Die Lokomotive Be 4/4 Nr. 12 001

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Nachdem die Karriere des mittlerweile weitgehend normalisierten Triebwagens zu Ende zu sein schien, kam eine neue Idee von Seiten der Industrie. Diese suchte einen passenden Versuchsträger für eine neue Ansteuerung der Fahrmotoren. Daher gelangte die Firma Brown Boveri und Co BBC aus Münchenstein an die Schweizerischen Bundesbahnen SBB mit dem Anliegen nach einem entsprechenden Triebfahrzeug.

Die Staatsbahnen waren durchaus bereit, bei der Ent-wicklung neuer Techniken zu helfen. Wir erinnern uns an den Versuchsbetrieb zwischen Seebach und Wetti-ngen.

Die dort gemachten Erfahrungen führten letztlich dazu, dass mittlerweile nahezu das gesamte Netz unter Fahrleitung war.

Nun sollte aber nicht eine Strecke, sondern ein Fahr-zeug zur Verfügung gestellt werden. Die Wahl fiel dabei auf einen Exoten, den man nicht mochte.

Daher wurde der Triebwagen mit der Nummer 1685 der Industrie übergeben. Er befand sich daher nur wenige Jahre im Besitz der Staatsbahnen. Jedoch machten diese auch Forderungen geltend. Damit die Industrie ihre Versuche machen konnten, musste der Kasten saniert werden. Daher wurde dieser neu aus Stahl aufgebaut und die Gepäcktore verschlossen. Aus dem Triebwagen sollte eine Lokomotive werden und dort braucht man solche Teile nicht.

Während der Kasten in seinem Aussehen nur unwesentlich verändert wurde, verpasste man der Lokomotive einen neuen roten Anstrich. Zwar waren die Modelle im Seetal schon neu gefärbt, aber das Rot der neuen Lokomotive war deutlich heller ausgefallen. An der Seite wurden zudem die Abkürzungen der Schweizerischen Bundesbahnen SBB angeschrieben. Neu sollte die Bezeichnung Be 4/4 lauten und die Nummer 12 001 angeschrieben werden.

Beim Umbau wurde der Charakter beim Kasten beibehalten und schlecht informierte Betrachter glaubten an einen neu gestrichenen Triebwagen. Was diese Lokomotive jedoch speziell machte, war den neugierigen Augen verborgen und wir wollen nun das Geheimnis lüften, denn was sich die Firma BBC damals ausgedacht hatte, war schlicht eine Revolution. Doch noch stand man am Anfang und den wollen wir uns ansehen.

Der ehemalige Motorwagen Fe 4/4, der nun auf die Bezeich-nung De 4/4 1685 hörte, erlitt am 10. April 1967 einen so schweren Schaden, dass er elektrisch nicht mehr zu retten war.

Es drohte der Abbruch. Die BBC wollte jedoch die elektrischen Teile gar nicht nutzen und daher war das Fahrzeug ideal.

 Denn die weltbewegende Neu-erung war im elektrischen Teil zu suchen. Daher müssen wir diesen genauer ansehen und dabei können Sie fast alles vergessen.

Beibehalten wurden der Stromabnehmer, der Hauptschalter und der Transformator. Danach wurde aber alles durch neue Teile ersetzt. Dazu passten die Schäden, denn was noch benötigt wurde, war noch brauchbar und die Schweizerischen Bundesbahnen SBB hätten davon nur der Hauptschalter und den Stromabnehmer brauchen können. Wobei die Ölhauptschalter längst durch mit Druckluft betriebene Modelle ersetzt wurden.

Die neuen Teile, welche die defekten Bauteile ersetzten, wurden von der BBC geliefert und in der Hauptwerkstätte Yverdon unter deren Anleitung eingebaut. Aus dem Triebwagen entstand nun die Lokomotive Be 4/4 mit der Nummer 12 001. Für die neuen Teile wurde aber der Platz im Gepäckraum benötigt und das war letztlich der Grund für die neue Zuordnung. Sie sehen, wie schnell aus einem Triebwagen eine Lokomotive wird.

Nach dem Transformator wurde neu ein statischer Umrichter eingebaut. Dieser arbeitete mit neuartigen Siliziumdioden. Diese konnten mittlerweile aktiv angesteuert werden. Das hatte zur Folge, dass man aktiv beeinflussen konnte, wann diese leitend wird und wann sie sperren musste. Daher konnte man nun jede beliebige Spannung erzeugen. In Fokus der Entwickler stand nun aber der Drehstrom und nicht Wechselstrom.

Aus dem Wechselstrom der Fahrleitung wurden daher ein Drehstrom erzeugt. Wir haben daher die erste Umrichterlokomotive für einphasigen Wechselstrom erhalten.

Ein Schritt in die Zukunft, auch wenn man noch nicht die endgültige Technik hatte, aber der Ansatz war da und das war wichtig. Ob es dabei weltweit das erste solche Fahrzeug war, kann angenommen werden, ist aber auch nicht so wichtig, denn es war ein grosser Schritt in die Zukunft.

Dank dem Umrichter konnten die Fahrmotoren durch neue Modelle ersetzt werden. Es kamen neue mit Drehstrom angetriebene Motoren zum Einbau. Dabei handelte es sich um Asynchronmotoren.

Diese Drehstrommotoren konnten bei gleicher Baugrösse deutlich mehr Leistung erbringen konnten. Das war jedoch bei dieser Lokomotive noch nicht gefragt, denn zuerst musste die Lokomotive mit der Nummer 12 001 funktionieren und das war nicht sicher.

Die einfach aufgebauten Drehstrommotoren waren für ein Eisenbahnfahrzeug ideal. Der Rotor benötigte keinen elektrischen Anschluss mehr und daher waren kaum Teile vorhanden, die dem Verschleiss unterworfen waren. Das wusste man schon um 1900, doch war damals das Problem die komplizierte Fahrleitung. Das sollte sich nun aber ändern und damit der erste Schritt zu einer Technik gemacht werden, die wir heute nicht mehr wegdenken können.

Auf den Einbau von Wendeschaltern konnte man noch nicht verzichten. Die Umrichter konnten das Drehfeld noch nicht ändern. Daher wurde diese Änderung in den Wendeschaltern vorgenommen. Diese stammten vom Spender, wurden aber anders aufgebaut, da sie nun nur noch zwei Pole umkehren mussten. Zudem war nun auch keine elektrische Bremse mehr vorhanden, da man nur in eine Richtung umformen konnte.

Da der alte Transformator verwendet wurde, hatte die Lokomotive eine bescheidene Leistung. Es wäre durchaus möglich gewesen, diese zu erhöhen, nur hätte dann auch ein neuer Transformator und neue Antriebe eingebaut werden müssen.

Jedoch war bei einem solchen Versuchsträger das Thema Leistung nicht wichtig, es geht um die Technik und das bedeutete, dass sich die Lokomotive Be 4/4 zuerst aus eigener Kraft bewegen musste, erst dann konnten Wagen mitgenommen werden.

Der Lokomotive Be 4/4 war daher mit diesem Antrieb keine grosse Zukunft mehr beschieden. Wobei das auch nie die Absicht war, denn wenn die Technik gut war, konnte ein entsprechendes Fahrzeug damit ausgerüstet werden.

Das erfolgte letztlich sogar auch. Doch die Lokomo-tiven der Baureihen Am 6/6 und Ee 6/6 II sollen hier nicht vorgestellt werden, denn nun galt es die ersten Gehversuche zu machen und das war nicht so leicht.

Die neue Lokomotive wurde daher am 08. Dezember 1972 das erste Mal unter Spannung gesetzt. Nach den statischen Versuchen, wagte man sich erstmal auf die Strecke.

Dabei zeigten sich auch Probleme, die nur indirekt mit dem Fahrzeug zu tun hatten. Nicht alle Anlagen der Strecken waren so ausgerüstet, dass die erzeugten Störströme ohne Folgen blieben. Ein freizügiger Einsatz des Fahrzeuges war deshalb noch nicht möglich.

Sie müssen wissen, dass Fahrzeuge mit Umrichter einen höheren Anteil bei den Störungen erzeugen. Das war nicht nur hier so, denn viele Jahre nach diesem Fahrzeug musste sogar noch die Frequenz der Fahrleitung leicht geändert werden. Viel wichtiger war jedoch, dass die Anlagen auf diese Fahrzeuge vorbereitet werden konnten. Das erlaubte einen freizügigen Einsatz für diese Technik und führte auch zum Durchbruch.

Die Erfahrungen mit der Lokomotive Be 4/4 waren gross, die Fahrten mit dem Fahrzeug zeigten die Möglichkeiten der Umrichter auf und flossen in die Entwicklung neuer Fahr-zeuge ein.

Von den Erfahrungen profitierten letztlich die BR 120 der Deutschen Bahn und die Reihe Ee 6/6 II der Schweizerischen Bundesbahnen SBB. Man war dem Ziel einen bedeutenden Schritt nähergekommen, wenn dazu später auch GTO ver-wendet werden mussten.

Mit den heute verfügbaren Lösungen mit IGBT sind die Drehstrommotoren zum Standard geworden. Niemand kommt heute noch auf die Idee einen anderen Motor zu verwenden. Nach der Lokomotive Be 4/4 musste nur noch das Problem mit der elektrischen Bremse gelöst werden, denn auch auf diese wollte niemand mehr verzichten. Der Vorteil dieser Bremse erschien der MFO schon 1928 klar, so dass dieses Fahrzeug entstand.

Bereits nach drei Jahren musste die Lokomotive Be 4/4 jedoch wegen einem Defekt abgestellt werden. Was sie aber in dieser kurzen Zeit vollbrachte, erkennen wir heute, wo sämtliche Fahrzeuge so aufgebaut werden. Der Exot, der nie so richtig zu den Triebwagen De 4/4 passen sollte, war als Lokomotive der erste Schritt in die grosse Zukunft beim Bau von Triebfahrzeugen. Darunter sicherlich die Baureihen Re 450 und Re 460.

Am 31.12.1981 wurden die Teile letztlich in der Hauptwerkstätte Yverdon ausgebaut und das Fahrzeug anschliessend endgültig abgebrochen. Ein Drehgestell übergab man dem Verkehrshaus in Luzern, wo es an die erste Umrichterlokomotive der Schweiz erinnern sollte. Man kann davon ausgehen, dass diese Lösung mit einem statischen Umrichter auch weltweit gelten könnte. Der Lokomotive Be 4/4 war das egal, denn sie ebnete den Weg dazu.

 

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