Beschaffung einer Lokomotive

Damit wir überhaupt eine Lokomotive ansehen können, müssen wir ein solches Gefährt zuerst einmal beschaffen. Nur, wie beschafft man eine Lokomotive? All das sind Punkte, die für viele Leser nicht so neu ist, wie sie meinen, denn Lokomotiven beschafft man bei einem entsprechenden Händler oder Erbauer. Damit hätten wir das Thema schon abgeschlossen und können uns neuen Themen zuwenden. Nur, ist es wirklich so einfach?

Nehmen wir ein Beispiel, das Sie vielleicht besser kennen. Ihren Wagen, den Sie benötigen, um zum Bahnhof zu kommen, mussten Sie auch beschaffen. Nur wenige Leute können behaupten, dass sie ihn in der Lotterie gewonnen haben. Dazu gingen sie zu einem Händler und sahen sich dort die angebotenen Modelle an. Schliesslich wählten Sie den Wagen vom Typ XY, der vom Händler Ihrer Wahl angeboten wird. Das ist so üblich und eigentlich gäbe es keinen Grund, eine Lokomotive nicht auch so zu beschaffen.

Bei der Eisenbahn war das viele Jahre etwas anders. Lokomotiven wurden von den Händlern nach dem Wunsch des Kunden gefertigt und ausgeliefert. Das machten Sie vielleicht bei Ihrem Computer auch so. Sie gingen zum Händler Ihres Vertrauens und erklärten ihm, was sie wünschen. Nach ein paar Tagen konnten Sie ihren persönlichen Computer abholen. Sie haben seither einen massgeschneiderten Computer in ihrem Büro, auch wenn es ein handelsübliches Modell auch getan hätte.

Ach so, Sie sind nicht so vermögend, dass Sie einen neuen Wagen kaufen können. Dann haben Sie ihn auf den Gebrauchthandel gekauft? Auch nicht, dann haben Sie vermutlich einen Vertrag abgeschlossen, der Ihnen das Auto zur Verfügung stellt und Sie es dem Händler in Raten zahlen. Solch einen Kauf nennt man Leasing. Bei einem Automobil ist das heute durchaus üblich und Sie müssen sich deswegen nicht schämen. Die Eisenbahnen machen es auch so.

Grundsätzlich stehen uns für die Beschaffung zwei grundlegende Varianten zur Verfügung. Wir können die Lokomotive mieten oder kaufen. Genau gleich, wie Sie es mit dem Wagen auch machen. Einige bestehen auf einen Kauf, wieder andere leasen den Sportwagen und alle Nachbarn meinen der schicke Wagen gehöre ihnen. Diese Lösungen wollen wir uns bei der Eisenbahn genauer ansehen, denn diese beiden Möglichkeiten bieten sich auch dort.

Die Miete: Vor Jahren war das unvorstellbar. Eine Lokomotive war teuer und wurde deshalb von den Bahnen gekauft. Die Hersteller fertigten die Fahrzeuge nur, wenn die Bahn es bestellte. Das ist eigentlich auch heute noch so, nur gibt es nun Firmen, die Lokomotiven vermieten. Solche Firmen gibt es auch für Automobile und die unterscheiden sich nicht gross von den Firmen, die Lokomotiven vermieten. Daher schauen wir uns so eine Miete genauer an.

Die Hersteller von Lokomotiven bieten heute über eigenständige Firmen neue und neuwertige Lokomotiven zu Miete an. Damit können die Hersteller einerseits Bestellungslücken füllen und so die Belegschaft beschäftigen.

Andererseits bieten sie damit einen Pool Lokomotiven an, die man bei Bedarf schnell beziehen kann. Andererseits können Sie mit den Lokomotiven auch für ihr Geschäft Werbung betreiben. Das Geschäft kann sich für den Hersteller daher durchaus lohnen.

So eine Miete von Lokomotiven funktioniert in etwa gleich, wie wenn Sie am Flughafen einen Wagen für die Tage im Urlaub mieten.

Das heisst, Sie bekommen das Fahrzeug und müssen dafür eine Grundgebühr und eventuell einen Betrag pro gefahrenem Kilometer bezahlen.

Damit haben Sie einen fahrbaren Untersatz, den Sie nach Gebrauch wieder zurückgeben können. Genauso läuft das Geschäft auch bei Lokomotiven ab.

Bei der Eisenbahn kann man aber als Mieter jedoch mehr Einfluss geltend machen, als Sie mit einem Wagen im Urlaub. Die meisten Vermieter von Lokomotiven stellen einen Bereich der Lokomotive für Werbung zur Verfügung. Das heisst, wir könnten zum Beispiel an einer gemieteten Lokomotive den Namen unserer Bahngesellschaft anschreiben. Damit würde kaum jemand bemerken, dass die Lokomotive nur gemietet ist.

Für kleinere EVU ist eine Miete von Lokomotiven sicherlich sinnvoll, denn diese Firmen haben oft nicht das Kapital um eine eigene Lokomotive zu kaufen und um deren Unterhalt abzudecken. Sie müssen bedenken, dass ein Zug auch fahren muss, wenn die Lokomotive im Unterhalt ist. Bei der Miete kann die Bahngesellschaft die Lokomotive einfach austauschen und so den Zug führen. Der Unterhalt der Lokomotive wird dann vom Vermieter übernommen und das EVU hat damit nichts zu tun.

Aber auch grössere EVU können zur Miete von Lokomotiven greifen. Das kann zum Beispiel sein, weil die eigenen Lokomotiven einen grösseren Umbau erfahren und so ein Engpass im Fahrzeugpark entsteht. Die gemieteten Lokomotiven helfen dann über diesen Engpass hinweg. Man kann aber auch kurzfristige Spitzentage damit abdecken. Denken wir an eine Bahn, die einen stark schwankenden Verkehr hat und an einem Tag viel mehr Züge führen muss. Dann wird dafür eine Lokomotive gemietet.

Auf den ersten Blick erscheint eine Miete von Lokomotiven äusserst vorteilhaft zu sein. Jedoch verrechnet der Vermieter mit seinen Gebühren auch die Kosten und den Unterhalt. Dabei will er auch noch etwa Geld verdienen. Das führt dazu, dass sich langfristig eine Miete von Lokomotiven kaum lohnt. Besonders dann nicht, wenn die Bahngesellschaft eigene Werkstätten betreibt und so den Unterhalt kostengünstig ausführen kann. Daher werden Lokomotiven auch heute noch gekauft.

Der Kauf: Beim Kauf von Lokomotiven hat sich in den letzten Jahren einiges geändert. Lokomotiven werden heute nicht mehr auf die gleiche Weise angeboten und gekauft, wie das vor Jahren der Fall war. Daher blicken wir hier auf die Geschichte zurück. Dabei beginnen wir in einer Zeit, wo Lokomotiven noch nicht vermietet wurden und so eine neue Lokomotive zum Stolz der Bahngesellschaft gehörte.

Bis vor wenigen Jahren wurden Lokomotiven auf den Kunden zugeschnitten und nach dessen Vorstellungen gebaut. Dazu gelangten die Bahngesellschaften an die einschlägigen Hersteller und handelten mit diesem ein massgeschneidertes Modell aus.

Nur, damit der Hersteller wusste, was die Bahngesellschaft wünscht, musste sich diese zuerst überlegen, was für eine Lokomotive sie denn will. Es wurde ein Bedarf errechnet und dann dem Hersteller mitgeteilt.

Diesen Wunschkatalog nannte man Pflichtenheft. Darin schrieb die Bahngesellschaft nieder, was für eine Lokomotive sie wünscht. Der Hersteller nahm dann das Pflichtenheft und suchte zuerst, ob er ein passendes Modell bereit hat.

Dann bot er dieses Modell den Gesellschaften an. Diese konnten jedoch auf ihren Forderungen bestehen und den Hersteller so zwingen, dass eine Lokomotive neu entwickelt wird.

In diesem Pflichtenheft, das durchaus auch den Umfang eines Buches haben konnte, wurden die von der Bahngesellschaft definierten Bedingungen für die neue Lokomotive niedergeschrieben. Die Bahnen gelangten damit jedoch nur zum Hersteller ihrer Wahl. Das führte dazu, dass der Hersteller schnell wusste, was die Bahngesellschaft genau benötigte. Trotzdem war man sich oft lange Zeit nicht handelseinig, denn die Entwicklung kostete Geld, das niemand bezahlen wollte.

Nehmen wir ein Beispiel eines solchen Pflichtenheftes. Dazu wähle ich bewusst nicht die Details, sondern den allgemeinen Teil. Die schweizerischen Bundesbahnen SBB benötigten Lokomotiven, die 140 km/h schnell waren und über eine hohe Leistung verfügte. Die Folge aus diesem Pflichtenheft und den Verhandlungen war die Re 4/4 II. damit war der Auftrag perfekt und es entstand eine der grössten Lokomotivserien der Schweiz. Näher darauf eingehen will ich nicht.

Nun war da die Südostbahn, die an der Lokomotive Gefallen fand. Sie benötigte eine neue Lokomotive, die etwa die gleichen Eckdaten, wie die Lokomotive der schweizerischen Bundesbahnen SBB hatte. Die Industrie bot die Re 4/4 II an. Nur wünschte die SOB eine höhere Zugkraft, dafür durfte die Lokomotive langsamer sein. So entstand eine Re 4/4 III mit geänderten Getrieben, die später auch von anderen Bahnen beschafft wurde.

Später wurden solche Bestellungen oft international ausgeschrieben. Die Hersteller, die Interesse am Auftrag hatten, konnten dann das Pflichtenheft anfordern und einen Vorschlag ausarbeiten. Die Bahn konnte dann zwischen mehreren Herstellern das beste Angebot auswählen. Die Verhandlungen von früher, werden heute nur noch mit dem Hersteller geführt, der auch das beste Grundangebot machte. Danach wird das Fahrzeug gebaut.

Besonders bei Triebwagen und Triebzügen ist diese Art der Beschaffung immer noch gängig. Hier kommen viele Punkte des Komforts oder der Kapazität hinzu, so dass massgeschneiderte Lösungen geschaffen werden müssen. Es gibt keinen Grund, warum man das nicht auch bei Lokomotiven machen kann. Auch für Lokomotiven können spezielle Bedingungen vorhanden sein, die es zu berücksichtigen gibt. Jedoch bietet sich hier auch eine andere Möglichkeit.

Das geschieht wie bei Ihnen, wenn Sie einen Wagen beim Händler bestellen. Das Grundmodell wird vom Hersteller vorgegeben und Sie können einige Optionen auswählen. Bei Lokomotiven sind diese Optionen oft umfangreicher, als bei Ihnen im Wagen. Letztlich gibt es aber keinen Unterschied bei der Art des Kaufes. Die Lokomotiven werden also wie ein Wagen gekauft und auch sonst ist heute vieles gleich, wie auf der Strasse.

Die Gebrauchten: Lokomotiven können, wie Autos, bei einem Händler bezogen werden, der keine neuen Modelle führt. Dieser Händler kauft alte Lokomotiven bei den Bahnen ab. Diese können sich so die Entsorgung sparen. Der Händler arbeitet dann die Lokomotive auf, und bietet sie interessierten Kunden zum Kauf an. Es sind daher gebrauchte Lokomotiven. Das kennen Sie, vielleicht haben Sie Ihren Wagen auch bei einem solchen Händler gekauft.

Gebrauchte Lokomotiven haben den Vorteil, dass sie erprobt sind. Zudem sind solche Lokomotiven billig in der Anschaffung. Das war vielleicht der Grund, warum Sie Ihren Wagen bei einem Gebrauchtwagenhändler gekauft haben. Sie haben so Ihren alten und defekten Schrotthaufen, günstig durch ein zweckmässiges Fahrzeug ersetzt. Die Kosten waren gering und so wurde Ihr Budget nicht zu sehr belastet, was ein Vorteil war, weil sie knapp bei Kasse waren.

Der Markt bei gebrauchten Lokomotiven ist nicht sehr gross und oft betrifft es nur kleinere Modelle. Trotzdem, es besteht die Möglichkeit eine gebrauchte Lokomotive mit wenig Geld zu kaufen. Der Händler trägt natürlich ein Risiko, wenn er die zum Kauf angebotene Lokomotive nicht verkaufen kann. Der Grund ist simpel, denn eine gebrauchte Lokomotive ist immer noch um ein Vielfaches teurer, als ein neues Automobil in der Standardausführung.

Beim Kauf von gebrauchten Lokomotiven hat man natürlich auch als Kunde ein Risiko. Die Geschichte des Fahrzeuges ist nur unzureichend bekannt. Man weiss nicht genau, welche Schäden schnell auftreten können. Daher lohnt es sich auch hier, wenn man genau hinschaut. Das ist bei den Automobilen genauso und vermutlich auch der Grund, dass Sie diesmal einen Neuwagen gemietet haben. Sie sehen aber, bei Lokomotiven bestehen wirklich alle Möglichkeiten, die Sie beim Wagen haben.

 

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