Vortrieb und Ausbruch |
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Die bergmännischen Bauarbeiten für den Lötschbergtunnel begannen
zuerst in Goppenstein. Dort wurde am 01. November 1906 mit dem Bau des
Scheiteltunnels
begonnen. Vorerst wurde noch im manuellen Vortrieb am Oberflächengestein
gearbeitet. Dieses Gestein war brüchig, führte immer wieder Wasser und war
somit eigentlich nur mit dem Handvortrieb zu bewältigen. Eine Erfahrung
die man auch am Gotthard machen musste. Bei dieser Bauform wird zwar gesprengt, aber die dazu benötigten Löcher noch von Hand gebohrt. Teilweise konnten die lockeren Gesteine nahe der Oberfläche auch mit Pickel und Schaufeln gelockert und entfernt werden.
Dadurch lagen hier die täglichen Vortriebsleistungen immer
deutlich unten dem maschinellen Vortrieb. Ein Punkt, der jedoch anhand der
verwendeten Werkzeuge durchaus verstanden werden kann. Einen Tag nach Goppenstein, also am 02. November 1906, konnten die Bauarbeiten auch in Kandersteg aufgenommen werden. Auch hier arbeitete man sich anfänglich im Handvortrieb durch das oberflächennahe Gestein
Vom verwendeten Arbeitsgerät unterschieden sich die Arbeiten
nicht. Jedoch war die tägliche
Leistung
etwas höher, was jedoch dem einfacher zu bearbeitenden Kalkstein zu
verdanken war. Der Süden kämpfte mit Schiefer.
Auf die mechanische Bohrung umgestellt werden konnte in Kandersteg
bereits am 07. März 1907. Man war nun im festen Gestein und die
oberflächennahen Wasseradern, schienen vorbei zu sein. Dadurch erreichte
man jetzt im Kalkgestein ansehnliche Vortriebsleistungen. Auch jetzt
zeigte sich das Gestein von seiner guten Seite, auch wenn die erste
Schicht Schiefer nicht weit entfernt war und daher keine einheitliche
Leistung
erreicht wurde.
Somit wurde nur noch in Goppenstein von Hand gearbeitet. Es
dauerte schliesslich bis am 09. April 1907 bis in Goppenstein auf die
mechanische Bohrung umgestellt werden konnte. Jetzt konnten auch hier die
täglichen Vortriebsleistungen gesteigert werden. Dank den verankerten
Bohrmaschinen waren auch im Schiefer tiefere und präzisere Löcher möglich.
Jedoch musste immer noch sehr viel Arbeit in die Absicherung des Felsen
gesteckt werden.
Beidseitig mussten zudem immer wieder Wassereinbrüche eingedämmt
werden. Hier erwies sich die südliche Seite etwas besser, jedoch stieg,
weil keine
Kühlung
mit Wasser vorhanden war, die Temperatur im Gestein an. Dadurch konnten
die Maschinen auch keine optimalen
Leistungen
mehr erbringen. Warme Bohrer verschleissen schneller als kühle Exemplare.
Punkte, die auch die spätere Umstellung begründen.
Gearbeitet
wurde im Schichtbetrieb. Dabei gab es auf der Baustelle drei
Schichten.
Somit dauerte eine Schicht immer acht Stunden. Anfahrwege waren jedoch in
dieser Zeit nicht enthalten und erfolgten in der Freizeit. Innerhalb der
Schicht gab es lediglich kurze Pausen. Nahrung wurde meistens während der
Sprengung, oder wenn der Mineur gerade nicht benötigt wurde, eingenommen.
Grosse Speisen gab es so oder so nicht.
Natürliche Bedürfnisse, wie Wasserlassen oder allenfalls
Stuhlgang, wurden innerhalb des
Tunnels
in spezielle verschliessbare Behältnisse entledigt, die regelmässig
ausgewechselt wurden. Aus der Katastrophe mit dem Parasiten beim Bau des
Gotthardtunnels
hatte man gelernt. Allgemein wurde viel mehr auf hygienische Sauberkeit
geachtet. Dazu gehörten auch die Mannschaftduschen, wo man sich nach
getaner Arbeit waschen konnte.
Ausnahmen von diesem Schichtablauf gab es lediglich nur an hohen
Feiertagen, wie Weihnachten oder Ostern. Dort fielen teilweise
Schichten
aus. Auch Unfälle führten natürlich zu einem Unterbruch der Arbeiten.
Nicht vergessen darf der Tag zu Ehren der heiligen Barbara. An diesem Tag
standen die Arbeiten auf der Baustelle den ganzen Tag still. Da Feiertage
berücksichtigt wurden eine deutliche Verbesserung zum Gotthard.
Schichtwechsel war nicht zu einem bestimmten Ablauf der Arbeiten,
sondern nach der Zeit. Damit konnten am Tag mehr Sprengungen durchgeführt
werden. Es führte jedoch dazu, dass die Arbeit beim Wechsel der
Schicht
ruhte, aber wegen den zusätzlichen Sprengungen war der zeitliche Verlust
damit viel geringer, als bei einer strickten Lösung, wie man sie bei einem
solchen Bau erwarten würde. Gerade, wenn Sprengstoffe im Spiel sind.
Ein Trupp bestand aus bis zu 20 Personen. Ein Vorarbeiter hatte
dabei sieben bis acht Mechaniker, acht bis zehn Schutterer und einen
Laufburschen für die Übermittlung von Meldungen zur Verfügung. Dabei
begannen die Mechaniker mit den Arbeiten. Sie stellten die Bohrlafette mit
bis zu fünf Bohrmaschinen auf und verstrebten diese an den Seitenwänden.
Auch das war eine Neuerung, die grössere Kräfte in die Bohrer brachte. Damit konnte sich der auf Schienen stehende Bohrwagen nicht mehr bewegen und die Kraft der Bohrmaschinen wurde vollständig auf den Felsen übertragen. Diese Bohrmaschinen wurden mit Druckluft betrie-ben. Diese waren zwar von der Leistung her nicht so gut, wie hydraulischen Maschinen vom Gotthard.
Sie boten jedoch den Vorteil der Zufuhr frischer Luft zur
Stollenbrust. Ein Vorteil für die dort ar-beitenden Mineure. Auch sonst wurde hier viel mehr in die Belüftung investiert, als das beim Gotthard der Fall war. Neben der Druckluft, die zur Belüftung genutzt wurde, verwendete man eine zusätzliche Lüftung mit Ventilatoren.
Anfänglich kamen mobile Lösungen und später stationäre Varianten
zur Anwendung. In der Folge sollten die Zimmerleute hinter der
Stollenbrust im ganzen
Tunnel
die schlechteste Atemluft haben, weil dort der Rauch und Staub zu spüren
waren.
Der Druck in der Zuleitung zu den Bohrmaschinen sank durch
Verluste in den Leitungen von anfänglich zehn, auf fünf bis sechs
bar.
Dabei kamen auf den beiden Seiten unterschiedliche Fabrikate zur
Anwendung. Auf beiden Seiten gab es neu aber auch kleine Maschinen, die
von einer Person bedient werden konnten. Erstmals kamen aber auch
eigentlich Bohrhämmer zum Einsatz. Die im Ausbau viel Sprengstoff
einsparten.
Nach Abschluss der Bohrungen wurden die 1.38 Meter tiefen Löcher
ausgeblasen und vom Staub befreit. Anschliessend wurden die Löcher mit
28.7 kg Dynamit, das in Stangen angeliefert wurde, gefüllt. Dabei fasste
ein Bohrloch mehrere Stangen von diesem guten, jedoch auch sehr teuren
Sprengstoff. Die Arbeit, war in gewisser Sicht gefährlich, da mit
Sprengstoff gearbeitet wurde und man daher gewisse Massnahmen zum Schutz
treffen musste. Dynamit, das von Herrn Nobel für den Bergbau entwickelt wurde, hatte sich mittlerweile auch im Tunnelbau durchgesetzt und es zeigte gute Leist-ungen, da weniger Löcher benötigt wurden.
Mit dem Setzen der benötigten Zünder und der Lunte, war der
Zeitpunkt für den Rückzug der Ar-beiter gekommen. Aus der Deckung heraus
wurde schliesslich gezündet und somit gesprengt. Die Druckwelle war im
Tunnel
weitherum zu spüren. Die Schutterer begannen, nachdem sich der Rauch etwas verzogen hatte, mit dem Wegräumen des Schuttes. Dabei wurde dieser mit kurzen Schaufeln auf die Rollwagen verladen.
Die freigelegten Bereiche wurden von den Mech-anikern zugleich mit
neuen
Schienen
für die Bohrwagen belegt. Nach Abschluss der Schutterung wurden die
Bohrmaschinen neu angesetzt und der
Ablauf
begann wieder von vorne mit dem Bohren neuer Löcher. Diese Schritte wiederholten sich beim maschinellen Vortrieb durchschnittlich alle vier Stunden und 43 Minuten.
Damit reichte es im Durchschnitt einer Schicht am Tag, bis zu zwei
Sprengungen durchzuführen. Auch sonst gab es viele Tage, an denen diese
durchschnittlichen Zeiten übertroffen, oder nicht erreicht wurden.
Besonders dann, wenn bereits bei der Stollenbrust umfangreiche
Sicherungsarbeiten erforderlich wurden. Das war besonders bei hohem
Bergdruck der Fall.
Die täglichen Vortriebsleistungen der Nordseite beliefen sich
während dem Handvortrieb auf 1.98 Meter pro Tag. Mit der mechanischen
Bohrung konnte der Wert schliesslich auf durchschnittlich 7.27 Meter
gesteigert werden. Dabei war die Vortriebsleistung auch vom Gestein
abhängig. Im Kalkgestein konnten höhere Werte, als bei Schiefer erreicht
werden. Somit waren die Werte durchaus vom Gestein abhängig.
Auf der Südseite lag man bei der Vortriebsleistung zurück. So
wurden hier im Handvortrieb lediglich 1.25 Meter pro Tag erreicht. Mit der
mechanischen Bohrung konnten durchschnittlich 5.08 Meter pro Tag erreicht
werden. Die Zahlen lagen tiefer, da man sich hier durch Schiefer in
unterschiedlicher Schichtung arbeiten musste. Zudem musste später der
Vortrieb wegen den Problemen im Norden gedrosselt werden.
Jedoch waren auch andere Faktoren für den schlechteren Vortrieb
verantwortlich. So musste man sich hier in deutlich wärmerem Gestein
bewegen. Dieses erreichte auf der Südseite 34 Grad, auf der Nordseite
hingegen lediglich 28 Grad. Selbst bei den Maschinen gab es dadurch
Unterschiede, da diese bei grösserer Wärme nicht mehr so zuverlässig
arbeiteten. Hinzu kam, dass die Arbeiten hier auch nicht so gut
organisiert waren, wie auf der nördlichen Seite. Im Gegensatz zum Gotthard, wo nach der belgischen Methode gearbeitet wurde, setzte man hier die englisch-österreichische Bauweise um. Bei dieser Lösung wurde der Richtstollen als Sohlstollen ausgeführt. Versuche mit einem leicht erhöhten Stollen auf der Südseite wurden später aufgegeben.
Der Vorteil war, dass die
Geleise
der Baubahn damit durchgehend bis zur Stollenbrust verlegt werden konnten.
Wagen konnten daher ohne Umladung schnell und einfach aus dem
Tunnel
gefahren werden. Nach der Tunnelbrust wurden die Gesteine mit Einbauten abgestützt. Daher wurde der Stollen zuerst etwas erweitert. Dies war nötig, damit der freie Querschnitt für die Wagen nicht eingeengt wurde. Die Arbeiten der Sicherung in diesem Bereich wurde von Zimmerleuten ausgeführt.
Es war geplant, dass der weitere Ausbruch des
Tunnels
rund einen Kilometer hinter der Brust erfolgen sollte. Jedoch war dieser
Abstand lange Zeit viel grösser und selbst die
Portale,
die beim Gotthard schnell erstellt wurden, waren beim Lötschberg viele
Jahre gar nicht vorhanden. Der Grund lag dabei nicht bei den Bauarbeiten
im Tunnel, sondern bei der Direktion der Berner Alpenbahn BLS und beim
Bauprojekt der
Bahnlinie
selber. Die Gesellschaft konnte sich lange Zeit nicht entscheiden, ob der Scheiteltunnel ein- oder zweispurig ausgebaut würde. Daher konnte man mit dem weiteren Ausbruch lange Zeit gar nicht beginnen.
Erst als dieser Entscheid endlich gefällt worden war, konnte mit
dem Vollausbruch des
Tunnels
begonnen werden. Dabei ging man in mehreren Schritten vor und begann vom
Richtstollen aus mit den Arbeiten. Es wurde daher kein zusätzlicher
Stollen benötigt. Das Gestein wurde in einem ersten Schritt über dem Stollen bis zur Höhe des Gewölbes ausgebrochen. Anschliessend kamen wieder die Zimmerleute zum Zug, die das Gewölbe mit zusätzlichen Holzbalken absicherten.
Anschliessend konnten beidseitig die beiden Strossen ausgebrochen
werden. Auch jetzt musste das erweiterte Gewölbe zusätzlich abgestützt und
gesichert werden. Noch immer hatte man keine sichere Decke.
Auch hier gab es einen deutlichen Unterschied zum Gotthard, wo das
Gewölbe sehr früh fertig ausgebrochen und gemauert wurde. Beim Lötschberg
begann man mit der Mauerung bei den Fundamenten und zog daher die Mauern
seitlich hoch. Letztlich wurde dann noch das Gewölbe gemauert. Damit war
nun ein Arbeiten ohne zusätzliche Abstützungen möglich. Die spezielle
Bauweise in Druckzonen, wie man sie am Gotthard anwendete, gab es hier
nicht mehr. Ab jetzt war die eigentliche Tunnelröhre fertig ausgebaut worden. Im Vergleich zum Gotthardtunnel war hier wesentlich mehr Abstützmaterial erforderlich, da lange gewartet werden musste, bis man unter dem Schutz der Decke arbeiten konnte.
Da man die einzelnen Balken mehrfach verwenden konnte, war der
Materialverbrauch jedoch nicht so gross. Zudem behinderten die
Ausbrucharbeiten den Abtransport des Materials nicht so sehr und die
Baubahn war durchgehend vorhanden.
Beim Ausbruch des
Tunnels
kamen die kleineren Maschinen zum Einsatz. Hier wurden von Hand bediente
Bohrmaschinen und Bohrhämmer verwendet. Diese mit
Druckluft
betriebenen Modelle konnten in den vergangenen Jahren deutlich kleiner
gebaut werden, so dass diese von einem Mann bedient werden konnten.
Trotzdem musste auch beim Ausbruch gesprengt werden. Dabei kamen jedoch
mit 0.8 kg Sprengstoff deutlich geringere Mengen zum Einsatz.
Der Ausbruch fiel hier durch die Schwerkraft auf den Boden, wo der
Schutt von Schutterer in die Loren verladen wurden. Diese konnten im
fertig erstellten
Tunnel
an die
Lokomotiven
der Baubahn angehängt werden. Damit die schweren Wagen nicht von Hand
bewegt werden mussten, kamen in diesem Bereich auch Pferde zum Einsatz.
Dabei konnten von der Stollenbrust bis zum
Portal
die gleichen Loren und Rollwagen verwendet werden.
An den beiden Enden des
Tunnels
wurden zwei imposante
Portale
aufgebaut. Damals war es durchaus üblich grosse Tunnel, wie es der
Lötschberg einmal sein sollte, mit beeindruckenden Portalen zu versehen.
Die Portale am Lötschbergtunnel sollten im Vergleich mit anderen Tunneln
sehr imposant ausfallen. Insbesondere der Vergleich mit dem
Gotthardtunnel
war deutlich, da dort eher unscheinbare Bauwerke erstellt wurden.
Es bleibt noch zu erwähnen, dass die Arbeiten in den beiden
Vortrieben auch ruhten. Auf der nördlichen Seite betrug dieser Wert 262.5
Tage. Die südliche Seite schnitt hier mit 77 Tagen deutlich besser ab. Das
war jedoch eine direkte Folge der beiden grossen Unglücke. Jenes auf der
nördlichen Seite sollte sogar direkte Auswirkungen auf den weiteren
Baufortschritt haben. Im Süden konnte trotz der grossen Tragödie
zugearbeitet werden.
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