Die Geologie

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Die Zeiten, wo man auf gut Glück ein Loch in den Berg baut und dabei herausfindet, was sich seit der letzten Sprengung im Gestein veränderte, waren seit dem Bau der Gotthardbahn vorbei. Man war sich der geologischen Vielfältigkeit des Landes bewusst und daher gehörte es bereits um 1900 zum guten Tone, wenn entsprechende Gutachten vor dem Bau eingeholt wurden. Daher existierte beim Lötschbergtunnel ein entsprechendes Gutachten.

Beim Gotthardtunnel hatte man bei der Unterquerung der Ursenenmulde grosses Glück, musste aber wegen dem Wasser führenden Gestein mit grossen Problemen kämpfen. Die Folge der unerfahrenen Mannschaft war, dass hier sehr viele Opfer zu beklagen waren. Es war klar, solche Probleme sollte es beim Bau des Scheiteltunnels am Lötschberg nicht mehr geben. Schliesslich hatte man aus den Erfahrungen Lehren gezogen.

Mittlerweile hatten die Fachleute auch gelernt, die Oberfläche zu betrachten und damit den Untergrund in diesem Bereich zu erahnen. Dabei waren die Gesteine und deren Eigenschaften bei der Bearbeitung bekannt. Mit diesem Wissen konnten passende Baumaschinen beschafft und die Baukosten berechnet werden. Beim Lötschbergtunnel wusste man daher, was wo für ein Gestein angetroffen werden muss. Eine Einschätzung war daher leichter möglich.

Erstellt wurde das geologische Gutachten bereits um 1900. Beim erbitterten Kampf um die richtige Streckenführung waren solche Gutachten und die dank diesen erwarteten Nachteilen natürlich hervorragende Argumente. Jedoch hatten die meisten Leute, die Entscheide fällen mussten, keine Ahnung was nun wo für ein Stein zu finden war. Es waren Berge und diese sind bekanntlich hart und wo soll es da Probleme geben.

Geologisch gesehen, waren die Alpen sehr unruhig. Die Faltung des Gebirges hatte zur Folge, dass die Gesteine in mehreren Gebieten durchmischt waren. Diese Gebiete entstanden, als die tief liegenden Granite nach oben gedrückt wurden und sich das andere Gestein zusammenschieben musste. Im hochalpinen Bereich der Alpen sind diese Schichten abgetragen worden, so dass dort die Granite der vielen Massive erkannt werden konnten.

Gesteine anhand der Oberfläche zu bestimmen, war und ist keine leichte Sache. Mit jedem neuen Tunnel, der gebaut wurde, lernte man dazu und konnte bessere Einschätzungen vornehmen. Zudem waren seit 1900 auch erste geologische Karten der Schweiz erstellt worden. Diese basierten jedoch auch auf den oberflächigen Betrachtungen der Gesteine und Felsen. Damals konnte man noch nicht mit seismischen Untersuchungen in den Berg sehen.

Beginnen wir mit der Betrachtung des geologischen Profils des Lötschbergtunnels. Dieses wurde auf die Länge beschränkt und begann auf der nördlichen Seite.

Dort wurde von der EGL der Kilometer null fest-gelegt und daher war diese Richtung bei jeder Ar-beit vorhanden.

Es entstand so ein Gutachten für eine Länge von rund 14 Kilometer. Kleinere Differenzen lassen wir hier noch weg, denn letztlich endete der Tunnel.

Gleich bei Beginn der Bauarbeiten erwartete die Mannschaft auf der nördlichen Seite relativ unruhi-ges Gestein. In mehreren Faltungen wechselte sich kräftiger Jurakalk und problematischer Schiefer ab.

Diese Formation war eine Folge der Alpenbildung und daher in diesem Bereich nicht selten anzu-treffen. Anhand der Gesteinslinien konnte jedoch während des Baus gut abgeschätzt werden, wie sich die Fortsetzung darstellen liess.

In Faltungen entstanden aber auch Hohlräume und Schichten, die Wasser führen konnten. Gerade in oberflächennahem Gestein, waren Schichten, die Wasser führten oft anzutreffen. Im nördlichen Teil hatte man jedoch den Vorteil, dass in diesem Bereich sehr schnell Kalksteine angetroffen wurden. Diese waren selber selten mit Wasser durchsetzt, jedoch deren Schnittstellen. Daher erwartete man hier keinen leichten Start des Baus.

Während der Kalkstein leicht zu bearbeiten war und relativ stabil ist, mussten beim Schiefer spontane Abplatzungen von Gestein und Bergdruck erwartet werden. Auf Grund der Erfahrungen beim Gotthardtunnel wusste man, dass die Durchquerung von Schiefer schwierig war. Die Geologen empfahlen daher in diesen Zonen sehr kräftige Abstützungen um den Bergdruck abfangen zu können. So sollten die gefürchteten Abplatzungen vermieden werden.

Nach diesem unbequemen Gestein, das nach etwa drei Kilometer von einer veränderten Schicht Schiefer abgelöst werden sollte, folgte eine erste kritische Stelle. Dabei sollte das Gasterntal, analog zur Ursenenmulde unterquert werden. Dabei lag dieses Tal rund 100 bis 200 Meter über der Tunnelachse. Eine Begehung des Gasterntals sollte Klarheit über diese sehr knappe Überdeckung geben und so wichtige Hinweise bringen.

Das Gasterntal erstreckte sich hinter einem Bereich, der Klus genannt wurde. Die Einschätzung der Geologen ging davon aus, dass es sich um ein Tal handelte, das von Gletscher geschaffen wurde und daher eine flache runde Mulde bildete. Aus diesem Grund sollte das Sediment nicht bis zur Tunnelachse reichen. Die Mineure mussten jedoch mit vermehrten Wassereinbrüchen im Schiefergestein erwarten. Es sollte keine leichte Passage werden.

Das geologische Gutachten erwartete daher, dass der Richtstollen darunter in verhältnismässig sicherem Schiefer oder Granit verlaufen sollte. Wie wir anhand des Bildes und der Geschichte wissen, handelte es sich dabei um eine folgenschwere Fehleinschätzung.

Mit Sondierbohrungen hätten hier im Vorfeld Abklärungen angestellt werden müs-sen. Nur schon die geringe Überdeckung hätten diese Massnahme erforderlich gemacht. Dann wäre erkannt worden, dass die Achse direkt durch die Sedimente geführt hätte.

Vielmehr wurde am 24. Juli 1908 das Sediment des Gasterntals angestochen. In der Folge ergoss sich das Sediment in den Richtstollen und füllte diesen in wenigen Sekunden auf. An der Oberfläche entstand ein grosser Krater.

Doch was war von der geologischen Seite her falsch gelaufen? Eine solch gravierende Fehleinschätzung durfte eigentlich nicht passieren. Jedoch war das Gasterntal damals wirklich schwer einzuschätzen.

Die Klus bildete einen Riegel, der durch einen Bergsturz entstanden war. Dahinter begann sich das Tal aufzufüllen. Dadurch wurde verdeckt, dass das Tal seinerzeit nicht durch Gletscher geformt wurde, sondern die Gesteine in diesem Bereich von der Kander über viele Jahre angetragen wurden. Dadurch entstand kein flacher Trog, sondern ein tiefes Tal in Form eines V. Die nachträglich von der EGL angestellten Sondierbohrungen brachten das an den Tag.

Das Sediment reichte an der tiefsten Stelle bis hinunter auf rund 1000 Meter über Meer. Damit befand sich der harte Fels nicht im Bereich der Tunnelachse, sondern etwa 200 Meter weiter unten. Diese Feststellungen legten aber auch zu Tage, dass das oberflächliche Gelände der beiden Seiten innerhalb des Sedimentes weiter geführt wurde. Genau dieser Punkt sollte bei der rechtlichen Aufarbeitung des Fehlers zu Diskussionen führen.

Sedimente, wie jene im Gasterntal konnten mit den damaligen Mitteln mit einer oberflächigen Betrachtung schlicht nicht geschafft werden. Selbst mit den heute üblichen modernen Baumethoden sind Sedimente schwer zu bestimmen und zu durchqueren. Ein Schlagwort der neueren Zeit war sicherlich die Pioramulde, die es zu sehr viel Präsenz in der Presse brachte. Aber auch Bauten im Raum Zürich mussten durch Sedimente geführt werden.

In den meisten Fällen gelingt dies Heute nur, wenn das Sediment mit dem Wasser gefroren wird. Dann kann der Bereich einfach bearbeitet werden. Anschliessend wird die Abdichtung vorgenommen. Der letzte Schritt ist das Auftauen des Sediments. Um 1900 kannte man diese Methoden schlicht nicht und Sedimente, waren nicht zu bewältigen. Wer diese antrifft hat ein grosses schwer zu lösendes Problem und der Bau ist gefährdet.

Wie sich diese Störzone im Jahre 1908 auf den Richtstollen auswirkte, werden wir in einem anderen Kapitel näher betrachten. Im Gutachten wurde die Breite mit diesem kritischen Gestein auf lediglich 500 Meter geschätzt. Eine Distanz, die nicht sehr gross war, aber sicherlich eine schwere Passage darstellen sollte. Man verwies hier auf die grossen Probleme beim Bau des Gotthardtunnels, wo es in einer solchen Zone viele Opfer gab.

Nach diesem Bereich mit einer Störzone konnten im Gasternmassiv kräftige Granite erwartet werden. Diese Granite waren hart, jedoch schwer zu bearbeiten. Gerade der Bau des Gotthardtunnels bekam finanzielle Probleme, weil man diese Gesteine unterschätzt hatte. Der Gasterngranit war dabei nicht ganz so alt und kräftig, wie jener am Gotthard, trotzdem war er stabil genug um einen Tunnel aufnehmen zu können.

Die Erfahrungen beim Bau des Gotthardtunnels mit der Bearbeitung der sehr stabilen Granite des Gotthardmassivs flossen hier in den Bau ein. So waren Maschinen vorhanden, die dieses Gestein bearbeiten konnten. Ein Vorteil des deutlich späteren Baus dieses Tunnels. Auch die Berechnung des benötigten Sprengstoffes wurde anhand dieses Gutachten ausgeführt. Die Härte der Steine hatte einen direkten Einfluss auf den Sprengstoff.

Auf etwa sieben Kilometern erwartete man das harte und stabile Granitgestein des Gasternmassivs. Hier war kaum Bergdruck zu erwarten, so dass man bei den Abstützungen weniger Aufwand zu betrieben hatte. Somit war rund die Hälfte des Lötschbergtunnels in diesem guten Gestein. Ein Vorteil der meisten Tunnel im alpinen Bereich waren diese Massive, die wirklich kaum Probleme bereiteten. Auch der Gotthardtunnel profitierte von diesen Bereichen.

Abgeschlossen wurden die Granite jedoch nicht erst beim südlichen Portal. Vielmehr war auf den letzten drei Kilometern wieder unterschiedliche Schichten mit Schiefer zu erwarten. Daher war hier der Vortrieb wegen den zusätzlichen Abstützungen sehr schwer.

Zudem wurde auf Grund der Erfahrungen beim Gotthard im oberflächigen Bereich mit Schichten gerechnet, die Wasser führen konnten. Jedoch hatte die Mannschaft auch die entsprechenden Erfahrungen.

Ein weiterer wichtiger Punkt, war die Überdeckung. Jene des Gasterntals, die eine minimale Überdeckung ergab, haben wir schon kennen gelernt. Die höchsten Gipfel reichten im Berner Oberland bis fast auf 4000 Meter über Meer.

Daher musste mit hohen Werten gerechnet werden. Dabei gilt, dass bei hohen Überdeckungen die Gefahr von Steinschlag im Tunnel zunimmt. Je mehr Gewicht auf dem Tunnel lastet, desto schlimmer ist der Bergdruck.

In den Bereichen mit Schiefer wurden vom Tunnel einige Bergspitzen passiert. Dazu gehörten jedoch nicht die höchsten Gipfel. Die Höhen der Spitzen betrugen dabei zwischen 2 200 und 2 600 Meter über Meer. Hier war daher eine maximale Überdeckung von 1 400 Meter vorhanden, was keine zu grossen Probleme erwarten liess. Trotzdem es war Schiefergestein, welches auch bei diesen Differenzen zu hohem Bergdruck neigte.

Schiefer ist ein Gestein, das sich leicht spalten lässt und dabei flache Flächen bildet. Bekannte Anwendungen für Schiefer sind die damit aufgebauten Schreibtafeln. Je nach Schichtung, können daher im Stollen Platten spontan abbrechen. Es kann aber auch zu Verschiebungen kommen. Dadurch kann der Bergdruck den Stollen einfach wieder auffüllen. Auch das geschieht in vielen Fällen sehr spontan, so dass eine grosse Gefahr besteht.

Die maximale Überdeckung erreichte der Tunnel im Bereich des Hockenhorns und damit nahezu in der Mitte des Tunnels. Dieses hatte eine Höhe von 3 292 Meter über Meer und stellte den höchsten Punkte über der Tunnelachse dar. Damit stieg die Überdeckung auf Werte von rund 2 100 Meter an. Da sich diese jedoch im massiven Felsen des Gasternmassiv befand, konnten geringe Probleme mit dem Bergdruck erwartet werden. Ein Vorteil dieses harten Gesteins.

Es bleibt zum Schluss nur noch zu sagen, dass immer vom Lötschbergtunnel gesprochen wurde, es jedoch keinen Berg mit gleichem Namen gab. Lötschberg war ein Gebiet im Bereich des Lötschenpasses. Es wurde zur Wahl des Namens genommen. Eine spezielle Geschichte war, dass sich der Scheiteltunnel und der spätere Basistunnel genau in diesem Gebiet kreuzen sollten. Daher ein gut gewählter Name für den Lötschbergtunnel.

Abschliessend kann gesagt werden, dass das geologische Gutachten beim Lötschberg sehr gut war und es wirklich nur einen folgenschweren Fehler gab. Man hatte seit dem Bau des Gotthardtunnels in diesem Bereich bereits grosse Fortschritte gemacht und konnte diese nun nutzen. Jedoch bestätigte der Löschbergtunnel auf tragische Weise, dass solche Gutachten nicht immer zuverlässig erstellt werden können. An diesem Grundsatz hat sich eigentlich bis heute nicht viel geändert.

 

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