Die Strecken geografisch ordnen |
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Wie kann man Strecken geografisch ordnen? Ganz einfach, indem man im richtigen Land wohnt. Die Schweiz ist in mehrere grundsätzliche Regionen aufgeteilt. Genau das will ich in diesem Kapitel nutzen und Ihnen zeigen, wie das Gelände einen Einfluss auf die Strecken haben kann. Wer weiss, vielleicht können Sie für sich einige der Regionen als Vergleich beanspruchen. Wichtig ist, dass hier der Bezug auf die Schweiz genommen wird. Wenn wir im Norden des Landes beginnen, haben wir die niederen Gebirgsketten des Jura. Die Faltungen erfolgten in der Urzeit mit dem gleichen Namen. Die Gebirgsketten verlaufen am nördlichen Rand der Schweiz und erstrecken sich von Genève bis in den Grossraum Zürich. Wobei die Ausläufer niederer geworden sind, als das Hauptmassiv. Bekannt ist der Jura jedoch wegen dem französischen Teil, der sich nördlich an die Schweiz angliedert. Dieses alte Massiv wurde in Lauf der Jahre abgeflacht und so blieben hier kleinere Hügelketten übrig. Man kann daher nicht mehr von einem Hochgebirge sprechen. Trotzdem gibt es immer noch genug steile Hänge, die überwunden werden müssen, will man den Jura durchqueren. Für die Eisenbahn bedeuten diese Hügel jedoch Steigungen, die jedoch ohne nennenswerte Tricks überwunden werden müssen. Trotzdem ist der Jura für die Eisenbahn eine Herausforderung. Wenn wir nun den Süden nehmen, treffen wir auf das umfangreiche Massiv der Alpen. Dieser Gürtel erstreckt sich durch die Schweiz, Frankreich und Österreich quer durch den Kontinent. Die Schweiz hat dabei einen grossen Teil dieser Alpen abbekommen. Hier trifft die eurasische Kontinentalplatte mit dem afrikanischen Kontinent zusammen. Daher werden die Alpen auch aktuell noch aufgetürmt. Das ergab im zentralen Bereich hohe und steile Berge. Der Alpenraum ist schwach bevölkert und besitzt schmale schwer erreichbare Täler mit hohen Bergen dazwischen. Die Verkehrswege mussten über diese Berge geführt werden. Daher galt der Alpenraum mit seinen Bergen lange Zeit für Eisenbahnen, als undurchdringliches Hindernis. Die steilen hohen Berge verhinderten den Bau solcher Strecken. Mit zunehmendem Erfolg der Eisenbahnen begannen auch hier die Bauarbeiten und es entstanden Bahnen, die im Gebirge der Alpen verkehrten. Kommen wir nun zum letzten und wichtigsten Teil der Schweiz. Das ist der Bereich zwischen dem Jura und den Alpen. Passend nennt man diese Region auch Mittelland. Hier gibt es zwar Hügel und Täler, aber die Region gilt als flach. Das Mittelland ist reich an Wasser und beheimatet den grössten Teil der Bevölkerung. Gerade im Mittelland bildeten sich die grossen Städte und es siedelte sich die Industrie an. Es überrascht daher nicht, dass sich die Eisenbahnen von hier aus, ausbreiteten. Die Strecken konnten leicht gebaut werden, denn entlang der breiten Flusstäler war es leicht und es gab kaum Steigungen. Die Bahnen folgten daher den Flüssen und trafen so auf die Städte des Landes. Der Erfolg der Bahnen in der Schweiz ist letztlich auch beim Erfolg der Bahnen in diesem Bereich des Landes zu finden. Das ergibt zwei Punkte für die Unterteilung der Strecken. Es gibt so das Flachland, das wir im Mittelland vorfinden. Die restlichen Strecken gelten als Bahnen im Gebirge und so treffen wir hier auf Bergstrecken. Es ist sogar klar erwähnt, wo sich die Grenze zwischen diesen beiden Bereichen befindet. Neigungen der Strecke von weniger als 2 Metern pro 100 Meter, also von 2% gelten als Flachland. In Ihrem Land liegt dieser Wert vermutlich tiefer, aber das ergab sich durch das Land, das kaum flach ist.
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Das Flachland in der Schweiz befindet sich mit wenigen Ausnahmen nördlich der Alpen. Selbst die Steigungen auf den Strecken im Jura reichen nicht immer um zu steil zu sein. Damit können wir sagen, dass alles nördlich der Alpen Flachland ist. Vermutlich schütteln jetzt die Leser in den Niederlanden ungläubig den Kopf. Bei Ihnen ist es flach und der in den Bergen sprich von Flachland. Daher muss ich erwähnen, wo der Unterschied liegt. Das schweizerische
Flachland wird geografisch auch als Mittelland bezeichnet. Damit wird der
Bereich zwischen dem nördlich liegenden Jura und den südlichen Alpen
bezeichnet. Das Gebiet befindet sich in der Mitte der beiden Bergketten
und daher ist die Bezeichnung Mittelland eigentlich gar nicht so falsch.
Das auch, weil sich hier das beschriebene Flachland befindet. Zwei Worte
für das gleiche Gebiet eines Landes. In der Schweiz gelten alle Bahnlinien, die ein Gefälle unter 20 ‰ aufweisen als Flachland. So klar, wie ich hier, ziehen die Vorschriften die Grenze zwar nicht, aber das soll uns jetzt nicht kümmern. Diese 20 ‰ sind in anderen Ländern schon lange kein Flachland mehr und werden als Gebirge bezeichnet. Wenn Sie mit diesen Zahlen nicht viel anfangen können, macht das noch nicht viel. Ich gebe Ihnen hier am besten ein Muster. Die Geislinger Steige in Deutschland hat eine Steigung von 22.5‰. Sie gilt als eine der steilsten Hauptstrecken in Deutschland. Niemand in Deutschland würde hier nicht von einer Bahn im Gebirge sprechen. In der Schweiz streiten sich die Fachleute, ob man so eine Strecke noch zum Flachland zählen soll oder nicht. Die Regel besagt ein Anstieg von weniger als zwei Meter auf 100 Meter Strecke ist flach. Nur, sieht man das in Deutschland vermutlich bereits anders. Erklären wir deshalb das Flachland so: „Als Flachland gilt alles, was nicht als Bergstrecke definiert ist.“ So haben wir einen Weg dazu gefunden. Nur stellt sich nun die Frage, was denn eine Bergstrecke ist. Eine Strecke die mit mehr als zwei Metern pro… Nein, nicht schon wieder, aber Sie können sich merken, für Steigungen über 2% gelten spezielle Vorschriften und dort wo diese nicht gelten ist das Flachland. Viele Eisenbahnen in Europa haben die flache Bahn als Standard definiert und steile Bergstrecken gibt es nicht. In Deutschland sind wenige Strecken steil, so dass man so arbeiten konnte. So gibt es durchaus auch steilere Strecken, aber für die gelten spezielle Vorschriften und es darf nur speziell geprüftes Personal darauf fahren. Klar, dass darüber ein Schweizer nur lächeln kann, aber eben, andere Länder andere Sitten. Nun, ich kann Sie beruhigen, so unterschiedlich ist die Schweiz dann doch wieder nicht. Diese Strecken, die als Flachland bezeichnet werden, sind in der Überzahl und somit für die meisten Bahnen kein Problem. Doch, ich höre Kritik? Die ist berechtigt, denn in der Schweiz gibt es neben den Normalspurbahnen auch andere Bahnen und die teilen das ein wenig anders auf. So wäre dort die Geislinger Steige Flachland. Ein Beispiel? Die Matterhorn-Gotthard-Bahn MGB bezeichnet alles, was keine Zahnstange hat, als Flachland. Darunter finden sich Neigungen, die selbst eine Südostbahn, die als Bergstrecke gilt, in den Schatten stellen. Die Rhätische Bahn wird vermutlich wieder andere Vorgaben haben. Aber in diesem Artikel gelten die Angaben für die Normalspur und da ist alles, was nicht steiler als 20 ‰ ist Flachland.
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Nun, wenn alles unter 20 ‰ als Flachland gilt, muss der Rest eine Bergstrecke sein. Damit sind wir nun im dem Bereich, wo spezielle Vorschriften erlassen wurden. Doch, wozu müssen diese Vorschriften denn sein? Geht es nicht mit einfachen Regeln, die überall gelten? Warum nur muss es so kompliziert sein. Nun, die Erde ist nicht flach und so gibt es Ausnahmen, die behandelt werden müssen. Ich kann Ihnen aber versichern, es wird nicht so schlimm. Die Bergstrecke findet sich nicht in den Unterlagen für das Personal. Dazu ist der Begriff einfach zu allgemein. Um trotzdem den Weg durch die Vorschriften zu finden, müssen wir den passenden Begriff finden. Jede Strecke, die steiler als 2% ist, kann man als Spezialfall benennen. Finden werden wir den Begriff schon noch, aber versuchen wir einen anderen Weg um zum Ziel zu kommen. Stellen Sie sich eine Strasse vor, die eine grosse Neigung hat. Sie nennen solche Abschnitte vielleicht Steilstrecke. Ist einfach, es ist eine steile Strecke, also ist es eine Steilstrecke. Auf der Strasse ist das natürlich mehr, als bei den Bahnen, aber eine Steilstrecke, ist nichts anderes, als ein steiler Abschnitt auf dem Verkehrsweg. Sie fluchen vermutlich immer wieder vor dem steilen Abschnitt, wenn Sie mit dem Fahrrad unterwegs sind. Passstrassen sind lange steile Abschnitte und somit Steilstrecken der Strasse. Nennen wir doch die Bergstrecke einfach eine Steilstrecke und schon sind wir bald bei der Lösung angelangt. Schliesslich ist für gewisse Leser 20 ‰ schon mehr als steil genug. Bleiben wir beim Fahrrad, dann ist der kurze Aufstieg zum Haus nicht so schlimm, wie der Anstieg von der Stadt ins Dorf. Sie unterscheiden diese Steigungen vermutlich nach deren Länge und nach der Neigung. Ein Punkt, den vermutlich alle so machen. Daher könnte ich jetzt kommen und erklären, dass es eine Unterscheidung auch bei der Eisenbahn gibt. Nur müsste ich dann etwas erfinden, denn ob Bergstrecke oder Steilstrecke hängt davon ab, wer das anschaut. Was für Sie eine Steilstrecke ist, kann für mich noch flach sein. Wie schon gesagt, es hängt davon ab, wo wir wohnen. Wir müssen einen einheitlichen Begriff finden um an unser Ziel zu kommen. Ein Eisenbahner kann so nicht arbeiten, denn für jeden soll es gleich sein. Deshalb betrachtet man in den Vorschriften nicht die Strecke an und für sich, sondern man nimmt die Steigung respektive das Gefälle als Massstab. Ist nur logisch, denn bei 20 ‰ spricht jeder vom gleichen Wert. Es kann niemand mehr etwas anderes herauslesen. Ergänzt man das noch mit der Länge dieser Neigung haben wir zwei Möglichkeiten. Es kann lang oder kurz sein. Starkes Gefälle: Deshalb spricht man fachlich korrekt von einem starken Gefälle. Weil das fachlich gesprochen ist, finden wir für dieses starke Gefälle in den Vorschriften sicher einen Hinweis. So steht im FDV folgender Hinweis zum starken Gefälle: „Der Streckenabschnitt, für welchen auf Grund seines Gefälles und seiner Länge besondere Vorschriften gelten.“ Das klingt doch schon sehr viel besser, als der Hinweis, dass es Gefälle über 20 ‰ sind. Es gelten spezielle Vorschriften. Also muss an diesen Gefällen etwas speziell sein, denn von besonderen Vorschriften wird selten gesprochen und warum ist nur vom Gefälle und nicht von Steigung die Rede? Ich bediene mich wieder der Strasse. Sie waren mit Ihrem Wagen im Urlaub? Im Süden? Schön, dann fuhren Sie durch die Alpen. Die langen Gefälle setzten den Bremsen im Wagen zu und sie begannen zu stinken. Glücklicherweise, wurde es wieder flach und der beängstigende Geruch verschwand. Sie haben festgestellt, dass die Bremsen durch die lange Benutzung heiss geworden sind. Die Bremskraft liess auch nach. Genauso ist es bei den Eisenbahnen, denn auch die müssen im Gefälle abgebremst werden. Daher gelten für bestimmte Strecken spezielle Anforderungen an die Bremsen der Züge, die diese Strecke befahren. Und dabei gilt es wirklich nur für das Gefälle und nicht für die Steigung, denn das ist ein anderes Kapitel. Hier will ich nicht im Detail auf diese für das starke Gefälle geltenden Vorschriften eingehen. Es reicht, wenn sich die Profis das alles merken müssen. Hier soll aber erwähnt werden, dass diese starken Gefälle in zwei Kategorien aufgeteilt werden. Wir nennen sie einfach A und B. Der Grund für diese Unterscheidung liegt beim Verhalten des Personals, wenn die in diesen Gefällen vorgeschriebene elektrische Bremse des Triebfahrzeuges ausgefallen ist. Doch, jetzt haben wir viel Theorie gehabt, es wird Zeit, dass wir etwas draussen auf dem Feld suchen. Suchen Sie doch diese starken Gefälle. Ach, Sie wissen nicht, wo zu suchen ist. Wenn ich dann noch erwähne, dass kurze Steigungen von mehr als 20 ‰ nicht immer als starkes Gefälle gelten, muss ich helfend unter die Arme greifen. Folgende Tabelle soll beim Suchen nach dem starken Gefälle helfen. Der Grund ist simpel, denn es sind starke Gefälle. Als Steilrampen
bezeichnen wir besonders anstrengende Aufstiege. Bei der Eisenbahn ist das
nicht anders. Diese
Rampe
ist, wenn wir sie hoch gehen besonders steil, das stellt grosse
Anforderungen an die
Zugkraft.
Wenn wir die Rampe jedoch hinunter gehen, spricht man bei den Eisenbahnen
von einem starken Gefälle. Sie sehen, dass es durchaus Unterschiede bei
der Richtung, wie ein solcher Abschnitt befahren wird, gibt.
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Kategorie | Bahn | Streckenabschnitt | Gefälle | Länge | ||
A | SBB | Le Pont – Le Day | 38 ‰ | 8.2 km | ||
A | SBB | Iselle – Domodossola | 25 ‰ | 18.8 km | ||
A | VCh | Puidoux – Vevey (Betrieb durch SBB) | 38 ‰ | 7.8 km | ||
A | SBB | (La Chaux de Fonds) km 25.8 – Vauseyon | 27 ‰ | 24.2 km | ||
A | SBB | Bure – Courtemaîche | 45 ‰ | 4.7 km | ||
A | BLS | Kandersteg – Frutigen | 27 ‰ | 18.0 km | ||
A | BLS | Goppenstein – Brig | 27 ‰ | 25.0 km | ||
A | SBB | Göschenen – Erstfeld | 26 ‰ | 28.8 km | ||
A | SBB | Airolo – Bodio | 26 ‰ | 39.3 km | ||
A | SBB | Rivera-Bironico – Giubiasco | 26 ‰ | 11.3 km | ||
A | SOB | Altmatt – Freienbach SOB | 50 ‰ | 11.3 km | ||
A | SOB | Rothenthurm – Arth-Goldau | 50 ‰ | 10.4 km | ||
A | SOB | Biberbrugg – Wädenswil | 50 ‰ | 9.9 km | ||
B | SBB | Reuchenette – Biel-Bienne | 25 ‰ | 8.2 km | ||
B | SBB | Court – Moutier | 27 ‰ | 6.4 km | ||
B | BLS | Bern Fischermätteli – Schwarzenburg | 35 ‰ | 8.0 km | ||
B | SBB | Läufelfingen – Olten | 26 ‰ | 8.5 km | ||
B | SBB | Läufelfingen – Sissach | 21 ‰ | 9.7 km | ||
B | BLS | Oberdorf – Solothurn West | 28 ‰ | 9.6 km | ||
B | BLS | Gänsbrunnen – Moutier | 25 ‰ | 8.5 km | ||
B | SBB | St. Fiden – Rorschach | 21 ‰ | 13.0 km | ||
B | SBB | Wattwil – Uznach | 20 ‰ | 14.0 km | ||
B | SBB | Gibswil – Rüti ZH | 30 ‰ | 11.4 km | ||
So, jetzt haben Sie die Strecken, wo diese besonderen Vorschriften gelten, kennen gelernt. Ich muss aber noch erwähnen, dass es längst nicht alle Abschnitte sind, es sind nur die Strecken der SBB, der BLS und der SOB berücksichtigt worden. Warum ich das gemacht habe. Ganz einfach um die Liste kurz und übersichtlich zu halten. Sie haben aber auf der Schweizer Karte festgestellt, dass einige der Strecken im Jura zu finden sind. Gut, ich habe es verstanden, Sie wollen wissen, wo der Unterschied zwischen A und B ist. Ich gebe mich geschlagen und gebe Ihnen einen Hinweis. Triebfahrzeuge, die über keine elektrische Bremse verfügen, dürfen nicht in diese Gefälle einfahren. Fällt diese aus, gibt es besondere Regeln. So darf im Gefälle A so oder so nicht mehr gefahren werden. Im Gefälle B ist das unter Berücksichtigung bestimmter Werte möglich.
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