Inbetriebsetzung

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Eigentlich könnte man sich eine Inbetriebsetzung bei einer Baureihe, die so nahe Verwandt ist mit einer anderen Lokomotive ersparen. Nur, bei einer so grossen Maschine ist das sicherlich eine Notwendigkeit, die man nicht weglassen sollte. Daher blicken wir auf die ersten Schritte der neuen Baureihe. Diese begannen in Winterthur und führten, wie bei vielen Lokomotiven nach Münchenstein. Wobei es hier ganz speziell war.

Die Lokomotive mit der Nummer 271 wurde bei der Überfuhr gar nicht erkannt. Durch die Änderung des Auftrages, wurden diese eigentlich noch als Reihe Ae 4/4 überführt. Daran hatte man sich in der Region gewöhnt und die neuen Maschinen der BLS schlugen daher in der Fachpresse keine grossen Wellen. Durch die Änderung des Auftrages wurde daraus jedoch eine neue Baureihe und die verblüffte die Fachwelt in der Schweiz.

Die Karten wurden eigentlich erst so richtig auf den Tisch gelegt, als die erste fertige Maschine ausgeliefert wurde.

An Stelle der beiden erwarteten Lokomotiven der Baureihe Ae 4/4 wurde eine einzige Lokomotive nach Spiez überführt.

Wer die vorbeifahrende Maschine nur oberflächlich betrachtete, stellte die Veränderung vielleicht gar nicht fest, weil er meinte, dass es zwei Exemplare beisammen gewesen seien.

Als die erste Lokomotive der Baureihe Ae 8/8 im Frühsommer 1959 in Spiez eintraf, war es klar, die Doppellokomotiven in der Schweiz hatten eine neue Version erhalten.

Einige Leute aus der Fachpresse hatten sich vermutlich die Augen gerieben, denn seit der Baureihe Re 4/4 der Schweizerischen Bundesbahnen SBB erwartete man im Land eigentlich keine solchen Lokomotiven mehr. Der Siegeszug der Vielfachsteuerung war eher erwartet worden.

Im Depot in Spiez konnten sich das Personal und die Verantwortlichen der BLS die nagelneue Lokomotive ansehen. Mit der Länge von über 30 Metern war die Maschine im Depot sicherlich ein Blickfang. Zudem glänzten die silbernen Gitter auf der Seite. Was man auch feststellte, die „Neue“ stand auf eleganten schwarzen Laufwerken. Es war klar, dass diese Maschine schnell zum Fototermin aufgeboten werden sollte.

Jedoch erkannte man auch schnell, dass die Lokomotive im Grunde eigentlich nur eine um eine zusätzliche Einheit verlängerte Maschine der Baureihe Ae 4/4 war. Es sah aus, als wären zwei Exemplare einem Führerstand beraubt und dann Rücken an Rücken gekuppelt worden. So falsch mit dieser Annahme war man eigentlich auch nicht, denn genau das machte man beim Bau dieser grossen Lokomotive beim Hersteller.

Geweckt wurde nun auch die Fachpresse. Dabei fand die neue Maschine der BLS sicherlich bewundernde Zustimmung. Grosse und schwere Lokomotiven werden allgemein mit mehr Aufmerksamkeit bedacht, als eine kleine Maschine. Kleine Traktoren, die in dieser Zeit ausgeliefert wurden und die sehr viel Innovation bekommen hatten, wurden nicht beachtet. Man bewunderte die Doppellokomotive mit veralteter Technik.

Wer jedoch die Lokomotive aus der Ferne sah, meinte auf den ersten Blick zwei Maschinen der Baureihe Ae 4/4 zu sehen, denn optisch waren kaum grosse Veränderungen zu den letzten Exemplaren dieser Reihe zu erkennen. Fehler bei der Berichterstattung waren daher zu erwarten. Trotzdem musste die neue Lokomotive zeigen, was in ihr steckte, denn die Erwartungen der BLS waren entsprechend hoch.

Auf intensive Testfahrten konnte man grundsätzlich verzichten, denn die technischen Komponenten stammten von der Baureihe Ae 4/4 und waren daher bei der BLS bestens bekannt und erprobt. Eine Veränderung war eigentlich nur die Steuerung, denn diese wurde nun so ausgelegt, dass zwei Lokomotiven bedient wurden. Wir wissen ja, dass technisch beide Einheiten identisch aufgebaut wurden, daher die Änderung bei der Steuerung.

Auch bei der Schulung musste man nicht so intensiv arbeiten. Bei neuen Lokomotiven gehört die entsprechende Schulung zur Inbetriebnahme. Dabei ist nicht nur das Lokomotivpersonal davon betroffen, sondern auch die Leute in der Hauptwerkstätte, denn diese mussten ja wissen, wie man den Unterhalt ausführen musste. Da es nicht viele neuen Baugruppen gab, war auch hier kein grosser Aufwand zu erwarten.

Die Leute in der Werkstatt kannten die Bauteile gut und mussten nur lernen, wie die Lokomotive getrennt werden konnte. Beim Lokomotivpersonal kamen die wenigen Änderungen zur Behandlung. Die intensivste Schulung war aber bei der Behebung von Störungen zu beachten, denn bei einer Doppellokomotive konnte man zusätzlich natürlich eine Hälfte abtrennen und da gab es immer mehrere Möglichkeiten, die beachtet werden mussten.

So gesehen ging es bei der neuen Maschine eigentlich nur noch darum, ob die erwarteten Zugkräfte auch wirklich auf die Schienen übertragen werden konnten. Das bedeutete unweigerlich, dass die neue Maschine schnell zu den entsprechenden Probefahrten aufbrechen musste. Jetzt war die Stunde der Wahrheit gekommen, schafften zwei Maschinen der Baureihe Ae 4/4 wirklich die doppelte Anhängelast einer Lokomotive?

So kam es mit der neuen Maschine zu den üblichen Lastprobefahrten in den Steigungen der Lötschbergstrecke. Schliesslich musste die Lokomotive ja zeigen, was sie konnte.

Die Maschine erfüllte die Erwartungen, wie zu erwarten war, und zog die vorgesehenen 880 Tonnen problemlos an. Damit galten die Vorgaben der BLS als erfüllt, denn die Lokomotive entsprach zwei Maschinen der Reihe Ae 4/4 und zog auch die entsprechend berechneten Lasten.

Da man bei Versuchen immer auch erhöhte Werte anwendete, war klar, dass auch Fahrten mit 900 Tonnen durchgeführt wurden. Die Versuche zeigten aber, dass die Lasten mit 900 Tonnen nicht mehr immer angezogen werden konnten.

Zudem wurde dabei auch gleich erfasst, wie sich die Temperaturen der Fahrmotoren und der Transformatoren unter erhöhter Last entwickelten. Man wusste, ob man allenfalls die Normallast auch erhöhen konnte.

Damit war bestätigt worden, dass die Baureihe Ae 8/8 exakt zwei Maschinen der Reihe Ae 4/4 entsprach und so auch die doppelte Leistung umsetzen konnte. Somit hatte die BLS eine Lokomotive, die nahezu die Zughakenlast ziehen konnte, erhalten. Die Vorgaben des Pflichtenheftes konnte daher als erfüllt angesehen werden. Bei der Reihe Ae 8/8 wurden jedoch auch die Vergleiche zu den drei grossen Maschinen der Staatsbahnen gemacht.

Sah man von den drei gigantischen Lokomotiven der Schweizerischen Bundesbahnen SBB ab, rangierte die Lokomotive in den höchsten Reihen in Europa und fand sich sogar in der Schweiz an zweiter Stelle. Nur die Reihe Ae 8/14 mit der Nummer 11 852 vermochte noch mehr zu ziehen. Doch gegen die stärkste Lokomotive der Welt fehlte schlicht die Leistung, der im Vergleich sehr leichten Maschine auf der Bergstrecke am Lötschberg.

Das Echo in der Fachwelt war jedoch gespalten. Während einige Leute die neue Lokomotive bewunderten und in allen Tönen lobten, gingen andere Fachleute davon aus, dass die Lokomotive technisch als veraltet angesehen werden konnte. Es lohnt sich daher, dass man diese Behauptungen aus der Welt räumte. Nur, wer genau hinsah, hatte leider Recht, denn viele neue Erkenntnisse wurden nicht umgesetzt.

Der qualifizierten Meinung nach waren grosse Doppellokomotiven veraltet und nicht wirtschaftlich einsetzbar. Dabei griff man natürlich auf die Erfahrungen der Schweizerischen Bundesbahnen SBB mit ihren drei Maschinen der Reihe Ae 8/14 zurück und blendete die Probleme mit der Vielfachsteuerung der Baureihe Ae 4/6 aus. Die drei Grossen der Staatsbahnen kamen aber nie so richtig in Schwung, was aber für deren Nachfolgerin ebenso galt.

Nur machten die entsprechenden Fachleute einen grossen Fehler. Man durfte den Verkehr auf der doppelspurigen Gotthardbahn nicht mit jenem auf der einspurigen Lötschbergstrecke vergleichen. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB konnten mit der vorhandenen Kapazität einfacher mit Vorspannlokomotiven arbeiten, als die BLS auf ihrer Strecke. Diese hätten bei der BLS für zusätzliche Probleme mit der Zuteilung der Trassen gesorgt.

Mit der grossen Lokomotive konnte man solche Leistungen einsparen und daher die Strecke besser auslasten. Die Direktion der BLS war daher von der Richtigkeit ihrer Entscheidung überzeugt. Betrieblich gesehen, musste man diese Feststellung so gut die neuen Vielfachsteuerungen auch waren, begrüssen. Im schweren Güterverkehr war diese Doppellokomotive sicherlich richtig und daher war klar, es sollte nicht bei einer Maschine bleiben.

Das zeigte das Direktorium der BLS deutlich, indem sie zwei weitere solche Lokomotiven in Auftrag gaben. Lokomotiven der Baureihe Ae 4/4 sollten keine mehr geliefert werden, dafür wurden zwei weitere Maschinen der Reihe Ae 8/8 für den schweren Güterverkehr beschafft. Damit sollte die BLS ebenfalls drei grosse Doppellokomotiven bekommen und zumindest in diesem Punkt mit den Staatsbahnen gleichziehen.

Als letztlich noch Maschinen der Baureihe Ae 4/4 zu zusätzlichen Lokomotiven der Reihe Ae 8/8 umgebaut wurden, war klar, dass die Entscheidung der BLS sicherlich richtig war. Das Problem der Doppellokomotiven war hingegen, dass die neuen Systeme der Vielfachsteuerung so gut waren, dass man selbst bei der BLS in Zukunft darauf setzen wollte. So blieb es letztlich bei fünf Maschinen, die in Betrieb kamen.

 

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