Depots im Wandel der Zeit

                       
Kapitelstruktur
Einleitung Dampf am Gotthard
Elektro am Lötschberg Schlussfolgerung
Auf und Ab in Arth-Goldau Bellinzona, die Schaltzentrale im Tessin
Biasca, bis zum letzten Mann Brig, ein spezieller Fall
Chiasso, das südlichste Depot Erstfeld, das berühmteste?
Luzern, kein Gottharddepot? Spiez, die Schaltzentrale der BLS
                       

Einleitung

Ist Ihnen auf dieser Seite noch nichts aufgefallen? Ein Wort, das sich durch diese Webseite zieht wie ein roter Faden. Es ist immer wieder zu finden und ist allgegenwärtig. Ich spreche vom Depot. Ein Depot kann vieles sein. So bezahlt man auf gewissen Flaschen ein Depot, das man wieder erhält, wenn man die Flasche zurückgibt. Aber ein Depot kann auch einfach ein Warenlager sein.

Auch in der Finanzwelt spricht man immer wieder von einem Depot und meint dabei etwas ganz anderes als ich hier auf dieser Seite. Es wird deshalb endlich Zeit, dass ich mit dem richtigen Begriff komme und so Klarheit schaffe. Das Depot, von dem ich spreche, ist eine Art Zwischenlager, ein Ort, wo Lokomotiven bereit stehen und wo das Personal seinen Standort hat. Deshalb nennen wir es richtigerweise Lokomotivdepot.

Wenn man den Namen genauer untersucht merkt man schnell, dass eigentlich nur von Lokomotiven gesprochen wird. So ist es auch, denn die Lokomotiven, die nicht benötigt werden, müssen „deponiert“ werden. Daher war es lange Zeit logisch, dass man das Personal auch dort stationierte, wo das Arbeitsgerät war. Lokführer deshalb bei den Lokomotiven. Ähnliche Depots gab es natürlich auch für das Zugspersonal und bei Betriebsdiensten, diese sollen uns aber nicht kümmern.

Lokomotivdepots wurden so zur Heimat von Lokomotiven und Arbeiter. Es bot viele unterschiedliche Arbeitsplätze für Mitarbeiter der einzelnen Berufsgruppen. Klar, ich habe Sie schon an anderer Stelle über diese Depots informiert. Dort ging es aber um die Bereiche in einem Depot, also deren Aufbau. Hier wollen wir uns nun mit der Geschichte, den Standorten und deren Entwicklung befassen.

Wir werden sehen, dass Lokomotivdepots an den unterschiedlichsten Stellen auch ganz andere Geschichten mit sich bringen. Ein Lokomotivdepot gleicht kaum einem anderen und ist in seiner Art einzigartig. Es gibt grosse und kleine Lokomotivdepots. Warum das so ist, lässt sich mit einem einzigen Satz erklären. Jede Bahn braucht ein Depot, das zur Strecke passt.

Irgendwo müssen schliesslich die Lokomotiven während Betriebspausen abgestellt und gewartet werden. Je grösser die Bahn, desto grösser wurde das Lokomotivdepot. So kam das kleinste aller Depots mit nur einem Gleis aus, weil die Bahn einfach nicht mehr Lokomotiven hatte. Sich nun aber hier mit den Depots aus der ganzen Schweiz zu befassen ginge zu weit.

Bevor wir uns mit den einzelnen Lokomotivdepots befassen, muss ich aber noch erwähnen, dass bei den SBB dieser Begriff allmählich verschwunden ist. Der Grund liegt nicht darin, dass man ein neues Wort schaffen wollte, sondern in der Tatsache, dass die SBB den Lokomotiven keine Depots mehr zuweist. So wurde das Lokomotivdepot unpassend. Das Personal trat in den Vordergrund, so dass man von einem Personalstandort sprach.

In den meisten Fällen ist so ein Personalstandort mit dem bisherigen Depot identisch, so dass sich der Begriff Lokomotivdepot weiterhin gehalten hat. Hinzu gekommen sind jedoch Personalstandorte ohne Lokomotiven. Ja es gab sogar Lokomotivdepots ohne Lokomotivpersonal. Ein Verwirrspiel und so bleiben wir beim Lokomotivdepot ob es dort keine Lokomotiven hat oder kein Personal soll uns wenig kümmern.

Da ich mich aber bei der Auswahl auf einige speziell auf dieser Webseite abgestimmte Lokomotivdepots beschränken wollte, fiel die Wahl letztlich auf acht unterschiedliche Standorte mit sehr unterschiedlichen Geschichten und unterschiedlichem Zweck. Deshalb wurden folgende Lokomotivdepots ausgewählt:

 

Arth-Goldau Bellinzona Biasca Brig
Chiasso Erstfeld Luzern Spiez

Bevor wir nun auf einer der beiden Strecken ein Lokomotivdepot bauen, müssen wir ein paar Gedanken zur Wahl der Lokomotive anstellen. Nicht jede Lokomotive fordert die gleichen Standorte. Wie wichtig das ist, zeigen die beiden Transitachsen über den Gotthard und den Lötschberg. Am Gotthard begann man mit Dampflokomotiven und am Lötschberg kamen die ersten elektrischen Lokomotiven zum Einsatz.

 

Dampflok am Gotthard

Die Gotthardbahn begann den Verkehr mit Dampflokomotiven. Im Jahre 1874, als die ersten Züge auf einem Teilabschnitt der heutigen Gotthardstrecke verkehrten, kannte man elektrische Lokomotiven schlicht noch nicht. Die Elektrizität war zwar bereits bekannt und man setzte sie bei Telegrafen auch ein. Lokomotiven mit so einer Technik einzusetzen war hingegen unvorstellbar. Die Dampfloks beherrschten die Szenerien und sie bestimmten zu einem guten Teil den Standort der Lokomotivdepots der neuen Bahnlinie.

Wie wir wissen, wurden die Depots Erstfeld, Biasca und Bellinzona gebaut. Wenn wir die Topografie der Bahnlinie genauer anschauen, bemerken wir, dass sie immer in der Nähe oder vor den Steilstrecke stehen. Der Grund scheint naheliegend, denn dort wurden die zusätzlichen Lokomotiven für die Bergfahrt beigestellt. Was der Logik entsprungen ist, muss aber nicht unbedingt auch so sein.

Indirekt bedingte aber die Lokomotive den Standort des Depots mit. So konnte die lange Bergfahrt mit den notwendigen Vorräten in Angriff genommen werden. Das Depot benötigte man, damit die Vorräte ergänzt werden konnten. Ein Start mit vollen Vorräten war ja sinnvoll, denn die Reichweite war beschränkt. Das machen Sie ja vor einer längeren Autofahrt auch, Sie tanken noch schnell, damit der Treibstoff reicht.

Als Beispiel führe ich hier eine Dampflok des Gotthards an. Sie kennen sie, denn sie ist unter der Bezeichnung C 5/6 sehr bekannt. Da sie die grösste Dampflok war erhielt sie den Übernamen Elefant, und der sollte zu ihr passen. Wir wollen uns aber nicht mit deren Leistung befassen, das steht schon an anderer Stelle. Uns interessieren die Vorräte, die die Lok mitnehmen konnte.

Bei der C 5/6 waren das 18 Tonnen Wasser und 8 Tonnen Kohle. Dafür wurde der spezielle Wagen, der auf die Bezeichnung Tender hört, benötigt. Einfach gesagt, waren diese Vorräte aufgebraucht, musste die Lok anhalten. Neue Betriebsstoffe mussten zugeladen werden. So verblüffend das klingen mag, bei einer modernen Diesellok ist das genau so, deshalb gelten hier ähnliche Bedingungen.

Damit wir uns eine Vorstellung machen können, benötigen wir die Verbrauchswerte der Lok. Diese waren bekannt und so konnte berechnet werden, wie weit die Lokomotive bis zum Ergänzen der Vorräte fahren konnte. Die Werte für eine C 5/6 beliefen sich auf 0.09 kg Kohlen pro Tonne Zugsgewicht und gefahrenem Kilometer. Beim Wasser wurden 0.68 kg benötigt. Damit wir mit der Reichweite arbeiten können, benötigen wir einen passenden Zug als Muster. Dieser soll mit der Lokomotive 400 Tonnen schwer sein.

Zuerst wird der Lokomotive das Wasser ausgehen, denn dieses reicht gerade einmal für 65 Kilometer. Nur, Wasser ist kein Problem, denn dieses konnte bei einem Halt in jedem entsprechend ausgerüsteten Bahnhof schnell ergänzt werden. So gab es die notwendigen Wasserkrane auch an Bahnhöfen, wo kein Lokomotivdepot vorhanden war. Warum dem so war, erkennen wir, wenn wir die Reichweite mit dem Kohlenvorrat ansehen.

Dieser reichte mit so einem Musterzug 222 Kilometer weit. Für eine Fahrt von Rotkreuz nach Chiasso hätte somit die Kohle durchaus gereicht. Nur mit 400 Tonnen war die Lok in den flachen Abschnitten keineswegs ausgelastet und so waren die Züge schwerer, damit die Leistung ausgenutzt werden konnte. Dadurch sank die Reichweite dementsprechend. So stand die Distanz klar im Gegensatz zur Leistungsfähigkeit. Nur, wer baut schon eine über 120 Tonnen schwere Dampflok um lange Distanzen zu fahren?

Vielleicht sähe heute vieles anders aus, hätte man 1882 eine Lokomotive gehabt, wie die C 5/6. Denn mit dieser Lokomotive endete die Dampftraktion bei den SBB. Die ersten Lokomotiven der Gotthardbahn waren mit den Vorräten schneller fertig. Nicht dass sie viel schlechter bei der Ausnutzung der Vorräte waren, die Lokomotiven waren einfach mit unserem Musterzug schon voll ausgelastet. Es brauchte also Lokomotivdepots entlang der Strecke.

Zudem hatte die Dampflok noch ein anderes Problem. Die Geschwindigkeit der Bewegungen in der Dampfmaschine war durch die Technik beschränkt. Das ergab für Dampflokomotiven ein Problem, denn sie war entweder zugkräftig, oder aber sie war schnell. Beides war fast nicht zu verwirklichen. Je grösser die Räder waren, desto schneller fuhr die Lok und je weniger Kraft konnte die Dampfmaschine übertragen.

Deshalb haben Schnellzugsmaschinen viel grössere Räder, als eine Güterlokomotive. Auch hier soll ein direkter Vergleich herangezogen werden. Die Triebräder der C 5/6 hatten einen Durchmesser von 1'330 mm, was für 65 km/h reichte. Die A 3/5 der JS hatte mit 1'780 mm um 450 mm grössere Räder und konnte maximal 100 km/h fahren. Dabei hatte sie aber weniger Zugkraft.

Man kann sich nun fragen, warum nicht in Rotkreuz ein Depot erstellt wurde. Dort übernahm die Gotthardbahn die Züge von der SCB. Es ist einfach zu erklären, denn der Bau eines Lokomotivdepots kostet Geld und so baute man nur die nötigsten Depots. Deshalb begann die Gotthardbahn mit Erstfeld, Biasca und Bellinzona. Dort waren zudem noch die Schlüsselstellen der Strecke.

Gut, für die Kenner der Geschichte muss aber noch erwähnt werden, dass beim Bau der Gotthardbahn diese Standorte nicht zwingend vorgegeben waren. So war es lange unklar, ob das Depot in Erstfeld, Silenen oder Altdorf zu stehen kommen würde. Letztlich wurde aber dem Standort Erstfeld der Vorrang gegeben. Silenen schied wegen der vorherigen Steigung aus. In Altdorf waren die Preise für den benötigten Boden zu hoch.

Mit diesen drei Standorten kam die Gotthardbahn aus, denn die Lokomotiven konnten so die Rampen hoch und runter fahren, ohne dass sie lange Kohlen laden mussten. Deshalb erstaunt es eigentlich auch nicht, dass Arth-Goldau und Chiasso erst Jahre später kamen und so das Netz der Standorte verdichtete. Klar ein Beispiel für diese spezielle Bergbahn, denn in den flacheren Gebieten des Mittellandes sah es anders aus und so wurden dort die Depots an den Schlüsselstellen erstellt.

Deshalb gibt es in den grösseren Standorten immer ein Depot. Sie glauben es nicht, dann sei erwähnt, dass die wichtigsten Bahnhöfe der Schweiz in Zürich, Bern, Basel, Olten, Lausanne, Winterthur und St. Gallen zu finden sind. Dort hatten die Bahnen immer ein Lokomotivdepot erstellt. Letztlich aber galt auch hier, die Dampflok gab in einem gewissen Rahmen vor, wo das Depot zu stehen kommen musste.

Das SBB-Lokomotivdepot in Brig war anfänglich einfach an einem Endbahnhof gelegen. Erst mit dem Simplontunnel bekam es eine ganz andere Bedeutung. Brig sollte nämlich das erste Lokomotivdepot der SBB werden, das elektrische Lokomotiven kannte. Es läutete somit indirekt die elektrische Zugförderung bei den SBB ein. Womit wir bei der Elektrolokomotive und deren Bedürfnissen angelangt sind.

 

Elektrolok am Lötschberg

Zuerst müssen wir hier wissen, dass die Lötschbergbahn aus mehreren Bahnen entstanden ist. Bei diesen Bahnen waren noch Dampfloks im Einsatz, die so zum Teil auch die Standorte der Lokomotivdepots beeinflussten. Da aber keine der Bahnen als Bergbahn oder als grosse internationale Linie eingestuft werden konnte, galten hier die Richtlinien des Mittellandes.

Daraus ergab sich, dass ein Depot in Spiez erstellt wurde, denn hier fuhr zwar die grösste, die Thunerseebahn noch durch, aber die Spiez – Frutigen – Bahn und die Spiez – Erlenbach – Bahn endeten hier. Der Bahnhof wurde zu einem richtigen Knotenpunkt im Berner Oberland. So war es nur logisch, dass dort ein Lokomotivdepot gebaut wurde. So konnten zumindest die Lokomotiven der SFB und der SEB abgestellt werden, die TSB schloss sich logischerweise schnell an.

Beim Bau der Bergstrecke, waren bereits die ersten elektrischen Lokomotiven unterwegs. Das war in Brig, dem Endpunkt der Lötschbergbahn und im Raum Zürich – Wettingen. Man war daher lange nicht sicher, welches System nun den Vorrang gab. Die Dampfloks am Gotthard waren gut und die elektrischen Maschinen noch schwach. Was letztlich dazu führte, dass die Lötschbergbahn beschloss, mit elektrischen Lokomotiven zu fahren lassen wir weg.

Der Entscheid war gefallen, die elektrische Lok sollte verwendet werden. Das nahm sofort Einfluss auf die Wahl der Standorte für die Lokomotivdepots. Diese waren nicht mehr so wichtig, wie bei den Dampflokomotiven. Eine elektrische Lokomotive benötigt keine Vorräte mehr, da die Energie durch die Fahrleitung zugeführt wird. Sie kann also irgendwo stationiert sein und unbeschränkt weit fahren. Es war daher klar, dass auch die junge BLS bei den Bauten sparen musste.

Man baute deshalb nur das, was unbedingt nötig war. Das heisst, erbaut wurde nur ein kleines Depot in Brig, dem Endpunkt der neuen Strecke. Am anderen Ende nahm man das vorhandene Lokomotivdepot in Spiez. Es zeigt sich deshalb klar, dass man mit der elektrischen Lokomotive um einiges freier war, wenn es um die Gestaltung des Depots ging. Man nahm das, was man hatte oder aber es waren nur kleine Lokomotivdepots nötig, weil Drehscheibe und Kohlenlager wegfielen.

So war Spiez wohl eher dem Zufall zu verdanken, denn hätte es dort noch kein Depot gegeben, wäre wohl das nördliche Depot der BLS in Thun zu stehen gekommen. Mit der elektrischen Lokomotive baute man die Depots an einem oder an beiden Enden der Strecke. Doch noch etwas änderte mit der elektrischen Lokomotive.

Elektrische Lokomotiven konnten schnell fahren und hatten zudem noch eine grosse Zugkraft. Zwar sank die Geschwindigkeit, aber die Kraft war da, denn diese wurde nicht mehr durch die Tourenzahl einer Dampfmaschine bestimmt. Die maximale Tourenzahl des elektrischen Motors konnte einfach mit Getrieben den Bedürfnissen angepasst werden.

Eine mit elektrischen Lokomotiven betriebene Bahn baut deshalb die Lokomotivdepots immer dort, wo die Lokomotiven auch benötigt werden. Somit ganz klar an den Endpunkten einer Strecke. Die Lok musste hier ja so oder so vom Zug getrennt werden und so lag es nahe, sie gleich schnell in einem kleinen Depot zu unterhalten. Weitere Depots innerhalb der Strecke waren nicht mehr zwingend nötig.

 

Schlussfolgerungen

Wir haben nun erfahren, dass es keineswegs ein Zufall ist, wo ein Depot steht. Dabei darf man nicht auf einen Ort fixiert sein, denn es kommt auf die engere Region an. Setzt man eine Lokomotive ein, die an Vorräte und deren Ergänzung gebunden ist, benötigt man eher mehr Standorte, als bei elektrischen Lokomotiven. Zudem spielt die Länge einer Strecke auch eine entscheidende Rolle. Auch hier soll ein kleiner Vergleich hilfreich sein.

Bei der Gotthardbahn wurden zwischen Immensee und Chiasso insgesamt 206.17 km gebaut. Mit dieser Länge gehörte die Strecke zu einem der längsten Einzelprojekte in der Schweiz. Infrastruktur war beim Bau noch keine vorhanden, so mussten alle Gebäude neu erstellt werden. Da konnte man die Standorte entsprechend der Topografie bauen.

Die Länge der Strecke Thun – Brig hingegen beträgt nur 84.248 km. Wobei hier ein guter Teil der Gleisanlagen schon von früheren Bahnen vorhanden war. Diese Bahnen hatten schon ihre Lokomotivdepots erstellt. Es war somit nur eine Fortsetzung der bestehenden Bahnen. Jedoch eine Voraussetzung, die alles änderte, denn aus den Regionallinien wurde eine Transitachse.

Die BLS hatte mit ihren rund 84 Kilometer Länge zwei Standorte gewählt. Die Gotthardbahn mit 206.17 km deren drei. Die mittlere Distanz bei der BLS liegt so theoretisch bei rund 84 km. Bei der Gotthardbahn waren es rund 69 km. Es handelt sich hier um klare Theoriewerte, die nicht mit der Realität übereinstimmen. Sie sollen aber auch nur zum Vergleich dienen.

Wir sehen, dass die Distanz der Standorte in etwa gleich ist. Denn 15 Kilometer sind nicht gerade viel, wenn man bedenkt, dass beide Scheiteltunnel gerade um diese Länge herum gebaut wurden. Das heisst, grundsätzlich wäre mit den bestehenden Standorten am Lötschberg auch ein Einsatz mit Dampfloks der Bauart C 5/6 möglich gewesen. Das wäre vermutlich auch so gewesen, weil der Loktyp gerade zu dieser Zeit entstand.

Bei der Gotthardbahn liessen jedoch die Topografie und die verwendeten Dampflokomotiven der Strecke keine andere Wahl zu. Die Standorte mussten um die Steilrampen herum gebaut werden. Es wäre interessant, wo die Depots der BLS entstanden wären, wenn die Dampflok verwendet worden wäre, hätte es dann ein Depot Frutigen gegeben? Anders herum, würde heute jemand Erstfeld kennen, wenn die Gotthardbahn mit elektrischen Lokomotiven begonnen hätte?

Nur so zum Spass wollen wir die Sache nun einmal umkehren. Das heisst somit, die Depotstandorte für die Gotthardbahn würden nach den theoretischen Grundsätzen der elektrischen Lokomotive gebaut. Demgegenüber gelten für die Strecke des Lötschbergs die Grundsätze der Dampflok.

Gleich zu Beginn eine kleine Überraschung. Am Lötschberg hätte es vermutlich keine Änderung gegeben, denn Spiez bestand schon und in Brig hätte es auch bei den Dampfloks Lokomotiven gebraucht. Die Distanz nach Frutigen könnte auch mit einer langsam fahrenden Dampflok für die Bergstrecke befahren werden. Lässt man nun Spiez weg, wäre wohl das Depot in Frutigen zu stehen gekommen. Aber, wie gesagt, das ist alles reine Spekulation.

Am Gotthard sähe die Sache hingegen ganz anders aus, denn hier hätte man vermutlich auch drei Standorte gewählt, nur wären dann Arth-Goldau, Bellinzona und Chiasso logisch gewesen. Auch die Grösse der Lokomotivdepots wäre eher kleiner ausgefallen. Niemand würde heute von Erstfeld oder von Biasca sprechen. Der Standort wäre im Norden klar in Arth-Goldau oder vielleicht noch nördlicher in Luzern oder Rotkreuz zu finden.

Das Lokomotivdepot Bellinzona wäre vermutlich auch bei elektrischen Lokomotiven entstanden. Dafür sprachen die sich teilende Strecke und die dort angesiedelte Hauptwerkstätte. Das hätte auch ein kleines Depot benötigt. Aber, hätte das Depot überhaupt wegen der elektrischen Lokomotive gebaut werden müssen. Ein Blick in die Anforderungen der ersten Lokomotive hilft weiter.

Die Anforderungen an die Maschinen waren enorm. Die Lokomotive mit einer Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h musste eine Strecke von 1'360 km innerhalb von 24 Stunden zurücklegen. Ein Wert, den auch die beste Dampflok nie erreichen konnte. Dabei waren nur kurze Aufenthalte zur Schmierung der Lager vorgesehen. Es muss aber erwähnt werden, dass diese Distanz am Gotthard zu dieser Zeit kaum erreicht werden konnte. Nun bin ich Ihnen eigentlich nur noch die Lok schuldig. Es handelt sich hier um die Be 4/6, die erste elektrische Schnellzugslokomotive der SBB.

Es wird nun an der Zeit, wenn wir uns einige Lokomotivdepots genauer ansehen. Dabei fiel die Wahl auf die Standorte der Gotthardbahn und der Lötschbergbahn. Ergänzend soll noch das Depot Luzern hinzugenommen werden. Ein Standort, der nach den Grundsätzen der Flachbahn erbaut worden war und somit kaum zu den anderen Standorten passte.

Ein detaillierter Einblick auf die geschichtliche Entwicklung soll es jedoch nicht sein. Vielmehr soll eine Geschichte über den Standort entstehen, die dessen Entwicklung erläutert. Sofern vorhanden erfolgen einige statistischen Daten zum jeweiligen Standort. Aber genaue Daten werden fehlen, denn diese sind nicht elementar wichtig. Sie werden es aber gleich mit dem ersten Standort bemerken.

 

Arth-Goldau Bellinzona Biasca Brig
Chiasso Erstfeld Luzern Spiez

Die Reihenfolge soll keine Rückschlüsse auf die Bedeutung oder die Grösse sein. Vielmehr werden die Lokomotivdepots in alphabethischer Reihenfolge behandelt. Nur so kann ein Standort so neutral wie möglich betrachtet werden und das ist nötig, denn einige Standorte sind äusserst bekannt oder nahezu nicht bekannt. Vielleicht haben Sie sich bisher schon gefragt, wie kommt er dort zu einem Depot?

Bevor Sie sich nun mit  bösen Bemerkungen bei mir melden, es können in dieser Frage mehrere unterschiedliche Ergebnisse entstehen, die alle richtig sein können. Es hängt einfach vieles davon ab, auf was für Punkte man sich konzentriert, hier sollte nur eine Denkweise vermittelt werden, die durchaus auch von verantwortlichen Stellen der beiden Bahnen hätten getroffen werden können.

 

Auf und ab in Arth-Goldau

Der Bahnhof Arth-Goldau ist an der Gotthardachse ein richtiger Knotenpunkt. Hier treffen die Strecken von Luzern – Basel und Zug - Zürich zusammen. Zudem beginnt hier die Zahnradbahn auf die Rigi und die Südostbahn über den Sattel. Begonnen hatte das Zeitalter der Eisenbahn hier mit der 1875 eröffneten Zahnradbahn von Arth am See nach Rigi Kulm.

7 Jahre später entstand dann der erste Knoten mit der Gotthardbahn, die von Immensee kommend, nach dem Süden fuhr. Im Jahre 1891 kam die Linie von Samstagern nach Arth-Goldau hinzu. Erstmals trafen drei Bahnlinien hier zusammen. Beteiligt waren dabei drei Bahngesellschaften, die ARB, die SOB und die GB. Als letzte Strecke erreichte schliesslich 1897 auch die Linie von Zug den Bahnhof Arth-Goldau.

Ein richtiges Lokomotivdepot gab es dabei jedoch nur bei der ARB. Diese baute dazu auch eine Werkstätte. Womit die Fahrzeuge beim Bahnhof Arth-Goldau stationiert und gewartet wurden. Die Gotthardbahn erkannte die Wichtigkeit des Standortes noch nicht, so dass Arth-Goldau kein Depot bekam. Das war verständlich, denn anfänglich war der Bahnhof ein normaler Bahnhof an der Strecke.

Die SOB begnügte sich mit ein paar Geleisen, aber auch hier gab es kein Lokomotivdepot, denn die SOB operierte mit den Zügen ab Samstagern. Für einen regen Güterverkehr waren die Steilrampen zudem nicht geeignet. Mit der Strecke aus Zug, war erstmals die Berechtigung für ein Depot vorhanden. Der Standort wurde am südlichen Ende des Bahnhofes gewählt, so dass die Lokomotiven mit den Zügen aus Zug direkt ins Depot fahren konnten.

Das Lokomotivdepot Arth-Goldau war dabei aber alles andere als ein Standort, der mit Erstfeld oder Luzern verglichen werden konnte. Es wurde bei den SBB als Nebendepot der Depotinspektion Luzern geführt. Im Grunde hiess das nichts anderes, als dass die Verwaltung des Depots in Luzern erfolgte. Hier stationiert waren nur die Arbeiter, wie die Lokführer.

Bei den Gebäuden konnte aber das Depot Arth-Goldau durchaus mit Lokomotivdepots anderer Bahnen mithalten. So war eine Remise mit drei Ständen vorhanden. Hinter dieser baute man eine Drehscheibe ein um die Lokomotiven bei Bedarf abzudrehen. Da diese Gebäude zwischen den Streckengleisen nach Schwyz und Biberbrugg eingeklemmt waren, musste das Dienstgebäude neben dem Streckengleis nach Schwyz erstellt werden.

Das war für das Personal natürlich alles andere als befriedigend, so mussten immer die Geleise der dicht befahrenen Strecke überschritten werden. Damit sie von den spät sichtbaren Zügen aus Süden gewarnt werden konnten, wurde eine Pfeiftafel montiert. Diese blieb dann bis zum Schluss der Depotanlage erhalten. Die Gebäude sind zwar immer noch erhalten, werden aber bis auf die Remise nicht mehr durch die SBB genutzt.

Die SOB begnügte sich mit einem Lokpersonalstandort, das heisst, es waren zwar Lokführer vorhanden, aber keine Lokomotiven stationiert. Das Personal bezog dazu Räumlichkeiten im Bahnhof. Die ARB stellte später die Linie Arth am See – Arth-Goldau ein und so war das Depot am talseitigen Ende der Bergbahn. Was sich mit anderen Bergbahnen bestätigen lässt. Diese beiden Standorte entwickelten sich im Lauf der Jahre mit den betreffenden Bahnen.

Aufregender war da aber die Geschichte mit dem Nebendepot der SBB. So richtig behaupten konnte sich der Standort eigentlich nicht. Regionale Einsätze prägten das Bild über Jahre, wobei durchaus ein ansprechendes Gebiet befahren wurde. Es war immer wieder davon die Rede, dass das Lokomotivdepot Arth-Goldau eingestellt werden soll.

So wurden sogar schon Lokführer von Arth-Goldau nach Zug versetzt, als man den Entscheid wieder revidierte. Alles in allem blieb aber der Bestand beim Personal eher bescheiden. Als Beispiel sei hier 1990 aufgeführt, wo der Bestand 32 Mann betrug. Neben ein paar Rangierlokführer waren das Streckenlokführer. Ihr Standort war das kleine Dienstgebäude.

Schliesslich kam sie, die Schliessung, aber nicht so, wie man befürchtet hatte. Das Depot Arth-Goldau wurde aufgehoben. Das Personal wechselte daraufhin in das Bahnhofgebäude und aus Arth-Goldau wurde ein Personalstandort. Lokomotiven waren nicht zugeteilt worden, da diese immer in der Depotinspektion Luzern zu Hause waren.

Mit der Umstrukturierung der SBB kam das Depot vorübergehend in die Obhut des Depots Erstfeld, da die Ablösungen ab dort besser abgedeckt werden konnten. Genauer ging es da um die ersten und letzten Touren, die für einen Lokführer aus Luzern folglich eine auswärtige Übernachtung generierte. Für die Lokführer aus Erstfeld gab es immer die Möglichkeit mit einem Güterzug nach Hause zu kommen.

Lange dauerte diese Zuteilung jedoch nicht, denn mit der Aufteilung in die SBB-Divisionen Personenverkehr und Cargo, wurde der Standort Arth-Goldau dem Personenverkehr zugeschlagen. Die Obhut übernahm dabei der Standort Luzern. Die Lokführer in Arth-Goldau wurden zunehmend auch im internationalen Verkehr eingesetzt und erreichten dabei Basel Badischer Bahnhof und Chiasso.

Mit dem Entscheid von SBB Cargo, das Lokomotivpersonal von Erstfeld nach Arth-Goldau zu verlegen änderte sich hier einiges. Bei den SBB gab es nun zwei getrennte Standorte. Das zeigt sich auch in der Wahl der Räumlichkeiten. Die von SBB Cargo befinden sich im Stellwerk und somit auf der anderen Seite des Bahnhofes. Aber noch etwas sollte sich abzeichnen, der Standort von Cargo sollte erstmals grössere Ausmasse annehmen.

Speziell dabei ist, dass die Lokführer von SBB Cargo und der SOB dank einem Abkommen gegenseitige Aushilfe auf der jeweils anderen Strecke leisten. Dabei profitieren beide Unternehmen, denn die SOB, welche an einem universellen Lokführer interessiert ist, kann diesen im Güterverkehr verwenden. Das Personal von SBB Cargo arbeitet dank diesem Abkommen auch mal am Tag.

Ein Blick in die Zukunft zeigt aber, dass der Standort nicht fest in Zement gemeisselt ist, denn gemäss der Planung der vollständigen NEAT, könnte Arth-Goldau das gleiche passieren, wie Erstfeld, nämlich, dass die Züge am Standort vorbei fahren und diesen gar nicht erreichen. Nur, die wenigsten der heute beschäftigten Lokführer werden das noch aktiv miterleben.

 

Bellinzona, die Schaltzentrale im Tessin

Mit der Eröffnung der Gotthardbahn wurde Bellinzona zur Schaltzentrale im Tessin. Dabei handelte es sich nicht um das erste Lokomotivdepot im Tessin. Doch durch die hier angesiedelte Hauptwerkstätte kam dem Depot eine besondere Rolle zu. In der Grösse konnte man Bellinzona stets mit dem Depot in Erstfeld vergleichen, denn für den Betrieb waren beide gleich wichtig. Eines war dabei jedoch klar, hier waren nur Lokführer der Gotthardbahn stationiert.

Dies obwohl ab 1907 mit der Bahn Bellinzona - Mesocco, auch eine schmalspurige Bahn nach Bellinzona kam. Dabei war aber Bellinzona nur ein Endpunkt der Strecke. Die Lokführer der BM waren jedoch nicht hier stationiert, es blieb beim Depot der Gotthardbahn. Ab 1909 übernahm dann die SBB das Depot, änderte aber nichts an den Strukturen.

Daran änderte sich im Lauf der Jahre wenig. Das Depot stellte die Lokomotiven aus der Hauptwerkstätte wieder in Betrieb. Bellinzona war zudem ein Knotenpunkt, denn hier teilten sich die Züge nach dem Sottoceneri und nach Luino und Locarno. Die zusätzlich benötigten Züge wurden hier formiert. Bellinzona wurde nach der Verstaatlichung zur Depotinspektion, die mit Bodio, Biasca, Luino, Lugano Vedeggio und Chiasso mehrere Nebendepots unterhielt.

Die alten Bauten im Depot wurden Ende der 70er Jahre abgebrochen und es entstand ein Neubau mit modernen Anlagen für den Unterhalt. Es sollte das einzige Depot am Gotthard sein, das auch in der Lage war komplette Züge zu unterhalten. Dazu entstand mit dem Neubau eine lange Halle für Pendelzüge. Wobei auch noch eine kürzere Halle Platz für Lokomotiven bot. Dank automatischen Toren und einem eigenen Stellwerk war es auch für den modernen Bahnbetrieb gerüstet.

Hier wurden immer Lokomotiven stationiert. So wurden ab Bellinzona noch die letzten Dampflokomotiven nach Luino eingesetzt. Daneben gehörten aber immer wieder die modernsten Lokomotiven der SBB dazu. Der Depotinspektion wurden dabei mehrere Loktypen zugeteilt, ein Blick ins Jahr 1988 zeigt dabei folgendes Bild:

 

Loktyp Anzahl Loktyp Anzahl Loktyp Anzahl
Re 4/4 I 18 Re 6/6 46 Ee 3/3 9
Ee 3/3 IV 4 Eem 6/6 3 Bm 4/4 9
Bm 6/6 3 Em 3/3 4 Tm III 1
Tm IV 1        

Von den Lokomotiven waren nur die Re 4/4 I und Re 6/6 ausschliesslich in Bellinzona zu Hause. Die anderen Lokomotiven waren in den Nebendepots stationiert und erledigten dort die Aufgaben. Ein grosser Teil der Rangier- und Diesellokomotiven wurde zudem in Chiasso benötigt, so dass sie kaum einmal in Bellinzona zu finden waren.

Der Personalbestand im Jahre 1990 belief sich auf 299 Personen. In dieser Zahl sind aber nicht nur die Lokführer enthalten, vielmehr war noch Personal in der Administration und dem Unterhalt tätig. Klar ein eigener Bereich war die Hauptwerkstätte, welche in den hier genannten Zahlen nicht enthalten ist. Ein Grossteil des Personals bestand jedoch aus Lokführern.

Eingesetzt wurde das Lokomotivpersonal nach Chiasso und auf der Strecke über den Gotthard. Hinzu kamen aber auch die Einsätze nach Luino und Locarno. Sie erreichten im Norden viele Jahre Erstfeld, Zürich und Luzern. Mit der Strecke nach Luino kamen die Lokführer auch in Italien zum Einsatz. Daran änderte sich lange Jahre nichts. Die TEE-Züge mit den RAe TEE II sorgten dafür, dass Bellinzona auch nach Como weiter fuhr. Es war somit als einziges Depot der Gotthardbahn mit durch Gleichstrom gespeisten Zügen unterwegs.

Erste grosse Veränderungen gab es in Bellinzona mit der Aufteilung der SBB. Das Lokomotivpersonal wurde den unterschiedlichen SBB-Divisionen zugeteilt. Am grundlegenden Personalbestand änderte sich jedoch nur wenig. Klar führte jede Division kleinere Bestände, was aber durch die Teilung bedingt war. Einzig die Einsätze wurden auf die Divisionen aufgeteilt. Eine klare Trennung gab es nicht, so dass noch Lokführer des Personenverkehrs mit Güterzügen eingesetzt wurden.

Immer mehr kamen im Güterverkehr auch längere Fahrten in der Deutschschweiz hinzu, so dass Lokführer aus Bellinzona auch den Rangierbahnhof Limmattal und Olten erreichten. Diese Einsätze waren aber beim Personal nicht sonderlich beliebt, denn für viele gebürtige Tessiner war es zu weit in der Deutschschweiz. In Olten hatte kaum jemand für den schlecht Deutsch sprechenden Lokführer Verständnis.

Mit dem freien Netzzugang bekam Bellinzona auch einen Standort für Lokführer der BLS. Die rekrutierte die Leute hauptsächlich aus dem Bestand der SBB, so dass sich beim gesamten Personalbestand wenig änderte. Der Anteil der BLS blieb in Bellinzona jedoch bescheiden. Die Lokführer der SBB-Division Personenverkehr wurden zum Teil in die Tochtergesellschaft TILO überführt. Es war klar, dass das nicht ohne den entsprechenden Frust beim Personal erledigt werden konnte.

Im internationalen Konzept von SBB Cargo ist auch Bellinzona noch enthalten. Wobei hier jedoch noch nicht gesichert ist, ob der Cargostandort langfristig überleben wird. Mit der Grundidee, mit dem Personal bis zum umfallen, also bis an das gesetzliche Limit zu fahren, wird die NEAT Bellinzona nicht mehr zu einem Endziel werden lassen.

Hier wird der Verkehr nach Italien immer wichtiger werden, was klar die Ausbildung des Personals beeinflusst. Letztlich könnte aber dem Personal von Bellinzona das Schicksal widerfahren, dass es nach Luino verschoben wird. Im Gegensatz zu anderen Orten ist hier aber ein Grund zu erwähnen, der nicht ausser Acht gelassen werden darf. Luino liegt im Ausland.

 

Biasca, bis zum letzten Mann

Als 1874 der Betrieb auf den Tessiner Talbahnen aufgenommen wurde, brauchte man ein passendes Depot. Da man in Bellinzona noch nicht bereit war, ging zuerst das Depot in Biasca in Betrieb. Es lag am nördlichen Ende der Talbahnen und konnte somit die ganzen bereits in Betrieb stehenden Strecken abdecken. Der Start war jedoch sehr speziell, denn von den 48 Mitarbeitern waren gerade einmal 8 Lokführer.

Mit der Eröffnung der durchgehenden Linie erweiterte sich der Einsatz ab Biasca. Die Lokomotiven wurden hier meist für die lange Bergfahrt nach Airolo vorgespannt oder einfach nur ausgewechselt. Jedoch wurde das Lokomotivdepot Biasca schon schnell von Bellinzona aus verwaltet. Die Gotthardbahn stationierte hier noch Lokomotiven. Bei den SBB sollten dann keine Lokomotiven mehr in Biasca stationiert sein. Das Staatsunternehmen konzentrierte die Lokomotiven in Bellinzona.

Im Jahre 1911 kamen dann noch eine Handvoll Lokführer nach Biasca, die jedoch nicht zum Bestand der SBB gezählt werden konnten, denn es handelte sich um Lokführer der Biasca – Aquarossa Bahn. Diese wurden aber nicht in Biasca stationiert, so dass es nur beim Personal der SBB bleib. Die Werkstätte reparierte im Lauf der Jahre keine Lokomotiven mehr.

Der Stern von Biasca begann mit der Einführung des elektrischen Betriebes zu sinken. Die elektrischen Lokomotiven liefen hier einfach durch, weil die Bespannung schon in Bellinzona oder gar schon in Chiasso für die Fahrt über den Gotthard abgestimmt wurde. Es blieben noch die vereinzelt hier endenden Regionalzüge. Trotzdem sollte es aber immer wieder Vorspannleistungen ab Biasca geben.

Im Jahre 1973 verschwanden dann die Züge der BA vom Bahnhofsplatz in Biasca. Die mit dieser Stichbahn geplante Bahn über den Lukmanierpass in den Kanton Graubünden scheiterte am geringen Verkehr. Sie war damit im Tessin keineswegs alleine. Die Anlagen wurden abgebrochen, es gibt aber immer noch Stellen, wo das ursprüngliche Trassee erahnt werden kann.

Es kam dann aber der Tag, wo zumindest der Lokpersonalstandort Biasca geschlossen werden sollte. Da es keine Versetzungen nach Bellinzona geben sollte, wurden einfach die Abgänge nicht mehr ersetzt. Auch der Bestand in der Werkstätte sank, so dass in Biasca im Jahre 1990 noch 18 Mitarbeiter angestellt waren.

Die hier noch verbliebenen Lokführer leisteten aber bereits Dienste für das Depot Bellinzona. Der grösste Teil der Mitarbeiter arbeitete damals noch in der Wagenreparatur. Letztlich wurde aber der Personalstandort Biasca mit der Pensionierung des letzten Streckenlokführers aufgehoben. Das Depot hatte vollends geschlossen.

Die Wagenreparatur in den Gebäuden konnte sich dann noch ein paar Jahre halten, jedoch verschwand auch diese von der Bildfläche. Geblieben sind nur noch die stummen Zeugen. Die Gebäude sind, wie auch die ausgedehnten Anlagen noch erhalten und werden seither für andere Zwecke verwendet.

Gerade am Lokomotivdepot Biasca kann klar aufgezeigt werden, wie die elektrischen Lokomotiven die Bedeutung von Standorten veränderten. Es war verwunderlich, dass sich trotzdem noch bis nach 1990 Lokführer hier halten konnten. Vieles hing dabei aber mit dem Staatsbetrieb und dem Beamtenstatus zusammen.

Eine Rechtfertigung für dieses Depot gab es aber schlicht nicht mehr. Bellinzona war zu nahe und das merkte man sehr schnell. Ja es kam sogar soweit, dass das Lokomotivdepot Biasca bei vielen Leuten in Vergessenheit geraten ist. Etwas, was es schlicht nicht verdient hatte, denn die ersten Gotthardlokführer wurden hier angestellt, es war das älteste Depot der Gotthardbahn.

 

Brig, ein spezieller Fall

Brig war immer ein spezieller Fall, war es doch ein Bahnhof mit drei unterschiedlichen Betriebssystemen. Die ersten Dampfloks erreichten Brig 1878 von Lausanne her. Noch war der Bahnhof einfach am Ende einer Linie, aber die Distanz zu Sion rechtfertigte durchaus ein Depot. Die Bahnlinie nach Brig legte dann auch fest, wo das Nordportal des Simplontunnels zu liegen kommen würde.

Die SBB übernahmen das Zepter 1902, nachdem die Jura-Simplon – Bahn verstatlicht wurde. Am Charakter des Depots Brig änderte sich jedoch noch wenig, denn die Strecke bestand ja immer noch aus der Linie nach Lausanne. Trotzdem beschloss man bei den SBB das Depot Brig zur Depotinspektion zu machen. Ganz zu Beginn noch mit Dampflokomotiven.

Die ausgedehnten Anlagen des Depots Brig wurden südöstlich des Bahnhofes erstellt und bestanden aus diversen Bauten. Besonders zu erwähnen ist dabei der in Brig gebaute Rundschuppen für die Dampflokomotiven. Dieser blieb bis in die Neuzeit erhalten und ist ein stummer Zeuge der Dampftraktion.

Als 1906 der erste Simplontunnel eröffnet wurde, änderte sich auch der Charakter des Depots Brig. Die Züge aus Italien benötigten wegen den steilen Rampen zusätzliche Lokomotiven. Da die Strecke durch die SBB betrieben wurde, waren das logischerweise Lokomotiven aus Brig. Mit der Aufnahme des elektrischen Betriebs im Simplontunnel erfolgte in Brig ein Traktionswechsel.

Legendäre Züge, wie der Simplon-Orient Express hielten in Brig und bekamen eine Briger Lokomotive für den Tunnel vorgespannt. Durch die elektrischen Lokomotiven für den Drehstrombetrieb, war Brig das erste SBB-Lokomotivdepot, das über Fahrleitungen verfügte. Man kann somit sagen, der elektrische Betrieb der SBB Depots begann in Brig.

1913 kam dann mit der Eröffnung der Lötschbergbahn auch ein kleines Depot der BLS nach Brig. Dieses wurde am gegenüber liegenden Ende erstellt. Obwohl die Zusammenarbeit mit der SBB theoretisch möglich gewesen wäre, gab es ein technisches Problem, denn die beiden unterschiedlichen Fahrleitungen hätten sich kreuzen müssen. Zudem besass das SBB Depot damals eine Drehstromfahrleitung.

Als 1915 die schmalspurige Bahnlinie nach Oberwald eröffnet wurde, kam ein weiteres Depot nach Brig. Dieses war aber eine Etage tiefer angelegt worden und stand eigentlich Quer zum Bahnhof. Das BFD Depot ging später in den Besitz der FO über. Mit der Strecke nach Visp, der BVZ kam sogar noch einer weitere Bahn nach Brig. Die beiden schmalspurigen Bahnen fusionierten schliesslich zur MGB.

Die mit Drehstrom betriebenen Lokomotiven wurden ab 1919 auch noch das Rhonetal hinunter eingesetzt. So konnte die Lokomotive vom Tunnel her bis Sion weiterfahren. Trotzdem, in Brig blieben die Dampflokomotiven, denn bereits in Iselle di Trasquera endete der elektrische Betrieb und die SBB mussten für die Linie nach Domodossola Dampflokomotiven stellen. Dabei kamen ab 1920 auch Lokomotiven zum Einsatz, die am Gotthard nicht mehr benötigt wurden.

Als Nebendepot wurden der Depotinspektion Brig die Standorte Domodossola und Sion zugeteilt. Dabei handelte es sich aber nur um kleine Standorte, die in den betreffenden Bahnhöfen den Rangierdienst übernahmen. Die Streckenlokführer waren in Brig stationiert.

Das Lokomotivdepot Brig bekam im Lauf der Jahre einen zweifelhaften Ruf. Diente es doch dem Kreis I als Strafkolonie für ungehorsame Lokführer der Depots Bern und Biel. Dabei war der Ablauf immer gleich. Befolgte ein Lokführer der besagten Depots die Anweisungen der Obrigkeit nicht immer zu deren Zufriedenheit, wurde der betreffende Lokführer nach Brig zwangsversetzt.

Als Depotinspektion beheimatete das Lokomotivdepot der SBB in Brig stets Lokomotiven. Ähnliches galt auch für die FO, aber nicht für die BLS, dort war klar nur ein Personalstandort vorhanden. Die Lokomotiven der SBB waren oft zuvor am Gotthard eingesetzt und kamen dann nach Brig. So dass im Lebenslauf vieler Gotthardlokomotiven einmal Brig steht.

Im Lauf der Jahre verschwanden aber die Streckenlokomotiven aus Brig, womit die Depotinspektion Brig zur einzigen dieser Organisationen wurde, die keine Streckenlokomotiven mehr unterhalten konnte. In Brig blieben deshalb nur noch die Rangierlokomotiven und Lokomotiven für Hilfeleistungen. So waren in Brig im Jahre 1988 folgende Lokomotiven stationiert:

 

Loktyp Anzahl Loktyp Anzahl Loktyp Anzahl
Ee 3/3 6 Ee 3/3 II 3 Am 4/4 (1)
Bm 6/6 1 Tem III 1    

Speziell zu erwähnen ist hier die stationierte Am 4/4. Dabei handelte es sich um eine der aus Deutschland gebraucht gekauften Lokomotiven der ehemaligen Baureihe V200. Die Lok war 1988 noch nicht an die SBB übergeben worden, kam dann aber nach Brig.

Der Personalbestand im SBB Depot Brig belief sich 1990 auf 169 Angestellte. Eingesetzt wurde das Lokomotivpersonal hauptsächlich durch den Simplontunnel und auf der Rhonetalbahn in Richtung Lausanne. Hinzu kamen aber auch Fahrten auf der Lötschbergbahn bis nach Thun oder Bern.

Mit der Neuausrichtung der SBB kamen die Lokführer in die unterschiedlichsten Bereiche. Was auch teilweise Veränderungen im Einsatz mit sich brachte. Besonders zu erwähnen sind hier die Lokführer von SBB Cargo, welche mit ihren Zügen bis nach Basel fahren und so wie Erstfeld ebenfalls die ganze Schweiz durchqueren.

Da Brig, insgesamt drei unterschiedliche Sprachregionen befährt, müssen hier auch Lokführer eingesetzt werden, die Italienisch, Französisch und Deutsch sprechen. Da aber nicht jeder Lokführer über alle Sprachkenntnisse verfügt, kam es zu einer internen Aufteilung der Strecken. Für die Depots in Brig sieht die Zukunft keine zu grossen Veränderungen vor. Zumal hier die Zukunft mit der Eröffnung des Basistunnels am Lötschberg bereits begonnen hat.

 

Chiasso, das südlichste Depot

Warum hier bei der Eröffnung kein Depot stand, ist verwunderlich. Chiasso ist schliesslich der Endbahnhof der Gotthardbahn. Hier wechselten die Lokomotiven der GB gegen solche der italienischen Bahnen. Es erscheint eigentlich nur logisch, dass hier ein Depot erstellt werden sollte. Aber es war ganz anderes. Dieser Mangel wurde aber behoben, so dass Chiasso doch noch zu einem Lokomotivdepot kam.

Die Gebäude wurden auf Schweizer Seite neben der Einfahrt aufgestellt und bestanden aus Drehscheibe, Remise, Magazin und einem Dienstgebäude. Die Remise fiel dabei für ein Grenzdepot eher klein aus und so hatten nur einige Maschinen darin Platz gefunden. Die Verwaltung erfolgte für das Depot Chiasso immer ab Bellinzona. So wurde Chiasso zu einem Nebendepot, aber zu einem besonderen Nebendepot.

Wer sich nun vorstellt, dass das Depot der FS um einiges grösser ausfiel hat sich geirrt. Es steht auf Italienischer Seite des Bahnhofes neben der Einfahrt. Es entspricht in seiner Grösse etwa dem Lokomotivdepot der SBB. Doch wir wollen uns nicht mit dem Depot der FS befassen und lassen es damit sein. Es sollte nur erwähnt sein, dass bei der FS nichts anders war.

Doch warum macht ein Depot an der Grenze sinn? Die Grenze ist schon immer ein Punkt gewesen, wo die Lokomotiven ausgewechselt wurden. Ja es gab sogar Grenzen, wo die Waren umgeladen wurden. Wenn die Lok schon vom Zug entfernt werden musste, lag es auf der Hand, diese dem Depot zuzuführen. Doch erst mit den elektrischen Lokomotiven wurde das endgültig umgesetzt.

Obwohl, das Areal für das Depot relativ klein ausfiel, hatte es genug Platz für das Personal. So waren hier immer sehr viele Mitarbeiter stationiert. Viele davon jedoch nicht unbedingt freiwillig, denn Chiasso war die Strafkolonie der Depotinspektion Bellinzona. Wobei, hier kann wirklich von Strafarbeit gesprochen werden, denn schliesslich endeten die Ausflüge des Personals spätestens in Erstfeld.

Der Bestand beim Personal lag im Jahre 1990 bei total 171 Personen. Für ein Nebendepot sicherlich ein beachtlicher Personalbestand. So verwundert es nicht, dass Chiasso das grösste Nebendepot der SBB war. Mit seiner Grösse übertraf das Depot sogar noch vollwertige Depotinspektionen. Jedoch war viel Personal im Rangierdienst und in der Werkstatt tätig, so dass nur wenige Streckenlokführer zu finden waren.

Die grosse Häufung von Rangierlokführern rührte letztlich von der Grenze und vom grossen Rangierbahnhof her. Die hier eingesetzten Lokomotiven waren zwar in Bellinzona stationiert, wurden aber in Chiasso eingesetzt und auch gewartet, so dass kaum eine Maschine nach Bellinzona überführt wurde. Wegen der unterschiedlichen Stromsysteme waren es hauptsächlich Diesellokomotiven.

Mit den zunehmenden Geschwindigkeiten kamen die Lokführer aus Chiasso auch weiter in die Deutschschweiz und erreichten Luzern und Zürich. Diese extremen Langläufe sollten die Zukunft des Personals sein. Diese Distanzen konnten aber nur mit den Reisezügen zurückgelegt werden. Im Güterverkehr war nach wie vor in Erstfeld Schluss.

Die Aufspaltung brachte auch hier die üblichen Veränderungen mit sich. Aufgeteilt wurde das Personal aber in alle drei Teilbereiche. Der Grund liegt in der Übernahme des Rangierdienstes durch die Infrastruktur. Für die Streckenlokführer stand die Entscheidung an, ob sie zum Personenverkehr oder zu SBB Cargo arbeiten gehen wollen.

Gerade die Lokführer von der SBB-Division Cargo kamen nur noch nach Erstfeld, was natürlich für die Stimmung nicht sonderlich förderlich war. So erstaunt es wenig, dass viele Lokführer von den SBB zum neu geschaffenen Standort der BLS wechselten. Wobei am Einsatz änderte sich wenig. Die Lokführer hier bekamen aber auch die Möglichkeit um Einsätze nach Italien zu fahren.

Ob sich hier in Chiasso viel ändern wird ist nicht sicher zu sagen, denn mit der NEAT werden erstmals auch Einsätze bis nach Basel fahrbar. Dabei fahren die Lokführer mehr als die halbe Zeit in einer fremden Sprachregion. Als Grenzdepot zu einem anderen Stromsystem könnte aber für Chiasso noch viele Jahre Arbeit bringen, denn seine Berechtigung ist auch im modernen Güterverkehr nicht in Frage gestellt.

 

Erstfeld, das berühmteste Depot?

Kaum ein Eisenbahnfan, der es nicht kennt, das Lokomotivdepot Erstfeld. Dabei stand gerade dieses Depot lange auf der Kippe. Es war gar nicht sicher, wo das nördliche Depot letztlich zu stehen kommen würde. Der Grund war die lange Unsicherheit bei der Streckenführung. Erst auf Druck von der Landesregierung wurde das Depot festgelegt.

Weil der Entscheid zu Gunsten von Erstfeld erst spät gefällt wurde, reichte die Zeit für den Bau nicht mehr aus. Es ging 1882 zwar in Betrieb, aber noch wurde gebaut. Es wurde neben dem Bahnhof erstellt und konnte von beiden Seiten angefahren werden. Neben den Drehscheiben waren die Remisen und ein Dienstgebäude vorhanden. Dank einer kleinen Werkstatt konnten hier auch kleinere Reparaturen ausgeführt werden.

Für das Lokomotivpersonal war eines klar, es gab nur die Möglichkeit nach Norden zu fahren oder nach Süden. Bei der Gotthardbahn war im Norden die Fahrt in Luzern und Rotkreuz bereits zu ende. Einen Grossteil der Arbeit wurde aber auf der Bergstrecke absolviert. Dabei arbeitete das Personal mit den hier stationierten Lokomotiven. Wobei in Erstfeld immer wieder die neusten Modelle in Betrieb genommen wurden.

Mit der Verstaatlichung kam auch Erstfeld 1909 zur SBB. An den Einsätzen änderte es eigentlich wenig. Erst die elektrischen Lokomotiven brachten dann eine erste Veränderung, das Streckenrayon erweiterte sich mit dem Fahrdraht. Die legendären Gotthardlokomotiven Ce 6/8 II, Be 4/6 und später die Ae 6/6 hatten stets eine Maschine in Erstfeld. Daneben anfänglich noch C 5/6, C 4/5 und A 3/5 um nur einige Dampfloks zu erwähnen. Die Liste liesse sich problemlos um gigantische und starke Modelle erweitern.

Was aber die elektrischen Lokomotiven an den Tag brachten, war die Tatsache, dass das Depot hier eigentlich am falschen Ort stand. Die schweren Züge mussten unmittelbar nach dem Bahnhof die Steigungen in Angriff nehmen, was unweigerlich bedeutete, dass in dieser beschleunigt werden musste. Dazu wurde aber sehr viel Energie benötigt. Nur, und das sicherte das Überleben für viele Jahre, die SBB hatten zu Beginn andere Sorgen, als das Depot in Erstfeld.

Mit den SBB änderte sich auch noch etwas anderes, denn die Worte Depot Erstfeld klangen immer wie ein Alptraum. Vor allem, wenn sie der Chef ausgesprochen hatte. Erstfeld wurde zur Strafkolonie für die Depots Basel, Olten und Luzern. Wer aufmüpfig war, wurde nach Erstfeld versetzt. Diese Drohung war gefürchtet, denn die beengte Landschaft fürchteten viele. Doch im Gegensatz zu den Strafkolonien der anderen Standorte bettelten hier die wenigsten auf eine baldige Rückkehr. Wer das Depot einmal kennen lernte, konnte sich nur schwer davon trennen.

Klar, Ausnahmen gab es immer, denn nicht jeder konnte sich an die Bedingungen in Erstfeld gewöhnen. Die Arbeit von Erstfeld war schon immer klar im Güterverkehr zu finden und die Belastung bei der Nachtarbeit, war immer am höchsten. Man muss sich das so vorstellen, wenn sich die Lokführer in Basel beschwerten, dass der Anteil an Nachtarbeit erhöht wurde, bekamen sie nur zur Antwort, die in Erstfeld können das schon lange.

Was für Bellinzona galt, galt auch hier. Die modernsten Lokomotiven kamen nach Erstfeld. Ob es sich um eine Dampflok oder um eine elektrische Lok handelte spielte dabei keine Rolle. Schon bei den Versuchsfahrten gehörte es dazu, einmal in Erstfeld abgestellt zu werden. Die in der nördlichen Schweiz angesiedelten Hersteller testeten die Loks auf der deutschsprachigen Seite.

Die stärksten elektrischen Lokomotiven waren klar hier stationiert. Aber auch spezielle Fahrzeuge kamen nach Erstfeld und blieben oft lange Zeit da. Die Lokomotiven wanderten schnell ab, weil eine neue stärkere Lok kam. Die Werkstätte in Erstfeld erhielt zudem einen guten Ruf, was letztlich auch für die Qualität der Arbeit sprach. Im Jahre 1988 waren in Erstfeld folgende Maschinen stationiert:

 

Loktyp Anzahl Loktyp Anzahl Loktyp Anzahl
Re 4/4 III 17 Re 6/6 28 Ae 6/6 27
Ee 3/3 6 Bm 4/4 1 Rotary 4

Auch hier müssen einige spezielle Fälle erwähnt werden. Die kleine Anzahl der Re 6/6 ist klar darauf zurückzuführen, dass damals die meisten Züge in Richtung Norden mit Ae 6/6 geführt wurden. Die im Verkehr mit Intercityzügen eingesetzten Re 6/6 waren hier falsch am Platz. Das heisst aber nicht, dass erstfelder Lokomotiven nicht auch für die hochwertigen Zügen eingesetzt wurden, aber Erstfeld war auch hier für den Güterverkehr vorgesehen.

Speziell sind auch die Re 4/4 III zu erwähnen. Diese waren stets komplett in Erstfeld zu Hause. Erst mit der Aufhebung der Depotzugehörigkeit änderte sich dies. Ebenso speziell waren auch die Schneeschleudern, welche zwar beidseitig abgestellt wurden. Stationiert waren diese immer in Erstfeld.

Erstfeld war auch eines der wenigen Depots, das kein Nebendepot unterhielt. Dabei darf das Intermezzo in Arth-Goldau nicht zu schwer gewichtet werden. Die Lokführer, die in Altdorf rangierten, waren alle in Erstfeld stationiert und fuhren immer nach Altdorf und zurück. Im Jahr 1990 waren in Erstfeld Total 284 Personen beschäftigt. Womit es die kleinste Depotinspektion im Kreis II war.

Die Einsätze reichten dabei bis nach Basel und Chiasso. Eingesetzt wurde das Personal hauptsächlich im Güterverkehr, was aber nicht heissen sollte, dass keine Dienste mit Reisezügen auf dem Programm standen. Viele Jahre war es das einzige Depot der SBB, das sowohl im Norden, als auch im Süden mit den Fahrzeugen die Grenze überquerten.

Obwohl in Erstfeld die Remise zweimal abbrannte, wurde diese immer wieder aufgebaut. Das Depot Erstfeld besteht auch heute noch aus Bauten, die teilweise aus der Eröffnung stammen und so weit über 125 Jahre alt sind. Die markante Remisenhalle, wie wir sie heute kennen kam erst viele Jahre später dazu und erweiterte das Lokomotivdepot. Dahinter stehen aber die um Jahre älteren Hallen. 

Das genügte aber um die Gebäulichkeiten weitgehenden unter Schutz zu stellen. Der Heimatschutz war es schliesslich, der sich um die Erhaltung bemühte. Das Depot gehört zum Dorfbild von Erstfeld und deshalb musste es unter Schutz gestellt werden. So bleibt das Depot der Nachwelt erhalten, auch wenn es keine Bahn mehr geben sollte.

Einen ersten Schlag ins Gesicht erlebte das Personal mit der Annahme der NEAT. Letztlich war dieser Tag das Todesurteil für den Standort der SBB. Was aber noch niemand ernsthaft befürchtete. Die Aufteilung der SBB brachte zudem die komplette Zuteilung zum Güterverkehr. Es wurde ein reiner Cargostandort. Geblieben sind aber noch ein paar Reisezüge.

Schliesslich kam der schwarze Tag für das Depot Erstfeld. Dank einer schlechten Organisation erfuhr das Personal in Erstfeld zum grössten Teil aus der Presse, dass es seine Stelle verlieren wird. SBB Cargo hatte beschlossen die Tore im wohl berühmtesten Depot der Schweiz zu schliessen. Der Stimmung beim Personal schadete das gewaltig, so dass noch in der gleichen Woche viele Lokführer zu BLS wechselten. Diese baute zur selben Zeit in Erstfeld einen neuen Personalstandort auf.

Die Alternative hiess für die gebliebenen Lokführer Arth-Goldau oder Kündigung. Zwar war ein langer zeitlicher Rahmen vorgegeben, aber das Personal verlor sämtliches Vertrauen in die Geschäftsleitung. Daran konnte auch die Tatsache nichts ändern, dass die Lokführer von Erstfeld zu den letzten Lokführern wurden, die planmässig beim Personenverkehr eingesetzt wurden.

Die Zukunft für das Depot Erstfeld sieht deshalb nicht besonders gut aus. Die Schliessung ist beschlossen und so bleibt dem Personal nur noch eine beschränkte Zeit, sich an dem grünsten aller Depots zu erfreuen. Die Gebäude werden wohl dank dem Schutz eine Zukunft haben. Wer weiss, vielleicht besuchen die Fans statt dem Lokomotivdepot das Museum eines Depots im Depot.

 

Luzern, kein Gottharddepot?

Die ersten Züge erreichten Luzern schon 1859. Dank dem Endbahnhof gab es bereits ein erstes Depot, das aber noch nicht an der jetzigen Stelle stand. Natürlich begann auch hier alles mit Dampf. Der Arbeitgeber war die Schweizerische Centralbahn SCB. Mit der Eröffnung der Gotthardstrecke kamen auch die Lokomotiven der GB nach Luzern, wo diese im Kopfbahnhof durch Maschinen der SCB getauscht wurden.

Auch mit der Brünigbahn kamen Züge nach Luzern. Schliesslich wurden alle Bahnen verstaatlicht, was unweigerlich dazu führte, das Luzern zu einem grösseren Standort wurde. Als einziges SBB Depot war Luzern in der Folge mit Zügen unterschiedlicher Spurweiten unterwegs. Dabei besass die Depotinspektion alleine in Luzern zwei eigenständige Depots. Was sich bei der Abwechslung für das Personal aber nicht abzeichnete, denn noch blieben die Leute ihren Linien treu.

Letztlich angesiedelt wurde das Depot zwischen der normalspurigen Einfahrt und der Brünigbahn. Es bestand aus Dienstgebäude, Remise, Werkstatt und einer Drehscheibe. Das Depot der Brünigbahn war an gleicher Stelle nur durch das Gleis der Linie nach Meiringen getrennt. Die Waschanlage für Züge konnte sowohl von den schmalspurigen, als auch von den normalspurigen Fahrzeugen genutzt werden.

Dank der Kreisdirektion II, die hier in Luzern angesiedelt wurde, kam Luzern zu einem grösseren  Bekanntheitsgrad bei den SBB. Zudem verfügte das Depot immer über interessante Strecken, was die Beliebtheit beim Personal natürlich noch steigerte. Im Gegensatz zu Erstfeld war hier aber klar der Personenverkehr vorherrschend. Dazu kam, dass das Depot über einen grossen Rayon verfügte, die Reserve kam sogar bis nach Chiasso.

Man muss aber nun eines erwähnen, denn obwohl Luzern regelmässig zu Einsätzen am Gotthard kam, war es nie eines der klassischen Gottharddepots, das zeigte sich auch bei den in der Depotinspektion zugeteilten Fahrzeugen. Die starken Maschinen sucht man hier vergebens. Aber trotzdem hatte auch Luzern seine Maschinen zugeteilt. Im Jahre 1988 waren das:

 

Loktyp Anzahl Loktyp Anzahl Loktyp Anzahl
Re 4/4 II 35 RBe 4/4 21 De 4/4 7
Ee 3/3 13 Em 3/3 3 Tm IV 1

Klar ist zu erkennen, dass weder Ae 6/6 noch Re 6/6 hier zu finden waren, die Lokomotiven waren vielmehr auf die Strecken Richtung Norden ausgerichtet. Mit den De 4/4 waren sogar noch Triebfahrzeuge speziell für das Seetal vorhanden. Ebenso fehlend waren die grossen Diesellokomotiven, was auf den geringen Güterverkehr zurückzuführen war.

Speziell an Luzern war noch, dass die im Verkehrshaus stehenden Lokomotiven theoretisch der Depotinspektion Luzern zugeteilt waren. Das änderte sich erst mit der Überführung der historischen Maschinen in den Bestand von SBB Historic.

Als Depotinspektion hatte Luzern stets einige Nebendepots zugeteilt. Darunter waren Arth-Goldau, Zug, Rotkreuz, Beinwil am See, Rothenburg und Langnau. Wobei Rotkreuz und Rothenburg nur Rangierlokführer besassen. Der Personalbestand in Luzern selber lag im Jahr 1990 bei 305 Angestellten. Speziell war aber die Beziehung zum Depot Meiringen, das als selbstständige Depotinspektion galt, aber eng mit Luzern verbunden war.

Als schliesslich die SBB umgebaut wurde, änderte auch in Luzern vieles. Die Brünigbahn wurde zu einer eigenständigen Bahngesellschaft und beschäftigte so auch eigenes Personal. Das Depot der Brünigbahn ging in den Besitz der Zentralbahn über. Klar gezeigt hat sich hier, dass der Personenverkehr die Oberhand behielt, so wurde nahezu das gesamte Personal dem Personenverkehr zugeteilt.

Mit den immer höher werden Streckengeschwindigkeiten, vergrösserte sich auch der Rayon des Personals aus Luzern. So wird Chiasso und Genf erreicht, was entsprechende Sprachkenntnisse bedingte. Dank dieser Vielfalt bei den befahrenen Strecken, blieb Luzern beim Personal stets beliebt, auf Stellen in Luzern bestand immer eine Warteliste.

 

Spiez, die Schaltzentrale der BLS

Die Geschichte des Depots Spiez begann Jahre vor der BLS. Der Bahnhof Spiez war spätestens nach der Inbetriebnahme der Spiez – Erlenbach – Bahn SEB zu einem Knotenbahnhof geworden und so war klar, es wird hier ein Depot erstellt. Letztlich kam noch die Linie nach Frutigen dazu. Diese Strecke, die bereits im Hinblick auf die Lötschbergbahn gebaut wurde, schloss sich dem bestehenden Depot an.

Die Gebäulichkeiten des Depots standen neben der südlichen Ausfahrt innerhalb des Bogens der SFB. Dieser Standort sollte immer für beengte Platzverhältnisse im Depot Spiez sorgen. Jedoch ist Spiez ein besonders gutes Beispiel, wie elektrische Lokomotiven die Gestaltung von Depots beeinflussten. Trotz der internationalen Linie wurden die bestehenden Bauten weiter genutzt. Die veränderten Rahmenbedingungen brachten keine Veränderungen.

Das Depot mit der angebauten Werkstätte wurde zu einer richtigen Schaltzentrale der BLS. Neben dem Personal für Werkstätte, Lokomotiven und Büro, kam auch die Geschäftsleitung hier her. Fast alles was im Berner Oberland eisenbahnmässig zu befahren war, wurde von Spiez aus abgedeckt und geregelt. Spiez überlebte dabei viele Veränderungen im Unternehmen.

Stationiert wurden hier von Anfang an sämtliche Fahrzeuge der BLS. Im Hinblick auf die zusätzlichen Lokomotiven wurde hier eine neue Remise erstellt. Solche steten Erweiterungen sollten das Depot Spiez prägen. Dabei muss aber erwähnt werden, dass die mitbetriebenen Bahnen im Raum Bern eigene Depots unterhielten und deshalb deren Fahrzeuge dort stationiert waren. Spiez übernahm dabei aber die Aufgaben einer Hauptwerkstätte.

Das Streckenrayon von Spiez beschränkte sich anfänglich auf die Strecken der BLS. Der Fahrdraht endete ja schliesslich in Thun und Brig, so dass die Lokomotiven in der Folge nicht weiter fahren konnten. Erst als die SBB beschlossen hatten, auch auf elektrischen Betrieb umzustellen, änderte sich vieles. Die Strecke Bern – Thun wurde dabei noch vor der Gotthardbahn elektrifiziert.

Daraus ergaben sich für das Depot Spiez neue interessante Aufgaben, denn die ersten Krokodile wurden hier und vor allem auf der Bergstrecke auf Herz und Nieren geprüft. Notwenige Einstellungen oder kleinere Reparaturen wurden in Spiez oder Bern ausgeführt. Neu war aber auch, dass die Lokomotiven der BLS jetzt auch Bern erreichen konnten.

Das hiess für das Personal auch, dass Fahrten nach Bern möglich wurden. Zusätzlich wurde das Personal von Spiez aus auch auf den Autozügen im Lötschbergtunnel eingesetzt. Für die Verstärkung der Güterzüge fuhren die Maschinen entweder schon ab Spiez im Zugsverband mit oder wurden in Frutigen eingereiht. Da die Lötschberglinie nie zur grossen internationalen Transitachse, wie die Gotthardbahn wurde, blieb es bei einem im Vergleich zu SBB Depots kleinem Bestand an Personal.

Erste weitere Fahrten für das Depot Spiez ergaben sich mit dem Beschluss, die BLS Lokomotiven bis nach Basel durchlaufen zu lassen. Die Lokführer aus Spiez machten dabei auf der Lötschbergachse das gleiche, wie die Kollegen der SBB in Erstfeld. Und so kam es, dass in Basel ab und zu die Lokführer der beiden Standorte gemeinsam mit den Lokomotiven nach dem deutschen Bahnhof fuhren.

Mit dem liberalisierten Eisenbahnverkehr änderte sich für Spiez einiges. Denn die Schnellzüge gingen an die SBB über. Hingegen kamen auch neue Strecken nach Luzern und nach Fribourg hinzu. Der Güterverkehr war klar mit der DB geregelt. Die Lokführer aus Spiez kamen zu einem immer grösseren Streckenrayon, so dass sie schon bald in der ganzen westlichen Schweiz anzutreffen waren.

Wie sich die Zukunft für das Lokomotivdepot Spiez zeigt, ist schwer zu sagen. Zwar sind viele Faktoren gegeben, aber der internationale Güterverkehr ist unberechenbar. Lokführer der SBB fahren aus Basel mittlerweile bis nach Brig. Ein Konzept, das auch durch die DB umgesetzt werden könnte. Doch eines bleibt auch in Zukunft. Spiez ist die Schaltzentrale des Berner Oberlandes.

 

                       
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