Die Vielfachsteuerung

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Bis zur Ablieferung der Baureihe Ae 4/6 waren Vielfachsteuerungen kaum bis gar nicht vorhanden. Zwar hatte man schon früher Versuche mit zwei Lokomotiven der Reihe Be 4/6 angestellt, aber nicht weiter verfolgt. Die Erfahrungen waren dabei jedoch vielversprechend und gaben Anlass zu Hoffnungen. Letztlich scheiterte diese jedoch an der sehr komplizierten Handhabung. Die beiden Maschinen blieben daher meistens zusammen.

Das System, das bei der Reihe Ae 4/6 letztlich eingebaut wurde bekam bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB die Bezeichnung Vst II. Daraus lässt sich schnell erkennen, dass man nicht auf eine Kombination mit den Triebwagen der ersten Generation setzte. Man glaubte noch nicht, dass die dort verwendeten Lösungen durchaus auch auf Lokomotiven funktionieren könnten. Letztlich ein Entscheid, den man heute nicht mehr nachvollziehen kann.

Gänzlich neu war das System jedoch auch wieder nicht, denn die drei kurz vorher abgelieferten Triebwagen RFe 4/4 hatten dieses schon eingebaut erhalten und es funktionierte dort recht gut.

Das stimmte die Verantwortlichen bei der Industrie und der Staatsbahn zuversichtlich. Eine Kombi-nation des Triebwagens RFe 4/4 und der Lokomo-tive Ae 4/6 war jedoch nicht vorgesehen und hätte technisch auch nicht funktioniert.

Kernpunkt dieser Vielfachsteuerung war zuerst der Aufbau der Steuerung in der Lokomotive selber. Hier musste man elektrische Ansteuerungen vorsehen, denn nur so konnte eine Vielfachsteuerung überhaupt verwirklicht werden. Man konnte nicht mechanische Signale über ein Kabel übertragen. So mussten viele Aufgaben der Steuerung mit elektropneumatischen Bauteilen gelöst werden. Das war klar eine Folge der Vielfachsteuerung.

Durch den Aufbau der Lokomotive erkannte man, dass 52 Leitungen von einer auf die andere Lokomotive geführt werden mussten. Diese Anzahl ergab sich dabei durch die Meldungen der Steuerung an die ferngesteuerte Maschine, deren Rückmeldungen und von Störungen an der Lokomotive. Jedoch waren auch die Anforderungen der Schweizerischen Bundesbahnen SBB hoch und es wurde auch viel über das Kabel gesendet, das nicht nötig war.

Das waren einfach zu viele Leitungen, die benötigt wurden. Um Ihnen einen Vergleich aufzuzeigen, erwähne ich hier, dass später durchaus 19 Leitungen ausreichten um einen grösseren Effekt zu erzeugen. Letztlich waren es genau diese vielen Adern, die zum grössten Problem der Baureihe Ae 4/6 werden sollten. Wobei ich auch hier etwas präziser werden muss. Die sichere Übertragung dieser vielen Leitungen war das Hauptproblem.

In einem Kabel, das durch Arbeiter bewegt werden musste, konnte man nicht 52 Adern einbauen. Das Kabel wäre schlicht zu schwer geworden. Man musste das Kabel also aufteilen. Die Lösung waren zwei identische Kabel, die gekup-pelt werden mussten.

Nur schon so wurden die Kabel recht schwer und waren nicht leicht zu hand-haben. Mit den beiden Kabeln war man aber noch lange nicht am Ziel ange-langt, denn zu den Kabeln gehören bekanntlich die passenden Steckdosen.

Die Lokomotiven erhielten daher an jedem Stossbalken zwei Steckdosen für die Vielfachsteuerung. Diese wurden sehr nahe zur Mittelachse der Lokomotive montiert und kamen links und rechts der Kupplung zu liegen.

Die Ausführung dieser Steckdosen war mechanisch identisch. Jedoch war de-ren Beschaltung nicht identisch ausgeführt worden. Die Vst-Dose eins lag daher bei beiden Stossbalken links der Kupplung und die Kabel mussten ge-kreuzt werden.

Damit haben wir den Stossbalken vollständig ausgerüstet. Es waren damit sechs pneumatische Leitungen, eine Steckdose mit dem Kabel der Zugsheizung und die beiden neuen Steckdosen der Vielfachsteuerung vorhanden.

Ergänzt wurden diese Einrichtungen noch mit den beiden seitlichen Puffern und der Kupplung. Damit war der Stossbalken schon sehr gut gefüllt worden, was den Platz beim Verbinden von zwei Lokomotiven einengte.

Probleme gab es nun bei der Kombination von zwei Lokomotiven, denn die Kabel mussten zwingend über Kreuz gekuppelt werden. Nur so war die kor-rekte Funktion überhaupt möglich. Eine parallele Führung war nicht möglich, da die Lokomotiven im Betrieb oft abgedreht wurden, weil sie zum Beispiel ein Dreieck fuhren, dann hätte die Zuordnung nicht mehr gepasst. Man wählte deshalb die Lösung mit den zwei gekreuzten Kabeln.

Das war auch für das Bedienpersonal viel einfacher. So konnten die Kabel einfach prinzipiell gekreuzt gekuppelt werden und die Zuordnung stimmte auf jeden Fall. Auf spezielle Markierung an den Dosen konnte man verzichten.

Diese Markierungen wären zudem im Betrieb schlecht erkennbar gewesen, oder konnten durch Abnutzung verschwinden. Daher war die Lösung mit der Kreuzung der schweren Kabel die einzige Lös-ung.

Technisch gesehen war es theoretisch möglich einen Zug mit zwei Lokomotiven und dazwischen eingereihten und angepassten Leichtstahlwagen zu bilden. Ein Betrieb mit Steuerwagen wäre technisch ebenfalls möglich gewesen, war jedoch nicht vorge-sehen.

Das lag jedoch nicht an der Lokomotive oder gar der Steuerung, denn es fehlten schlicht die passen-den Steuerwagen. Die Baureihe Ae 4/6 erhielt des-halb eigentlich eine kombinierte Fern- und Vielfach-steuerung.

Die Vielfachsteuerung war relativ einfach einzu-richten. Man kuppelte die beiden ausgeschalteten Lokomotiven in gewohnter Weise.

Es war dabei wichtig, dass die Lokomotiven ausge-schaltet waren. Jedoch mussten sie dazu nicht remisiert werden. Das bedeutet, dass die Steuerung beider Lokomotiven nicht mehr aktiv waren. Ein Punkt, der gerade im Betrieb wichtig war, denn dort wollte man sich nicht lange mit Inbetriebnahmen herumärgern.

Neben den Schlauchverbindungen der Bremsen und der Kupplung musste aber auch die Speiseleitung verbunden werden. Es reichte dabei durchaus, wenn nur eine Seite gekuppelt wurde. Von den sechs Schläuchen am Stossbalken wurden nur drei benötigt, aber auch hier galt das Problem, mit dem Betrieb. Eine Führung über Kreuz war wegen der Vielfachsteuerung unmöglich. Daher wurde diese grosse Anzahl bei den Leitungen benötigt.

Bis jetzt hatte man jedoch nur die pneu-matischen und mechanischen Verbind-ungen hergestellt. Die zusätzlichen Ar-beiten beschränkten sich also bisher auf die beiden zusätzlichen Luftleitungen.

Erst jetzt kamen die Verbindungen, die für die Vielfachsteuerung nötig waren. Dabei wurden die schweren Kabel ge-kreuzt und in der Steckdose verdreht. Sie konnten dadurch nicht ungewollt aus die-ser Steckdose herauszurutschen.

Gerade diese Steckdosen waren der Grund, warum die Steuerung nicht akti-viert sein durfte. Wurde das Kabel eingesteckt, wurden fehlerhafte Verbind-ungen hergestellt.

Beim Verdrehen des Steckers konnte es zudem zu Kurzschlüssen kommen. Erst wenn die beiden Kabel vollständig ge-kuppelt waren und diese richtig in den Steckdosen eingesteckt wurden, waren die korrekten Bedingungen für die Viel-fachsteuerung vorhanden.

Im beengten Raum zwischen den beiden Lokomotiven war die Arbeit keine leich-te Aufgabe. Technisch war nun der Vor-gang abgeschlossen worden. Die Vor-schriften verlangten nun noch, dass die Bleche abgeklappt wurden und der Übergang damit frei war. Damit hatte das Lokomotivpersonal nun auch alle Annehmlichkeiten einer grossen Doppellokomotive und musste beim Wechsel des bedienten Führerstandes nicht aussteigen.

Die Lokomotiven konnten nun in Betrieb gesetzt werden. Dabei nahm der Lokführer die erste Lokomotive ganz normal in Betrieb. Eigentlich merkte er nicht viel, nur dass er auch ein paar Anzeigen der zweiten Lokomotive angezeigt bekam. Die Vielfachsteuerung war eingerichtet. Es mussten also keine speziellen Schalter auf den beiden Maschinen umgelegt werden. Es waren jedoch einige wenige Prüfungen vorzunehmen.

Dieses einfache Prinzip bei der Einrichtung der Vielfachsteuerung hatten die Schweizerischen Bundesbahnen SBB im Pflichtenheft gefordert. Gerade hier war das Problem bei der Baureihe Be 4/6 zu finden, denn dort dauerte die Inbetriebnahme sehr lange. Mit Kuppeln und einschalten, war ein schneller Betrieb mit der Vielfachsteuerung möglich geworden. Die Reihe Ae 4/6 war in diesem Punkt sehr gut ausgefallen.

Während der Fahrt verhielten sich die beiden Lokomotiven identisch. Das heisst, der Lokführer schaltete vorne eine Fahrstufe zu. Die zweite Lokomotive führte diese Anforderung parallel aus. Die Wechselschaltung der beiden grossen Maschinen der Baureihe Ae 8/14 wurde nicht weiterverfolgt. Durch die Vielfachsteuerung wurde aus den beiden Lokomotiven eine grosse Maschine mit acht Triebachsen. Mehr war wirklich nicht zu bemerken.

Wollte man die beiden Lokomotiven wieder trennen, befolgte man die oberen Schritte der Einrichtung. Dabei war jedoch zu beachten, dass die beiden Lokomotiven ausgeschaltet und die Steuerung nicht aktiv waren. Danach waren die gleichen Arbeiten durchzuführen und die Lokomotiven verkehrten anschliessend wieder einzeln. Es musste auch jetzt an den beiden Maschinen keine zusätzlichen Handlungen vorgenommen werden.

Wobei jetzt noch die Kabel an ihren Platz mussten. Dazu nahm jede Lokomotive ein Kabel und dieses wurde im Maschinenraum verstaut. Sie haben es richtig erkannt, es wurden die Kabel beider Lokomotiven benötigt. Das war jedoch kein Problem, denn es war lediglich eine Doppeltraktion geplant und daher sollten nie mehr als zwei Maschinen verbunden werden. Technisch gesehen, hätten auch mehr Lokomotiven verbunden werden können.

Die Lokomotive ist nun fertig aufgebaut worden. Dabei hatten sowohl der mechanische Teil ein Gewicht, aber auch die elektrische Ausrüstung fiel ins Gewicht. Alleine die Vielfachsteuerung der Baureihe Ae 4/6 brachte mit den Steckdosen, dem Kabel und Leitungen ein stattliches Gewicht auf die Waage. Jedoch erreichte man mit einem Gewicht von 105 Tonnen das Ziel mit der Reduktion einer Laufachse bei einer hohen Leistung.

 

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