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Die Inbetriebnahme einer neuen
Lokomotive
ist immer wieder eine spannende Angelegenheit. Stimmten die Berechnungen,
wurde alles korrekt verbunden und klappen die Ideen? So komisch das
klingen mag, es ist bei jeder Lokomotive so, denn man kann ja nie wissen.
Daher wird mehrmals geprüft, was schon geprüft wurde und es wird
nachgerechnet. Doch eines Tages ist es dann so weit und das neue Ding wird
eingeschaltet. Wenn dieser Einschaltvorgang klappt, sind alle glücklich und man verkündet es grossartig der Presse. Die Fach-presse bewundert dann die Ingenieure und lobt die Ar-beiter für die gute Fertigung. Das ist so und dies sind die Informationen,
die wir er-fahren, weil wir die Meldung in der Presse lesen können. So
bewundern wir die Fachleute und sind stolz auf unsere Industrie, die doch
so gute
Lokomotiven
bauen kann. So schön ist die Welt nun auch wieder
nicht. Die erste Einschaltung erfolgte meistens in einer dunklen Ecke des
Unternehmens, am späten Abend und sicherlich unter Ausschluss der
Öffentlichkeit. Jedes Werk besass solche
Geleise,
die über eine eigene Versorgung verfügten und wo in aller Ruhe die
einzelnen Schritte abgearbeitet werden konnten. Niemand war so wahnwitzig
und arbeitete nicht in Schritten bis zum erhofften Ziel. Klappt es, gibt man sich die Hand und
bittet zum Pressetermin. Stolz zeigt man das Produkt und lächelt in die
Kameras. Knallt es, schauen sich die Fachleute entgeistert an. Was lief
schief und warum hat es nicht geklappt mit den Ideen? Wie oft das bis zum
Termin der Presse erfolgte, weiss niemand, denn das ist ein Geheimnis, das
gut gehütet wird. Wie man so sagt, dieser erste Schritt war der schwerste,
den es zu bewältigen gab. Wie ist das, wenn man eine neue
Lokomotive
aus den Ersatzteilen der anderen Maschinen zusammensetzt? Man weiss, dass
die Teile funktionieren und dass es klappen muss. Bei der SAAS in Genève
entstand so eine bemerkenswerte Lokomotive, deren Nachteil eigentlich nur
war, dass sie in den
Rangierbahnhöfen
verschwinden sollte und so der breiten Öffentlichkeit nicht zugänglich
war. Trotzdem sollte sie für Aufsehen sorgen. Der Bau verlief schon nicht nach Wunsch. Es
gab Verzögerungen und eigentlich stand die erste Maschine da, aber es
fehlten noch wichtige Teile. Die Lieferanten liessen sich Zeit, was den
Erbauer gegenüber dem Bestellers in Notstand brachte. Um doch noch etwas
Zeit zu gewinnen, beschloss man, dass eine
Inbetriebsetzung
in zwei Schritten erfolgen sollte. So konnte endlich mit den Fahrten
begonnen werden, auch wenn sie nicht weit gehen sollten. Die erste Fahrt der neuen Baureihe erfolgte noch im Jahr 1969. Am 04. Dezember wurde sie mit ein-em rund 100 Tonnen schweren Zug auf die Reise geschickt. Dabei führte die Fahrt von Genève nach Lausanne und zurück. Man wollte sie bei den ersten Fahrten noch
in der Nähe des Herstellers wissen. So konnte man schnell dort anklopfen
und eine Nachbesserung beantragen. Auch die verursachten Schäden konnten
dort beho-ben werden. Gefahren wurde mit dem Dieselmotor. Das war nicht ganz freiwillig, denn elektrisch fahren konnte man schlicht noch nicht, weil noch nicht alle Teile eingebaut wurden. Doch mit dem Diesel konnte die Zugkraft überprüft werden, es wurde einfach etwas gemütlicher ge-fahren. Dabei zeigte die neue
Lokomotive
mit der Nummer 17 001 vermutlich ein gutes Ergebnis, denn die Ver-suche
mit dem
Diesel
gingen in der Folge weiter. Wenn nicht gefahren wurde, kam die
Lokomotive
zum Hersteller. Dort wurden anschliessend die Ar-beiten fortgeführt. Damit
sollte aus der bisher eher als Em 6/6 verkehrenden Maschine endlich das
Wunderding Eem 6/6 werden. Bisher gab es in der Schweiz noch keine
Lokomotive mit elektrischem
Antrieb
und
Dieselmotor
in dieser Leistungsklasse. Erste
Traktoren
gab es und dort war dieses Problem wirklich sehr einfach umgesetzt worden. Am 02. April 1970 stand dann die
Lastprobefahrt mit der Eem 6/6 17 001 an. Nun konnte auch der
Stromabnehmer
gehoben werden und daher fuhr man elektrisch von Genève nach Lausanne.
Zudem steigerte die Probemannschaft nun das Gewicht des Zuges auf 600
Tonnen. Die zur Sicherheit mitgeführte Angstlokomotive
Re 4/4 II konnte dabei noch
dazu gerechnet werden. Diese hätte nur gearbeitet, wenn es nicht geklappt
hätte. Ausgedehnte Fahrten zur Gleisführung der Maschine wur-den nicht vorgenommen. Es waren bewährte Fahrwerke vorhanden und so wusste man, wie diese funktionierten. Zudem hätten dort die Probleme der
Lokomotive
kaum erkannt werden können, da solche Fahrten in der Regel auf Strecken
mit guter Gleislage durchgeführt werden. Der Grund waren die dazu
bestimmten Linien, die Ver-gleiche zwischen den Baureihen zuliessen. Am 07. April 1970 stand dann die erste grosse Reise auf dem Programm. Die neue Lokomotive musste gewogen werden und das war damals nur im Depot F möglich und dieses befand sich dummerweise in Zürich. So blieb nichts anderes übrig, als mit der Maschine in Genève loszufahren und dort die entsprechende Waage besuchen. Mit 65 km/h maximaler Geschwindigkeit war
das jedoch eine lange Reise für die Maschine, die im
Rangierdienst
verwendet werden sollte. Wenn man schon einmal in Zürich war,
liessen es sich die Leute auf der
Lokomotive
nicht nehmen, auch der Halle des
Hauptbahnhofes
einen Besuch abzustatten. Dort soll die neue Maschine für sehr viel
Aufsehen gesorgt haben. Ob dabei mit dem
Dieselmotor
und elektrisch gefahren wurde, entzieht sich meiner Kenntnis, jedoch
vermute ich es schwer, denn genau diese Eigenschaft war das, was die
Baureihe Eem 6/6 so besonders machte. Mit dem nun bestätigten Gewicht von 106
Tonnen fuhr die
Lokomotive
schliesslich wieder zurück. Wieder mit 65 km/h nach Genève. Es war eine
lange Strecke, jedoch nicht der längste Weg, denn es war klar, einmal
musste auch das ferne Chiasso angefahren werden. Das war für nicht
besonders schnelle Lokomotive schon eher eine Weltreise, die in einem Tag
nicht zu schaffen war. Doch noch war es nicht soweit, denn es gab noch
Nacharbeiten. Im Mai 1970 berichtete das Nachrichtenblatt für die Mit-arbeiter der Schweizerischen Bundesbahnen SBB auf etwas mehr als einer Seite über die neue Rangierlokomotive. Das Bild zeigte eine Maschine mit gehobenem Stromabnehmer. Ein paar technische Angaben waren dabei
auch vorhanden. Nur, wer sich wirklich dem Artikel annahm, erkannte, dass
es sich um eine grosse
Lokomotive
handelte, die sowohl mit Strom, als auch mit
Diesel
fahren konnte. Es war die Nummer 17 001, die als erste aus der Halle ge-fahren werden konnte. Noch befand sich die neue Baureihe jedoch im Besitz des Herstellers. Dieser übergab die Ma-schine schliesslich am 19. Mai 1970 den Schweizerischen Bundesbahnen SBB. Damit war die erste
Lokomotive
der Baureihe Eem 6/6 aus-geliefert worden und nun konnte sie zeigen, was
sie konnte. Noch wusste man nicht, dass es Probleme geben würde, denn man
war stolz auf das neue Teil. In der Folge sollten auch die weiteren fünf
bestellten Maschinen dieser Baureihe von der SAAS ausgeliefert werden.
Dabei wurde jede nach der Fertigstellung zuerst auf eine Reise nach
Lausanne geschickt. Danach kehrte sie wieder zurück nach Genève, wo beim
Hersteller noch Mängel behoben werden konnten. Danach wurde die neue
Lokomotive
auch dort von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB übernommen und dem
Einsatz zugestellt. Wo die
Lokomotive
letztlich eingesetzt wurde, werden wir anschliessend erfahren. Es bleibt
noch die Zuteilung zum Unterhalt. Wie jede neue Lokomotive wurde sie für
den schweren Unterhalt einer
Hauptwerkstätte
zugeteilt und das war hier nicht so einfach, wie man meinen könnte, denn
es gab mehrere Lösungen und keine passte wirklich zur besonderen Maschine.
Die Eem 6/6 war auch hier besonders und alles andere als einfach
zuzuteilen. Letztlich wurde von der Abteilung
Zugförderung der Schweizerischen Bundesbahnen SBB der Entscheid zu Gunsten
der
Hauptwerkstätte
in Biel/Bienne gefällt. Das war für den
Dieselmotor
wichtig, denn dort waren die
Diesellokomotiven
zu Hause. Nur bei der Baureihe Eem 6/6 gab es noch einen elektrischen
Teil, bei dem man dort kaum Erfahrungen aufweisen konnte. Daher sollten
Komponenten auch in anderen Werkstätten unterhalten werden.
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