Die Bremsen auf der Fahrt

Mit dem Abschluss der Bremsprobe ist unser Zug nun zur Fahrt bereit. Die erfolgt meistens kurze Zeit später. Die Angaben, die der Lokführer bisher hat, sagen jedoch nicht aus, wie gut die Bremsen reagieren und wie schnell er auf den einzelnen Abschnitten fahren kann. Daher haben wir noch ein paar Bereiche, die wir behandeln müssen. So stellt sich gleich die Frage nach der Information über die Zug- und Bremsreihe.

Wir müssen uns daher mit der Frage auseinandersetzen, für was wir diese Bremsrechnung denn überhaupt benötigen. Bis jetzt haben wir ja nur erfahren, dass wir diverse Gewichte benötigen und mit diesen gerechnet wird. Das Ergebnis bezeichnete man als Bremsverhältnis oder als Bremshundertstel. Nur, warum diese Werte benötigt werden, wissen wir immer noch nicht. Bevor wir losfahren, müssen wir das klären.

Die Streckentabelle: Die berechnete und bestimmte Zug- und Bremsreihe geben dem Lokführer die Angaben, die er für die Fahrt benötigt. Er hat die Informationen, was sein Zug für Daten hat. Diese Daten kann er nun ein einer Tabelle abrufen. Diese Tabelle nennt sich Streckentabelle. In dieser Streckentabelle ist jeder Abschnitt der Strecke mit den dort erlaubten Geschwindigkeiten aufgeführt. Diese unterscheiden sich je nach Bremsreihe.

Die Angaben muss nicht der Lokführer herausfinden, denn er hat die Tabelle und mit denen arbeitet er, ohne dass er sich um weitere Punkte Gedanken macht. Das können wir uns nicht leisten, denn wir wollen nun ansehen, wie denn diese Werte in der Tabelle erfasst werden. Dazu benötigen wir einige weitere Informationen zum Verhalten der Bremsen auf der Fahrt. Wir bestimmen daher die zugelassene Geschwindigkeit.

Jedes fahrende Fahrzeug benötigt um anzuhalten, eine gewisse Strecke. Diese Strecke nennt man Bremsweg. Selbst wir Menschen können nicht immer abrupt stehen bleiben. Achten Sie sich einmal beim Sport auf die Sprinter, die laufen nach dem Ziel immer noch ein paar Meter weiter. Das ist der Bremsweg, den sie benötigen. Mit der Bremsreihe hat man eine Angabe über den erwarteten Bremsweg des Zuges und der ist auch von der Geschwindigkeit abhängig.

Ein Zug mit guten Bremsen hat einen kürzeren Bremsweg, als ein Zug mit schlechter wirkenden Bremsen. Auch das ist eigentlich keine neue Information, denn das ist Ihnen in der Fahrschule erklärt worden. Sinkt nun die Geschwindigkeit, verkürzt sich auch für schlechtere Bremsreihen die Distanz, die zurückgelegt wird. So kompensieren wir die schlechten Bremsen. Daher haben wir nun für jede Bremsreihe die gleiche Bremswegdistanz.

Die Bremswegdistanz ist die Distanz zwischen Vor- und Hauptsignal. Das heisst, zwischen Vorsignal und Hauptsignal hat es eine Distanz von beispielsweise 854 Meter. Das ist also der Weg, den der Zug zur Verfügung hat, um vor dem Hauptsignal zum Stehen zu kommen. Diese Bremswegdistanz wird nun mit dem effektiven Bremsweg eines Zuges verglichen. Das Ergebnis wird anschliessend in der Streckentabelle eingetragen.

Der Zug, der sich an der Stelle auf Grund der Strecke mit 100 km/h einem Vorsignal nähern könnte, benötigt nun 869 Meter um anzuhalten. Wir haben hier eine Überschreitung der Bremswegdistanz um ein paar Meter. Der Bremsweg wird nun  durch die Reduktion der Geschwindigkeit verkürzt. Wir haben somit einen passenden Bremsweg. Der Zug darf sich daher beispielsweise nur noch mit 90 km/h dem Vorsignal nähern.

Abfahrt des Zuges: Wir haben die Geschwindigkeiten für die Streckentabelle und können endlich unsere Fahrt beginnen. Alle Bedingungen sind nun vorhanden. Wir wissen, wie unser Zug angeblich bremst, wissen wie schnell wir wo fahren können und die Bremsen haben wir auch kontrolliert. Wir können daher mit dem Zug endlich die Fahrt beginnen und uns so auf die Reise machen. Doch noch sind wir mit den Bremsen nicht ganz fertig.

Nachdem wir den Zug in Bewegung versetzt haben, führen wir eine Rollprobe durch. Wir schalten die Zugkraft wieder aus und überprüfen, ob der Zug nun mit dem vorhandenen Schwung weiter rollt. Macht er das bei so geringer Geschwindigkeit, können wir davon ausgehen, dass sämtliche Bremsen im Zug auch wirklich gelöst sind. Meistens jedoch ist die Rollprobe nur bei Lokomotiven möglich und dort auch vorgeschrieben. Es macht jedoch nichts, wenn man die Rollprobe auch an einem Zug macht.

Unmittelbar nach Abfahrt des Zuges muss noch eine Bremsprobe auf Wirkung durchgeführt werden. Erst jetzt weiss der Lokführer genau, wie die Bremsen des Zuges reagieren. Das heisst also, dass ein Zug unmittelbar nach Beginn der Fahrt eine Bremsung einleitet. Diese bemerken Sie als Reisender vermutlich. Es handelt sich hier nicht um eine Störung, sondern die Bremsung gibt dem Lokführer einen wichtigen Hinweis.

Die Bremsprobe auf Wirkung kann jedoch nicht an allen Stellen erfolgen. So soll diese Bremsprobe nicht in Steigungen erfolgen, da dort falsche Werte entstehen könnten. Zudem muss an gewissen Stellen im Netz eine Bremsprobe auf Wirkung auch durchgeführt werden, weil sie vorgeschrieben ist. Sie sehen, diese Bremsprobe ist daher wohl die am häufigsten ausgeführt Bremsprobe, denn sie wird im Winter regelmässig alle rund 20 Kilometer durchgeführt.

Dieser Hinweis aus der Bremsprobe auf Wirkung ist für jede Fahrt wichtig, denn nur wer den Zug, die Fahrzeuge und die Bremsen gut kennt, kann einen Zug sicher führen. Stimmen die effektiven Werte nicht mit den erwarten Werten überein und der Zug bremst zu schlecht, muss der Zug ausserordentlich anhalten. Jetzt ist in jedem Fall eine Hauptbremsprobe durchzuführen und die Ursache für diese Abweichung abzuklären.

Damit habe ich nun das letzte Wort zum Rollmaterial geschrieben. Wir kennen die Lokomotiven, die Wagen und nicht zuletzt die Bremsen. Einer Fahrt steht nichts mehr im Weg, denn schliesslich kennen wir auch die Infrastruktur und wissen, dass es beim grünen Signal losgeht. Die Bremsprobe ist auch abgeschlossen, wir können starten. Nur unser Zug fährt nicht. Wir haben kein Personal und was noch schlimmer ist, unser Zug wüsste nicht, wenn er fahren soll, denn wir haben keinen Fahrplan.

 

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