Andere Bahnsysteme

Bisher hatten wir die Weiterbildungen kennen gelernt, die für die Lokführer mehr oder weniger obligatorisch sind. Es ist daher durchaus möglich, dass man den hier erwähnten Teil der Weiterbildung nicht absolviert. Die Schulung in einem anderen Bahnsystem ist freiwillig. Dabei gibt es jedoch in der Schweiz die Beschränkung, dass nur zwei Länder geschult werden dürfen. Ein Land muss dabei das Heimatland des Personals sein.

Der Wunsch nach zwei Systemen kann in einem Land vorhanden sein. Würde heute die Brünigbahn durch die Schweizerischen Bundesbahnen SBB betrieben werden, könnte es sein, dass die Lokführer in Luzern eine zweite Schulung für Schmalspurbahnen absolvieren müssten. Damit hätten wir im Betrieb schon zwei unterschiedliche Bahnsysteme zu berücksichtigen. In den meisten Fällen geht es jedoch um zwei Länder.

Die international eingesetzten Lokführer der Kate-gorie B haben die Schulung in einem zweiten System absolviert. Dabei handelt es sich um eine Zweitausbildung im eigentlichen Sinn.

Zugelassen werden hier nur Lokführer der Kate-gorie B, die mindestens über eine fünfjährige berufliche Erfahrung in der Schweiz verfügen. So ist gesichert, dass die neuen Vorschriften nicht mit den alten vermischt werden, denn das darf nicht passieren.

Diese Schulung ist in vollem Umfang. Das heisst, die Lokführer absolvieren eine theoretische und eine praktische Schulung in den anderen Vorschriften. Diese werden dann mit den Prüfungen des jeweil-igen Landes abgeschlossen.

Nicht zwingend ist dabei eine praktische Prüfung, da die Lokführer ja bereits über praktische Erfahr-ungen verfügen und sich diese in einem anderen Land nicht gross unterscheiden.

Hier sind die nationalen Prüfungen massgebend. Die Art der Prüfung wird schliesslich nicht durch die Bahnen, sondern durch die Behörden festgelegt.

Das bedeutet, dass der Lokführer die Prüfung mit dem scharfen Ansatz absolvieren muss. Eine praktische Prüfung ist in der Schweiz sogar vorgesehen, denn die Art, wie hier gefahren wird, unterscheidet sich deutlich von anderen Ländern. Andere Länder haben andere Vorschriften.

Die im Nahbereich benötigten Schulungen werden dabei aber übertroffen, denn mit der Vollausbildung erlangt der Lokführer die Erlaubnis im neuen System ohne Einschränkungen zu fahren. Das bedeutet aber auch, dass die allenfalls notwendigen sprachlichen Kenntnisse weit über den Forderungen der Schweiz liegen. So sind zum Beispiel umfangreiche Kenntnis in Italienisch oder Französisch nötig.

Als Beispiel soll hier Italien erwähnt werden. Dort ist für die Zulassung zur Ausbildung eine italienische Muttersprache vorgeschrieben. Wer sich nun fragt, wie es mit Lokführern aus dem Südtirol gehandhabt wird, stellt vermutlich die richtige Frage. Es gibt, wie ich weiss, in Italien Lokführer, die eine deutsche Muttersprache haben. Nur Italien ist bekannt für seine Massnahmen zum Schutz der einheimischen Arbeiter.

Diese Probleme sind aber nur so weit wichtig, wenn in ein Land mit fremder Sprache gefahren werden soll. Führt man aber eine Schulung in der Muttersprache aus, entfällt der notwendige Test. Das heisst aber nicht, dass es nicht zu sprachlichen Problemen kommen kann. Viele Begriffe werden anders ausgedrückt und müssen so umgesetzt werden. Ich erkläre das an einem Beispiel zwischen der Schweiz und Deutschland.

Nehmen wir einmal an, dass bei unserer Lokomotive die Zugsicherung nicht aktiviert sein darf. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die Lokomotive nicht an der Spitze des Zuges verkehrt.

Damit es durch die zweite Lokomotive keine Stör-ungen gibt, darf die Zugsicherung nicht aktiviert sein. Sie muss daher ausgeschaltet werden. Die Lösung mit der Überbrückung wie bei Integra-Signum, kennt man in Deutschland nicht.

Dazu gibt es auf der Lokomotive einen Störschalter. Dieser hat nicht in beiden Fällen die gleichen Folgen, aber darum geht es nicht.

Dabei ist aber klar zu sagen, dass dieser Schalter nicht die gleiche Funktion hat, wie der Schalter um die Zugsicherung der Schweiz auszuschalten. Die Anlage in Deutschland wird durch den Schalter eigentlich nur stillgelegt. In der Schweiz fallen aber auch andere Systeme zum Opfer.

Im Schweizer Sprachgebrauch wird der Schalter schlicht und einfach ausgeschaltet. Damit hat sich das Problem mit der Zugsicherung erledigt und man kann weiterfahren. So einfach kann es sein, wenn man in der Schweiz aufgewachsen ist, hier zur Schule ging und nach den Vorschriften der Schweiz fährt. Wenn man mit dem gleichen Problem in Deutschland konfrontiert wird, wird es wirklich verwirrend. Jetzt muss ich gemäss den Vorschriften den Störschalter einlegen.

In einem Land schaltet man aus, in einem anderen legt man den Schalter ein. Die Folgen für die Zugsicherung sind dabei die gleichen.

Nur, wenn man die notwenigen Schulung besitzt und sich auf nahe verwandte Fremdsprachen einlässt, dann hat man damit kein Problem.

Dieses Beispiel ist besonders, da es hier wirklich sehr verwirrend sein kann. Ich schalte den Stör-schalter ein, um die Zugsiche-rung auszuschalten.

Die Unternehmen übernehmen die anfallenden Kosten für diese zweite Ausbildung. Diese Kos-ten sind dabei recht hoch.

Deshalb werden solche Lok-führer mit einem Sperrvertrag dazu verpflichtet eine bestimm-te Zeit im Unternehmen zu bleiben.

Ist das nicht der Fall, müssen sie einen Teil der Kosten für die Ausbildung zurück erstatten. Jedoch führt eine misslungene Schulung in einem fremden System nicht zum Entzug der Zulassung in der Schweiz.

Diese Schulungen sind freiwillig. Lokführer können diese Schulung auch nur bei entsprechendem Bedarf des Arbeitgebers absolvieren. Mit dieser Ausbildung gelten die Kollegen als sehr hoch ausgebildet. Eine höhere Ausbildung ist aktuell nicht mehr möglich. In der Schweiz hat man zudem beschlossen, dass nur die Schulung in zwei Systemen zugelassen ist. Das heisst, entweder Schweiz und Deutschland oder Schweiz und Frankreich, jedoch nicht Schweiz, Frankreich und Deutschland.

Nicht alle Standorte in der Schweiz können diese zweite Ausbildung absolvieren. So fahren nur die Lokführer der Standorte Bellinzona und Chiasso nach Italien. Die Lokführer, die dabei jedoch die Strecken bis Luino oder bis Domodossola befahren, besitzen nicht die Ausbildung für Italien, sondern verfügen nur über eine spezielle Schulung der Strecke mit den Vorschriften. Hier erkennen Sie den grenznahen Fall deutlich.

Der Einsatz von Lokführern in den Grenzregionen zweier Länder ist eine besondere Angelegenheit. Die Behörden den beiden Ländern können Strecken definieren, die im so genannten Grenzverkehr betrieben werden.

Dort ist es erlaubt, auch Lokführer ohne eine Prüfung im zweiten Land einzusetzen. Als Beispiel sei hier die Hafenbahn in Basel erwähnt, denn diese durchfährt nur den Badischen Bahnhof von Basel.

Ich hatte mich für die Ausbildung Schweiz und Deutschland entschieden. Das heisst für mich, dass ich die Erlaubnis hatte, in der Schweiz und in Deutschland uneingeschränkt Züge zu führen.

Die notwendige Prüfung absolvierte ich am 13. März 2009. Abgeschlossen wurde die Ausbildung mit einer praktischen Fahrt unter Aufsicht des Experten am 22. April 2009. Mittlerweile habe ich diese Kenntnisse jedoch wieder verloren.

Was ist nun, wenn ich meine Kenntnisse für Deutschland aus irgendeinem Grund wieder erneuern möchte? Benötige ich nun auch eine Auffrischung, wie bei den nationalen Kenntnissen? Schön wäre es, aber bei den Vorschriften gilt klar die Regel, wer diese eine längere Zeit nicht anwendet, muss erneut geschult werden und die Kenntnisse mit einer Prüfung bestätigt werden. Das gilt sowohl für die Kenntnisse in der Schweiz, als auch im Ausland.

Es bleibt noch zu sagen, dass mit den zweiten Bahnsystemen auch zusätzliche Herausforderungen entstehen können. So muss man regelmässig für Deutschland eine Prüfungsfahrt am Simulator absolvieren. In Italien ist die regelmässige psychologische Untersuchung erforderlich. Das sind alles Anforderungen, die es so in der Schweiz nicht gibt. Es ist daher ratsam, sich die Sache mit der Zweitausbildung gut zu überlegen.

Damit haben wir jedoch die Ausbildungen beim Lokpersonal abgeschlossen. Unser Lokführer ist nun soweit, dass er eingesetzt werden kann. Dabei lohnt es sich, wenn wir uns nun der beruflichen Organisation des Lokpersonals zuwenden. Wie ist diese aufgebaut und wie ist das Verhältnis zu den Vorgesetzten. Fragen, die sicherlich auch beantwortet werden müssen. Doch Sie werden in gewissen Punkten durchaus überrascht werden.

 

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