Der Vertrag mit Favre |
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Wie bei Projekten mit einem solchen Umfang
üblich, wurde ein Vertrag aufgesetzt und unterzeichnet. Dieser Werkvertrag
umfasste alle für den Bau notwendigen Informationen. Es lohnt sich daher,
wenn wir ein paar Blicke ins das Vertragswerk werfen. So erfahren wir, was
zwischen der
Gotthardbahn und der Unternehmung Favre darin vereinbart wurde.
Ein grosses Problem ist dabei die handschriftliche Ausführung desselben. Ob es aus diesem Grund ein kurz gehaltener
Vertrag gab, kann bezweifelt werden. Total umfasste der Vertrag ohne die
Anhänge lediglich drei Seiten. Zum Vergleich, der Werkvertrag für den
Basistunnel
am Gotthard füllte einen ganzen Raum mit Dokumenten. Selbst die Referenz
dieser Seite war länger. Nur schon durch die Kürze ist es Zeit, sich mit
dem Vertrag auseinander zu setzen. Dabei ist jedoch in so wenigen Seiten
kaum etwas zu finden, das wirklich bemerkenswert ist. In lediglich 14 Artikeln wurden die
Bedingungen zum Bau des
Tunnels
im Vertrag geregelt. Dabei waren darunter in erster Linie die finanziellen
Regelungen zwischen der
Gotthardbahn und der Unternehmung Favre vorhanden. Diese alleine
stellten wirklich den grössten Teil des Vertrages dar. Dabei interessieren
wir uns natürlich im die Vertrag festgelegten Baukosten und den Termin für
die Fertigstellung des Bauwerkes.
Favre veranschlagte bei einer Bauzeit von
acht Jahren Kosten von 42 Millionen Schweizer Franken. Damit unterbot die
Unternehmung Favre die Konkurrenz um rund zehn Millionen Schweizer
Franken. Es kann daher gesagt werden, dass dieser Betrag auch damals eher
gering ausgefallen war und heute ein solches Angebot kaum Chancen hätte.
Nur so konnte Favre den Auftrag bekommen, den er für sich haben wollte.
Diese Kosten umfassten den grössten Anteil
beim Aktienkapital der Gesellschaft, das alleine für den Bau des Tunnels
56 Millionen vorgesehen hatte. Damit unterbot Louis Favre die Angebote der
anderen seriösen Anbieter und konnte so den Zuschlag für den Bau des
Gotthardtunnels bekommen. Dabei müssen wir wissen, dass Favre den
Tunnel
als sein Lebenswerk betrachtete und das sollte es letztlich auch werden,
wenn auch nicht nach dem Wunsch Favres. Vereinbart wurde eine Kaution von acht
Millionen. Bei Baubeginn wurde diese zu den Kosten zugeschlagen. Diese
sollte, sofern der Bau nicht begonnen wurde, nach neun Jahren wieder
verfallen. Die
Gotthardbahn, aber auch Favre, wollten sich damit absichern, dass
die Arbeiten wirklich aufgenommen wurden. Solche Kautionen sind auch heute
bei grösseren Aufträgen durchaus üblich und binden die Vertragspartner
finanziell. Mit Favre wurde auch ein Bonus/Malus System
vereinbart. Dieses sah bei Abweichung vom vertraglich festgelegten
Bauabschluss zusätzliche Zahlungen vor. War Favre zu früh fertig, konnte
er höhere Einnahmen geltend machen, ansonsten wurde für die
Gotthardbahn das Bauwerk billiger. Dabei wurden für die ersten
sechs Monate 5 000 Schweizer Franken vereinbart. Nach dieser Zeit sollte
der Betrag auf 10 000 Franken täglich erhöht werden. Die Zahlen dieses Systems beindrucken. Sie
müssen jedoch wissen, dass die
Gotthardbahn einen Gewinn erzielen konnte, auch wenn es Favre
gelingen sollte den 15 Kilometer langen
Tunnel
in einer Bauzeit von sechs Jahren fertigzustellen. Auch heute sind solche
Systeme durchaus üblich und sorgten bei den Schweizerischen Bundesbahnen
SBB in der neusten Zeit schon dafür, dass nicht bestellte Züge geliefert
wurden. Nicht enthalten waren Bedingungen bei
unvorhergesehenen Ereignissen. Diese Ereignisse konnten bei einem
Tunnelbau schnell passieren. Dazu gehörten unbekannte Gesteinsformationen,
aber auch Unfälle und Unwetter. Es lohnt sich, wenn wir hier einen
genaueren Blick darauf werfen. So als Ergänzung, die im Vertrag nicht
vorhanden war und letztlich dazu führte, dass Favre alles beim Bau des
Tunnels
verlieren sollte.
Die bekannten Gesteine, konnten jedoch im
Berg selber ganz anders gelagert sein, als an der Oberfläche. Trotzdem
waren durchaus schwere Störzonen zu erwarten. Wassereinbrüche und
Stein-schlag waren bei solchen Bauwerken durchaus möglich. Gerade Steinschlag im, aber auch ausserhalb des Tunnels waren immer wieder zu erwarten. Die Sprengungen im Tunnel erschütterten die Felsen und so konnten sich Steine lösen. Diese Gefahr konnte man mit Abstützungen bannen. Jedoch konnten durchaus auch Unfälle
entstehen, die den Bau verzögerten. Die Kosten für diese Verzögerung trug
alleine die Unternehmung Favre. Diese Klausel fehlte, obwohl diese Risiken
vom Mont Cenis her bekannt waren. Unwetter können in den Alpen immer wieder
entstehen. Diese müssen dabei nicht einmal die Baustelle direkt treffen.
Dabei können Lawinen im Winter die Versorgungswege unterbrechen,
hochgehende Flüsse im Sommer wichtige
Brücken
wegreissen. Alles Punkte, die im alpinen Bereich durchaus üblich sind und
die dazu führen konnten, dass die Arbeiten im Gotthardtunnel mangels
Material eingestellt werden mussten. Die Verpflichtungen der Unternehmung Favre
endeten jedoch nicht mit der Übergabe des Bauwerks an die
Gotthardbahn. Diese bedingte sich eine Verpflichtung Favres von
zwei weiteren Jahren heraus. Damit wollte sich die Gotthardbahn gegenüber
von Baumängeln absichern. Man kann daher von einer zweijährigen Garantie
durch die Firma Favre sprechen. Durchaus üblich war auch damals bei
solchen Projekten ein Jahr. Somit lag das gesamte finanzielle Risiko
bei der Unternehmung Favre. Nur schon der Verzicht auf die oben erwähnten
Klauseln, machte das Unterfangen schlicht unmöglich. Man konnte wirklich
behaupten, dass sich Favre hier auf eine Mission ohne Wiederkehr begab.
Louis Favre konnte bei diesem Vertrag alleine schon deswegen kaum
erfolgreich sein. Zumal hier natürlich sämtliche Rechte bei der
Gotthardbahn geblieben sind.
Louis Favre musste danach zusehen, was er
davon brauchen konnte und was nur noch Schrott war. Eine vorherige
Besichtigung der Maschinen wurde verweigert. Jedoch wurden am Gotthard
ähnliche Verhältnisse erwartet. Hier war klar der Druck von Italien, das Geld im Projekt hatte, vorhanden. So konnte man die gebrauchten und verschlissenen Maschinen elegant abschieben und bekam dafür erst noch ein kleines Entgelt. Man kann daher klar davon ausgehen, dass
man hier für den eigenen Vorteil bemüht war. Letztlich kann jedoch gesagt
werden, dass damals die Übernahme von Maschinen keine Seltenheit war,
diese jedoch zuvor begutachtet wurden. Auch die sozialen Pflichten lagen bei der
Unternehmung Favre. Dazu musste die Firma neben den Unterkünften, auch
Spitäler erstellen. Sie müssen bedenken, dass der Bau in einer Gegend
ausgeführt wurde, wo diese
Infrastruktur
schlicht nicht vorhanden war. Transporte von Verletzten Arbeitern
erfolgten nicht mit modernen Fahrzeugen, sondern sie wurden auf den Armen
getragen und auf einfachen Bahren aus dem
Tunnel
transportiert. Unterzeichnet wurde dieser Bauvertrag
zwischen den beiden Partien am 07. August 1874. Mit Unterschrift
unterzeichnet von Favre und Escher, war der Vertrag mit dem amtlichen
Siegel für gültig und damit rechtskräftig erklärt worden. Daher wurde das
Vertragswerk weder von der
Gotthardbahn, noch von der Unternehmung Favre einem externen
Gutachten unterzogen. Wobei hier die Gotthardbahn natürlich kein Interesse
hatte. Abschliessend kann gesagt werden, dass
solche Verträge in der heutigen Zeit in der Schweiz durch Gesetze verboten
sind und sich kaum jemand ohne unzählige Gutachten darauf einlassen würde.
Viele der fehlenden Bedingungen sind mittlerweile grundsätzlich durch den
Staat geregelt und werden teilweise auch vom Staat übernommen. Dazu gehört
zu einem grossen Teil die medizinische Versorgung von Verwundeten in den
Spitälern. |
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