NEAT Gotthard und die Kosten

Letzte

Navigation durch das Thema

Nächste

Beginnen wir bei den Kosten ganz am Anfang, das war früher auch so und daher wollen wir dabei bleiben. Als Erinnerung, sei hier die bestehende Strecke erwähnt. Dort wurde der Gotthardtunnel so teuer, dass man bei den Zufahrtsstrecken sparen musste. Man baute nur ein Gleis und strich einige Strecken sogar komplett. Nur so war man damals in der Lage, die Bahnlinie zu bauen. Wie wichtig dieser Hinweis ist, werden Sie nun erfahren.

Die Varianten und somit die Streckenführung waren nun so weit bekannt, jedoch noch nicht festgelegt. Die Behörden der betroffenen Regionen konnten also die Teilprojekte begutachten und ihre Meinung sagen, aber auch nicht mehr. Die Kosten wären so irgendwo zwischen der Basisvariante und der alternativen Variante zu liegen gekommen. Wo, wusste jetzt eigentlich noch niemand so genau. Die Modelle zeigten zudem das Bild der Landschaft nach dem Bau.

Dabei stellen wir einfach einen Vergleich der beiden extremsten Lösungen dar. Irgendwo dazwischen wären dann die definitiven Kosten für die neue Bahnlinie durch die Alpen gelegen. Das wären die Basisvariante oder die Alternative mit allen üblichen vorgeschlagenen Alternativen. Je transparenter wir uns diese Zahlen ansehen, desto klarer wird die Dimension des Projekts werden.

Damit die Zahlen, die in schier unvorstellbaren Höhen lagen, deutlicher wirken, schreibe ich sie aus. Sie müssen sich daher mit dem Zählen der Nullen anfreunden.

 

Kostenvergleich
  Basisvariante Alternative Variante
Gesamtleitung 290'000'000.- 321'000'000.-
Abschnitt Nord 1'976'000'000.- 2'472'000'000.-
Basistunnel 5'100'000'000.- 5'100'000'000.-
Abschnitt Süd 2'217'000'000.- 2'749'000'000.-
Ausbau RhB/FO 120'000'000.- 120'000'000.-
Total 9'703'000'000.- 10'762'000'000.-
                       

Einige Zahlen sind für Sie sicherlich überraschend. Denn was sollten die Zahlen für Ausbauten an der RhB und FO mit der neuen Alpenbahn durch den Gotthard zu tun haben? Sicherlich eine berechtige Frage. Die man nicht so einfach stehen lassen darf, denn gerade diese Ausgaben waren zudem nicht unbedingt von Dauer und waren eigentlich nur während dem Bau nötig. Die bestehenden Bahnen dienten als Zulieferer, wie früher die Baubahnen.

Diese Ausbauten der beiden Bahnen waren also nur nötig um das Baumaterial und den Ausbruch des Zwischenangriffs Sedrun auf der Schiene zu bewältigen. Darin enthalten war der Gleisanschluss, die Anpassungen an der Infrastruktur und Verstärkungen der Strecken. Daher wurden diese Kosten im Baubudget der NEAT vorgesehen. Sie waren ja eine direkte Folge davon und schliesslich soll der Verursacher die Kosten zahlen.

Etwas überraschend war, dass man für den Bau mit den Preisen aus dem Jahre 1991 rechnete und diese nicht an die Teuerung anpasste. Die effektiven Kosten wären daher 1994 bereits leicht über diesen Vorgaben zu liegen gekommen. Zudem bestanden noch sehr viele Unsicherheiten beim Bau der Strecken. Besonders der Basistunnel war knapp berechnet worden, denn immer noch galt es geologische Störzonen zu erkunden und zu bewältigen.

Kaum waren diese Zahlen bekannt geworden, begann sich der Widerstand gegen das Projekt NEAT zu formieren. Der Finanzminister, der damit bemüht war, dass die Bundesfinanzen nicht zu sehr in die roten Zahlen rutschten, sprach sich für eine Etappierung der NEAT aus. Es schien bereits jetzt parallelen zur bestehenden Linie zu geben, denn auch dort, baute man nicht gleich alles so, wie es geplant war. Nur, dass man dort nachträglich nachbessern musste.

Seine Worte wurden jedoch noch nicht erhört. Er wollte so einfach die anfallenden Kosten im Griff behalten. 10 Milliarden Schweizer Franken waren ein grosser Betrag, den auch die Schweiz nicht einfach so zur Verfügung hatte. Davon unbeeindruckt war man jedoch in den Planungsbüro. Man plante weiter mit dem gesamten Projekt und nahm immer neue Ideen zum Projekt hinzu, so auch der Zimmerbergtunnel, der als Zubringer erweitert werden sollte.

Am 11. Mai 1995 beschloss dann der Bundesrat eine Mischfinanzierung der NEAT. Dabei sah man vor, dass 25% der Kosten durch die Einnahmen aus den Treibstoffzöllen gedeckt werden sollten. Weitere 25% sollten ebenfalls mit dem Treibstoff eingenommen werden. Dazu sollte der Treibstoff um 10 Rappen pro Liter angehoben werden. Das damit eingenommene Kapital reichte nur um die Hälfte der angenommenen Kosten zu decken. Der Rest sollte mit Darlehen finanziert werden.

Es war klar, dass sich hier die Autolobby nicht damit anfreunden konnte. Dieses überrissene Bahnprojekt sollte ausgerechnet mit den Autofahrern finanziert werden. Sie kündigten Widerstand an und bliesen zum Kampf gegen die NEAT-Finanzierung.

NEAT ja, aber bitte nicht mit unserem Geld war da sicherlich der Kerngedanke. Eines wusste man nun aber sicher, die Finanzierung der NEAT wird in der Schweiz noch viel zu reden geben.

Im Jahre 1996 wurde erstmals von einer Redimen-sionierung der Projekte gesprochen. Die NEAT schien mit den Vorgaben nicht mehr zu finanzieren. Die Kosten alleine am Gotthard hatten sich schon massiv erhöht.

Man versuchte zwar überall die Forderungen zu eliminieren, aber auch so wurde die NEAT immer teurer.

Was nun aber sicher war, die Forderungen der Kantone waren vorerst vom Tisch, denn bei der Etappierung wären die Zufahrtsstrecken auf Jahre hinausgeschoben worden.

Dabei war das grösste Problem, man baute bereits an der NEAT, die noch gar nicht finanziert war! Sie haben richtig gelesen, man baute, obwohl man das Geld gar nicht hatte. Es hätte also durchaus passieren können, dass viel Geld verlocht worden wäre, das niemand mehr herauslösen konnte. Man war sich überhaupt nicht einig, wer die NEAT bezahlen soll. Trotzdem gingen die Bauarbeiten fröhlich weiter, und man war sich sicher, es wird schon gut kommen.

Die Bauarbeiten galten jedoch nicht als Tunnelbau. Vielmehr wurde im Raum Faido ein Stollen vorangetrieben, der es ermöglichen sollte, die Pioramulde zu erkunden. Diese Störzone war als äusserst kritisch angesehen worden. Daher untersuchte man, bevor man mit dem Bau beginnt. Die so geschaffenen Anlagen bei Faido konnte man schliesslich beim Bau des Tunnels nutzen. Es war daher nichts verloren, vorausgesetzt, es wird gebaut.

Neue Finanzierungsmittel für die Bahnprojekte wurden gesucht. Dabei wurde nun nicht mehr nur von der NEAT gesprochen, sondern es ging um den Ausbau der Eisenbahn im Land. Darin waren also auch andere Strecken, die nichts mit der NEAT zu tun hatten, enthalten. Die NEAT war also nur noch ein Teil der benötigten finanziellen Mittel geworden. Dabei war sie sicherlich der grösste Posten, der zu bewältigen war.

Man entsann sich in Bern dem Schwerverkehr auf der Strasse. Die Ausbauten sollten ja hier eine Entlastung bringen, also soll doch der Verkehr zahlen. Die bisherige Schwerverkehrsabgabe, die mit einer Pauschale arbeitete, reichte dazu aber nicht aus. Sie sollte durch eine neue Form abgelöst werden. Dadurch sollten mehr Gelder in die Bundeskassen fliessen. Dort konnte man sie dann verteilen. Klar war, dass man schlicht "vergass" zu erwähnen, dass die Gelder indirekt für Bahnbauten benötigt wurden.

Die Abgaben der Lastwagen sollten der Leistung entsprechend entrichtet werden müssen. Damit wollte man genug Geld in den Kassen haben um zu bauen. Das Referendum musste dabei von den Gegnern nicht mehr ergriffen werden, da dieses der Bundesrat bereits vorsah. Die Abstimmung war dann für die Lastwagenlobby vernichteten. Das Volk stimmte der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe zu. Die erwarteten Drohungen der Fuhrunternehmen wurden aber nicht umgesetzt. Nur wirklich erwartet hatte das im Land niemand.

Damit man die Kosten, die auch wegen Verteuerungen bei der Bahn 2000 aus dem Ruder zu laufen schienen, in den Griff bekommen konnte, wurden die Pläne zusätzlich überarbeitet. Die gesamte Strecke war also nicht mehr zu haben. Vorerst gebaut werden sollten nur die Kernstücke der NEAT. Das heisst, das ganze Projekt wurde aus finanziellen Gründen etappiert und daher deutlich redimensioniert. Es gab für das eingesetzte Geld etwas weniger.

Nun sollten nur noch die Basistunnel gebaut werden. Die Zufahrtsstrecken sollten dann einige Jahre später gebaut werden. Im Vergleich zur bestehenden Linie konnte man hier so weit reduzieren, denn man hatte gerade diese Linie, die man nun nutzen wollte. Nur, es zeigte sich, dass sich die Geschichte zu wiederholen schien und der Gotthard nur teuer zu haben wäre. Hatte man in der Geschichte nichts gelernt?

Die Diskussionen um die Kosten gingen nun also erneut los. Wieder bemängelten einige, dass das Projekt auch mit der Etappierung überrissen sei und man die Kosten schlicht nicht unterschätzen solle.

Gute Argumente sahen jene, die erwähnten, dass Bahn 2000 viel teurer zu stehen komme, man könne also ganz gut davon ausgehen, dass die NEAT in gigantischen finanziellen Problemen enden würde. Wenn man schwarz malte, dann aber richtig.

Im Sommer 1998 gab es dann erneut eine Vorlage des Bundesrates. Ein Fonds zur Finanzierung der Infrastrukturprojekte für den öffentlichen Verkehr (FinöV) sollte geschaffen werden. Darin versteckt enthalten war auch die Finanzierung der NEAT.

Die NEAT bestand nun jedoch auch aus dem Zimmerbergtunnel in der Nähe von Zürich. Aber mit dem Fonds war das eigentlich nur ein Kuchenstück weniger beim Diagramm mit den Projekten.

Auch diese Vorlage, die nur mit der Abkürzung FinöV bekannt wurde, kam vor das Volk. Die NEAT war also indirekt ein zweites Mal der Meinung des Volkes anvertraut worden. Doch bevor wir zur Abstimmung gehen, wollen wir einen Blick in diesen Fonds werfen, denn man sollte ja vor jeder Abstimmung wissen, von was die Rede ist. Das ist so üblich, denn wer zahlt schon gerne für etwas, was er nicht nutzen kann und das nicht bekannt ist?

Die Gelder bei FinöV stammten aus verschiedenen Bereichen. So wurde die Mehrwertsteuer in der Schweiz um 0.1% erhöht, was den Fonds mit 20% füllte. Auch eine zusätzliche Verschuldung des Landes brachte weitere 15% in den Topf.  Somit waren aber erst 35% des benötigten Kapitals von 30 Mrd. Franken eingebracht worden. Die restlichen 65% führten dann zu den grossen Diskussionen, denn die sollten vom Volk selber eingebracht werden.

Die 10% aus der Mineralölsteuer waren dabei nur noch ein kleiner Teil, denn mit 55% wurde der FinöV-Fonds hauptsächlich von der leistungsabhängigen Schwer-verkehrsabgabe und somit vom Strassentransport gedeckt.

Daher war eines klar, die Anhänger der schweren Brummer auf den Autobahnen, waren damit alles andere als einverstanden. Entsprechend heftig wurde dann der Abstimmungskampf geführt. Das Land schien dabei klar gespalten zu sein.

Namhafte Fuhrhalter drohten mit allen Mitteln gegen die FinöV-Vorlage zu kämpfen. Einer seiner Mitstreiter drohte sogar damit, dass er mit der Firma schlicht ins Ausland ziehen werde.

Dass er dann aber zwar in der Schweiz zahlen musste, aber nicht mehr mitreden konnte, schien ihn nicht zu interessieren. Man wollte die bezahlten Gelder einfach nicht der bösen Bahn geben. Das ging ja schon aus Prinzip nicht, denn man wollte ja die Bahn bekämpfen.

Der FinöV Fonds hatte so einen Umfang von rund 30 Mrd. Franken. Davon waren lediglich 33% für die Bauten am Gotthard reserviert. Die restlichen Gelder dienten der Lärmsanierung, der Bahn 2000 und dem Anschluss der Schweiz an den Hochgeschwindigkeitsverkehr. Gerade der letzte Punkt waren Gelder, die nicht unbedingt in der Schweiz anfallen sollten. Hier sollte zum Beispiel erwähnt werden, dass die Schweiz damit die Elektrifizierung der Strecke Lindau - München unterstützt.

Daher waren die Kosten im Lauf der Jahre also nicht gestiegen, denn immer noch sollte die NEAT 9.7 Mrd. Franken kosten. Das überrascht uns sicherlich, aber beim grossen Streit um die Finanzierung ging schlicht unter, dass man dafür nicht mehr das bekam, was man ursprünglich bestellt hatte. Man verschwieg vor der Abstimmung aber, dass man damit nur noch die Basistunnel am Gotthard, Lötschberg und Ceneri bauen würde. Die Zufahrtsstrecken waren nicht enthalten und sie wurden auf Jahre hinaus verschoben.

Der Tag der Einscheidung war dann der 29. November 1998. Das Volk wurde an diesem Wochenende zur Urne gebeten. Das Volk sollte nun endgültig entscheiden, wie es mit den Bahnprojekten in der Schweiz und damit mit der NEAT voran gehen sollte. Da im Fonds viele einzelne Punkte enthalten waren, war klar, jeder Bürger fand etwas, das er für sich gewinnen konnte. Man erhoffte sich in Bern so die unterschiedlichen Regionen gewinnen zu können.

Hier muss vielleicht noch erwähnt werden, dass solche Abstimmungen immer in zwei Bereiche aufgeteilt werden. Zum einen müssen die Stimmbürger zustimmen und zweitens die einzelnen Stände, die wegen den Halbkantonen nicht mit der eigentlichen Anzahl der Kantone übereinstimmten. Zwei Halbkantone entsprachen daher einem Stand. Wenn nur eine der beiden Bedingungen nicht erfüllt ist, gilt die Vorlage als abgelehnt.

Die Anspannung bei den einzelnen Lagern war gross, als die Stimmlokale geschlossen hatten. Jetzt begann das Warten auf die Ergebnisse der einzelnen Kantone. Die ersten Ergebnisse zeichneten eine deutliche Zustimmung ab. Als das endgültige Ergebnis der Volksbefragung verkündet wurde, war klar, wie es weiter gehen sollte. Dieses war dann aber klar. Ja zur Vorlage FinöV. Die Finanzierung der NEAT und der anderen Projekte war nun gesichert!

Letzte

Navigation durch das Thema

Nächste
Home SBB - Lokomotiven BLS - Lokomotiven Kontakt

Copyright 2016 by Bruno Lämmli Erstfeld: Alle Rechte vorbehalten