Betriebseinsatz 1942 - 1951

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In den Plandiensten tauchten die ersten vier Maschinen ab dem Mai 1942 mit zwei Umläufen auf. Auszuführendes Depot war Erstfeld, das diese Lokomotiven zugeteilt bekommen hatte. Für den schweren Unterhalt der neuen Baureihe sah man beim Direktorium der Schweizerischen Bundesbahnen SBB die Hauptwerkstätte in Bellinzona vor. Diese hatte schon die die Reihe Ae 8/14 zugeteilt bekommen und daher passte die Ae 4/6.

Der erste Umlauf sah zwei Ae 4/6 in Viel-fachsteuerung vor und war Bestandteil eines dreitägigen Turnus für Ae 8/14 oder zwei Ae 4/6.

Noch liefen die Doppeltraktionen in den Dienstplänen der «Giganten» mit. Der Dienstplan enthielt die Schnellzüge 60, 69 und 70.

Zudem wurden mit beiden Lokomotiven Zwischendienste auf der Nordrampe zwi-schen Erstfeld und Göschenen abgedeckt. Zürich erreichten die Maschinen jedoch nicht.

Die beiden Maschinen in diesem Dienst-plan wurden also schon früh in Diensten der Ae 8/14 verwendet, was klar dank der gleichen Normallast von zwei Ae 4/6 möglich war.

Jedoch muss gesagt werden, dass diese Werte sogar ganz leicht höher lagen, denn bei der zweiten Lokomotive hätten durchaus auch 400 Tonnen Anhängelast eingerechnet werden können.

Die Ae 4/6 konnten wirklich mehr, als dass sie zugestanden bekommen hatten.

Der zweite eintägige Umlauf für eine einzelne Ae 4/6 enthielt nur Zwischendienst auf der Strecke von Erstfeld nach Göschenen. Speziell war, dass in diesen Diensten mit der Lokomotive 400 Tonnen gezogen werden durften. Es bestand sogar die Möglichkeit, dass alle drei eingeteilten Lokomotiven dieser Baureihe an einem Zug eingesetzt wurden. Zwei Lokomotiven waren dann an der Spitze und eine dritte Maschine zwischen den Wagen.

Dienstpläne, die Zwischenlokomotiven enthielten, deckten natürlich auch die noch oft vorkommenden Vorspannleistungen ab. So konnte die einzelne Maschine der Baureihe Ae 4/6 auch vor Zügen zu beobachtet werden. Jetzt sank die Normallast jedoch auf 375 Tonnen. Sie sehen, es hing bei der Ae 4/6 viel davon ab, wo sie im Zug eingereiht wurde. Für die Planer und das Personal eine unnötige Rechnerei, daher wurde meistens mit 375 Tonnen gerechnet.

Der intensive Zwischendienst war ein harter Einsatz, der die Lokomotive thermisch aufs äusserste beanspruchte. Das hatte auch die im Jahre 1940 mietweise im Depot Erstfeld eingesetzte Maschine der Baureihe Ae 6/8 der BLS kräftig zu spüren bekommen.

Neu war diese Erkenntnis jedoch nicht, aber bei der Reihe Ae 4/6 führte dies zu den ersten grösseren Problemen. Dabei müssen wir wissen, dass die Maschine im Wind-schatten des Zuges lief.

Dabei waren die Lokomotiven unter maximaler Last im Einsatz, während die Wagen vor der Lokomotive durch den Fahrtwind der Ventilation einen Unterdruck be-scherten, was die Luftzufuhr zur Kühlung beeinträchtigte.

Der aufgewirbelte Staub verschmutzte zudem die Loko-motive stark. Dazu gehörten auch die Shunts zu den Fahrmotoren. Wer nun noch kräftig in die Bremsen stieg, hatte das Geschenk und griff beherzt nach dem Feuer-löscher.

Ausrücken musste dann die vierte Maschine. Diese wurde im Depot Erstfeld als Reserve bereitgehalten. Damit sollten noch Schulungen ausgeführt, zusätzliche Dienste abge-deckt und der Ersatz gestellt werden.

Meistens bedeutete das, dass die im Zwischendienst lauf-ende Maschine ersetzt werden musste, weil der Lokführer wieder einmal ein kleines Feuer löschen musste. Noch griffen die Lokführer ohne Zögern zum Feuerlöscher.

Ergänzt wurde diese Maschine noch im gleichen Fahrplan durch die beiden 1943 abgelieferten Maschinen. Dort wurden die Shunts anders montiert. Sie waren nicht in festen Dienstplänen, denn noch gab es nicht mehr Arbeit. Mit den neusten Modellen wollte man Maschinen für den Unterhalt freistellen. Dazu gehörten auch die grossen Ae 8/14, aber auch die immer wieder brennenden Schwestern. So waren die beiden gut ausgelastet.

So konnte man für den Unterhalt auch eine Lokomotive aus dem Gespann herauslösen und durch eine andere Maschine ersetzen. Der Sinn der Vielfachsteuerung war damit klar ersichtlich. Dabei zeigte sich aber, dass das nicht immer ohne Macken funktionierte. Immer öfters wurde ein Lokführer verlangt, weil es einfach nicht gelang, die beiden Lokomotiven elektrisch zu verbinden. Auch gab es immer mehr Probleme auf der Strecke.

Im Depot stellten schliesslich die tapferen Mannen des Unterhalts fest, dass die Kontakte aus der Dose fielen, als diese geöffnet wurde. Hässliche Korrosion hatte ihnen zugesetzt. Die Werkstatt musste eine neue Dose montieren. Dazu musste die Lokomotive zwar nicht in die Hauptwerkstätte, sie stand jedoch länger herum. So konnte sie raus und funktionierte wieder ein paar Wochen. Rätselhafter waren die Störungen auf der Strecke, die kamen und gingen, je nach Lust und Laune.

Schon jetzt fielen die Lokomotiven durch einen hohen Lärmpegel auf. Die Getriebe sangen die ganze Zeit das traurige Lied der Vernichtung und die Ventilation heulte vor sich hin. Die Baureihe Ae 4/6 konnte man schon von weit herhören. Auf der Maschine selber hörte man nahezu nichts mehr. Ab und zu jammerte ein Lokführer etwas wegen Kopfschmerzen, aber darin waren die ja schon immer gut und wegen einem dröhnenden Schädel macht man nichts.

Dramatisch sah man es in der Chefetage noch nicht, denn Lokomotiven waren immer etwas laut geraten. Kommt hinzu, dass man dem Klagen des Lokomotivpersonals wenig bis gar kein Gehör schenkte. Es blieb alles so wie es war. Missmutig kletterte ein Mann in den Führerstand, schaltete ein und die Maschine heulte los. Wenn es dann noch 1. August ist, kommen plötzlich die Gedanken und aus der Reihe Ae 4/6 wurde der «Luftheuler».

Die letzten Lokomotiven der Baureihe Ae 4/6 wurden im Jahr 1944 und im Frühjahr 1945 abgeliefert. Abge-schlossen wurde die Lieferung mit der zuletzt abge-lieferten Nummer 10 810, die am 31. Mai 1945 in Betrieb genommen wurde.

Das war kurz nach dem Ende des zweiten Weltkrieges. Daher kann man feststellen, dass es der Industrie gelang während dem grossen Krieg zwölf Lokomotiven zu bauen und diese in Betrieb zu bringen.

Auf den Fahrplanwechsel im Mai 1945 wurden die Ma-schinen der Reihe Ae 4/6 auf die Standorte am Gott-hard aufgeteilt. Stationiert blieben die Lokomotiven aber im Depot Erstfeld.

Auch die Zuteilung der Hauptwerkstätte war mit Bellin-zona am Gotthard unverändert geblieben. Zudem liefen die Maschinen nun in eigenen Dienstplänen, so dass die Kabel immer wieder gesteckt, gelöst und neu gesteckt wurden. Beim vierten Anlauf hörte man ein leises flu-chen.

Bellinzona erhielt mit den Maschinen der Baureihe Ae 4/6 gute Kunden und manch einer wäre froh gewesen, die Lokomotiven wären in der Deutschschweiz gewar-tet worden. Nur, es war eine klassische Gotthardlokomotive und diese hatten die anstehenden Hauptuntersuchungen immer in Bellinzona. So war die Hauptwerkstätte eine logische Folge davon. Zudem waren so die Maschinen mit SLM-Universalantrieb an der gleichen Stelle.

Dabei fuhren die Maschinen mit den Nummern 10 801 bis 10 805 fünf Dienste für das Depot Erstfeld, die sie hauptsächlich zwischen Luzern und Chiasso von Schnellzügen vorsahen. Der Dienstplan wurde mit Güter- und Personenzügen aufgefüllt, so dass die Maschinen eine mittlere Tagesleistung von stattlichen 700 km erreichten. Ab und zu wurden zwei Dienste zusammengeführt, so dass man die beiden Lokomotiven in Vielfachsteuerung verkehren lassen konnte.

Besser gesagt hätte können, denn diese Vielfachsteuerung bockte immer mehr. Oft gelang es nur mit grosser Mühe die Lokomotiven einzuschalten und auf der Fahrt verlor der Lokführer die zweite Maschine.

Wenn der Zug stand, war alles wieder gut. Überall wurde über die Ursache ge-rätselt. Die Nummern 10 806 und 10 807 waren in Erstfeld auf Reserve vorgesehen und mussten daher immer wieder aus-rücken und einer Schwester helfen.

Die restlichen Ae 4/6 fuhren fünf Umläufe für das Depot Bellinzona. In diesen Dien-sten erreichten die Maschinen in etwa die gleichen Kilometerleistungen wie die Lokomotiven des Depots Erstfeld.

Auch hier war immer wieder ein Einsatz in Vielfachsteuerung vorgesehen. Da die-se aber immer schlechter funktionierte, griff man immer wieder zum klassischen Vorspann.

Die Maschinen der Baureihe Ae 4/6 wur-den immer öfters zu Einzelkämpfern.

Im Jahr 1948 wurden die Maschinen 10 807 bis 10 812 vollends nach Bellinzona verschoben. Die Lokomotiven wurden schon seit längerem ab Bellinzona eingesetzt, aber noch in Erstfeld unterhalten. Jetzt erfolgte nur noch die formelle Verschiebung der Depotzugehörigkeit. Das Depot Bellinzona hatte den Vorteil, dass man mit einem Handwagen zu Fuss in die nahe Hauptwerkstätte konnte, um das benötigte Ersatzteil zu holen.

Die Ae 4/6 besorgten am Gotthard den gesamten Schnellzugsverkehr. Wobei der Fall wohl eher selten war, dass alle zehn eingeteilten Maschinen ihren vorgesehenen Dienst leisteten. Schnellzüge waren leicht und daher reichte eine Maschine durchaus.

Die Vielfachsteuerung der Lokomotive wurde in dieser Zeit nicht verwendet, da alle Maschinen in Einzeldiensten verkehrten. So blieben die Störungen damit aus, denn das Teufelszeug fasste man nicht an.

Entweder verhinderten korrodierte Steckdosen, dass sich die Maschinen fanden, oder aber die Kabel teilen sich auf. Auf der Strecke störten die lädierten Kabel so sehr, dass es zu fehler-haften Schaltungen kam.

In der Folge löste der Hauptschalter aus und die Maschinen konnte nicht mehr eingeschaltet werden. Ein neues Kabel wirkte dann Wunder, nur bis es bei der Lokomotive war, dauerte es lange. Schliesslich passierte das nie dort, wo es passte.

Deshalb beliess man es bei einzelnen Maschinen. Dabei war man der schlecht funktionierten Vielfachsteuerung überdrüssig geworden. Die Probleme mit den Shunts zu den Fahrmotoren, konnten mit dem Umbau eliminiert werden.

Neben den erwähnten Problemen kämpften die tapferen Helden mit Achsbrüchen und heissen Lagern bei den Triebachsen. Das waren ernste Probleme, die man in den Griff bekommen sollte.

Trotzdem kam es zu vereinzelten Einsätzen mit zwei Ae 4/6. Diese Lokomotiven liefen dann aber fix zusammen und konnten eher als Ae 8/12 bezeichnet werden. Es war einfach, funktionierten einmal zwei Lokomotiven zusammen, begnügte man sich damit. Wehe dem, der es gewagt hat, die Kabel zu trennen, oder auch nur einen etwas genaueren Blick darauf zu werfen. Die vielfachgesteuerten Lokomotiven liefen dann in Ae 8/14 Dienstplänen.

Die Probleme mit den Maschinen hielten die Leute immer wieder in Schach. Besonders tragisch sollte für die Nummer 10 807 der 27. Mai 1950 enden. Wegen einem Fehler kollidierte die Maschine bei Maroggia-Melano mit einer Lokomotive der Reihe Ce 6/8 III. Die noch fast neue Ae 4/6 wurde dabei vom Krokodil zur Hälfte abgeräumt. Deren Lokführer hatte bei diesem Unfall keine Chance, er wurde eingeklemmt und auf der Stelle getötet.

Gerade der Unfall in Maroggia-Melano zeigt deutlich auf, wie schwer Maschinen beschädigt wurden, die sich mit einem Krokodil anlegten. Hätte man damals vermutlich in die Zukunft blicken können, wäre der Unfall bereits das Ende dieser Lokomotive gewesen. Die Trümmer der bedauernswerten Maschine kamen in die Hauptwerkstätte Bellinzona, wo die nahezu gänzlich zerstörte Lokomotive neu aufgebaut wurde.

Auf den Einbau der störungsanfälligen Vielfachsteuerung wurde jedoch verzichtet. Schliesslich setzte man die Lokomotiven hauptsächlich in Einzeldiensten ein und da war diese Einrichtung nicht nötig, zumal diese Vielfachsteuerung ja nicht wunschgemäss funktionierte. Damit es niemand versuchte, wurden die Steckdosen und die Speiseleitung entfernt. Der Stossbalken sah damit überraschend leer aus und passte nicht so recht zur Baureihe.

Eigentlich ist es überraschend, dass die ersten Jahre bei der Baureihe Ae 4/6 so ruhig waren. Gut, die unteren Nummern benötigten anfänglich immer wieder mal die Feuerwehr, weil die ohmschen Fahrmotorshunts brannten, aber sonst hatte die Reihe keine grossen Verschiebungen und nur diesen einen schweren Unfall gehabt. Trotz all der Probleme bei der Inbetriebsetzung, startete die Ae 4/6 ganz gut in ihre Karriere.

Mehr beklagt hatte sich nur das fahrende Personal, aber das hörte niemand. Dieses bemängelte den hohen Geräuschpegel, der von der Ventilation kam. Zudem begannen die Getriebe mit zunehmender Geschwindigkeit immer lauter an zu singen. Wie oft sich meine Kollegen damals angsterfüllt das Schild mit der Aufschrift 125 km/h ansahen, entzieht sich meiner Kenntnis. Auf jeden Fall war es bei 100 km/h schon sehr laut.

Einen regelrechten Höhenflug erlebten die Maschinen in dieser Zeit. Die maxi-male Tagesleistung stieg auf maximal 1000 Kilometer täglich. Durchschnittlich wurden jedoch immer noch 785 Kilometer erreicht.

Im Vergleich zu den anderen Baureihen der damaligen Zeit, war das ein sehr guter Wert. Immer noch kämpften die Lokomotiven dabei mit heissen Achslager und gelegentlich gebrochenen, oder gerissenen Triebachsen.

Lokomotiven in Vielfachsteuerung gab es kaum noch. Dazu hatte man ent-weder zu wenig Lokomotiven im gut ausgelasteten Dienstplan, oder man liess die Finger davon. Bei einer Maschine suchte man die Steckdosen so oder so vergebens.

Wobei die Leistungen der Ae 4/6 sicherlich zwei Lokomotiven so nahe zusam-menbrachten, dass man hätte die Kabel nutzen können. Jedoch wurde bei zwei Lokführern automatisch darauf verzichtet.

Gerade diese Lokführer waren entweder von der Reihe Ae 4/6 begeistert, oder aber man hasste sie. Sie heulte dank den schnell laufenden Ventilatoren schon bei geringen Geschwindigkeiten, wie ein Flugzeug das starten möchte.

Besser klangen auch die Getriebe noch nicht. Diese sangen auf der ganzen Fahrt und anschliessend zu Hause ihr trauriges Lied. Bei ersten Lokführern wollte die Lokomotive auch an den freien Tagen keine Ruhe mehr geben.

Noch war die Baureihe Ae 4/6 der Star am Gotthard. Trotz all den Mängeln, war es eine gelungene Maschine, die durchaus noch ein paar Freunde kannte. Doch in Bern hatte man beschlossen, dass eine neue Baureihe entwickelt werden sollte. Diese wurde mit vielen Punkten der Ae 4/6 umgesetzt, hatte jedoch ein gänzlich anderes Fahrwerk, das besser funktionieren sollte, denn nun hatte der Siegeszug der Drehgestelle begonnen.

 

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