Historisches Fahrzeug

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Eigentlich müssten wir von einem Wunder sprechen. Die Triebwagen der ehemaligen Baureihe CLm 2/4 waren längst verschwunden und auch bei den CLe 2/4 sah es nicht viel besser. So war einer an die OeBB verkauft worden, einer stand in Luzern im Verkehrshaus und das dritte noch erhaltende Fahrzeug hatten eine schweren Schaden in den elektrischen Leitungen. Was sollte da noch als historisches Fahrzeug erhalten werden?

Jedoch waren die roten Triebwagen längstens zu einem Mythos geworden. Bei der Bevölkerung waren die roten Flitzer von damals ebenso gut angesehen, wie das die Lokomotiven der Baureihen Ae 6/6 und Ce 6/8 II waren.

Die Krokodile und die Roten Pfeile sollten zu den be-rühmtesten Fahrzeugen der Schweiz gehören und da konnte man sich nicht entziehen. Viele Jahre waren die Triebwagen im Ausflugsverkehr aktiv gewesen.

Nach dem Kabelbrand war die Nummer 1001 abgestellt worden. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB hatten bei den Gesellschaften nur noch bei grösseren Gruppen eine Chance. Diese konnten mit dem kleinen Trieb-wagen nicht abgedeckt werden.

Neu kam, sofern er verfügbar war, der RAe TEE II in den Ausflugsverkehr. Wahrlich ein Luxuszug, der den Leuten gefallen konnte. Nur es fehlte eben der Charme des kleinen roten Flitzers.

Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB waren sich der Bedeutung der Triebwagen durchaus bewusst. Die Idee mit der historischen Aufarbeitung eines ehemaligen CLe 2/4 entstand.

Damit begann jedoch die Suche nach dem geeigneten Fahrzeug. Dabei war die Auswahl nicht so gross, wie man meinen könnte und es lohnt sich die getroffen Wahl zu begründen, denn es war wirklich nicht leicht, einen Roten Pfeil zu erhalten.

Im Verkehrshaus in Luzern hatte man den abgestellten RBe 2/4 mit der Nummer 1003. Dieser war dem Museum versprochen worden und sollte dort nicht entfernt werden. Man entschied sich, dem Zug wieder die alte Bezeichnung CLe 2/4 zu geben und die Nummer auf 203 abzuändern. Der Zug im Verkehrshaus fand nun einen endgültigen Standplatz im Museum und fand sich 1982 in der neu gestalteten Fahrzeughalle neben den legendären C 5/6 und Be 6/8 II wieder.

Dabei vergass man aber, dass der Zug nie so verkehrte, denn als das Fahrzeug als CLe 2/4 Nummer 203 bezeichnet wurde, waren aber weder die Pufferteller noch der sicht-bare Zughaken vorhanden.

Zu deutlich zeigt dieses Beispiel jedoch, wie schwer es wird, wenn man zu alten Bezeichnungen greift, denn der CLe 2/4 Nummer 203 wurde zum RCe 2/4 Nummer 603, als man die Puffer am Triebwagen montierte. Im Museum spielt das jedoch keine so grosse Rolle mehr.  

Der Triebwagen war in seiner Ausführung noch in der ori-ginalen Länge, war nicht defekt und daher ideal. Das Pro-blem hier war eigentlich nur, dass man den Kurator des Verkehrshauses nicht vor den Kopf stossen konnte.

Zuerst verspricht man ihm die Legenden und dann, wenn es der Staatsbahn genehm ist, zieht man diese ab und setzt sie wieder ein. Ein Konzept, das damals schlicht nicht vor-stellbar war, und daher bot sich diese Option nicht.

Bei der Oensingen - Balsthal - Bahn OeBB war noch der Zug mit der ehemaligen Nummer 1007 vorhanden. Dort wurde der Zug jedoch im fahrplanmässigen Verkehr einge-setzt.

Er stand den Schweizerischen Bundesbahnen SBB daher nur zur Verfügung, wenn man ein brauchbares Ersatz-fahrzeug geben könnte. Das war aber im Bestand der Staatsbahnen nicht vorhanden. Auch hier musste man auf die ursprüngliche Länge verzichten.

Es blieb daher nur noch der RAe 2/4 mit der Nummer 1001, der nach dem Kabelbrand auf sein Schicksal wartete. Dieser Triebwagen könnte man für den Erhalt vorsehen. Defekt und erst noch verlängert, war nicht ideal, aber es war eine Lösung. Die Einrichtung war zudem so, dass man damit gelegentlich wieder eine Fahrt ins Blaue machen könnte. Es war die Lösung und vor dem Entscheid musste der Schaden genau begutachtet werden.

Schliesslich musste man einen roten Pfeil erhalten, denn die Triebwagen waren längst zu einem Mythos geworden. Den roten Pfeil nannte man nicht nur in Fachkreisen in einem Satz mit den Krokodilen, sondern auch in der breiten Be-völkerung.

Niemand hätte verstanden, wenn es wegen ein paar ver-schmorten Kabel keinen der roten Flitzer mehr gegeben hätte. Zumindest bei der Staatsbahn konnten Wunder ent-stehen.

Der beschädigte Triebwagen wurde deshalb in der Haupt-werkstätte Zürich komplett neu verkabelt und auch farblich wieder auf den neusten Stand gebracht. Zu einer Haupt-revision, wie bei den Lokomotiven des Gotthards, kam es dabei jedoch nicht mehr.

Das Unternehmen hatte auch beschlossen, dass kein Rück-bau erfolgen sollte, denn sowohl die Reihe Be 4/6, als auch die Reihe Ce 6/8 II wurden wieder in den ursprünglichen Zu-stand gebracht.

Eine genaue technische Kontrolle musste beim roten Flitzer genügen und für die gelegentlichen Fahrten des Zuges war auch das ausreichend.

Eine gute Lösung, die zum Erhalt des Triebwagens führte. Es war daher geschafft und der Triebwagen funktionierte wieder. Jetzt war nur noch die Frage, wie das Fahrzeug zu beschriften sei und da wählte man für einmal die richtige Lösung und nicht eine historisch freie Variante.

Danach wurde der Zug, als RAe 2/4 Nummer 1001 und damit korrekt bezeichnet, als historisches Fahrzeug klassiert. Es war daher ein Märchen, wie es eigentlich nur bei 1001 Nacht passieren konnte. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB hatten ihren «Märchenpfeil» auch wenn das niemand so sah, denn der kleine rote Flitzer, war ganz klar ein Roter Pfeil und daran sollte sich nun endgültig nichts mehr ändern. Doch warum keine neue Bezeichnung?

Eine Umbezeichnung in CLe 2/4 durfte nicht erfol-gen, denn der erhaltene Zug war einer jener Trieb-wagen, die bei der Modernisierung mit einem ver-längerten Kasten versehen wurden und somit nicht mehr dem Muster von 1935 entsprachen.

Beim gewählten Triebwagen waren das stolze 2.8 Meter, die dem Fahrzeug angebaut wurden. Das war nicht mal so schlimm, musste man doch den Triebwagen nach dem schweren Unfall neu aufbauen.

Daher behielten die Schweizerischen Bundesbahnen SBB die letzte und damit korrekte Bezeichnung bei. Nur damit keine Zweifel aufkommen, der Triebwagen wurde als CLe 2/4 Nummer 201 am 15. April 1935 als erster roter Pfeil in Verkehr genommen. Damals sollte er die Tramzüge übernehmen und sich im Ausflugsverkehr nützlich machen. Gelungen ist ihm das nur zum Teil, aber die kleinen roten Flitzer waren wirklich schnuckelig.

Was jedoch neu war, der erste Rote Pfeil bekam nun eine Erleichterung. Die Leistung des Fahrzeugs sollte nicht mehr bis zum Limit beansprucht werden. Das bedeutete, dass nun nicht mehr alle Strecken alleine befahren werden durften. So galt nun für den Gotthard, dass zwingend eine Vorspannlokomotive vorgestellt werden musste. So mochte zwar die Aussicht der Leute etwas eingeschränkt werden. Jedoch gab es da entsprechende Lösungen.

Wenn in Erstfeld der rote Pfeil zum Stehen kommt, weil die folgenden Strecken nur mit einer zusätzlichen Lokomotive befahren werden dürfen, warten alle gespannt. Wenn sich dann die Panzerechse um die Ecken schleicht ist klar, die bekanntesten Fahrzeuge sind an einem Zug. Die Ce 6/8 II Nummer 14 253 vor dem RAe 2/4 Nummer 1001 an einem Zug, da kommen mit eigentlich nur wenige passende Worte in den Sinn, aber wie wäre Legändä & Heldä.

 

Lebenslauf des RAe 2/4 Nr. 1001

1935 – 1939 Bern  
1939 – 1945 Bern Abgestellt
1945 – 1964 Lausanne  
1964 – 1968 Basel  
1968 - 1996 Bern als historisches Fahrzeug klassiert
1996 – 1997 Winterthur  
1997 - 2000 Bern  
2000 Bern Eigentum der Stiftung SBB Historic

 

Im Gegensatz zu den historischen Lokomotiven war hier auch vorgesehen, diesen Triebwagen wieder im Ausflugsverkehr einzusetzen. Die Geschäfte in diesem Bereich waren so eingebrochen, dass der historische Rote Pfeil damit kaum überfordert gewesen wäre. Bedient werden sollte der Triebwagen durch die Lokführer des Depots Bern. Wobei nun aber nicht mehr jeder ran durfte, denn die Fahrzeuge waren einer kleinen Gruppe vorbehalten.

Der historische rote Pfeil war Tatsache geworden und die Schweizerischen Bundesbahnen SBB hatten einen neuen Schatz bekommen, denn man musste diesen kleinen roten Triebwagen einfach lieben. Ein kleiner roter Flitzer, der damals versuchte, ein neues Konzept zu bewältigen und der letztlich am eigenen Erfolg gescheitert war. Die Baureihe CLe 2/4 war damals jedoch schnell und das reichte für den roten Pfeil.

Erste Veränderungen erlebte der bei der Oensingen Balsthal Bahn OeBB eingesetzte Triebwagen. Dort wurde der Zug aus dem planmässigen Verkehr abge-zogen. Diese Leistungen übernahmen nun andere Triebwagen, die etwas mehr Platz hatten.

Der Zug wurde jedoch nicht dem Abbruch zuge-führt, denn auch in der engen Klus, wusste man, was es bedeutete, wenn man einen roten Pfeil hat-te. Nur eben, er war nicht rot, sondern blau und so war es ein «Blauer Pfeil».

Er verlor nun aber sein ungewohntes blaues Farbkleid und wurde wieder rot gestrichen. Die Bezeichnung OeBB blieb jedoch erhalten und so verkehrte der ehemalige Triebwagen der Schweizerischen Bundesbahnen SBB als historisches Fahrzeug der OeBB immer wieder in der ganzen Schweiz. Es gab plötzlich zwei Rote Pfeile, die nicht vom selben Anbieter eingesetzt wurden. Eine Neuerung, an die man sich gewöhnen musste.

Beim Fahrzeug der Oensingen Balsthal Bahn OeBB handelte es sich jedoch um einen Triebwagen, der seinerzeit nicht verlängert wurde. Somit waren die Fahrzeuge technisch gleich, aber beim Komfort unterschiedlich. Der Laie erkannte es an den Anschriften schnell, denn wo OeBB angeschrieben stand, war für gewöhnlich OeBB drin. Der Fachmann fand dann schnell die feinen kleinen Anpassungen, die im Lauf der Jahre gemacht wurden.

Nach dem der RAe 2/4 mit der Nummer 1001 einige Jahre als Museumszug des Depots Bern eingesetzt werden konnte, wurde er mit Gründung der Stiftung SBB Historic in deren Sammlung aufgenommen. Eine formelle Angelegenheit, die sich vorerst auf das Fahrzeug nicht auswirkte. Nur die neue Stiftung hatte ein Schmuckstück, das die grosse Sammlung ergänzte und das bei der Bevölkerung langsam an Glanz verlor, denn die Jugend kannte den Roten Pfeil nicht mehr.

Dabei ist es wirklich sehr einfach. Der flinke leichte innovative rote Trieb-wagen wurde nicht als FLIRT bezeichnet, sondern roter Pfeil. Die erhalten gebliebenen Fahrzeuge erinnern dabei zumindest in einem Fall an Aladin und seine Wunderlampe.

Ein Wunder konnten die Roten Pfeile jedoch nicht vollbringen, denn dazu waren sie schlicht zu klein geworden. Ein Fazit, das nun aber am Ende des Artikels niemand mehr sonderlich spannend findet.

2008 knallte es jedoch im historischen Triebwagen RAe 2/4 mit der Nummer 1001. Ein Schaden am Transformator legte den Zug lahm und das Märchen schon vorbei zu sein.

Der Schaden war gigantisch, denn der Triebwagen kam aus einer Revision und hätte eigentlich einen gereinigten Transformator haben müssen. Da er das jedoch nicht hatte, kam es zum folgenschweren Kurzschluss im Transformator, weil im Unterhalt aufgewirbelter Schmutz im Öl war und so dieses elektrisch leitend machte.

Das war ein Schaden, der nicht mehr repariert werden konnte. Das Ende des Zuges schien unausweichlich. Die Tage des RAe 2/4 mit der Nummer 1001 waren wohl gezählt und daher drohte auch hier das Ende nach dem Muster «und wenn sie gestorben sind…» Nur ein komplett zerlegter und revidierter Transformator hätte das Fahrzeug retten können, das kostete aber gigantische Summen und die hatte man in der Stiftung schlicht nicht zur Verfügung.

Die grosse Fangemeinde befürchtete das Schlimmste. Es gab jedoch noch die Lösung, dass man einen anderen Triebwagen dafür opfern könnte. Dabei geriet der im Verkehrshaus der Schweiz abgestellte Triebwagen ins Visier. Dieser rote Pfeil war seinerzeit betriebsfähig abgestellt worden. Damit war dessen Transformator noch ganz. Ein Tausch könnte das Problem lösen und ein Museumsstück braucht keinen funktionierenden Transformator.

Der eigentlich im Verkehrshaus der Schweiz stehen sollende Zug, war dort jedoch schlicht nicht zu finden. Er wurde dort ausgelagert, weil man im Museum immer mehr unter mangelndem Platz litt und sich andere Legenden vom Gotthard daran machten dort einzuziehen.

Die Suche endete schliesslich am Gott-hard. Dort wo die kleinen Roten Trieb-wagen immer wieder verkehrten, denn jeder Rote Pfeil war in seinem Leben mehrmals im Tessin.

Dort wartete der Triebwagen in der Re-mise des Depots Erstfeld auf bessere Tage und fristete in einem Schuppen ein trotzloses Dasein. Die tapferen Mechani-ker machten sich deshalb auf die Reise ins ferne Erstfeld und beraubten den Triebwagen seines Transformators.

Die Nummer 203 war damit endgültig zum Museumsstück geworden. Aus ei-gener Kraft konnte er nicht mehr fahren. Was im Verkehrshaus der Schweiz auch nicht vorgesehen war.

Ging nun das Märchen, das aus den be-rühmten Geschichten aus 1001 Nacht stammen könnte, für den RAe 2/4 Nummer 1001 weiter? Es ging, und so kam der Triebwagen wieder in Betrieb und konnte 2010 seinen 65sten Geburtstag feiern. In der Schweiz bedeutet das für jeden Arbeiter, dass die Pension ansteht und man in Rente gehen darf. Der RAe 2/4 Nummer 1001 steht jedoch immer noch für Gesellschaftsfahrten bereit.

Das Märchen von dem Zug, der auszog um grosses zu vollbringen und der scheiterte, ging somit weiter. Eine Fahrt ins Blaue, vorbei an ruhigen Seen und durch die bunten Wiesen des Landes. Das alles ohne ärgerliche Abgase und erst noch mit einem legendären Fahrzeug. All das ist immer noch möglich und der RAe 2/4 steht bereit. Das Problem dabei ist eigentlich nur, dass er eine kräftige Konkurrenz hat. Doch der RAe 4/8 ist eine andere Geschichte.

 

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