Die Bauvergabe

Nachdem wir nun unser Unternehmen gegründet haben und ihm einen schönen Namen verpassten, müssen wir uns mit dem Bau einer Bahnlinie befassen. Damit wir überhaupt beginnen können, müssen wir ein Projekt ausarbeiten. Damit können wir dann auch die notwendigen Geldgeber suchen gehen. Es führt daher kein Weg an einem ernsthaften Projekt vorbei. Mitunter beginnt nun einer der schwersten Teile unserer Idee, denn was genau soll gebaut werden?

Wir benötigen zuerst mal die Idee, denn noch haben wir erst einen Namen für die Gesellschaft und ein paar Züge, die in unserem Namen auf fremden Strecken verkehren. Die ursprünglichen Pläne vom ersten Projekt können nicht mehr verwendet werden, denn die Bedingungen an eine Bahnlinie haben sich im Lauf der Jahre massiv geändert. Deshalb ist es sinnvoll, wenn wir ein neues Projekt ausarbeiten.

Die Lukmanierbahn soll daher im Raum Chur beginnen und über den Lukmanierpass nach Biasca im Kanton Tessin führen. Damit wir nicht auf die Höhe des Passes müssen, planen wir einen Scheiteltunnel. Damit haben wir unsere Bahnlinie, die wir natürlich im Rahmen dieses Projektes genau aufgezeichnet und geplant haben. Wir wissen wo unser Tunnel beginnt und wo er enden wird. Wir wissen auch, was für Parameter eingehalten werden müssen.

Somit haben wir nun ein ernsthaftes Projekt und eine Gesellschaft. Damit können wir starten, aber so einfach geht es auch wieder nicht. Eine Eisenbahn kann man nicht einfach so bauen, denn dazu sind viele Punkte zu beachten. Wie werden die Aufträge erteilt, wie kommen wir mit den Anwohnern ins Reine und zudem muss eine behördliche Genehmigung vorliegen. Das kennen Sie vielleicht vom Bau Ihres Hauses, denn auch da benötigten Sie eine Bewilligung.

Die Bewilligung für die Planung einer Eisenbahn geschieht mit dem Erteilen einer Konzession. Diese Konzession erlaubt uns die notwendigen zum Bau erforderlichen Massnahmen einzuleiten und damit auch Land zu erwerben. Es ist die staatliche Bewilligung. Jede Bahn erhielt zu Beginn die Konzession und musste die darin enthalten Bedingungen erfüllen. Das gilt natürlich auch für unsere Konzession.

Man kann diese Bewilligung nicht mit einer üblichen Baubewilligung vergleichen. Eine Konzession macht wesentlich weitreichendere Angaben und ist noch keine Bewilligung mit den Bauarbeiten zu beginnen. Mit der Konzession wird erst einmal vom Staat erlaubt, eine Eisenbahn zu bauen. Damit hat der Staat die Kontrolle, wo Eisenbahnen erbaut werden. Wir können davon ausgehen, dass die Konzession vermutlich nicht so einfach erhältlich sein wird.

Nach eingehender Studie des Dokuments aus Bern haben wir erkannt, dass unsere Konzession in zwei Teilbereiche aufgeteilt wurde. Diese Gliedern sich in den Bau und den späteren Betrieb auf. Es ist also gleichzeitig eine Betriebsbewilligung für die Eisenbahn. Doch betrachten wir die beiden wichtigen Punkte genau, denn eine Konzession ist nicht endlos lange gültig. Sie ist befristet und die meisten Projekte scheiterten an den Zeitvorgaben.

Teil 1 der Konzession: Wir haben Zeit, mit dem Bau innert 2 Jahren zu beginnen. Das heisst, wir müssen in dieser Zeit alle Einsprachen und Einwände beseitigt haben und über die behördlichen Baubewilligungen, die man Plangenehmigung nennt, verfügen. Gelingt uns das nicht, verfällt die Konzession und wir müssten eine neue Konzession beantragen. Genau mit dem Baubeginn hatten die meisten Bahnen das grösste Problem, denn in der Zeit mussten auch die Gelder beschafft werden.

Um die erforderliche Plangenehmigung, also die Bauerlaubnis zu erhalten, müssen wir ein vorgegebenes Verfahren einleiten. Das heisst, wir müssen im Plangenehmigungsverfahren die Pläne für unsere Strecke öffentlich auflegen. Die interessierte Bevölkerung oder die Behörden können unsere Pläne einsehen und sich ein Bild über unser Projekt machen. Mit Hilfe von Modellen lassen wir wichtige Bauten auferstehen und zeigen so, wie es aussehen wird.

Jeder Bürger kann diese Pläne nun betrachten und sich seine Meinung bilden. Unsere Hoffnung besteht darin, dass alle Leute damit zufrieden sind. Wir könnten so schnell mit dem Bau beginnen, denn schliesslich stehen uns bis zu diesem Punkt nur zwei Jahre zur Verfügung. Das ist eine sehr kurze Zeit für ein so grosses Projekt, wie eine Lukmanierbahn. Bedenken Sie, die Bahn, die wir bauen wollen, ist umfangreicher, als viele aktuell gültige Projekte.

Davon sind wir aber noch weit entfernt, denn es macht sich Widerstand breit. Viele finden, eine neue Bahnlinie sei nicht nötig und zudem, lieber bei den anderen nicht bei mir. Es heisst nun, die Zweifel, die mit Einsprachen eingereicht wurden, aus dem Weg zu räumen. Dieses Prozedere ist nicht immer leicht und ist mit vielen Hindernissen gespickt. Zwar sind viele Einsprachen bereits von Tisch, nur mit den Bauern, deren Land wir benötigen, sind wir nicht einig geworden.

Die Sache zieht sich in die Länge. Letztlich melden sich auch noch Umweltschutzverbände und haben etwas gegen unser Projekt. Frust macht sich breit, doch da wir gute Leute haben, gelingt es uns doch noch, das Verfahren wird abgeschlossen und unsere Pläne bewilligt. Wir können mit dem Bau der Lukmanierbahn beginnen. Es reichte gerade noch, dass wir die Frist eingehalten haben. Jetzt, steht dem Bau nur noch das Geld im Weg.

Teil 2 der Konzession: Im zweiten Teil der Konzession sind Vorgaben gemacht, wie wir den Bau zu vergeben haben. Ein zeitliches Limit für den Bau der fertigen Bahn gibt es nicht. Die Konzession ist auf 20 Jahre befristet. Das heisst eigentlich nur, dass wir in dieser Zeit fertig werden sollten. Ist das nicht der Fall und die Züge verkehren noch nicht, haben wir ein Problem, denn wir müssten die Konzession verlängern. Das ist wesentlich einfacher, wenn der Betrieb auf der Strecke läuft. Wir haben natürlich auch den Ehrgeiz, schnell fertig zu werden.

Es kommt nun zur Ausschreibung für den Bau unserer Bahnlinie. Das heisst, wir schreiben in bestimmten wirtschaftlichen Blättern ein Inserat und suchen die Firmen, die bereit sind unsere Bahnlinie zu bauen. Dabei können wir auch Teilbereich benennen. Die Ausschreibung kann man daher als eine Offertanfrage bezeichnen. Die Baufirmen können uns nun ihre Angebote unterbreiten.

In der Ausschreibung erwähnen wir, dass wir eine Bahn über den Lukmanier bauen wollen und dass wir den günstigsten Anbieter für den Bau der Strecke und des Scheiteltunnels suchen. Diese Ausschreibung ist letztlich der Startschuss für unsere Bahn über den Lukmanierpass. Wir sind fast am Ziel angelangt und wir können uns nun etwas zurücklehnen, denn es kommt eine Zeit des Wartens, denn kaum eine Firma hat für so ein Projekt das passende Angebot bereit.

Jetzt heisst es auf die unterschiedlichen Angebote der Firmen zu warten. Einige Firmen haben unsere detaillierten Unterlagen angefordert, doch noch ist nichts eingetroffen. Die von uns gesetzte Frist ist aber noch nicht erreicht. Das heisst, wir können immer noch auf die Angebote hoffen. Schliesslich sollten wird dann mit dem Schluss vier unterschiedliche Angebote erhalten. Es gibt daher mehrere Anbieter, die nun unsere Bahn bauen wollen. Sie erhoffen sich dadurch natürlich über mehrere Jahre gesicherte Arbeit.

Das Ausschreibeverfahren, wie der Prozess der Ausschreibung genannt wird, geht nun in die entscheidende Runde. Akribisch genau prüfen wir die einzelnen Angebote und lassen die berücksichtigten Firmen wissen, dass wir detailliertere Angaben benötigen. Dank dem Ausschreibeverfahren wissen die Anbieter, was wir erwarten und wir wissen was wir für unser Geld bekommen werden. Es ist eine Verhandlung über den Bau.

Damit Sie das leichter verstehen. Sie bauen ein Haus oder kaufen ein Auto. Dabei haben sie eine gewisse Vorstellung, wie es auszusehen hat. Danach unterbreiten Sie ihre Ideen den unterschiedlichen Anbietern. In der Folge melden sich die Anbieter und präsentieren ihnen ein Muster oder ein Modell. Damit können sie aussuchen, was letztlich gemacht werden soll. Bei einem Haus übernimmt das der Architekt für Sie und beim Wagen begnügen wir uns mit vorgefertigten Modellen.

Letztlich erreichen wir den gewünschten Abschluss. Das Bauunternehmen Muster Felix hat den Zuschlag für den Scheiteltunnel erhalten. Das passt natürlich der unterlegenen Baufirma „Ich will AG“ nicht. Sie macht gegen diesen Entscheid Einspruch und wir müssen unsere Entscheidung überdenken. Dabei kommen wir aber zum Entschluss, dass das Projekt der Firma Muster nicht genau genug ist. Deshalb fordern wir die Firma auf, die detaillierte Organisation des Bauprojekts darzulegen.

Wir wollen genauere Angaben. Das kann zum Beispiel sein, weil wir nicht verstehen, wie eine Baufirma, wie die Firma Muster ein Tunnel bauen kann. Bisher baute die Firma Muster Häuser. Das ist auch das, was der andere Anbieter, der bekanntlich Erfahrung im Bau von Tunnel hat, bemängelte. Nach ein paar Blicken in die Unterlagen erkennen wir dann, die Firma Muster arbeitet mit anderen Firmen zusammen.

Dank einem Konsortium, also einem Zusammenschluss mehrerer Firmen, ist es der Firma Muster möglich, unsere Vorgaben zu erfüllen. Mit dem Konsortium hat sich die Firma Muster mit vielen anderen Firmen zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen, die unser Projekt verwirklichen will. Diese ist in der Lage, die von uns gesetzten Termine einzuhalten und das Bauwerk schlüsselfertig zu erstellen. Es ist ein fundiertes gut erstelltes Angebot und wir bleiben daher bei der Firma Muster.

Damit ist das Argument, das von der unterlegenen Firma dargelegt wurde, von Tisch und wir lassen das Konsortium Muster unsere Bahn bauen. Jetzt steht dem Bau der Lukmanierbahn nichts mehr im Weg. Jedoch sind wir von den Kosten, die von der Firma Muster angegeben wurden, etwas überrascht worden. Unser Geld reicht nicht um alle unsere Wünsche gleich zu erfüllen. Wir haben uns etwas übernommen, was passieren kann, jedoch nicht sollte.

Bei Bahnen geschah das oft und selbst die Gotthardbahn kam beim Bau in finanzielle Nöte. Die EVU, die wir bereits betreiben, bringen zwar jedes Jahr einen Gewinn ein, nur der reicht nicht sehr weit. Weil die gemachten Angebote teurer als geplant wurden, fehlt nun einfach das benötigte Geld. Das haben wir zwar bei der Ausschreibung berücksichtigt, nur wir müssen bei der Bauvergabe nun die gemachte Option offen lassen. Das schmerzt, muss aber sein.

Eine Option ist eine gewünschte oder in Aussicht gestellte Erweiterung des Angebotes, das wir bereits gemacht haben. Wir haben einfach dem Konsortium Muster mitgeteilt, dass wir eine einspurige Bahnlinie bauen. Dabei haben wir uns aber vorbehalten, der Ausbau auf zwei Geleise ebenfalls an die Firma Muster zu vergeben. Damit kann diese hoffen, auch den Endausbau noch zu machen. Der Vertrag kann daher unterzeichnet werden.

Mit der Option ersparen wir uns ein erneutes Verfahren und eine neuerliche Ausschreibung des Projekts. Wir können deshalb ohne lange Verhandlungen eine Fortsetzung der Bauarbeiten bewilligen. Eine bei den früheren Bahnen durchaus vorgenommene Praxis, wir müssen uns deshalb keine Sorgen machen. Im Gegenteil, wir könne so einfach die Bahnlinie dem Verkehr anpassen. Das ohne lange Verhandlungen.

So ist es uns gelungen die Lukmanierbahn ins Leben zu rufen, denn mit der Vergabe des Bauauftrages haben wir die Bedingung der Konzession erfüllt. In der nächsten Woche fahren unsere Bagger auf und beginnen mit dem Bau der Lukmanierbahn. Unser Traum wurde Wirklichkeit. Dass dies nicht selbstverständlich ist, sollen diverse in der Vergangenheit unterlegene Projekte bezeugen. Dazu gehörte zum Beispiel auch unser jetzt verwirklichtes Projekt.

Morgen trete ich als Präsident des Verwaltungsrates der Firma Lukmanierbahn vor die Presse, benutze eine Schaufel und werde mit dieser symbolisch etwas Erde aus dem Boden heben. Der Spatenstich ist erfolgt und nachdem die wichtigen Herren und Damen abgezogen sind, baut uns die Firma Muster Felix mit dem Konsortium Lucomagno eine Bahnlinie durch die Alpen. Nur, was wird da entstehen, lesen Sie weiter…

 

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