Vermessung

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Bevor bei einem so grossen Bauwerk, wie dem Lötschbergtunnel die Baumaschinen und Arbeiter eingesetzt werden können, müssen die Position und die Richtung des Tunnels bestimmt werden. Dabei ist diese besonders dann sehr wichtig, wenn gleichzeitig von zwei Seiten gearbeitet wurde. Schliesslich mussten auf beiden Seiten rund sieben Kilometer gebaut werden. Ziel war, dass man sich im Tunnel treffen sollte.

Schon beim Bau der Gotthardbahn wurde diese Vermessung, die fachlich auch als Triangulation bezeichnet wurde, akribisch ausgeführt. Als es jedoch mit dem geplanten Datum für das Treffen nicht klappte, wurde schwer an diesem Prinzip gezweifelt. Um diese Schwierigkeiten beim Lötschbergtunnel zu vermeiden, sah man für die Vermessung deutlich mehr Zeit vor, als das seinerzeit bei der Gotthardbahn der Fall war.

Das wichtigste Gerät bei der Vermessung ist der Theodolit. Ein auf einem Stativ montiertes Fernrohr. Seit der Gotthardbahn, wurden in diesem Bereich viel Fortschritte umgesetzt. Insbesondere die in Aarau ansässige Firma Kern hatte sich auf sehr gute Geräte spezialisiert.

Dabei steckte sie sehr viel Zeit in die Entwicklung neuer Geräte. Diese waren jedoch so teuer, dass sie nur noch von staatlichen Organisationen erworben wurden.

In einer Zeit, wo GPS und Navi so fremd klangen, wie heute ein Abakus, hatte man nicht viel mehr zur Verfügung. Die Geometer machten sich mit dem Theodolit und Visierstab an die Arbeit.

Damit gewisse immer wieder verwendete Punkte nicht jedes Mal aufgesucht werden mussten, montierten die Vermesser im Gelände auch feste Visiertafeln, die von mehreren Seiten betrachtet werden konnten. Damit das ging, musste man wissen, wo sie steht.

Die Vermessung eines Bauwerkes, wie dem Lötschbergtunnel, ist wegen den Alpen ungleich schwerer, als die Vermessung eines Grundstücks in der Stadt Bern.

Berggipfel und Grate verhindern in vielen Fällen die Sicht auf die Visierlanze und somit die Bestimmung der unterschiedlichen Win-kel.

Man musste daher hohe Punkte im Gelände suchen und das waren die Gipfel der Berge. Auch verkürzte Distanzen ermöglichten die Sicht.

Während sich in Bern kleine Fehler kaum bemerkbar machen, kann ein solcher in den Alpen verheerende Auswirkungen haben. Daher wurde für die Ausführung der geometrischen Aufgaben staatliche Stellen beauftragt.

So konnte man auf die neusten Daten und Geräte zurückgreifen, ohne dass man dafür selber Leute anstellen musste. Eine Lösung, die immer wieder gewählt wurde und die jedesmal ungemein einfachere Lösungen ergab.

Seit dem Bau der Gotthardbahn hatten sich für die Geometrie viele staatliche Stellen gebildet und im Land gab es bereits eine Grundvermessung. Diese Grundwerte waren beim Bundesamt für Landes-topografie gesammelt, erfasst und archiviert wor-den.

Musste in der Schweiz eine neue Vermessung durchgeführt werden, konnte man diese Daten abrufen. Modern ausgedrückt, man konnte mitt-lerweile auf eine Datenbank mit vielen Werten zu-rückgreifen.

Das erleichterte die Arbeit und neue Punkte, die durch die Vermessung entstanden, wurden einge-bracht. Dadurch wurde das Netz mit den Punkten immer dichter und so ergab sich schnell ein sehr genaues geometrisches Profil der Schweiz.

Da für die Vermessung des Lötschbergtunnels staat-liche Geometer angestellt wurden, war klar, dass die neuen Vermessungspunkte nachträglich in der umfangreichen nationalen Datenbank aufgeführt wurden.

Ausgeführt wurden die Vermessungen durch die Kantonsgeometrie des Kantons Bern. Dabei zeich-nete sich der Konkordatsgeometer für die Triangulation des gesamten Tunnels verantwortlich. Das galt auch für die südliche Seite. Speziell war, dass es sich dort im Gebiete des Kantons Wallis handelte. Jedoch wurde im Bereich der Geometrie sehr oft von Land und nicht von einem Kanton gesprochen. Zudem arbeiteten die Leute im Auftrag der EGL.

Im Gegensatz zum Gotthard, wo die gesamte Strecke inklusive des Haupttunnels vermessen werden musste, konnte der Geometer nun anhand der bekannten Punkte im Gelände jedes einzelne Bauwerk der späteren Bahnlinie unabhängig von anderen Bauwerken vermessen. Es wurden daher nicht mehr die beiden Seiten, sondern einzelne Bauwerke vermessen. Ein Punkt, der die Arbeit der Geometer aufteilte und so vereinfachte.

Diese Referenzpunkte waren Bestandteil der neuen Landestopografie, die auch im alpinen Bereich der Schweiz bereits fixe Punkte definiert hatte. Diese wurden einmal vermessen und mit genauen Koordinaten versehen. So wusste man, wo sich der Punkt befand und wie weit über dem Meeresspiegel er lag. Alle weiteren Punkte wurden ab so einem Referenzpunkt genommen. Wo ein direkter Weg nicht möglich war, schuf man neue Referenzpunkte.

Da das noch junge geometrische Netz der Schweiz Lücken besass, konnten damals nur markante Bereiche definiert werden. Diese markanten Punkte gab es im Alpenraum zu genüge. Einige waren sehr bekannt und hörten auf Namen, wie Matterhorn und Eiger. Für den Lötschbergtunnel waren die Bergspritzen vom Steghorn, dem Atles, vom First, sowie vom Gellihorn, der Birre und des Hockenhorns die massgebenden Fixpunkte.

Gipfel waren einfache Punkte, weil sie von weither eingesehen werden konnten. Jedoch in den Details, also im Bereich des Tunnels, waren die Punkte nur schwer zu erkennen. Daher musste man zusätzliche Punkte bestimmen.

Wo diese waren, wusste man erst, wenn man mit der Vermessung begonnen hatte. Daher lohnt es sich, wenn wir etwas genauer hinsehen und so die Vermessung des Lötschbergtunnels, sowie dessen Berechnung kennen lernen.

Verantwortlich für die Vermessung des Lötschberg-tunnel war Herr Th. Mathys. Der Berner Geometer war für das geometrische Amt des Kantons Bern tätig. Dort bekleidete er das Amt als Konkordats-geometer.

Für die die Vermessung des Tunnels wurde er daher mit seinem Team in die Alpen rund um das spätere Bauwerk entsandt. Dieses Team von Spezialisten sollte schliesslich die Verantwortung für das Ge-lingen des Bauvorhabens haben.

Mit der Vermessung des Lötschbergtunnels begann man am 25. August 1906. Trotz der erwähnten fixen Punkt im Gelände, konnte sich das Team um Th. Mathys einige Klettereien nicht ersparen.

Dabei waren nicht alle Punkte leicht zugänglich und eine gewisse Portion alpiner Erfahrung war durchaus von Vorteil. Besonders dann, wenn man mit der schweren und wertvollen Ausrüstung unterwegs war, denn auch die musste mitkommen.

Die zusätzlich zu bestimmten Punkte waren das Torrenthorn, der Niroungrat und der Stritungrat. Es gelang so ein Netz aus Dreiecken über den Tunnel zu legen und so auf rechnerischem Weg die Distanzen der einzelnen Punkte zu bestimmen. Dabei musste man dreidimensional arbeiten, denn schliesslich sollte man sich auch in der Höhe im Tunnel finden können. Es entstand ein geometrisches Netz und darauf liess sich nahezu alles ablesen.

Insgesamt gab es daher lediglich neun Messpunkte. Es mag Sie sicherlich überraschen, aber viel mehr war nicht erforderlich, denn zwei weitere Punkte, die bisher noch nicht erwähnt wurden, waren natürlich die beiden Portale des Lötschbergtunnels. Diese wurden im Netz mit einer Linie verbunden. Diese sollte die spätere Tunnelachse darstellen und so war klar, wo die beiden Portale zu stehen kommen würden.

Der tragische Verlust eines Mitgliedes im Team war eine Folge des unwegsamen Geländes und der Tod warf die Arbeiten deutlich zurück, denn neue Leute mussten zuerst eingearbeitet werden.

Damit stand bereits die Vermessung des Tunnels unter keinem guten Stern. Doch bei dem schweren Gelände, das bei den Alpenbahnen bestiegen werden mussten, ist es eher ein Glück, dass man nicht mehr Vermesser verloren hatte.

Es war mit der Vermessung und der Definition der Mess-punkte längst nicht getan. Nachdem die ersten Messungen abgeschlossen werden konnten, wurde der neue Tunnel berechnet.

Mit Rechenschieber und Tabellen, wurden Winkel und Län-gen berechnet. Dabei ist diese Berechnung ebenso wichtig, wie die Vermessung selber. Fehler dürfen keine passieren, denn sonst endet die Suche im Berg nicht so, wie erhofft.

In der Folge konnte aus dem so entstandenen Netz ein Punkt vor den beiden Portalen berechnet werden. Man hatte die für die spätere Nivellierung benötigten Fixpunkte. Diese wurde vorerst provisorisch im Feld markiert.

Das Ziel war mit Angabe der Richtung und der Neigung erreicht worden. Man hätte nun bauen können, aber stimmten die Werte wirklich? Hatte sich bei all der Kletterei nicht doch ein Fehler eingeschlichen?

Wurden die beiden neuen Fixpunkte miteinander ver-bunden, entstand eine gerade Linie, die den späteren Lötschbergtunnel darstellen sollte. Die berechnete Distanz der Fixpunkte lag bei etwa 15 Kilometer.

Wobei die Fixpunkte etwas von den späteren Portalen entfernt aufgestellt werden mussten. Der spätere Tunnel sollte gemäss diesen Berechnungen 13 695 Meter lang werden. Die Vermessung war damit abgeschlossen.

Es wäre schlicht unverantwortlich, wenn hier die Arbeiten begonnen hätten. Diese erste Berechnung war nicht geprüft und von einer anderen Person neu berechnet worden. Daher wurden die Berechnungen durch eine andere Person ausgeführt und so die korrekte Position der Fixpunkte bestätigt. Zumindest war das so geplant gewesen, denn durch andere Berechnungen ergaben sich zur ersten Berechnung des Bauwerks deutliche Differenzen.

Scheinbar stimmten die Berechnungen oder die Messungen nicht. Erneut wurde der Tunnel ausgemessen und gerechnet. Die Überraschung war gross, als es erneut andere Ergebnisse gab. Es dauerte nicht lange, bis die Vermesser bemerkten, dass der Lötschbergtunnel auf rund 1 200 Meter über Meer zu liegen kam. Diese Tatsache musste bei der Berechnung berücksichtigt werden, wollte man eine korrekte Berechnung der Tunnelachse erreichen.

Natürlich wurde der Tunnel dreidimensional vermessen und berechnet. Jedoch ging man davon aus, dass der nördliche Fixpunkt auf dem Niveau null zu stehen käme. Ein Fehler, der korrigiert wurde und mit Hilfe der bekannten Koordinaten konnte die Höhe neu berechnet werden. Dabei wurde jedoch berücksichtigt, dass der Tunnel auf 1 200 Meter über Meer gebaut wurde. Das Portal Nord lag dabei etwas unter dieser Referenz.

Damit Sie dieses Problem etwas besser vorstellen können nehmen wir eine Kugel. Diese nennen wir Erde. Darauf stelle ich im Lot zwei hohe Türme. Beim Tunnel waren das Berge. Jetzt sind durch den Radius der Kugel die beiden Spitzen weiter entfernt, als die Sockel. Es gibt daher bei der Bestimmung der Distanz dazu einen deutlichen Unterschied. In der Regel können die Differenzen gerundet werden, was bei einem langen Tunnel nicht ging.

Als dieser Umstand einbezogen wurde, konnten die Messungen und Berechnungen erneut ausgeführt werden. Die Nachkontrollen und Nachrechnungen ergaben nun in jedem Fall übereinstimmende Ergebnisse für die Tunnelachse. Der Lötschbergtunnel war damit erfolgreich vermessen worden. Daher konnten diese Arbeiten mit dem Setzen der Fixpunkte bei den beiden Portalen am 08. September 1906 beendet werden.

Mit der Vermessung der beiden Fixpunkte, war es noch nicht getan. Während dem Bau muss die Richtung immer wieder geprüft werden. Im Gegensatz zum Gotthard, wo man dazu einen Visierstollen erstellte, gab es diesen beim Lötschbergtunnel nicht mehr. Die Vermessung wurde in den wenigen Jahren so verbessert, dass man von einem fest definierten Punkt her die Richtung und somit den richtigen Weg kontrollieren konnte.

Vom Fixpunkt aus konnten mehrere Messpunkte im Tunnel erstellt werden. Dies erfolgte vom Fixpunkt aus. Mit einem Theodolit, bei dem der richtige Winkel und die richtige Neigung eingestellt wurde, visierte man einen Visierstab im Tunnel an. Stimmte dessen Position, hatte man die richtige Achse. Ab diesem neuen Messpunkt, konnte schliesslich weiter in den Tunnel gemessen werden. Einen grossen Unterschied zum Gotthard gab es dabei nicht mehr.

Wie wichtig die korrekte Vermessung und die Kontrolle der Bauausführung ist, wurde beim Lötschbergtunnel auf tragische Weise bewiesen. Nachdem es in der ursprünglichen Tunnelachse unüberwindbare Probleme gab, musste im Tunnel eine Umfahrung mit mehreren Kurven berechnet werden. Die dabei ausgeführten Berechnungen gaben klar den vorgesehenen Treffpunkt an. Traf man sich dort, war der Bau gelungen.

Je mehr sich der Treffpunkt jedoch von der Tunnelmitte entfernte, desto grösser sollte die Abweichung sein. Bei zu grosser Verschiebung, hätte dies durchaus dazu führen können, dass man sich im Tunnel nie finden würde. Jedoch sollten sich die Berechnungen als so gut erweisen, dass man die Werte exakt nachvollziehen konnte. Diese konnte jedoch auch nur gelingen, weil es seit der Gotthardbahn, deutlich bessere Theodoliten gab.

 

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