Bewirtschaftung einer Lokomotive

Bisher sind wir davon ausgegangen, dass wir eine neue Lokomotive betrachten. Diese Lokomotive erwartet nun aber ein Leben. Es ist wie beim Kind. Zuerst wird es geboren, dann kommen die Schule und der Beruf. Danach die Familie und so weiter. Sie kennen das, es ist der übliche Wechsel der Generationen. Bei den Lokomotiven ist das nicht so anders, als man denken würde. Aber auch Lokomotiven altern und bekommen ihre Beschwerden.

Mit der Anschaffung der Lokomotive ist es daher nicht getan. Das kennen Sie, denn bei Ihrem Wagen steht auch von Zeit zu Zeit der Unterhalt an und irgendwann wollen Sie in ersetzen. Sie beheben Störungen und betreiben den Wagen. All das passiert bei einer Lokomotive auf die ähnliche Weise, nur, dass wir jetzt nicht von Monaten, sondern von Jahren sprechen. Denn die Zeitspanne ist viel grösser, als bei einem Automobil.

Die Wartungen werden in bestimmten Intervallen durchgeführt und sollen verhindern, dass es zu schweren Schäden kommen kann. Wie das geht, haben wir bereits bei den Hauptwerkstätten erfahren. Es stellt sich die Frage, wie diese Stellen erfahren, was an den Lokomotiven defekt ist und was auf der Fahrt passiert war. Gerade diese Informationen sind wichtig und müssen bewirtschaftet werden. Damit sind wir bei der Bewirtschaftung der Lokomotive.

Die Inbetriebsetzung: Bevor man eine Lokomotive einsetzen kann, muss sie natürlich abgeliefert werden. Diese wird vom Hersteller an die Bahn ausgeliefert und dort in der Regel zuerst einmal ausgiebig begutachtet. Sowohl das spätere Personal, als auch die Chefetage betrachten das neue Fahrzeug und sogleich beginnen die ersten Tests und Versuche, denn man will wissen, was man gekauft hat.

Anfahrversuche werden bei Versuchsfahrten oft vorgenommen um zu sehen, ob die vorgegebenen Normallasten gezogen werden können. Gleichzeitig soll damit aber auch die Erwärmung der Fahrzeuges überprüft werden. Sie sehen, die eher harmlos klingenden Anfahrversuche stellen an die Leistung eines neuen Triebfahrzeuges doch grosse Anforderungen. Anfahrversuche werden dabei immer in kurzen Abständen wiederholt.

Die Abnahmefahrt gilt als Abschluss der Versuche. Mit dieser Fahrt werden die letzten Tests vorgenommen und das Fahrzeug dem Betrieb übergeben. Auch bei in Serie gebauten Lokomotiven und Wagen wird eine Abnahme-fahrt durchgeführt.

Es ist also jedes Fahrzeug geprüft worden und kann daher ohne Bedenken eingesetzt werden. Wie sich der Betrieb zeigt, hängt davon ab, ob wir einen Prototypen haben oder nicht.

Nachdem man diese Versuche begonnen hat, werden die Vorbereitungen für den späteren Einsatz getroffen. Das heisst die Lokomotive wird mit bestimmten Zügen bespannt und das betroffene Personal erhält die Ausbildung auf der neuen Lokomotive.

Man beginnt also, die neue Lokomotive auf den späteren Betrieb vorzubereiten. Dazu gehört natürlich auch der Einsatzplan, der noch speziell ist, weil die Lokomotive in einem beschränkten Rayon eingesetzt wird.

Mit der Zeit können die Versuche und Tests abge-schlossen werden. Die Lokomotiven werden nun dem Betrieb übergeben und dort in eigenen Arbeitsplänen geführt. Damit beginnt nun auch die Vorbereitung des Personals auf das Fahrzeug. Daher macht man sich Gedanken darüber, wie deren Besatzung denn auszusehen hat. Je nach dem gewählten Modus, muss die Ausbildung angegangen werden. Erst jetzt kommt die Lokomotive in den planmässigen Einsatz.

Ein Bestandteil der Inbetriebsetzung ist der Probebetrieb. Dieser wird meistens als Abschluss der Inbetriebsetzung durchgeführt. Dabei wird das neue Fahrzeug in regulären Zügen eingesetzt und so im Betrieb getestet. Um den Aufwand bei einem Probebetrieb zu minimieren, werden die Fahrzeuge in einer als gelenkter Einsatz bezeichneten Betriebform geführt. Wobei letztlich aber der erfolgreiche Probebetrieb auch als Abschluss einer Inbetriebsetzung angesehen werden kann.

Nach erfolgreicher Inbetriebsetzung eines Fahrzeuges kann dieses auch der Remisierung zugeführt werden. Bei der Remisierung werden zwei Varianten unterschieden. Dabei wird ein Triebfahrzeug bei der ordentlichen Remisierung lediglich ausgeschaltet. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn nach dem Tag die Nachtruhe beginnt, oder wenn ein längeres Stilllager ansteht. Mit geringem Aufwand kann das Fahrzeug wieder in Betrieb genommen werden.

Bei einer langfristigen Remisierung können weitere Massnahmen zum Schutz des Fahrzeuges getroffen werden. Das kann dazu führen, dass Flüssigkeiten abgelassen werden, oder dass Batterien nicht mehr eingebaut sind. Diese Lösungen kommen bei Triebfahrzeugen jedoch nur selten vor. Die Remisierung setzt einen späteren Betrieb voraus. Daher kann dieser Punkt nicht mit der Ausrangierung verglichen werden, denn dann ist endgültig Schluss.

Sehr oft wird die Inbetriebnahme mit der Inbetriebsetzung verwechselt. Bei der einfachen Inbetriebnahme wird nur ein abgestelltes Fahrzeug wieder in den Betrieb genommen. Daher auch der Begriff der Inbetriebnahme. Für jede Fahrt, auch für jene der Inbetriebsetzung muss eine Inbetriebnahme erfolgen. Auch Sie müssen Ihren Wagen erst in Betrieb nehmen, damit Sie die gewünschte Fahrt vornehmen können.

Besatzung: Zu jeder Lokomotive gehört die entsprechend ausgebildete Besatzung. Vermutlich spreche ich Ihnen aus dem Herzen, denn Sie versuchten schon seit Monaten das Handbuch des neuen Wagens Ihrer Familie zu erklären. Trotzdem schliss die Tochter das Getriebe und der Sohn veränderte die Karosserie etwas. Natürlich waren Sie darüber nicht erfreut. War ihre Ausbildung nicht korrekt, oder haben Sie die Planung der Besatzung falsch gemacht.

Das Personal für die Lokomotiven besitzt die notwendigen Kenntnisse. Es ist in der Lage, diese zu bedienen und im Falle einer Störung, korrekt zu handeln und den Fehler zu erkennen. Das ist die Geschichte mit Ihrer Frau, die Sie spät am Abend fragte, was denn die rote Lampe mit der Teekanne im neuen Wagen zu bedeuten habe, denn diese leuchte dauernd. Ich denke, Sie sollten die Besatzungsform tatsächlich überdenken.

Wie das Fahrzeug genau besetzt wird, ist letztlich egal. Wichtig ist, dass das eingesetzte Personal in der Lage ist, das Fahrzeug zu bedienen. Trotzdem überlegen Sie nun, wie sie das Problem mit der Besatzung lösen können.

Zwei duzend Rosen verzeihen vielleicht Ihren Wutausbruch, den Sie nach der Geschichte mit der rot leuchtenden Lampe, die nun mal keine Teekanne abbildet, hatten.

Es werden bei Lokomotiven jedoch zwei unterschiedliche Besatzungstypen angewendet. Diese wollen wir uns nun etwas genauer ansehen. Dabei kann gesagt werden, dass vieles, was beim Strassenverkehr üblich ist, bei der Eisenbahn nicht mehr angewendet wird. Trotzdem sollten Sie dem Frieden zu Liebe überlegen, welches der beiden Systeme Sie in Zukunft bei Ihrem Familienwagen anwenden wollen.

Beginnen will ich dabei mit dem System, das heute bei den Bahnen nur noch selten verwendet wird. Die Produktivität der Lokomotiven war damit einfach zu gering geworden und man stellte fest, dass man mit anderen Lösungen gleichwertige oder sogar bessere Ergebnisse erzielt.

Dabei hatte das bisherige System einfach mit der neuen Technik an Bedeutung verloren und wird daher nicht mehr eingesetzt. Blicken wir nun in die Vergangenheit.

Die ersten Lokomotiven wurden mit dem Titularsystem bewirtschaftet. Es ist ein Prinzip, das in seiner reinsten Form auch heute noch im Strassenverkehr verwendet wird.

Beim Titularsystem ist einer Person oder einer bestimmten Gruppe ein Fahrzeug zugeordnet. Diese Personen bedienen das Fahrzeug exklusiv. Fällt das Personal aus, bleibt das Fahrzeug stehen und ruht. Andererseits hat das Personal keine Arbeit, wenn das Fahrzeug ruht.

Das System wird hauptsächlich im Strassenverkehr verwendet und funktioniert dort sehr gut. Vermutlich arbeiten Sie zu Hause auch nach diesem Prinzip. Sie haben einen Wagen und Ihre Frau einen. Jeder benutzt in der Regel den eigenen Wagen und nun gibt es keinen Streit mehr wegen dieser roten Lampe. Das Fahrzeug ist also einem bestimmten Fahrer zugeteilt worden und es wird üblicherweise nicht an andere Fahrer übergeben.

Natürlich lässt das Titularsystem gelegentliche Fahrten eines anderen Mitarbeiters zu. Der Vorteil bei diesem System ist, dass man so Leute hat, die das Fahrzeug sehr gut kennen. So werden einschleichende Schäden viel eher erkannt. Die Kosten für die Reparaturen sinken dadurch. Gerade bei Dampflokomotiven bewährte sich das System sehr gut, da keine Lokomotive genau gleich war und das Personal so „seine“ Lokomotive sehr gut kannte.

Das Titularsystem war daher bei Dampflokomotiven noch sehr beliebt. So entstanden eingespielte Teams aus Lokführer und Heizer. Dank den guten Kenntnissen der Maschine wusste der Heizer genau, wann er genügend Dampf für die Fahrt hat und der Lokführer wusste auf der Fahrt, was er zu leisten vermag. Dampflokomotiven konnten nur so sehr effizient eingesetzt werden. Trotzdem boten sich dem System auch Probleme.

Benötigt der Mitarbeiter eine Pause, macht die Lokomotive diese Pause auch mit. Dadurch entstehen Ruhepausen für die Lokomotive, die in dieser Zeit eigentlich bereits wieder eine andere Arbeit hätte übernehmen können. Die Lokomotive wird so nicht mehr ganz optimal eingesetzt. Bei den Dampflokomotiven war das nicht so tragisch, da diese immer wieder mit Betriebsstoffen versorgt werden musste. Jedoch verschwand das Titularsystem bei den Bahnen mit den elektrischen Lokomotiven.

Mit dem Aufkommen der elektrischen Lokomotiven verschwand das Titularsystem bei den Bahnen. In Zukunft galt, dass jeder Lokführer mit jeder Lokomotive fahren kann. Den Mitarbeiter ist kein festes Fahrzeug mehr zugeteilt. Das hatten sie bisher zu Hause auch, aber nachdem die Tochter freudig strahlend den Hebel zur Gangschaltung auf den Tisch legte, der Sohn die Motorhaube neu faltete und die gute Frau Tee kochte, stellten auch Sie um.

Man konnte mit diesem neuartigen System die Lokomotiven sehr effizient einsetzen, denn es gab keine Stilllager, weil der Mitarbeiter seine Pause einhalten musste. Die Lokomotive wurde einfach von einem anderen Mitarbeiter übernommen und ging auf eine weitere Fahrt. Fällt die Lokomotive aus, weil der Unterhalt ansteht, wechselte das Personal einfach die Lokomotive. Damit konnten vor allem elektrische Lokomotiven gut bewirtschaftet werden.

Heute hat sich dieses System bei den Bahngesellschaften durchgesetzt. Die Lokomotiven werden von einem zum anderen Lokführer weitergereicht und diese arbeiten so von den Plänen der Lokomotive unabhängig. Nur dank diesem System ist es möglich, mit einer Lokomotive von Hamburg nach Genua zu fahren, ohne dass diese längere Pausen einlegen muss. Die Lokomotive wird sehr effizient eingesetzt und die Mitarbeiter können in einem eingeschränkten Bereich operieren.

Letztlich spielt die Art der Bewirtschaftung nur eine untergeordnete Rolle, denn entscheidend ist die umfassende und gründliche Schulung der betroffenen Mitarbeiter. Nur dank diesen Schulungen sind diese in der Lage schnell und sehr effizient bei Störungen zu reagieren. Jeder Schritt sitzt und so ist eine Notlösung schnell erstellt. Das hätten Sie sich natürlich bei Tochter und Frau auch gewünscht. Dem Sohn war so oder so nicht zu helfen, als er den Geldautomaten rammte.

Das heisst in der Folge, dass das Lokomotivpersonal auf den Fahrzeugen theoretisch und praktisch intensiv geschult wird. Im Strassenverkehr wird zum Vergleich der Schlüssel überreicht und schon geht die Fahrt mit dem neuen Wagen los. Der Autohändler wünscht Ihnen noch gute Fahrt und dreht sich um. Er dreht sich um, weil er nicht sehen will, wie Sie mit Bedienungsproblemen der neuen Gangschaltung zu kämpfen haben!

Nun bietet sich aber dem Personal ein anderes Problem. Das Personal im Titularsystem wusste ganz genau, was die Lokomotive wo leisten kann. Die Anhängelast war schnell bekannt. Das lässt sich mit einem LKW-Fahrer vergleichen, der genau weiss, was er laden darf. Natürlich spielt er bei der Kontrolle der Polizei den ahnungslosen. Wie soll er auch erklären, dass er absichtlich zu schwer ist und es sich nicht um einen unglücklichen Zufall handelt.

Mit der Umstellung der Systeme gingen diese Kenntnisse verloren. Daher musste man dem Lokomotivpersonal die Angaben zu jeder Lokomotive geben. Hier spielte der Vorteil der elektrischen Lokomotive mit, denn dort hatte jede exakt die gleiche Leistung und konnte so genau so viel ziehen, wie ihre Schwester. Bei Dampflokomotiven war das noch nicht so genau erfüllt. Da gab es Abweichungen von mehreren Tonnen. Doch nun zu den Angaben zur Zugkraft.

Die Normallast: Man bestimmt für jedes Triebfahrzeug und die entsprechende Steigung Listen, die Normallasten genannt werden. Damit werden, wie es der Name schon sagt, die normalen Lasten für die Lokomotiven bestimmt. Diese Lasten können dann auf der entsprechenden Steigung beschleunigt und gezogen werden. Das Personal muss so nicht mehr rechnen, was mit der entsprechenden Zugkraft möglich ist, denn es entnimmt die Angaben der Tabelle.

Um die Normallast eines Triebfahrzeuges zu bestimmen, müssen oft Lastprobefahrten ausgeführt werden. Diese Probefahrten werden mit Anhängelasten ausgeführt. Dabei wird ein berechneter Wert für die Normallast genommen und dieser um rund zehn Prozent überschritten. Bei der anschliessenden Lastprobefahrt wird überprüft, ob die Berechnungen korrekt waren und ob die theoretisch angedachten Normallasten befördert werden können.

Solche Lastprobefahrten werden jedoch auch genutzt und die Erwärmung der Bauteile zu kontrollieren. Durch die Überlast werden diese schneller warm und daher kann geprüft werden, ob die Kühlung ausreichend bemessen wurde. Dass dabei die Realität oft nicht mit den theoretischen Werten übereinstimmt kann passieren. Ist aber selten zu erwarten, denn diese Lastprobefahrten sind immer mit sehr hohen Belastungen verbunden.

Das sind somit Belastungsnormen für die Lokomotive. Dank diesen Vorgaben weiss der Lokführer genau, wo er mit der Lokomotive einen Zug zu ziehen vermag. Diese Normallasten sind deshalb für einen Lokführer sehr wichtig. Es klingt vielleicht dramatisch, aber die gängigsten Normallasten kennt ein Lokführer auswendig. Er arbeitet täglich damit und auf den Strecken, wo er fährt, kennt er die vorhandenen Steigungen.

Wollen Sie einen Lokführer mal testen? Fragen Sie ihn doch nach den PS seiner Lokomotive. Aber HALT!!! Bevor Sie nun meine Kollegen mit diesen durchaus sehr lästigen Fragen bearbeiten, gebe ich Ihnen hier gleich die Antwort. Sie werden kaum einen Lokführer finden, der Ihnen sagen kann, wie viele PS nun sein Ungetüm hat. Natürlich, es gibt hier auch Ausnahmen, aber die zählen ja bekanntlich nicht. Es ist dem Lokomotivpersonal so ziemlich egal, was die Lokomotive leistet.

Wie kann das sein, dass ein Lokführer auf einer der Leistungsfähigsten Lokomotive der Welt sitzt und nicht weiss, was diese für eine Leistung hat? Es interessiert ihn schlicht nicht, denn für ihn ist wichtig, dass er weiss, dass diese Lokomotive am Gotthard 800 Tonnen ziehen kann. Welche Leistung er dazu braucht, ist ihm egal. Er arbeitet mit den Normallasten, die er in einer Tabelle vorfindet. Man könnte diese Liste auch mit den Zugkräften benennen, denn die Angaben entsprechen einer bestimmten Zugkraft.

Wenn Sie nun glauben, dass diese Normallasten mit der Leistung der Lokomotive übereinstimmen, ist das nur bedingt richtig. Entscheidend ist die verfügbare Zugkraft, denn mit der Zugkraft werden Wagen gezogen. Ich gebe Ihnen hierzu ein Beispiel. Dazu wähle ich drei Lokomotiven der SBB und eine Lokomotive der BLS. Alle finden Sie auf dieser Seite im Detail beschrieben. Diese Lokomotiven sind unterschiedlich alt und verfügen über unterschiedliche Leistungen. Jedoch sind die verfügbaren Zugkräfte nahezu identisch. Doch sehen Sie selber.

 

Bahngesellschaft Bezeichnung Leistung Normallast
SBB Ae 6/6 4'300 kW / 5'830 PS 700 Tonnen
SBB Re 460 6'100 kW / 8'300 PS 700 Tonnen
SBB Re 482 5'600 kW / 7'600 PS 700 Tonnen
SBB Ae 6/8 4'400 kW / 6'000PS 700 Tonnen

Die aufgeführten Werte gelten für die Bergstrecken am Gotthard und am Lötschberg. Die Leistungen der einzelnen Lokomotiven musste auch ich nachschlagen, denn auch ich wusste sie nicht auswendig. Jedoch kannte ich die Lasten und wusste, welche Lokomotiven ich auswählen musste. Sie sehen, auch ich lebe mit den Normallasten und kümmere mich wenig um die Leistung einer Lokomotive. Diese Leistung benötige ich nur für höhere Geschwindigkeiten und die sind durch die Strecke festgelegt worden.

Wenn Sie nun in den entsprechenden Betriebsvorschriften nachkontrollieren, erfahren Sie vermutlich, dass für die Ae 6/8 nur 650 Tonnen angegeben sind. Dieser Wert gilt aber nicht für den Gotthard, denn am Gotthard könnte die Ae 6/8 ebenfalls 700 Tonnen schleppen. Warum das so ist, findet der geübte Kenner der Betriebsvorschriften an einem anderen Ort. Wer dort genau liest, stellt fest, plötzlich sind es am Lötschberg auch 700 Tonnen. Aber das soll jeder selber suchen.

Was fällt Ihnen noch auf? Es kommt wirklich nicht auf die Leistung an, denn alle vier Lokomotiven ziehen gleich viel. Aber halt, ist das den praktisch wirklich so? Nein, ist es nicht, die Lokomotiven der Reihe Re 460 und Re 482 könnten vermutlich technisch noch mehr ziehen, aber massgebend ist hier die vorgegebene Normallast. Diese besteht aus einem Wert für Leistung und einem Wert für die thermische Belastbarkeit der Lokomotive.

Daher sind diese Lokomotiven gleich gestellt worden. Es spielt deshalb keine Rolle, welche Lokomotive verwendet wird, denn alle vier können einen 650 Tonnen schweren Zug über die Rampen ziehen. Das weiss das Personal und so ist dem Lokführer schnell klar, ich kann der Zug ziehen. Ist er zu schwer, wird eine weitere Lokomotive benötigt. Dann kommen spezielle Fälle zur Anwendung, entscheidend ist aber, dass die Normallasten nicht überschritten werden dürfen.

Auch die am besten gepflegte Lokomotive kommt irgendwann an einen Punkt, wo sich eine Reparatur nicht mehr lohnt. Sie kennen das, irgendwann hat der Rost Ihrem geliebten Auto so viel Schaden zugeführt, dass Sie sich schweren Herzens vom Wagen trennen müssen. Der Ferrari ist nur noch Schrott und Frau und Kinder hätten da schon lieber einen einfachen Familienwagen. Ich weiss, es schmerzt, aber da müssen Sie durch, denn auch Lokführer haben geliebte Lokomotiven, die einmal zum Schrottplatz fahren.

Die Ausrangierung: Die Lokomotive oder aber auch ein Wagen, die am Ende Ihrer Karriere angekommen sind, werden ausrangiert. Man nimmt die Lokomotive aus dem Betrieb. Das erfolgt mit einer abschliessenden Rangierbewegung und dann steht die Lokomotive ausserhalb des Betriebes. Sie ist ausrangiert worden. Die Zukunft dieser Lokomotive ist nun ungewiss, denn ausrangierte Lokomotiven kommen nur selten wieder in Betrieb.

Da Eisenbahner in anderen Ländern jedoch für alles eine eigene Sprache haben, können Sie sich denken, dass eine Lokomotive nicht überall Ausrangiert wird. Im Gegenteil, die Lokomotive wird in Deutschland offiziell ausgemustert oder in Österreich Z-gestellt. Letztlich sind das aber nur Worte, die überall das gleiche bedeuten, die Lokomotive wird auf ein Geleise gestellt und dort abgebrochen. Sie verschwindet aus dem aktuellen Bestand.

Erst jetzt, wird die Lokomotive dem Schrotthändler überstellt, der dann noch den Rest erledigt. Nur, dazwischen können sich Jahre befinden, denn eine ausrangierte Lokomotive wird nicht immer sofort abgebrochen.

Einige dieser Lokomotiven werden als erhaltende Maschinen an die Zeit dieser Lokomotiven erinnern. Wieder andere Lokomotiven hatten eine Zukunft auf einem Sockel oder einem Spielplatz für Kinder. Daher darf die Ausrangierung nicht mit dem Abbruch gleichgestellt werden.

Nur, was erfolgt denn bei der Ausrangierung wirklich? Die Lokomotive, die bisher in den Verzeichnissen geführt wurde, wird daraus gelöscht. Für die Personen, die die Lokomotiven einteilen, ist sie deshalb nicht mehr vorhanden.

So eine Ausmusterung steht früher oder später an und ist oft ein Jahre dauernder Abschied. Letztlich verschwindet die Lokomotive aber von den Geleisen und nur wenige Exemplare schaffen es, dass sie diese Aktion überleben und noch eine Zukunft haben.

Ausrangierte Fahrzeuge stehen oft noch monatelang auf den Geleisen herum, denn der Rohstoff Alteisen ist wertvoll, also versuchen die Bahnen damit noch Geld zu verdienen. Bei 120 Tonnen geht das einfacher, als bei einem Auto von knapp 1000 Kilogramm. Es dauert dann eine Weile, bis die Lokomotive effektiv abgebrochen wird. Damit endet die Geschichte der Lokomotive und auch wir haben nun den Lebenslauf einer Lokomotive kennen gelernt.

Soweit zur Bewirtschaftung einer Lokomotive. Wir haben gesehen, dass nicht alle Methoden ohne Probleme funktionieren und dass es mehrere Lösungen gibt. Gerade das bei den Eisenbahnen heute angewendete System benötigt spezielle Massnahmen für Störungs- und Problemlösungen. Da die hier geschaffenen Massnahmen sehr umfangreich sind, habe ich sie in einem eigenen Kapitel niedergeschrieben und nicht bei der Bewirtschaftung eingefügt.

 

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