Betriebseinsatz 1952 - 1961 |
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Ab 1952 fuhr erstmals eine der heulenden Maschinen
planmässig von Erstfeld über Rotkreuz und Wohlen nach Basel. Der Dienst
wurde von einem Lokführer aus Erstfeld gefahren, denn seine Kollegen in
Basel kannten die
Lokomotive schlicht noch nicht. Verwundert werden die
Leute entlang der Strecke aufgeschreckt sein, wenn die Ae 4/6 angerollt
kam. Man hörte sie wirklich ausgesprochen gut und schon von weit
herkommend. Am 30. Mai 1954, also etwas mehr als vier Jahre nach ihrer Schwester, verunfallte die Nummer 10 802 mit ihrem Personenzug zwischen Claro und Castione-Arbedo. Die in Richtung Süden fahrende Lokomotive hatte die Fahrberechtigung bekommen und fuhr daher auf dem rechten Gleis weiter.
Dabei ahnte niemand, dass sich die Be 4/6 mit der
Nummer 12 339 auf der anderen Seite nicht dazu bewegte vor dem roten Licht
anzuhalten. So stiessen die beiden Züge im vorübergehenden Einspurbetrieb frontal zusammen. Dank der über-sichtlichen Situation und dem Fahrberechtigungs-signal der Ae 4/6 konnten die Lokführer noch die Schnellbremsen aktivieren.
Trotzdem war der Zusammenstoss nicht mehr zu
vermeiden. Die
Lokomotive besuchte daraufhin die
Hauptwerkstätte
in
Bellinzona und wurde ebenfalls hergerichtet. Die Steckdosen zur
Vielfachsteuerung fehlten daraufhin auch bei ihr.
Nicht gut meinte man es mit dem
Lokomotivper-sonal
im Jahre
1955. Für die mit
Java-Drehgestellen versehenen Maschinen wurde die
Höchstgeschwindigkeit erhöht. Die
Lokomotiven mit den Nummern 10 801 bis
10 806 durften daher nach der neuen
Zugreihe A verkehren. Das hatte zur
Folge, dass maximal 110 km/h zugelassen waren und die
Kurven mit 5
Kilometer mehr genommen wurden. Nur mit der
Zugreihe R wäre noch mehr
möglich gewesen.
Das Personal konnte diesen Schritt nicht
nachvollziehen, denn schliesslich war die
Lokomotive bei höherer
Geschwindigkeit noch lauter geworden. Es zeigte sich langsam ab, dass die
Ursache ganz klar beim
SLM-Universalantrieb zu suchen war. Dieser
vermochte der unbändigen Kraft der Lokomotive nicht stand zu halten.
Dadurch stimmte die Teilung der
Zahnräder nicht mehr ganz optimal. Die
Folgen waren klar, grosser Lärm und Getriebeschaden. 1956 folgten dann noch die restlichen Maschinen ins Tessin. Sie wurden von Erstfeld nach Bellinzona versetzt. Das heisst natürlich nicht, dass sich das Lokomotivpersonal von Erstfeld hätte zu sehr freu-en dürfen.
Sie mussten immer noch damit fahren, die stör-ungsanfälligen
Lokomotiven waren damit nur etwas näher zur
Hauptwerkstätte gerückt. So
schuf man in Erstfeld Platz für die «Ticino», die «Uri» und die weiteren
Ae 6/6. In Bellinzona verblieben die Maschinen dann bis zur Ausmusterung. Auch wenn die Maschinen weit der Heimat eingesetzt wurden. Das Depotschild Bellin-zona wurde nicht mehr entfernt. Vermutlich wollte niemand das eigene Schild montieren.
Die in Serie gebauten
Lokomotiven der
Baureihe
Ae 6/6 waren zu gut geworden und gerade in Erstfeld tummelten
sich diese zunehmend. Die Ae 4/6 hatte am Gotthard einen ernsthaften
Gegner bekommen. Weg waren die ersten Schnellzüge. Diese mussten an die Baureihe Ae 6/6 abgetreten werden. Diese war zwar nicht unbedingt mit viel mehr Leistung versehen worden.
Sie konnte die Kraft jedoch umsetzen
und so schafften die neuen Maschinen alleine locker das, was zwei
Lokomotiven der Baureihe Ae 4/6 auf den Boden brachten. Zudem glänzten die
«Neuen» in der Sonne, was besser zu einem
Schnellzugsdienst passte. Die Ae 4/6
hatten das Nachsehen.
Die Ae 4/6 wurden nur nach wenigen Jahren in
untergeordnete Dienste verbannt. Gerade am Gotthard machten sich die
«Schmucktruhen» breit und die Baureihe Ae 4/6 suchte neue Arbeit. Die fand
sie weit von der Heimat entfernt. Denn die nach Basel kommende Maschine
wurde von dort in den Jura bis nach Delémont geschickt. Jetzt fuhren auch
die Lokführer des
Depots Basel damit, auch wenn die Einsätze noch selten
waren.
Wer sich nun bei untergeordnetem Dienst ein
Güterzug
vorstellt, liegt bei der Reihe Ae 4/6 falsch. Die
Lokomotive wurde immer
wieder zum schieben der elektrischen
Dabei
konnte man dank dem fein abgestuften
Stufenschalter optimal arbeiten. Die
Maschine war so langsam auch vom Lärm her erträglich geworden. Das war
jedoch Arbeit, die in der Hierarchie wirklich an der letzten Stelle kam. Die drei grossen Maschinen der Baureihe Ae 8/14 waren ab 1956 wieder komplett im Einsatz und wurden in einem dreitägigen Umlauf einge-setzt. Zur Reserve wurden zwei Maschinen der Reihe Ae 4/6 in Vielfachsteuerung vorgesehen.
Richtig, man hatte dieses Teufelszeug immer
noch und nur die beiden verunfallten Modelle verkehrten ohne diesen Mist.
Jedoch machte man sich das Leben nicht unnötig schwer.
So wurden zwei
Lokomotiven zusammenge-steckt und
geprüft. Hatte man dann ein Gespann zum laufen gebracht, behielt man es
dabei. Wer nur das Kabel etwas scharf ansah, riskierte eine Störung und
wüste Beschimpfungen seiner Kameraden. So und nur so funktionierte die
Vielfachsteuerung. Wie es ging, wusste eigentlich nur noch das Personal im
Depot Erstfeld, denn dort musste der Ersatz für die drei «Giganten»
gestellt werden.
Die Handlungen waren ja einfach, denn wie war das
schon wieder? «Lok aus, Kabel rein und Lok an», dann klappte alles. Aber
halt, es klappte, aber es mussten die
Lokomotiven mit den Nummern
„soundso“ sein. Diese stellte man dann mit dem richtigen
Nun ging es an die Kabel, die feinsäuberlich gesteckt wurden. Ja keine Handlung, die dem Kabel schaden könnte. Dann ging es behut-sam an den Einschaltversuch.
Wer das Kabel von der richtigen
Lokomotive genommen hatte konnte jubeln, denn die Maschinen arbeiteten.
Wehe denjenigem, der die falschen Kabel benutzte, denn dann ging nichts,
aber auch gar nichts. Der Kerngedanke einer
Vielfachsteuerung war das
sicherlich nicht. So kam es wie es kommen musste, hatte man einmal zwei Ma-schinen, die funktionierten zusammen, beliess man sie so lange wie möglich zusammen. Man hatte somit wieder eine grosse Doppellokomotive.
Als
Ersatz für die drei grossen Giganten sicherlich zu gebrauchen, nur hatte
man jetzt einfach eine Ae 8/12, also eine eigenwillige Doppellokomotive.
Niemand wagte es auch nur das Kabel zu be-rühren. Ab dem Jahr 1958 wurden alle Lokomotiven der Baureihe Ae 4/6 für die Zugreihe A zugelassen. Als Höchstgeschwindigkeit wurde nun 110 km/h zugestanden. Beim befahren von Weichen waren allerdings weiterhin nur 100 km/h zulässig.
Bei
Schnellzügen mit knapper
Fahrzeit gab das eine unschöne Fahrerei. Der
Stufenschalter lief fast dauernd, und auf etwas ausge-schlagenem
Gleis
wurden die Maschinen bei 100 km/h und mehr ungemütlich bis furchterregend. Schlimm war es aber nicht, denn niemand hörte die Angstschreie der Lokführer. Dabei musste es wirklich schlimm gewesen sein. Es gab zwischen den Maschinen Unterschiede.
Die unteren Nummern nahmen im Gotthardtunnel immer wieder
Anlauf auf die Tunnelwand und die oberen Nummern klemmten ächzend bei der
Ausfahrt in Airolo. Es waren wirklich mutige Her-ren auf der Maschine im
Einsatz, denn niemand wusste so genau, wenn die
Triebachse bricht.
Gerade die
Triebachsen mit ihren
Lagern, stellten die Mannen immer wieder vor
Herausforderungen. Da man wegen dem Lärm im
Am 8. August 1958 war die Nummer 10 805 damit beschäftigt einen Lebensmittelzug über die Aar-gauer Südbahn zu führen. Bei Muri AG erkannte der Lokführer mit Schrecken ein landwirtschaftliches Gefährt, das sich dem unbe-schrankten Bahnübergang näherte.
Der Fahrer
schien die laut heulende
Lokomotive nicht zu hören und auch die gellenden
Schreie der
Pfeife wurden ignoriert. Es drohte eine Kollision, daher
zog der Lokführer durch. Dank der eingeleiteten Schnellbremsung konnte der Zug noch verzögert werden. Das reichte dem Trak-tor mit dem Fahrer gerade noch, sich über den Bahnübergang zu quälen. Jedoch zog er einen schweren Anhänger, der sich als Jauchefass entpuppte, nach und dieser sollte es nicht mehr vor der Lokomotive schaffen.
Der Lokführer verliess im letzten
Augenblick seinen Arbeitsplatz, die
Pfeife verstummte und der
Führer-stand
war leer.
Zum Zeitpunkt des Zusammenstosses war der Zug noch
mit etwa 70 km/h unterwegs. Beim Zu-sammenstoss wurde das am Trecker
angehängte Jauchefass zerlegt und der Inhalt ergoss sich auf die
Lokomotive und die Bahnanlagen. Das vollständig zerstörte Strassenfahrzeug
verkeilte sich und brachte in der Folge die Lokomotive vom Weg ab. So
entstand ein weitaus grösseres Ereignis, als das bei vergleichbaren
Unfällen der Fall war.
Die
Lokomotive geriet in Schräglage. Letztlich war
sie so schräg, dass sie umkippte und auf die Seite fiel. Anschliessend
wurde die Maschine abgedreht und legte sich quer zum
Gleis. Dabei schoben
die immer noch rollenden Wagen die hilflose Lokomotive vor sich her. In
einer grossen Staubwolke kam die stinkende Maschine schliesslich zum
Stehen. Geschockt kletterte das
Lokomotivpersonal aus dem
Führerstand und sah
sich den Schaden an.
Die Bergung der schwer beschädigten
Lokomotive war
auch keine einfache Sache. Schweres Bergegerät, wie leistungsfähige
Strassenkrane, gab es damals nicht. Es blieb nichts anderes übrig, als die
Lokomotive zu zerlegen. Dazu reiste Personal der
Hauptwerkstätte in
Bellinzona mit Werkzeug an. Bis zu deren eintreffen, wurde die
Lokomotive
gewässert, damit sie nicht mehr ganz so scheusslich stank, doch was war
mit dem Fahrer?
Dieser wurde
später von der Polizei aufgegriffen. Der stark betrunkene Fahrer bemerkte
den Unfall gar nicht und auch die Ae 4/6 konnte er nicht hören, weil er
taub war. Die zerlegte
Lokomotive
wurde anschliessend ins Tessin überführt und dort wieder zur einer
Maschine ohne
Vielfachsteuerung zusammengesetzt. Sie absolvierte danach
noch einige Jahre im Einsatz und als Lokführerschreck. Vom
aussergewöhnlichen Vorfall sprach man aber viele Jahre. Am Gotthard hatten die Ae 4/6 nichts mehr zu berichten. Die leistungsfähigeren Ae 6/6 hatten hier nahezu den gesamten Ver-kehr übernommen. Die während dem zweiten Weltkrieg ge-plante Gotthardlokomotive wurde von der Gotthardlokomotive der zweiten Generation abgelöst, beziehungsweise überrannt.
Die Ae 4/6 mussten sich deshalb neue
Jagdgebiete suchen. Man fand diese bei den noch nicht gehörgeschädigten
Lokführern von Luzern, Olten und Basel. Die arbeitslos gewordenen Ae 4/6 tauchten somit vor den Schnellzügen zwischen Luzern und Basel auf. Dabei ersetzten sie die älteren aber auch ruhigeren Ae 4/7.
Da die Baureihe Ae 4/6 nicht viel
schneller fahren durfte, als die
Ae 4/7, beschwerte sich das
Lokomotivpersonal
ob dieser Ungeheuerlichkeit. Sie wünschten sich die ältere
Ae 4/7 zurück.
Nur hörte beim Lärm der Baureihe Ae 4/6 die Protestrufe aus Luzern, Olten
und Basel niemand mehr.
In Bern beschloss man endlich dem Personal etwas
entgegen zu kommen. Die Ae 4/6 mit den Nummern 10 807 bis 10 812 wurden in
der
Hauptwerkstätte Bellinzona zum Umbau aufgeboten. Das Ziel war klar,
die Lokführer sollten auf der
Lokomotive endlich zivilisiert kommunizieren
können und die
Achsen sollten kalt bleiben. Auch die
Vielfachsteuerung
sollte erneut aktiviert und verbessert werden. Daher baute man auch hier
die Kabel und Steckdosen um.
Als Umbauprototyp wurde die letzte der Maschinen
gewählt, da sie gerade in der
Hauptwerkstätte war um die
Getriebe zu
überholen. Es war die Ae 4/6 mit der Nummer 10 812. Sie wurde grundlegend
umgebaut und in der Hauptwerkstätte Bellinzona zusammengeschraubt. Die
frisch revidierte
Lokomotive startete mit sehr vielen Vorschusslorbeeren
zur
Probefahrt. Die Lokführer kommunizierten dabei freilich nicht mehr mit
Handzeichen, nur wurden die
Triebachsen immer noch heiss. Wie gross der Frust bei den Verantwortlichen war, kann ich nicht beschreiben. Ich gehe aber davon aus, dass es Leute gab, die die Lokomotive am liebsten gleich dem Schrotthändler anvertraut hät-ten.
Die Ursache für den Lärm war gelöst, nur wurden die
Triebachsen
halt immer noch heiss. Ein neuer
Antrieb vermochte die
Achslager nicht so
sehr zu entlasten, dass die
Achsen kalt blieben. Die gefähr-liche
Lokomotive blieb gefährlich. Bei der Vielfachsteuerung konnte man erst zu den Versuchen treten, als auch die zweite Lokomotive umgebaut worden war. Die nagelneuen Triebwagen der Baureihe RBe 4/4 zeigten, dass es funktionieren kann.
Wer nun meint, dass die beiden Ae 4/6 bei der
Viel-fachsteuerung
glänzten, irrt sich gewaltig. Als die zweite umgebaute
Lokomotive mit der
Nummer 10 812 gekuppelt wurde, klappte der Versuch schlicht nicht.
Die
Lokomotiven standen mit den falschen
Führ-erständen zusammen und ein Idiot hat das falsche Kabel benutzt. Mit
anderen Worten, es blieb beim Alten. Auch hier war kein grundlegender
Erfolg zu erzielen. Daher wurde die Nummer 10 807, als sie zum Umbau
aufgeboten wurde, schlicht nicht mehr mit der
Vielfachsteuerung ergänzt.
Sie sollte daher immer ein Unikum in der Serie der
Versuchsträger Namens
Ae 4/6 bleiben.
Es wurde erkannt, dass die konstruktiven Fehler, die
bei der Herstellung gemacht wurden, nicht mehr korrigiert werden konnten.
Namentlich die
Gleitlager waren mit der gigantischen
Leistung dieser
Baureihe überfordert. Hier hätten möglicherweise
Rollenlager helfen
können, aber diese konnte man nicht mehr einbauen, da der Platz dazu
schlicht fehlte. Die Baureihe Ae 4/6 war mit Behinderungen geboren worden
und diese konnte man nicht beheben.
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