Inbetriebsetzung

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Die Entwicklung der neuen Lokomotive war sicherlich ein Punkt, der bei der nun anstehenden Inbetriebsetzung wichtig war. Durch die gegenüber den anderen beiden Herstellern um eine Laufachse reduzierte Maschine musste sehr kompakt gebaut werden. Das führte dazu, dass die Bauteile im Maschinenraum dicht gedrängt eingebaut wurden. Ein Problem ergab sich dabei bei der Abstimmung der Achslasten.

Man konnte ein Bauteil nicht einfach um ein paar Zentimeter verschieben um bessere Achslasten zu er-halten. Es lohnt sich, wenn wir hier etwas genauer auf die vorhandenen Werte sehen.

Dabei gelang es bei den Triebachsen ausgeglichene Werte zu erhalten. Alle drei Achsen wiesen Achs-lasten von 18.7 Tonnen auf.

Daher konnte mit 56 Tonnen ein gutes Adhäsions-gewicht erreichte werden, das besonders im Ver-gleich zum Gewicht sensationell war.

Nicht ausgeglichen waren die Achslasten jedoch bei den beiden Laufachsen. So gab es zwischen der vor-deren und hinteren Laufachse einen Unterschied von einer Tonne. Genau genommen war die Laufachse eins mit 13 Tonnen am Limit. Die zweite Laufachse wurde mit 11.9 Tonnen nur unwesentlich schwächer ausgelastet. Probleme damit erwartete man jedoch im Werk noch nicht und die Arbeiten zur Inbetriebsetzung konnten weiter gehen.

Dabei waren die Arbeiten, bis die Lokomotive die ersten Meter alleine fahren konnte, nicht so schwer. Viele Teile waren schon bei der Reihe Be 4/7 verwendet worden. Daher kannte man diese gut. So musste eigentlich nur noch geprüft werden, ob die Zusammenstellung der Steuerung funktioniert. Als das erreicht war, konnte die erste Lokomotive zur Auslieferung vorbereitet werden. Jetzt galt es einfach, besser zu sein, als die anderen Anbieter.

Die Ära der Baureihe Ae 3/5 begann im Mai 1922 mit der Nummer 10 201. In diesem Monat konnte somit die erste fertige Lokomotive der SAAS den Schweizerischen Bundesbahnen SBB übergeben werden. Diese Übergabe fand nicht in Meyrin, sondern im Bahnhof von Genève statt. Ein kleiner Unterschied, der aber nicht unerwähnt bleiben sollte. Zumal es auch dort keine passende Fahrleitung gab und so diese zuerst erreicht werden musste.

Da die Lokomotive daher nicht im Raum Genève ge-prüft werden konnte, übernahm eine Dampfloko-motive die nagelneue Lokomotive. Diese hatte nun die zweifelhafte Aufgabe die kleine Maschine einer pas-senden Fahrleitung zuzuführen.

Schliesslich war dieses kleine Ding für die Ablösung der alten Dampfmaschinen gebaut worden und ausge-rechnet eine solche Lokomotive musste dafür sorgen, dass es mit dem Unding los geht.

Das bedeutete unweigerlich, dass der französische Sprachraum verlassen werden musste. Die passenden Strecken fanden sich am Gotthard und im Raum Bern. Erste Anlaufstelle war damit, wie bis zu diesem Zeit-punkt immer, das Depot von Bern.

Dort hatte man die Erfahrungen mit Inbetriebsetz-ungen. Doch noch war sie nicht dort und die Fahrt musste über Hauptstrecken geleitet werden, da die Achslasten sehr hoch waren.

Wie die erste Begutachtung, der extrem kurzen Loko-motive ausgefallen ist, kann nicht restlich geklärt werden.

Das neuste Modell im Unternehmen wurde aber sicher-lich von den Fachkräften genau begutachtet. Dabei erkannten diese, dass viele Bereiche schon bei der Baureihe Be 4/7 verwendet wurden. Richtig viele Neuerungen gab es nicht. Gerade der elektrische Teil war kaum verändert worden. Zumindest optisch war das so.

Für die ersten Gehversuche mit der «Neuen» wählte man die Strecke zwischen Thun und Bern. Wie bisher sämtliche Lokomotiven der Schweizerischen Bundesbahnen SBB absolvierte auch das erste Modell der Reihe Ae 3/5 ihre Gehversuche somit im Raum Bern. Für das Unternehmen war diese Begebenheit gar nicht so schlecht, denn man hatte den Vergleich mit den Serien für den Gotthard. Erste Erfahrungen wurden daher genutzt.

Die Diva aus Genève stellte sich dabei noch recht artig an, so dass man bei den Fachleuten zuversichtlich in die Zu-kunft blickte. Nur war die flache und nahezu gerade Strecke nicht besonders aussagekräftig.

Jedoch reichte sie durchaus für die erste Inbetrieb-setzung. Danach konnten dann die intensiven Versuche beginnen und dazu gehörten die weiteren vorhandenen Strecken mit einer Fahrleitung, die mit dem passenden System versorgt wurde.

Davon gab es damals noch nicht so viele und so hiess das nächste Ziel ganz klar, die Gotthardbahn. Dort gab auch flache Strecken, die durchaus mit jenen im Flachland ver-glichen werden konnten.

So kam wieder eine Dampflokomotive zu Ehren. Sie schleppte die neue Maschine nach Luzern, den ab dem dortigen Depot sollten die weiteren Versuche angestellt werden. Das Augenmerk galt der Zufahrtstrecke bis Erst-feld.

Diese war für die Versuchsfahrten mit der neuen Maschine ideal. Neben geraden Abschnitten mit hohen Geschwindigkeiten, gab es auch Bereiche mit vielen und engen Kurven. Gerade im Raum Art-Goldau wurden diese noch mit kräftigen Steigungen kombiniert. Es gab nahezu alles, was es im Flachland zu bewältigen gab. Einziges Manko, die Strecke war wegen dem Internationalen Verkehr sehr gut ausgebaut worden.

Wie wichtig das sein sollte, werden wir jedoch erst beim Betriebseinsatz erfahren. Die Versuche mussten auf Strecken mit Fahrleitung ausgeführt werden und da konnte man damals nicht jeden erdenklichen Punkt im Streckennetz anfahren. Ein Punkt, den man bei dieser Inbetriebsetzung und dem Wissen über die grossen Probleme dieser Baureihe berücksichtigen muss. Doch noch war man jetzt voller Hoffnung.

Im August des Jahres 1922 sollte die neue Loko-motive daher beweisen, was in ihr steckte. In Luzern wurde die Lokomotive für die Fahrten her-gerichtet. Dabei stellte man einen 485 Tonnen schweren Zug zusammen.

Das Gewicht des Zuges entsprach jenem im Pflichtenheft, wobei ein Zuschlag einberechnet wurde. Solche Lösungen gab es immer wieder, den nur so konnte genau bestimmt werden, ob die Anforderungen erfüllt werden.

Die neue kleine Lokomotive aus Meyrin sollte diesen Zug nach Erstfeld bringen. Neben den grossen und schweren Maschinen für den Verkehr am Gotthard war die kurze Lokomotive sehr klein geraten.

Die Fahrten sollten auch gleich einen direkten Ver-gleich mit der Baureihe Be 4/7 ermöglichen. Schliesslich rühmte sich der Hersteller gerade mit der nahezu gleichen Leistung. Wobei die neue et-was schneller unterwegs sein sollte.

Die Fahrten verliefen zunächst nach den Wünschen der Beteiligten. Nur, heisst das nicht, dass es nicht schon nach zwei Fahrten zu den ersten grösseren Problemen kam. Bei der regelmässigen Kontrolle stellte man ein heisses Achslager fest. Da der Schaden schnell erkannt wurde, gab es keine grösseren Probleme, Jedoch war eine Reparatur erforderlich. Das konnte nur in einem Depot ausgeführt werden und da suchte man das nächstgelegene auf.

In solchen Fällen gab es damals nicht viele Lösungen. Das Lager war beschädigt und musste repariert werden. Die Fahrt dorthin erfolgte jedoch auf eigenen Rädern. Dabei wurden die Wagen entkoppelt und eine sehr geringe Geschwindigkeit gefahren. In jeden Bahnhof erfolgte eine erneute Kontrolle. So sollten die Schäden im Rahmen bleiben, denn das Weissmetall hate gute Schmiereigenschaften, nur es reagierte empfindlich auf Wärme.

Somit hiess das Ziel Depot Erstfeld. Die Lokomotive aus der Westschweiz, die für das Flachland gebaut wurde, stand in ein-em Depot für eine bekannte Bergstrecke. Dafür war sie nicht ausgelegt worden.

Doch das kümmerte niemand, denn die Lager mussten repariert werden. Eine Aufgabe, die immer wieder ausgeführt werden musste. Jedoch waren Lager-schäden bei einer nagelneuen Lokomo-tive nicht zu erwarten.

Bei der genauen Kontrolle stellten die Fachleute fest, dass das Gleitlager zu ge-nau gearbeitet war. Dadurch konnte das Schmiermittel nicht wie gewünscht zwi-schen die Achswelle und die Lager-schalen gelangen.

Es fand schlicht keine Schmierung statt. Durch die Reibung erwärmte sich das Me-tall und die Lagerschalen aus Weissmetall begannen zu schmieren und das führte letztlich dazu, dass sie verschlissen wur-den.

Das Lager wurde nach der Ankunft in Erstfeld abgekühlt, anschliessend ausge-baut, und nachgeschabt. Danach konnten die Versuche mit der neuen Maschine wieder nach dem vorgesehenen Programm fortgesetzt werden. Startpunkt war nun aber der Bahnhof Erstfeld, was klar eine Änderung ergab. Schliesslich stand man am Fuss des Gotthards und das führte automatisch zur Idee, dass man doch nicht gleich nach Luzern fahren muss.

Eigentlich müsste man die verantwortlichen Leute massregeln. Das kleine Ding in der Remise war als schnelle Lokomotive für das Flachland gebaut worden. Damit eine Bergstrecke wie den Gotthard zu bezwingen ist Folter. Hatte der Hersteller mit dem Vergleich zur Reihe Be 4/6 den Mund zu voll genommen? Um das zu klären blieb nichts anderes übrig, als die Maschine südlich an den Versuchszug zu spannen und es zu probieren.

Jedoch war man sich im Klaren, dass nicht der gan-ze Zug mitgenommen werden konnte. Die 485 Ton-nen waren selbst für die schnelleren Maschinen des Gotthards zu schwer und selbst die Ce 6/8 II kam in Bedrängnis.

Aus diesem Grund wurde die Last auf einen Wert von 200 Tonnen reduziert. Ein Wert, der natürlich berechnet wurde. Anschliessend rundete man ein-fach grosszügig auf. Das Ziel des Zuges war auch klar, es musste Göschenen erreicht werden.

Die kleine Lokomotive aus Genève wurde mit dem 200 Tonnen schweren Zug nach Göschenen ge-schickt. Dabei erreichte das tapfere Maschinchen für das Flachland eine durchschnittliche Geschwin-digkeit von 65 km/h.

Im Vergleich zu den am Gotthard mit Schnellzügen beschäftigten Baureihen, war sie sehr schnell unterwegs und selbst das Lager schien nun keine Probleme mehr zu bereiten. Man sah die bisherigen Ergebnisse als bestätigt an.

Die Talfahrt wurde mit der Regulierbremse absol-viert, da die Maschine ja keine elektrische Bremse besass. Die Vorschrift, dass das Gewicht der ungebremsten Lokomotive von den Wagen gehalten werden musste, war mit dem 200 Tonnen schweren Zug mehr als erfüllt. So sollte Erstfeld ohne Probleme und mit stark abgenützten Bremsklötzen erreicht werden. Es sollte der letzte Ausflug an den Gotthard sein.

Mit dem ursprünglichen Zug fuhr man schliesslich nach Luzern und dabei traten keine Probleme mehr auf. Die Fachleute entschieden daher, dass keine weiteren Testfahrten mehr erforderlich sein würden. Die Maschine hatte ja gezeigt, was sie konnte. Somit war die eigentliche Inbetriebsetzung der neuen Baureihe wirklich nur ein Akt von wenigen Wochen. Damals war man mit dem Ergebnis schnell zu Frieden, was man hier noch bereuen sollte.

Als Abschluss legten die Leute noch den anstehenden Einsatz fest. Die neue Baureihe sollte in der Nähe des Herstellers verwendet werden. Aus diesem Grund wurde auch eine Hauptwerkstätte in der Nähe ausgesucht. Die neue elektrische Lokomotive sollte daher in Yverdon den schweren Unterhalt bekommen. Spannend dabei war, dass dort schlicht noch keine passende Fahrleitung vorhanden war und so noch gewartet werden musste.

 

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