das, dass extrem viele Schulungen durchgeführt werden müssen. Wenn der Lokführer die Schulbank drückt, bleibt der Zug jedoch stehen. Dann wird das mit der Schokolade nichts mehr.

Abfahrt des Zuges kann ich mit 19:30 Uhr notieren. Das mache ich seit einigen Jahren. Ich schreibe mir ein paar Daten auf und notiere die Zeiten für Abfahrt und Ankunft. Die damit gefüllte Datenbank enthält jeden Zug bis ins Jahr 2000 zurück. Damals hatte ich nach einem kleineren Vorfall mit Nachfrage durch den Chef damit angefangen. Heute ist auch der Kommentar verfasst worden, dass die Fahrt durch einen LFA erfolgt.

Während den ersten Kilometern lasse ich den Heizer in Ruhe fahren. Er soll auch das Gefühl für den Zug bekommen. Jeder Güterzug reagiert anders und das merkt der Heizer nicht so schnell, wie der erfahrene Lokführer. Einmal war er daher zu schnell unterwegs. Nicht viel, aber bei der Prüfung darf das nicht passieren. Auch wenn ich direkt nichts sage, bemerkt habe ich diesen Fehler und nach der Fahrt wird es dann besprochen werden.

Kleine Überschreitungen bei der Geschwindigkeit sind kein Problem. Sie dürfen nicht passieren, denn ein Lokführer hält sich an die Vorgaben. Die Bedingungen sind so ausgelegt worden, dass zehn Prozent zu viel, zu keinem Problem führen sollte. Seit den Versuchsfahrten im Basistunnel weiss ich das. Wer zwei Kilometer zu schnell fährt, fällt an der Prüfung jedoch durch und daher muss der Fehler besprochen werden, auch wenn es nicht angenehm ist.

Die Fahrt bis nach Langenthal war für mich entspannend. Diese kannte der Heizer und so konnte ich mich auf das Beobachten seiner Handlungen be-schränken. Ich schaute ihm nicht dauernd auf die Finger, aber an kritischen Stellen erfolgt immer ein Blick auf die gefahrene Geschwindigkeit. Ist er zu langsam, ist das nicht schön, aber auf der sicheren Seite. Der Druck des Fahrplanes ist bei Güterzügen nicht so gross, wie das beim Personenverkehr der Fall ist.

Jetzt ändert sich die Situation jedoch grundlegend. Die weitere Strecke konnte der Heizer bisher nur auf dem Schulungsvideo ansehen und nun kommt der praktische Teil mit den Orientierungspunkten ausserhalb der Strecke und natürlich den Neigungen, denn die Gefällsbrüche können im Video nur schlecht vermittelt werden. Da nun auch die Nacht Einzug gehalten hat, geht das auch jetzt nicht und so folgt für den Heizer eine anstrengende Fahrt.

Gerade die Situation nach Langenthal kann für Kopfschmerzen sorgen. Die von uns befahrene Strecke nach Burgdorf verläuft eine kurze Zeit parallel zur Neubaustrecke. Spannend ist, dass diese trotz dieser Tatsache unterschiedliche Neigungen aufweisen. Irgendwie hat man sich bei der Bestimmung wohl verrechnet. Und weil die NBS ein Wellblech ist, macht das die alte Linie auch und der Gefällsbruch ist kaum zu erkennen.

Nachdem wir den Bahnhof von Herzogenbuchsee passiert haben, streben wir dem Emmental zu. Zumindest behauptet das das Schild an der Strasse. Das Land von Gotthelf wurde auch wegen dem Käse bekannt. Weniger bekannt sind die Neigungen vor Riedtwil. Also ich kenne sie, aber der Heizer war mit der Bremsung etwas zu früh um nicht zu sagen zu weit weg. Besser so und es ist noch niemand als Lokführer geboren worden.

Jeder musste das Handwerk erlernen und selbst ein guter und erfahrener Lokführer macht ab und zu seine Fehler. Das zeigt aber, dass hier Menschen und keine Maschinen arbeiten. Auf jeden Fall der Halt in Riedtwil klappte ganz gut und so können wir uns etwas entspannen. Wer neu mit den Zügen fährt, ist sehr angespannt und das ermüdet. Erst mit der Erfahrung, wird es etwas entspannender. Nur die fehlt einem Lehrling.

Im Gleis für die Überholungen in Riedtwil sind an den Masten zahlreiche Schilder montiert worden. Diese weisen auf die Besonderheit dieses Abschnittes hin. Für den Lokführer sind sie jedoch verwirrend. Da auch bei den örtlichen Bestimmungen dazu nichts aufgeführt ist, weise ich auf die Besonderheit hin. Die Referenzstrecke hat uns nicht zu interessieren, die Änderung der Neigung jedoch schon, denn die kann zum Problem werden.

Bei schlechtem Zustand der Schienen sollte hier nicht unbedingt bis zum Signal gefahren werden. Gerade mit der sonst eingesetzten Re 484, ist das wichtig. Kurz anhalten, damit die Last noch im flachen Abschnitt ist, dann ist es einfacher wieder in Schwung zu kommen. Heute sind die Schienen trocken und mit der Reihe Re 620 ist das Problem nicht so gross. Daher kann bis zum Signal gefahren werden. Anfahrten in Steigungen sind nicht leicht.

Im allgemeinen Gespräch werden auch ein paar soziale Punkte behandelt. Es soll nicht immer nur um die Fahrt mit den Zügen gehen. Familie und Hobbys hat jeder. Gut bei einem ist diese grösser oder kleiner, aber nicht jeder findet so schnell die passende Partnerin. Nah gut, man muss ja korrekt sein, es kann auch ein Partner sein, da ist man heute ja offener unterwegs. Da kann es dann sein, dass die beste Freundin auf süsse Mädels und nicht auf alte Knacker steht.

Die Zeit verfliegt und nachdem auch der Gegenzug durch war, können wir die Fahrt fortsetzen. Nun lautet das Ziel Bern Weyermannshaus. Zuvor ist aber noch die bekannte Kurve bei Wynigen und den Bahnhof Burgdorf zu befahren.

Seit meiner Reise nach Hamburg, weiss ich, dass die Em-menbrücken vor Burgdorf auch im Wunderland zu finden sind. Das gilt auch für das Dienstgebäude von Erstfeld, aber das ist bereits Geschichte.

So entspannend ist für den Heizer die Fahrt durch den Bahnhof von Bern auch nicht. Da muss man mit allem rechnen und nur schon vor der langen Lorrainebrücke beginnt es mit dem Bahnhof Wyler.

Hier wurde gebaut und in der Nacht, weiss man nie so recht, wo es lang geht. Dann ist man plötzlich auf der Brücke und zu schnell. Da aber die Sicherheit gross ge-schrieben wird, bremst der Heizer zu meiner Freude schon sehr früh.

In Bern lief es gut und so erreicht der Zug den Bahnhof Bern Weyermannshaus. Hier ist das Ziel erreicht und der Halt klappte perfekt. Wirklich eine gute Arbeit, die vom Heizer abgeliefert wurde.

Wenn er so die Prüfung fährt, ist diese kein Problem. Das vermerkte Problem habe ich kurz erwähnt. Bei der Prüfung kommt jedoch noch die Nervosität dazu und dann wird bekanntlich ein neues Kapitel aufgeschlagen. Es muss nur noch die Lokomotive abgestellt werden und da ist uns niemand gnädig.

Die Lokomotive muss vor dem Signal Seite Bern abgestellt werden. Dort können wir sie stehen lassen, denn wir werden mit dieser auch den Heimweg antreten. Nach den Arbeiten besprechen wir die Fahrt. Wie war der Eindruck für den Heizer, denn die merken oft selber, was sie falsch gemacht haben. Danach kommen dann noch meine Beobachtungen. Es sind immer kleinere Fehler vorhanden, aber bei einem Lehrling ist das zu erwarten.

Pause im Nirgendwo
                       

Bei dieser Tour ist die Pause ein Kapitel für sich. Offiziell steht ein Aufenthaltsraum mit Automaten zur Verfügung. Wo dieser ist, werde ich gefragt und meine Antwort: Am anderen Ende des Bahnhofes, ist nicht erbaulich. Es steht ein langer Fussmarsch an. Es gibt auch Alternativen mit Imbiss, die auch nicht in der Nähe zu finden sind. Pause in Bern Weyermannshaus ist bei dieser Tour wirklich nur mit einem langen Weg verbunden.

Ich werde gefragt, was ich mache. Ich verpflege mich vor der Fahrt und dann mache ich hier einen kurzen Spa-ziergang. Seit der Abfahrt sitze ich auf einem Stuhl und muss mich auf die Fahrt konzentrieren.

Jetzt ein Spaziergang mit Bewegung und etwas weniger Konzentration tut gut. Die alten Knochen müssen bewegt werden. Der Seele tut es auch gut. Jeder hat natürlich andere Bedürfnisse und daher muss sich jeder anders orientieren.

Es besteht jedoch keine Pflicht, dass der Lokführer und der Heizer an der selben Stelle Pause machen müssen. Oft macht man das, aber es ist Freizeit und die kann jeder so gestalten wie er will.

Auch wenn wir uns auf den Spaziergang einigen, die Eis-enbahn tritt jetzt eigentlich in den Hintergrund. Da mir zuvor eine spezielle Komposition aufgefallen ist, strebe ich dieser zu. Eine Versuchsfahrt ist in Bern abgestellt und diese ist spannend.

Ist das eventuell unser neues Arbeitsgerät? Die Gerüchte damals meinten zwar nein und auch ich wusste damals noch nicht, dass es ein anderes Modell sein würde.

Als Lokführer schaut man sich ein neues Arbeitsgerät genauer an. Was sind für Lösungen umgesetzt worden und was dachte sich der Hersteller. Es ist immer noch nicht so, wie bei einem Auto oder LKW, wo alles gleich gelöst wurde. Das macht den Beruf aber spannend. Auf jeden Fall ist das Monster vor den Füssen verflucht lang geworden.

Die Zeit verrinnt schnell und wegen unserem Ausflug ist der Weg zurück noch recht weit. Die Frage, wie es nach der Pause weitergehen wird, war zu erwarten. Es besteht keine Panik, denn die Lokomotive musste so abgestellt werden, weil die Wagen gebracht werden. Diese stammen von den Hallen des Spediteurs neben der Maschine. Der erinnert mich immer wieder an einen ehemaligen Prüfungsexperten am alten Dienstort.

Auf dem Weg zurück ist etwas Vorsicht geboten. Der Bahnhof Bern Weyermannshaus ist nicht sehr übersichtlich und hier werden auch Züge des Personenverkehrs für kurze oder längere Zeit abgestellt. So ist immer etwas Verkehr vorhanden und es macht sich nicht gut, wenn man unter einem IC 2000 liegt. Wir möchten gesund nach Hause kommen und so wählen wir einen sicheren Weg um wieder zu unserer Maschine zu kommen.

Die Tour ist nicht lange und die Verpflegung dank den Automaten auch nicht das, was man in einer kühlen Nacht brauchen kann. Seit die Firma mit den Automaten zu unserem Verpfleger geworden ist, stellt sich mir immer wieder die Frage, wie das mit der gesunden Mahlzeit zu verstehen ist. Verpacktes Futter für die Mikrowelle mit Zusatzstoffen, die nur mit Nummern angegeben werden, sind wohl nicht besonders gesund.

Ich mag mich noch an jene Zeiten erinnern, als bekannt geben wurde, dass ein Apfel für einen achtstündigen Dienst reicht. Mein Vorschlag mit der Banane wurde aufgenommen, aber mein Kommentar, dass man mit den Affen alles machen kann, war dann nicht so gut. Im Winter muss für Leute, die draussen arbeiten eine warme Mahlzeit sein, denn so kommt wieder etwas Wärme in den Körper. Dank dem Wetter wäre das auch jetzt nicht schlecht.

Es hat leichter Regen eingesetzt, aber nicht so, dass wir auf der Rückfahrt die Kleider zum trocknen aufhängen mussten. Ich hatte das Vergnügen auch schon und angenehm ist es nicht, wenn man mit nassen Kleidern wieder auf den Führerstuhl sitzen muss. Auf diesem nimmt diesmal jedoch der Heizer platz. Für mich gibt es einen einfachen Hocker und den musste ich auch noch aus dem anderen Führerstand holen, da es nur einen gab.

Bern – NBS - RBL
                       

Die Rückfahrt ist speziell, denn mit dem Zug fahren wir über die NBS. Da aus mir unbegreiflichen Gründen ETCS Level 2 in der Ausbildung nicht inbegriffen ist, müssen wir im Grauholztunnel die Position wechseln. Da das nicht so einfach ist, frage ich nach, ob der Heizer die Fahrt mit meiner Hilfe auch auf der NBS schafft. Wie ich es erwartet habe, ist die Antwort klar. So lassen wir den Wechsel sein und dank der Lokomotive wird es ein Lehrstück.

Ein kräftiger Ruck lässt die Lokomotive sich leicht nach vorne bewegen. Scheinbar ist die Last gekom-men. Diese muss nur noch gekuppelt werden, dann wird die bei jedem neu formierten Zug erforderliche Hauptbremsprobe fällig.

Die entsprechende Info an den Heizer muss ich noch machen, denn er hat keine Erfahrung mit den bei die-ser Tour geltenden Abläufen. Wie so oft arbeitet der erfahrende Lokführer anders, als der Heizer.

Der Schnellgutzug ist schon etwas speziell. So müssen nach Mitternacht alle Systeme für die Zugsicherung geprüft werden. Die weiteren speziellen Regeln lasse ich hier weg, denn der Zug verlässt den Bahnhof Bern Weyermannshaus um 23.58 Uhr.

Damit muss grundsätzlich nicht geprüft werden. Der Heizer hatte diese aber als Lerneinheit durchgeführt und kann so beim nachfolgenden Lokführer, der die Maschine wieder übernimmt, Pluspunkte sammeln.

Es ist immer wieder schön, wenn ich hier bin. Der für die Bremsprobe zuständige Arbeiter hat mich auch schon erstaunt. Als er sich nach meiner Telefon-nummer erkundigte, musste ich diese viermal wieder-holen, bis es klappte.

Die sehr oft nur negativ beschimpfte Berner Gemütlichkeit, wird von ihm auf schon fast groteske Weise ausgelebt. Ich finde es schön, wenn jemand diese Gelassenheit besitzt und der Hektik nichts abgewinnt.

Etwas erstaunt war der Heizer. Er meinte nur, diese Schlaftablette sei nun wirklich schlimm. Er als Berner dürfe das sagen, denn er sei ja schneller. Ja die Kantone der Schweiz und ihre Eigenarten. Man ist dort zu Hause, wo man aufgewachsen ist und das ist sowohl beim Heizer, als auch bei mir so. Beide kommen aus dem Aargau, auch wenn immer noch viele meinen ich sei als Urner geboren worden. Bei meinem Gemisch der Kantone fehlt gerade dieser.

Der Zug hat ein Gewicht von 695 Tonnen und kann mit der Zug- und Bremsreihe A 95% eine Geschwindigkeit von bis zu 120 km/h fahren. Das ist nur möglich, wenn der Zug auch die entsprechende Länge besitzt. In der Folge dauert die Bremsprobe länger, aber das ist kein Problem, denn die Abfahrtszeit ist noch nicht erreicht und hier vorzeitig zu fahren, ist schon ein Wunder, denn noch fahren die Reisezüge auch nach Zürich.

In der Regel sind das die immer wieder vor dem Güterzug verkehrenden Einheiten des Regionalverkehr. Jetzt ist es der Fernverkehr. Zuerst müssen diese mit bis zu 200 km/h schnellen Züge die NBS befahren. Erst danach kommen dann die ersten Fahrten des Güterverkehrs. Diese müssen in der Nacht diese Strecke benutzen und die Linie über Burgdorf darf nicht für Umleitungen genutzt werden. In dem Fall findet man sich dann plötzlich in Biel.

Nachdem mein Heizer alle Arbeiten zur Zugvorbereitung korrekt ausgeführt hatte und auch die entsprechende Meldung vom Bodenpersonal erfolgte, ist der Zug mit Schnellgut fahrbereit. Die Rückfahrt wird nun etwas hektischer werden, denn diese Züge haben oft knappe Fahrordnungen. Es ist nun der Beginn der Spinne mit dem Schnellgut, das im Nachtsprung durch die Schweiz befördert wird. Die Güter sind auch entsprechend.

Viele Kleinmengen, die einen grossen Aufwand bedeuten. Sie müssen mit dem LKW gesammelt werden, dann erfolgt die Umladung in den Bahnwagen. Mit diesem geht es durch die Schweiz und dann kommt wieder der LKW. Hier würde sich der Umlad der Ladebrücke anbieten. Das Problem sind aber die Sammelfahrten, denn diese haben Ziele in der halben Welt und müssen andere Wege einschlagen. Ein Problem, das auch nur mit LKW besteht.

Gefahrgut im Zug, das durchaus seinen Namen verdient. Auch wenn es nur kleinere Mengen sind, beim Begriff Sprengstoff wird man automatisch etwas vorsichtiger. Gut, es war schon schlimmer, denn ich hatte schon schlimmere Güter. Bei Nitroglyzerin in Aceton gelöst wird es einem dann schon etwas flau im Magen. Der Transport mit der Bahn ist aber immer noch sicherer, als auf der Strasse, wo deutlich mehr passieren kann.

Die vielen anderen Gefahrgüter sind Farben und Lacke für die Industrie. Auch viele Batterien sind dabei. Gerade die modernen Akkumulatoren sind sehr gefährlich, wenn es um den Transport geht. Zumindest wenn man sie mit dem Feuerlöscher vergleicht. Auch wenn das Teil der Bekämpfung von Feuer dient, die Patrone mit dem Druckgas kann bersten und damit gelten Feuerlöscher während dem Transport als Gefahrgut.

Viel Zeit sich mit dem verladenen Gefahrgut zu beschäftigen bleibt nicht mehr, denn das Signal hat seine Meinung geändert. Die Reise beginnt und ich informiere den Heizer darüber, dass er aufpassen müsse, denn in Bern hätten sie die Signale sehr gut versteckt und nahezu jeder Weg kann benutzt werden. Schnell taucht dann ein rotes Signal zwischen den abgestellten Reisezugwagen auf. Wer dann zu schnell ist, hat verloren.

Die Krönung der versteckten Signale konnten wir befahren. Wer zum Henker findet es spannend ein einsames Signal an der Mauer hoch oben in der Fahrleitung zu montieren? Wenn ich solche Sachen sehe, dann ist es schon fast ein Wunder, dass es nicht so viele Signalfälle zu beklagen gibt. Wer seine Signale suchen muss, kann diese schnell verpassen. Beim Halt in Bern erkläre ich dem Heizer, dass es durchaus noch schlimmer sein kann.

Als junger Lokführer fuhr ich mit dem Schnellzug nach Luzern. Daneben sass noch der Vorgesetzte. Kurz vor dem Ziel erkundigte ich mich, ob ich denn in der Meldung schreiben dürfe, «habe nicht gewusst, dass dort ein Signal steht.» Die verwunderte Antwort lautete, von was für einem Signal ich denn spreche. Das grüne, das im Tunnel vorbei huschte. Scheinbar wusste es auch der Chef nicht und das ist dann nicht mehr lustig.

Nach den Abklärungen kam dann der Schock. Das Signal wurde in Betrieb genommen und alle Stellen informiert. Einzig die Lokführer gingen dabei vergessen. Die Leute, die diese Signale zu befolgen haben, wissen nicht, dass es sie gibt. Doch tiefer auf diese Geschichte eingehen kann ich nicht mehr, denn das Signal vor uns wechselt die Farbe auf ein erfreuliches grünes Licht. Die Reise kann nun losgehen und das Ziel ist klar, der RBL.

Wer in Bern in Richtung Osten losfährt bekommt ganz spannende Sachen zu sehen. Je nach Fahrweg erscheint Ausführung 40, oder aber freie Fahrt. Im letzten Fall wird dann das Signal zur Änderung der Streckengeschwindigkeit genommen. Diese steht mitten in der Weichenstrasse und zumindest in der Theorie kann eine Weiche zu schnell befahren werden. Nicht immer müssen Lokführer jedes Signal auch wirklich verstehen.

Der Blick von der linken Seite verrät alles. Natürlich müssen Lokführer jedes Signal verstehen und diese in Bruchteilen von Sekunden verstehen. Dumm dabei ist nur, dass der Mitarbeiter, der das Signal montiert, davon schlicht keine Ahnung hat. Er stellt es hin, wenn dann die Lokführer bemängeln, dass es nicht zu sehen ist, beantwortet er, dass es ja ZUB hat. Also komplett verblödet ist er also nicht, nur hat er nichts verstanden.

In der Nacht kurz nach Mitternacht wirkt die Lorrainebrücke nicht so gut, wie am Tag. Sie ist sehr lange und gehört zu den längsten der Schweiz. Dabei bemerkt man auf weiten Teil gar nicht, dass man sich auf einer Brücke befindet, denn die Häuser stehen so, dass es auch ein Bahndamm sein könnte. Bern Wyler und die Haltestelle Bern Wankdorf, die nicht nur dem Stadion in der Nähe dient, sind passiert und im anschliessenden Löchligut wird es schnell.

Der Fahrweg steht in den Grauholztunnel. Das ist wichtig, denn nur von diesem kann auch die NBS erreicht werden. Ich rücke dem Heizer nun etwas näher, denn es kommt der Teil bei dem ich helfend eingreifen muss. Das sind nur Informationen, was nun kommt. Drei Balisen sind es insgesamt. Bei der ersten wird der Datenfunk aufgebaut. Das erfolgt kurz nach der Einfahrt in den Tunnel. Da diese klappt, bleiben die weiteren dazu erforderlichen Balisen ohne Reaktion.

Bei der zweiten Balise werden die Fahrdaten für Level 2 übermittelt. Auf dem DMI ist das anhand der Meldung zu erkennen. Ankündigung Level 2 steht dort und die Meldung bleibt so lange, bis die Balisen für dem Levelwechsel kommen. Dort befindet sich auch die CAB Tafel und damit ändert sich die Geschwindigkeit. Im Tunnel waren 115 km/h erlaubt nun wenig mehr. Ich melde, dass er die 115 km/h anstreben solle. Auf die Schnauze fallen sollte er ja nicht.

Es ist einfacher, wenn man die NBS als Wellblech bezeichnet. Kräftige Steigungen werden durch eben so starke Gefälle abgelöst, wer dann etwas zu spät dran ist, der wird mit einem orangen Zeiger auf sein Versäumnis aufmerksam gemacht. Der erste dieser Buckel hat den Heizer etwas überrascht und ihn so auch gleich geweckt. Zwei zu schnell könne die Prüfung kosten. Der Prüfungsexperte ist bei der ersten eigenen Fahrt auf der Strecke in der Nacht sicherlich dabei.

Im weiteren Verlauf konnte ich feststellen, der Weckruf hat funktioniert, die Buckel und Täler werden nun besser bewältigt. Mein Hinweis, dass selbst die Re 484 mit der AFB bei eingestellten 115 km/h zwischen 110 und 120 alles fährt, zeigt, wie kräftig die Wechsel sind. Angeblich fahre der Intercity vorne zwischen 195 und 205 km/h alle Geschwindigkeiten. Es ist nicht so einfach, sich an diese NBS zu gewöhnen, denn sie hat Macken.

Der Automat hat mit der Strecke seine liebe Mühe und mit der Baureihe Re 620 ist die Strecke etwas mühsamer zu fahren. So bekundet der Lokführer auch Mühe. Zumal die Anzeigen natürlich nicht genau stimmen. Also jene für die Neigungen, die kaum erkannt werden können. Der Heizer meint, dass es zwischen Brunnen und Altdorf einfacher sei. Dort stimmen jedoch auch die Werte auf dem Bildschirm. So viel zum einheitlichen System.

Auch wenn alle ETCS Level 2 Strecken mittlerweile identisch sind, es gibt immer noch Unterschiede. Bis wir jedoch dazu kommen, dauert es noch und bei Wanzwil meint der Heizer, dass die Weichensignale kaum zu erkennen sind. Da wir uns auf einer EGB Strecke befinden, sind keine «Schlümpfe» aufgestellt worden. Die Weichen besitzen nur einfache Weichensignale. Ich helfe und erkläre, dass die zu beachten sind, wenn langsam gefahren wird.

Der nächste Knackpunkt ist die Fahrleitungsschutzstrecke. Eine solche ist auf der NBS vorhanden und ich erkläre, dass hier das gilt, was auf dem DMI angezeigt wird. Die an der Strecke montierten Tafeln sind in dem Fall zu ignorieren. Diese Situation kennen im RBL sonst nur jene Lokführer, die ins Tessin fahren, denn der Basistunnel kennt diese Lösung auch. Wir sind somit bereits an Langenthal vorbei gefahren und das Ende nähert sich.

Jetzt kommt der Unterschied, die Ankündigung für das Ende der Strecke nach ETCS Level 2 kommt hier sehr früh und es ist dem Heizer bekannt, dass man diesen Wechsel bestätigen muss. Schon fast ungläubig starrt er auf den Bildschirm und da passiert nichts. Langsam merke ich, dass es etwas unbehaglich wird, denn am Axen sind die Abstände sehr kurz um nicht zu sagen, zu kurz. Die Bestätigung kommt wenige Meter vor der Tafel.

Hier kann gewartet werden und die Bestätigung muss nicht so schnell erfolgen. Jedoch mehrere Minuten davor muss der Hinweis auch nicht kommen. Das Ende der NBS kommt, dass weiss jeder, der auf dieser fährt. Da man hier jedoch sehr schnell die Orientierung verliert, ist der Hinweis wichtig, aber nicht mehrere Kilometer vor dem Ende. Wie wäre es mit dem Mittelweg, denn dann würde es bei beiden Strecken angenehm.

Als diese kommt, befinden wir uns schon sehr nahe beim Ende der NBS und das erste Signal erscheint. Ohne dass ich etwas sagen musste, klappte die Bestätigung und auch die nach dem Wechsel erlaubte Geschwindigkeit wird korrekt angesagt. Es ist die Entlassungsgeschwindigkeit, die geprüft werden muss. In der Regel stimmt sie und bei der CAB Ende Tafel wird der Bildschirm wieder einfacher. Die Fahrt erfolgt nun mit den Signalen.

Nur noch ein Punkt ist zu beachten, denn beim ersten Lichtsignal muss geprüft werden, ob ETM wieder aktiviert wurde. Das wird anhand der Anzeige für ZUB geprüft. Gemäss der Schulung wird ZUB auf Strecken mit Level 2 ausgeschaltet. Das stimmt so eigentlich nicht, denn bei der Ausrüstung, die auf der Re 620 verbaut wurde, bleibt ZUB aktiv. Es wird jedoch nur die Höchstgeschwindigkeit des Zuges überwacht.

Bei den schnellen Reisezügen muss daher bei ZUB auch die Geschwindigkeit für Level 2 eingegeben werden. Bei einem Güterzug ist das nicht so wichtig, denn mehr als 120 km/h können nur vereinzelte Postzüge fahren und die erreichen oft auch nur 140 km/h. Das aber auch nur, weil die vorgespannte Lokomotive nicht schneller fahren darf. Noch haben wir im Güterverkehr keine schnelleren Triebfahrzeuge und daher bleibt das so.

Mit dem Bahnhof von Rothrist ändert sich viel. Ich kann wieder zur Seite rücken und der Heizer kennt die Strecke. Das ist auch an seiner Haltung zu erkennen, denn die Sitzposition wird entspannter. Ich kann nun in der LEA kontrollieren, wie wir zum Fahrplan stehen. Gerade auf der Fahrt über die NBS sind nicht so viele Reserven eingeplant worden. Da wir pünktlich sind, war die Fahrt gar nicht so schlecht um nicht zu sagen, dass es gut war.

In Olten meldete sich ADL doch noch. Die Reduktion bis Lenzburg erfolgt, weil wir dem Schnellzug, der in Bern vor uns fuhr, auflaufen werden. Der Vorsprung auf der NBS wird mit dem ersten Halt in Olten geringer und mit jenem in Aarau vernichtet. Schnellgutzüge gehören somit zu den schnellsten im Land, auch wenn die nur 120 km/h erreichen. Durch die lange Fahrt ohne einen Aufenthalt, kann man auch dem Intercity folgen.

Die weitere Fahrt verlief ohne nennenswerte Vorkommnisse. Auch die hohen Tempi hat der Heizer gut im Griff und mit dem Heitersbergtunnel kommt auch das Ziel in greifbare Nähe. Jetzt kommt auch das wirtschaftliche Verhalten an den Tag, denn die elektrischen Bremse wird frühzeitig aufgeschaltet und so der Zug verzögert. Was die Lokomotive schafft, muss nicht mit den Bremsklötzen vernichtet werden. Die Zeit lässt das nun zu.

Für mich noch etwas anspannend war nur der letzte Abschnitt, denn bei der Fahrt auf das rote Signal kann ich nicht mehr rechtzeitig eingreifen. Das muss ich auch nicht, denn der Halt klappte perfekt. Der Endbahnhof ist erreicht und nun muss nur noch die Lokomotive entkuppelt werden. Das wird noch von einem Mitarbeiter des RBL gemacht. Wie lange das noch so sein wird, ist mir nicht bekannt, denn immer wieder entkuppeln wir selber.

Lok weg und Abschlussgespräch
                       

Mit der Lokomotive wird nun nach dem Verfahren «Shunting» gefahren. Diese Betriebsart ist bei Triebfahrzeugen mit ETCS zu wählen, auch wenn mit der Reihe Re 620 theoretisch auch mit der Manövertaste gefahren werden könnte. Bei der Reihe Re 484 muss diese jedoch zusätzlich noch aktiviert werden. Bei allen anderen Modellen wird die M-Taste mit der Betriebsart «Shunting» aktiviert. Nun ist keine Sicherung mehr vorhanden.

Shunting wird geschult, denn bei einem Lokwechsel unmittelbar vor dem Level 2 ist das extrem wichtig. Mit dem Wechsel wird die Verbindung mit dem Datenfunk gekappt. So kann der Zug in die Strecke einfahren.

Wenn der abgehende Lokführer in Erstfeld zu laut über die Verspätung fluchte, «vergass» der Lok-führer Shunting und drückte die Manövertaste. Freudig wurden dann die erfolglosen Versuche beobachtet. Der Chef ermahnte dann schnell, dass man das unterlassen solle.

So gemein war ich natürlich nicht. Zumindest steht das so hier, denn niemand hat es gerne, wenn er für die Verspätung verantwortlich gemacht wird. Oft kam der Feierabend bereits in Göschenen und dann noch der beleidigende Kommentar.

Es war ja so einfach, sich zu rächen. Alles ist Ge-schichte und seit ich im RBL arbeite sind die Tage mit pünktlichem Feierabend deutlich in der Über-zahl. Ich kenne es auch umgekehrt.

Der Tag ist durch, die für den Heizer noch anstren-gende Fahrt zu Ende. Nun muss noch einmal die volle Konzentration aufgebracht werden. Gerade der RBL, der vor dem Ablaufberg etwas unübersichtlich ist.

Dieser hat da seine Tretminen, die umgangen wer-den müssen. Dazu gehört auch, dass auf dem Gleis nach dem Berg noch Fahrzeuge stehen können. Bei Lokomotiven hilft das weisse Rücklicht, aber nicht immer ist dieses zu erkennen.

Musste der Zug vorher noch Bergverbot mitnehmen, dann verdeckt diese Last das Licht und in der Nacht sind die Wagen schwer zu erkennen. Das Problem haben wir jedoch nicht, denn die Zwergsignale sind gnädig und so kommen wir recht flott in den östlichen Teil. Dort mussten wir noch ein paar Minuten warten und dann ging es in der Ausfahrgruppe direkt vor einen anderen Zug und nun wird es noch einmal richtig spannend.

Das sich dort befindliche Empfangskomitee verrät mir, dass die Lokomotive gleich wieder übernommen wird. Ich übernehme nun de Aufgabe des Heizers, also wenn dieser nicht selber fährt, denn ich reinige die Griffstangen. Versorge den Lappen und greife zu meinem Gepäck. Der zu mir gerichtete Blick des Lokführers leite ich an meinen Heizer weiter. Den muss er fragen, denn er fuhr und kann die Übergabe vornehmen.

Es ist soweit, die Arbeit ist getan, aber noch sind wir nicht am Ziel. Zu Fuss durch das Gleisfeld des Rangierbahnhofs. Das ist immer wieder gefährlich, denn es gibt viele Fahrten, die in der Nacht noch schlecht zu erkennen sind. Daher konzentrieren wir uns auf den Weg und die Gefahren. Ich bin darauf bedacht, dass jetzt nicht zum Handy gegriffen wird. Gerade die jüngere Generation muss auf diesen Umstand aufmerksam gemacht werden.

Nichts ist so wichtig, dass man unter eine Rangierlokomotive kommt. Wir wollen alle Gesund nach Hause kommen und daher bleiben die Handy, wo sie sind. Auch das noch ausstehende Abschlussgespräch wird erst nach dem Gleisfeld durchgeführt werden. Auch wenn ich alleine unterwegs bin, lasse ich meinen Arbeitstag noch einmal im Kopf durchgehen. Was war gut und was nicht. Auch ein Lehrlokführer kann Fehler machen, es sind keine Götter.

Auf die Frage, wie die Rückfahrt für den Heizer war, will ich, dass er genau das macht. In sich gehen, die Fehler erkennen und so ausmerzen. Erst danach komme ich dann zum Wort. Das einzige was mir auf der Rückfahrt aufgefallen ist, dass die NBS zu Beginn etwas überraschend war. Danach ging es mit den Gefällsbrüchen recht gut. Allgemein kann ich eine gute Fahrt verbuchen. Auf die Übung von Störungen habe ich heute verzichtet.

Das Schlussgespräch beschliesse ich mit den Worten, dass mit dieser Leistung eine Prüfung zu bestehen sei. Diese steht in wenigen Tagen an und erst danach wird dann das Lehrgeld bezahlt. Der Tag beschliessen wir noch mit einem Kaffee und ein paar allgemeinen Worten. Ich muss noch drei Tage arbeiten, dann alleine und dann steht der Urlaub an. Wenn er seine Prüfungsfahrt hat, befinde ich mich im Urlaub und daher wünsche ich ihm für diese viel Glück.

Später erfuhr ich, dass die Prüfungsfahrt erfolgreich verlaufen sei. Wieder ein neuer Lokführer, der sich auf seine Karriere vorbereiten kann. Die Familie, die in den vergangenen Monaten auf den Menschen schmerzlich verzichten musste, hat wieder mehr davon. Die Ausbildung ist kurz und sehr intensiv, besonders dann, wenn man davor von der Eisenbahn nur das kannte, was jeder kennt, der schon einmal in einem Zug mitgereist ist.

Der Auszubildende ist nun auch kein Heizer mehr. Die Prüfung ist durch und es ist ein Kollege. Auch wenn ich einmal mit ihm auf Dienstfahrt mitfahre. Wie bei allen anderen Lokführer kritisiere und beurteile ich die Fahrt nicht mehr. Es sind Leute, die eine Prüfung bestanden haben und nun ihr Handwerk verstehen. Da muss ich meinen Senf nicht mehr dazu geben. Es ist noch niemand als Lokführer geboren worden.

 

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