Betriebseinsatz 1962 - 1983

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Auf den Fahrplanwechsel 1962 wurden die Karten neu gemischelt. Verloren hatten die Lokführer, die mit den Zügen zwischen Zürich und Basel fuhren. Die heulenden Ungeheuer vom Gotthard machten sich daran auch diese Gegend unsicher zu machen. Das heisst, die Baureihe Ae 4/6 bespannte vermehrt auch Schnellzüge zwischen Basel und Zürich. Wer sich darüber freute, war sicher nicht auf der extrem lauten Lokomotive im Einsatz.

Die meisten Lokomotiven verblieben jedoch im Tessin. Von den total acht Diensten für Ae 4/6 waren die meisten in der Südschweiz vorgesehen. Wobei die Tessiner Dienste die Lokomotive kaum einmal in den deutschsprachigen Raum liessen.

Scheinbar wollte man die Lokomotive in der Nähe der zuständigen Hauptwerkstätte belassen. Auch die Loko-motiven, die noch in der Deutschschweiz unterwegs waren, wurden kurze Zeit später ins Tessin versetzt.

Es soll Leute in Basel gegeben haben, die ein Abschieds-fest veranstaltet hatten. Jedoch konnten sich auch an-dere Lokführer freuen.

Gerade am Gotthard waren so viele Maschinen der Baureihe Ae 6/6 im Einsatz, dass die Reihe Ae 4/6 wirklich weit nach hinten geschoben wurde.

Acht Dienstpläne für zwölf Lokomotiven zeigten diesen Umstand deutlich auf. Der Stern der Ae 4/6, der nie so hell leuchtete, begann zu sinken.

Ab 1965 begann der besagte Stern der Baureihe Ae 4/6 kometenhaft zu sinken. Sie wurden zwar nach wie vor über den Gotthard eingesetzt, wobei auch Reisezüge bespannt wurden.

Meistens reichte der Auslauf nur noch nach Chiasso, Ranzo und Locarno im Süden. Im Norden waren es noch die Bahnhöfe Zug und Emmenbrücke. Die mittlere Tagesleistung betrug gerade noch 446 Kilometer. Das war noch die Hälfte der Glanzzeiten.

In der Deutschschweiz machte zu diesem Zeitpunkt eine neue Lokomotive von sich reden. Die war leise, hatte eine funktionierende Vielfachsteuerung und durfte die Geschwindigkeit, die gefordert wurde fahren. Zudem hatte sie bei zur Ae 4/6 vergleichbaren Leistung, eine viel bessere Ausnutzung der Zugkraft. Am Gotthard konnten so locker 460 Tonnen geschleppt werden. Die ersten Prototypen der Reihe Re 4/4 II begannen die Schweiz zu erobern.

Dabei vergisst man aber oft, dass diese Lokomotive von den Erfahrungen mit der Reihe Ae 4/6 profitiert hatte. Die Leistung war vergleichbar, der Stufen-schalter war nahezu identisch und die Vielfach-steuerung funktionierte.

Letztlich war nur das Laufwerk neu gebaut worden und zeigte deutlich auf, dass die Zukunft den kur-zen zweiachsigen Drehgestellen gehörte. Die letzte Rahmenlokomotive der Schweiz, die den Weg ebne-te, vergass man dabei.

So leicht war das jedoch nicht. Die Baureihe Ae 4/6 hörte man gut, aber auch ihre Lautstärke reichte nicht vom Kanton Tessin ins entfernte Bern, wo die Reihe bisher nie planmässig gefahren war. Viele der Verzweiflung nahe Mitarbeiter stellten das fest, denn dann hätte man etwas gegen den unerträglichen Lärm gemacht. Auf der Lokomotive ging es ja noch, aber wenn die Ventilatoren zu Hause im Bett weiter heulten, kämpfte das Personal mit der Angst.

Als am 09. Juli 1965 die Ae 4/6 mit der Nummer 10 801 in den Bahnhof von Maroggia-Melano rollte, quoll dichter Rauch aus den Lüftungsgittern. Ein Kurzschluss im Maschinenraum hatte deren Schmutz entfacht und die Lokomotive geriet dabei in Brand. Die aufgebotene Feuerwehr konnte nicht mehr verhindern, dass die Maschine komplett ausbrannte. Wobei so leicht hatte es die Feuerwehr auch wieder nicht, denn scheinbar wollte der Lokführer die Leute daran hindern.

Egal was es war, das Lokomotivpersonal konnte sich freuen. Es gab eine Maschine der Baureihe Ae 4/6 weniger. Die dampfenden Trümmer liessen erkennen, dass der Rahmen verbogen war und auch sonst stimmte es bei den Achslasten nicht mehr so ganz. Nur schon der Transport nach Bellinzona sollte eine schwere Aktion sein. Die 10 801 wurde am 31. Juli 1965 offiziell ausrangiert und zum Schluss noch nach Biasca geschleppt.

Vorher beraubte man die Lokomotive noch einiger wichtiger Teile. Die Ge-triebe gehörten vermutlich nicht dazu. In Biasca wurden die Überreste schliesslich abgebrochen und verschwanden endgültig aus den Köpfen des Personals.

Nur, dieses hatte ja immer noch ein paar laute Maschinen. Es war aber auch ein Verlust, den man verkraften konnte, denn so wirklich viel Arbeit hatte man für die Baureihe schlicht nicht mehr.

Die Ae 4/6 waren auch gute Lokomotiven. Da gibt es nichts zu sagen, denn die Maschinen konnten nun für jeden Mist gebraucht werden. Hauptsache, sie musste dabei nicht oder nur wenig fahren.

So waren die kurzen aber schweren Ae 4/6 beliebte Maschinen bei Brücken-proben. Dabei tummelte sich meistens die ganze Flotte auf einer Brücke. Niemand hoffte wirklich, dass diese einbrechen könnte. Es wäre um die Brük-ke schade gewesen.

Es kam jedoch für die Baureihe Ae 4/6 knüppeldick. An dem Tag, als die erste Maschine der Baureihe Re 4/4 III in Erstfeld auftauchte, wurden die Schwächen der Reihe Ae 4/6 offengelegt.

Die Leistung war identisch, die Höchstgeschwindigkeit auch und die Vielfach-steuerung funktionierte. Schlimmer war, dass diese Maschine 580 Tonnen den Gotthard hoch brachte. Das waren rund 200 Tonnen mehr als die Ae 4/6 schaffte.

Schliesslich kam der Tag, als zwei Maschinen der Reihe Ae 4/6 eine modernere Lokomotive der Reihe Re 4/4 III, die in Ambri-Piotta in Schieflage geraten war, mehrere Tage lang mit einem Seil sicherten. Bewegt hatten sich die Ae 4/6 dort keinen Millimeter. Vermutlich wurden die beiden Lokomotiven nicht so sehr vermisst, wie das gute Stück, das gesichert werden musste. Es gab wirklich kaum mehr Arbeit für die unbeliebten Maschinen.

Es hätte böse enden können, denn im Jahre 1972 kamen vier Lokomotiven in den Bestand der Schweizerischen Bundesbahnen SBB, die den tapferen Ae 4/6 das Genick brechen konnten. Es waren die vier Prototypen der Baureihe Re 6/6.

Zum Glück für die Ae 4/6 bockten diese mehr he-rum, als dass sie funktionierten. Trotzdem davon sollte eine grössere Serie beschafft werden. Das war für die angezählten Maschinen alles andere als gut.

Vorderhand änderte sich bei den Dienstplänen nicht viel. Man kann sich die Frage erlauben, was man denn hätte ändern sollen. Wer keine Leistungen zu fahren hat, wird diese kaum mehr abgeben können. Die Planung sah die Reihe Ae 4/6 wirklich nur noch vor, wenn man sämtliche Depots leergeräumt hatte. Blieben dann noch Züge übrig, griff man in die unterste Schublade und holte auch noch die Baureihe Ae 4/6 hervor.

Die verbliebenen elf Maschinen der Reihe Ae 4/6 wurden ab 1976 in fünf Diensten eingeteilt. Einfach gesagt, man hatte für jede eingesetzte Lokomotive dieser Baureihe eine Reserve bereit. Das zeigt deutlich, wie der Stern der Reihe Ae 4/6 gesunken war. Trotzdem liess sich der Dienstplan der Maschine durchaus noch sehen, denn sie war immer noch am Gotthard zu Hause. Dabei waren auch noch ansehnliche Züge zu fahren.

In den fünf Diensten erreichten die Maschinen mit leichten Personen- und Güterzügen von Chiasso aus kommend, noch den Bahnhof Luzern. Meistens blieben die Lokomotiven aber im Tessin. Deshalb ergab sich eine durchschnittliche Tagesleistung von gerade einmal 300 Kilometern. Das war nicht einmal mehr die Hälfte der Blütezeit, wo Leistungen bis 785 km üblich waren. Die Ae 4/6 waren wirklich in den niedrigsten Diensten zu finden.

1977 reduzierte sich der Bestand um weitere zwei Lokomotiven. Dabei handelte es sich um Maschinen, die wegen ihres Allgemeinzustandes aus dem Verkehr gezo-gen wurden. Betroffen waren die Nummern 10 802 und die 10 807.

Beide Maschinen wurden am 29. Februar mit abgenutzten Getrieben aus den Listen entfernt, der Teile beraubt und nach Biasca überstellt, war deren Schicksal besiegelt wor-den. Die Schweissbrenner liessen die Beiden von der Bild-fläche verschwinden.

Langsam konnte das Lokomotivpersonal aufatmen. Es wa-ren nur noch neun Ae 4/6 vorhanden. Man konnte die Lokomotiven an den Fingern abzählen. Sagen konnte man es ja nicht, denn die Maschinen, die nicht umgebaut wurden, waren zu laut.

An die heulenden Ventilatoren gewöhnte man sich, aber das Klagelied der Getriebe nervte auf langen Fahrten ge-waltig. So war es auch ein Glück, dass diese Fahrten immer kürzer wurden.

Als die drei Maschinen der Reihe Ae 8/14 stillgelegt wurden, verschwanden auch deren SLM-Universalantriebe.

Verzichten konnte man auf diese Lokomotiven problem-los, denn diese Dienste wurden mit Ae 6/6 gefahren. Was diese nicht schafften, besorgten die Maschinen der Reihe Re 4/4 III, die zu zweit mit einer Vielfachsteuerung zeigten, was man sich während dem zweiten Weltkrieg bei der Ae 4/6 von der Industrie erhofft hatte.

Hier muss noch erwähnt werden, dass die Baureihe Re 6/6 neue Massstäbe gesetzt hatte. Diese konnte mehr ziehen, als der Reihe Ae 8/14 zugestanden wurde. Die Reihe Ae 4/6 wurde deutlich übertroffen. Diese Re 6/6 sollte mit dem alten Gerümpel aufräumen und darunter tummelten sich auch noch Ae 3/6 I und Ae 4/7. Diese Baureihen waren älter als die lauten Ae 4/6 und daher befürchtete man deren Verschwinden.

Eine gute Fee schien sich dem Lokomotivpersonal am Gotthard anzunehmen. Die neun Ae 4/6 sollten verschwinden. Nicht so, wie man sich das ge-wünscht hat, aber immerhin weg.

Schliesslich gab es in der Schweiz noch Lokführer ohne Gehörschaden. Interesse an den Lokomotiven hatte im Jahre 1980 ausgerechnet die Süd-Ost-Bahn SOB mit ihren grossen Steigungen, die bis zu 50‰ erreichten und so schon für zugkräftige Maschinen eine Herausforderung darstellten.

Auf deren Steigungen konnte man die grossen Zugkräfte gut gebrauchen. Die Lokomotiven mit den Nummern 10 810 und 10 812 wurden daher bei der SOB ausgiebig getestet. Vermutlich bewusst zwei ruhigere Maschinen.

Die Fahrten dauerten mehrere Wochen und bei unterschiedlichem Wetter. Dabei zeigten sich auch hier die Schwächen, denn bei der Umsetzung der Adhäsion hatte sie wirklich sehr grosse Probleme.

Die gute Fee schien verunglückt oder verärgert zu sein, denn der Verkauf kam nicht zu Stande. Böse Zungen meinten, dass der Preis von 420 000 Franken pro Stück zu hoch war, man hätte ja die Lokomotiven der SOB schenken können. Nur, es waren weder der Preis noch der Lärm der Maschinen. Die Ae 4/6 konnte die geforderten Zugkräfte einfach nicht auf die Schienen bringen. Erneut scheiterte die Lokomotive am Adhäsionsverhalten.

Nachdem der Verkauf nicht zu Stande kam. Hatte man zu viele Maschinen der Baureihe Ae 4/6 im Bestand. Es verwundert daher nicht, dass die Lokomotiven 10 808 und 10 809 am 31. März 1981 aus den Dienstplänen entfernt wurden. Die beiden Lokomotiven durchliefen noch das Standardprogramm in der Hauptwerkstätte und landeten letztlich ohne Lokführer in Biasca, wo der Schneidbrenner die beiden Maschinen zerlegte.

Das Lokomotivpersonal meinte wohl eher, dass Nummern vier und fünf verschwunden sind. Es verblieben jedoch immer noch sieben Maschinen im Bestand. Diese reichten noch für die vorgesehenen Dienstpläne aus.

Es zeichnete sich aber ab, dass sich das Lokomotivpersonal auf Leist-ungen ohne Ae 4/6 freuen konnte, denn oft wurde eine Ae 6/6 in den Dienst eingeteilt. Diese Serie umfasste 120 Maschinen, da konnte man schon eine abstellen um die Ae 4/6 zu ersetzen.

Immer mehr wurden Maschinen der Reihe Ae 6/6 durch die neuen Re 6/6 aus dem hochwertigen Verkehr gedrängt. Diese wiederum vergriffen sich auf der Suche nach neuer Arbeit an den verbliebenen Diensten für die Reihe Ae 4/6. Der Abbruch weiterer Maschinen war daher in absehbarer Zeit zu erwarten, denn Verbündete hatte die Baureihe mit den lauten Ventilatoren keine mehr, jetzt regierten die Lokomotiven mit Vielfachsteuerung.

Ende Oktober des gleichen Jahres konnte sich das Personal daher von den Nummern 10 803 und 10 804 verabschieden. Dabei endeten auch diese Lokomotiven in Biasca und auf dem Schrottplatz. Die Ae 4/6 begannen allmählich zu verschwinden. Es blieben noch fünf Lokomotiven im Betrieb. Die Maschinen wurden eigentlich nicht mehr gebraucht. Trotzdem starben die Ae 4/6 überraschend langsam. Sehr zum Bedauern des Lokomotivpersonals.

Grund für die Hartnäckigkeit war der Taktfahrplan. Niemand bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB konnte mit Sicherheit sagen, wie viele Triebfahrzeuge benötigt wurden. Daher behielt man, was noch aus eigener Kraft fahren konnte, im Bestand. Es war ein Aufschub auf Zeit. Im Mai 1982 wurde daher ein letzter Umlauf für zwei Ae 4/6 erstellt. Dieser bestand aus Postzügen zwischen Luzern und Bellinzona sowie einem Lokalgüterzug nach Locarno.

Nur verschwanden im gleichen Jahr die 10 806, 10 810 und 10 812 von den Geleisen. Es blieben gerade noch zwei Ae 4/6 übrig. Die Folge war, dass diese Dienste oft von Ae 6/6 übernom-men wurden.

Die letzten beiden Maschinen der Rei-he Ae 4/6 wurden daher zu allerlei Schabernack missbraucht. So verding-te sich eine monatelang als Hilfsluft-kompressors für das Depot Bellinzona. Egal, dann fuhren sie nicht und die Triebachsen blieben ganz.

Einen letzten vermeintlichen Lichtblick bot sich im Jahr 1983. Genauer am 3. Mai 1983, fuhren die letzten zwei Ae 4/6 für Eisenbahnfreunde zusammen mit einem Zug über den Gotthard.

Die Wahl fiel notgedrungen auf die 10 805 und die 10 811. Man hatte ja keine anderen Maschinen mehr.

Das Personal erlaubte sich dabei einen Scherz und schaltete die Beleuchtung der Lokomotiven so, dass man meinen konnte, es sei eine Vielfachsteuerung eingerichtet worden.

Die Fahrt wurde von vielen Fotografen genutzt, denn es war die letzte Gelegenheit, zwei Maschinen der Reihe Ae 4/6 vor einem Zug abzulichten. Dabei steht bei vielen Bildlegenden, dass es zwei Maschinen in Vielfachsteuerung seien. Nur, war das nicht der Fall. Alle, die diese Hinweise glauben, sollten daher wissen, dass die 10 805 schon seit längerer Zeit gar keine Vielfachsteuerung mehr besass, es war somit ein ganz normaler Vorspann.

Die beiden Lokomotiven kehrten danach ins Tessin zurück und wurden am 31. Mai des gleichen Jahres aus den Einsatzlisten gestrichen. Die Maschinen wurden der letzten brauchbaren Teile beraubt und nach Biasca überstellt. Das erfolgte in einem überraschend schnellen Tempo. Oft warten Lokomotiven noch viele Monate in der Hauptwerkstätte, bis sie abgebrochen werden. Die Ae 4/6 waren aber bereits kurze Zeit später Geschichte.

 

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