Finanzprobleme und die Folgen |
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Bei den grossen finanziellen Problemen der
Gotthardbahn, wird immer wieder der
Scheiteltunnel
als Ursache angegeben. Es stellt sich die Frage, ob das wirklich die
einzige Ursache für die Misere war. So stellt sich die berechtigte Frage,
warum wurde bei der grossen finanziellen Krise bei den Zufahrten, jedoch
nicht beim
Tunnel
gespart? Fragen, die beantworten werden müssen, auch wenn hier viele
wichtige Hinweise nicht verfügbar sind. Als Erinnerung sei hier erwähnt, dass der Tunnel, wie ursprünglich geplant fertiggestellt wurde. Abstriche wurden keine gemacht, auch wenn man ihn in Teilbereichen durchaus nur einspurig hätte ausbrechen können. Vielmehr wurden einige Zufahrten
gestrichen. Darunter die für die Stadt Zürich so wichtige direkte Zufahrt
zur
Gotthardbahn. In der Folge musste diese Finanzstadt einen Umweg in
Kauf nehmen. Beginnen wir am Anfang, dann müssen wir klar sagen, dass Louis Favre mit seinem Preis tief angesetzt hatte. Er wollte den Auftrag und da war ihm jedes Mittel recht. Da keine Klauseln für unvorhergesehene
Probleme bestanden, war eigentlich eines klar. Die Gotthardbahn sollte
nicht mehr als 42 Millionen für den
Scheiteltunnel
bezahlen. Lediglich Abweichungen vom Bautermin hätten Auswirkungen auf
diesen Punkt gehabt. In Ordnung war die finanzielle Welt beim Beginn des Baus. Zwar bezahlte die Firma Favre keine guten Löhne, aber es ging noch. Die Mineure konnten in dieser Zeit, wenn sie besonders sparsam waren, Geld nach Hause schicken und so die Angehörigen versorgen. Jedoch sollte diese für die Arbeiter gute
Phase nicht sehr lange andauern. Genau genommen, änderte sich mit dem
Antreffen der ersten harten Felsen des Gotthards alles grundlegend. Die von der
Gotthardbahn berechneten Mengen beim Dynamit wurden aus den
Erfahrungen bei der Schwarzwaldbahn abgeleitet und auf den Gotthardtunnel
übertragen. Diese waren von der Gotthardbahn anhand der Informationen von
Herrn Gerwig bestimmt worden. Ein Vorgehen, das man durchaus in Frage
stellen kann, aber auf Grund der fehlenden Erfahrung durchaus üblich und
damit bestimmend, war. Mit anderen Worten, es wurde die gleichen
Mengen bei der Berechnung der Menge berücksichtigt. Diese reichte jedoch
am Gotthard nicht aus um die erwarteten Ergebnisse zu erreichen. Damit
stand bereits früh der rechtzeitige Abschluss auf dem Prüfteller. Die
fehlende Sprengkraft wirkte sich direkt auf den Vortrieb und damit auf den
Baufortschritt aus. Damit war der Bautermin schlicht nicht mehr zu halten
und das war für Favre schlecht. In der Folge musste die Menge erhöht
werden. Das führte zu ersten finanziellen Problemen, denn Dynamit war
teuer bei der Anschaffung und für den Transport mussten oft noch Zuschläge
für die brisante Fracht bezahlt werden. Das war Geld, das man eigentlich
an einer anderen Stelle benötigt hätte. So sah sich die Firma Favre schon
sehr schnell zu Sparmassnahmen genötigt. Wie in solchen Fällen üblich,
wurde bei den Arbeitern gespart. So mussten diese das Öl für die beim Bau benötigten Lampen selber beim Unternehmen kaufen. Damit konnte etwas gespart werden, denn das Lampenöl war natürlich nicht billig zu haben. Trotzdem reichten die Finanzen bei der Firma Favre nicht und so
wurde bei der
Gotthardbahn bereits früh um eine Aufstockung des Betrages
ersucht. Dieser wurde sogar gewährt, so dass der Bau in die nächste Runde
gehen konnte. Als schliesslich die finanziellen Verpflichtungen der Gotthard für die Zufahrten hinzukamen, wurde der Betrag für den Tunnel wieder gekürzt. Favre erhielt in der Folge von der Gotthardbahn kaum mehr Geld für den Bau. Damit war klar, der
Termin kann nicht mehr gehalten werden. Das Projekt stand auf der Kippe
und so griff die Firma Favre zu einer Lösung, die eigentlich nur als
vorübergehende Massnahme geplant war. Die Arbeiter wurden in einer eigenen Währung bezahlt. So wurden diese informiert, dass nach dem Bau der Betrag mit Zinsen umgewandelt werden würde. Ein Trugschluss, denn mit dieser
speziellen Währung war klar, es wird effektiv nur bezahlt, wenn der
Tunnel
fertig gebaut wird. Scheiterten die Arbeiten, waren die Mineure mit einem
Haufen Schulden ebenfalls betroffen. Da man jedoch an den Erfolg glaubte,
baute die Firma weiter. In der Folge konnten die Arbeiter nur noch
dort bezahlen, wo die Währung angenommen wurde. Dazu schloss die Firma
Verträge mit den Leuten ab. In der Folge stiegen die Preise und den
Arbeitern blieb noch weniger. Natürlich profitierte auch die Firma Favre,
weil nun die Kredite erst später eingelöst werden konnten. Die Sache war
zumindest beim
Tunnel
damit geregelt, auch wenn vermutlich niemand ausgesprochen glücklich damit
war. Sparmassnahmen sah man letztlich auch bei
der Belüftung des
Tunnels.
Statt eine angemessene Lüftung einzubauen, sollten neue mit
Druckluft
betriebene
Lokomotiven
eingesetzt werden. Deren «Abgase»
führten frische Luft in den Tunnel und die Direktion sah sich damit auf
dem richtigen Weg. Jedoch fehlte es damit immer noch an einer
ausreichenden Zirkulation der Atemluft, die immer noch mit Dynamitdämpfen
verseucht war. Diese erfolglosen Versuche einer billigen Verbes-serung der Atemluft nahmen die Arbeiter natürlich nicht mit Freuden auf. Genau diesen Aspekt wurde in einen Brief an den Bundesrat bemängelt. Da dessen Reaktion jedoch ausblieb, sahen
sie sich zum Streik genötigt. Dieser wurde, wie wir schon wissen, mit
brutalen Massnahmen niedergeschlagen. Doch machte der Bundesrat wirklich
nichts und liess die Leute alleine? Hier schweigen alle, jedoch vermute ich, dass dieser seine Arbeit durchaus wie gewünscht erledigt hatte. Wie in solchen Fällen üblich, wurde der Direktor der Gotthardbahn, Herr Nationalrat Alfred Escher damit beauftragt. Das ging vermutlich nicht ohne etwas
Nachdruck, denn welcher Chef lässt sich schon gerne Vor-schriften machen.
Daher wurden vermutlich die Anweisungen des Bundesrates schlicht
ignoriert. Das Problem war, dass gerade die von Escher
vertretene Bank die Zahlungen an die Unternehmung Favre wegen den
finanziellen Problemen verweigerte und damit für die ganze Misere
verantwortlich gemacht werden müsste. Somit führten die Massnahmen der
Grossbank letztlich in Göschenen zum Streik. Die Banken zeigten erstmals,
wer im Land das sagen hatte und niemand, schon gar nicht ein Bundesrat,
sollte ihnen dazwischen Reden. Es geschah nichts und Favre musste weiter
zu deutlichen Sparmassnahmen greifen. Die Folgen waren klar, er konnte
gewissen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommen. So wurde der
Vollausbruch verzögert und die vertragliche Distanz zu Brust des
Richtstollen von 600 Meter immer mehr erweitert. Zusammen mit den
Zufahrten führte das zum völligen Kollaps bei den Finanzen. Faktisch war
die
Gotthardbahn zu diesem Zeitpunkt Konkurs gegangen. Die Aufarbeitung dieses Desasters wurde mit
dem Streik in Göschenen kombiniert. In der Folge verlangten die
internationalen Investoren und der Bundesrat eine Aufklärung. Diese
ergaben viele Probleme, denn besonders die Zufahrten sahen ein deutlich
höheres Budget vor, als geplant war. Der Landkauf war einfach zu teuer
gewesen und so wurde dort auch gespart. Die Folge waren gestrichene
Abschnitte nördlich und südlich vom Gotthard. Alleine die finanziellen Probleme beim Tunnel zu suchen, wird damit in Frage gestellt. Warum sparte man an anderen Orten, wenn es der Tunnel war? Ich denke, dass die Kostenrechnung des Tunnels beim Tunnel durchaus korrekt angenommen wurde. Wer konnte schon wissen, dass man beim
Gotthard mehr Dynamit benötigt und wer konnte die Geologie kennen, wenn
diese erst erfasst wurde, wenn der Richtstollen ausgebrochen war. Die Konsequenzen waren klar. Es mussten Köpfe rollen. Verantwortlich gemacht wurde in erster Linie Herr Alfred Escher. Dieser hatte beim Tunnel mit der Tatsache, dass er den Geldhahn seiner Bank zudrehte, zu den Problemen mit den Arbeitern geführt. Auch setzte er die vom Bundesrat verlangten
Verbesserung für die Arbeiter schlicht nicht um. Seine Bank sah schlicht
den Grund für die
Bahnlinie
nicht mehr und zahlte schlicht nicht mehr. Punkte, die so nicht akzeptiert werden konnten. In der Folge wurde Alfred Escher und andere Ver-antwortliche der Gotthardbahn abgesetzt. Einige Strecken wurden gestrichen und dabei
fiel es den neuen Leuten vermutlich leicht, gerade die direkte Zufahrt von
Zürich zu streichen. Eine Strafmassnahme an die Region, die alles zu
verantworten hatte. Jedoch interessiert uns der
Scheiteltunnel
und dort sah es ebenfalls etwas anders aus. Spannend dabei ist, dass Favre, der immer
wieder für die Probleme verantwortlich gemacht wurde, seinen Posten
behalten konnte. War es wirklich nur die Tatsache, dass er wohl der
einzige sein würde, der diesen
Tunnel
bauen konnte, oder waren es auch andere Punkte? Ich denke, dass alle
Punkte etwas mitgespielt hatten, denn Favre musste sparen, weil nicht mehr
gezahlt wurde. Wer so arbeiten muss, kann nicht gewinnen. Da Favre verstorben war, musste er nicht
mehr miterleben, wie es mit seiner Firma zu Grunde ging. Die
Verzögerungen, die namentlich wegen den fehlenden Gelder der
Gotthardbahn begründet waren, sorgten dafür, dass die Strafen
bezahlt werden mussten. Diese konnten weder von der Firma noch von der
Familie gestemmt werden. In der Folge ging die Firma bankrott, die Familie
verlor ihr gesamtes Geld und wurde ein Fall für die Allgemeinheit. Verloren hatte die Familie Favre, die Stadt
Zürich mit Alfred Escher und viele Arbeiter, die sich am Gotthard den Tod
geholt hatten. In dieser ganzen Angelegenheit gab es letztlich nur einen
Gewinner, das war die
Gotthardbahn, die dank dem neuen
Tunnel
mit Zügen fahren konnte und sich so zu einem Unternehmen mauserte, das
auch heute noch Bewunderungen für die Arbeitervorsorge erhalten würde. |
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