Einsatz der Schleuder Xrotd 100 |
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Die
Wartezeit musste für die Verantwortlichen der
Gotthardbahn schlimm gewesen sein. Besonders als im Herbst in den
Bergen der erste Schnee fiel. Damit stand der nächste Winter bereit,
jedoch nicht die Rotary. In der Folge musste sich das Direktorium der
Gotthardbahn wieder mit
Schneepflügen
begnügen. Vermutlich wurde damals beim lieben Gott nach einem schneearmen
Winter ersucht. Was auch klappen sollte.
Daher muss man bei den Verzögerungen klar der
Gott-hardbahn die Schuld zuweisen, denn diese verlangte
eine un-mögliche Lösung. Daher war die Verzögerung von drei Mo-naten ein
gutes Zeugnis des Herstellers. Da man in Europa über keinerlei Erfahrung mit solchen Ma-schinen verfügte, waren viele Experten gespannt über die Be-richte der Maschinenmeister. Sie müssen bedenken, durch die kurze Bauzeit konnte man sich kein Bild über diese auch in Amerika neuartigen Fahr-zeuge machen.
Es
musste der erste Einsatz zeigen, wie gut diese neue Ma-schine entstanden
war. Doch dazu musste sie zuerst ankom-men und das war nicht so leicht. Besonders gespannt waren die anderen Bahnen in den Alpen, die ähnliche Probleme kannten. Dabei muss klar erwähnt werden, dass ich hier nur die in der Schweiz eingesetzten Modelle vorsehe. Jedoch benötigten auch die Bahnen in Österreich und in Deutschland ähnliche Lösungen. Auch dort kamen die Schneepflüge immer wieder an den Anschlag. Man kann daher klar sagen, dass eigentlich ganz Europa an den Gotthard blickte.
Wie
üblich, wurde die Schneeschleuder der
Gotthardbahn in Rotkreuz übergeben. Dort wurde die Maschine
nach dem
Depot
Erstfeld überführt. Dort sollte die Maschine stationiert werden. Dabei war
die Distanz zu den besonders gefährdeten
Bahnhöfen
ab diesem Standort kurz. Da keine weitere solche Maschine kommen sollte,
wurde auch weiterhin mit den
Schneepflügen
gearbeitet. Die Rotary kam, wenn diese nicht mehr funktionierten.
Diese zugkräftigen Maschinen sollten die Schleuder mit grosser Kraft gegen
den Schnee drücken. Dort wurde dann mit dem Schleuderrad der Schnee zur
Seite geworfen. Wobei der erste Einsatz ver-mutlich noch nicht voll
arbeitete. Nur schon die kurze Inbetriebsetzung dieses sehr neuen und einzigartigen Fahrzeugs war vermutlich für die betrof-fenen Besatzungen des Depots nicht leicht. Man konnte damals nicht, wie das heute oft der Fall ist, schnell nach Amerika rei-sen, um dort erfahrende Leute zu be-fragen.
Die
Informationen flossen, wenn über-haupt, nur sehr zögerlich. Ein Umstand,
der die
Inbetriebsetzung
klar als Pionier-arbeit der
Gotthardbahn bezeichnet wer-den kann.
Die
ersten Einsätze der Rotary brachten dann auch ein paar Mängel an den Tag.
Die automatische Umstellung der Schleudermesser funktionierte schlicht
nicht. Diese sollten sich eigentlich durch den Schneedruck selber richtig
einstellen. Jedoch wurde dies durch den auf der Seite der Messer
vorhandenen Schnee wirksam verhindert und die Schleuder musste angehalten
werden. Die Dampflokomotive zog diese zurück, so dass der Zugang möglich
war.
Die
einzige Lösung für die störrischen Messer war mühselige Handarbeit. Dabei
musste die Besatzung die Schleuder zurücksetzen, die tapferen Mannen
krochen dann vor die Schleuder und stellten die Messer richtig. Bei einem
Rad
mit drei Meter Durchmesser war das eine richtige Plackerei, die nervte,
zumal am Gotthard die Auswurfseite oft gewechselt werden musste, weil
Gebäude oder Stützmauern den Auswurf behinderten.
Auch andere konstruktive Fehler wurden von den Maschinenmeistern
bemängelt. Dabei waren diese nicht bei der eigentlichen Schleuder zu
suchen, sondern beim Betrieb derselben. Durch den Aufbau war es nur
möglich, mit der Maschine in eine Richtung zu räumen. Wollte man diese
Richtung jedoch ändern, musste die Schleuder abgedreht werden. Das war
jedoch nicht anders zu lösen, brachte jedoch bei der
Gotthardbahn Probleme.
Der
Rotary musste dazu eine
Drehscheibe
aufsuchen. Dazu wurde die Schleuder von der Schublokomotive auf die
Drehscheibe geschoben, getrennt und abgedreht. Jetzt konnte man die
Dampflokomotive jedoch nicht mehr ankuppeln, da diese auf der falschen
Seite der Schleuder stand. Man musste die Schleuder immer mühsam mit Hilfe
von Muskelkraft ab der Drehscheibe befördern. Besonders dann, wenn die
Drehscheibe beim Gleisabschluss eingebaut worden war.
Ein
Problem, das besonders in Göschenen vorhanden war. Die Maschinenmeister
bemängelten deshalb oft das Fehlen eines Fahrantriebes, oder eines
Stossbalkens
auf der Seite der Schleuder. Hinweise, die insbesondere bei den
nachfolgend in der Schweiz eingesetzten Schneeschleudern umgesetzt wurden.
Die
Gotthardbahn änderte ihre Maschine, wie die
Staatsbahnen
jedoch nicht und so blieb deren Problem beim Abdrehen weiterhin bestehen.
Es
lohnt sich deshalb, wenn wir nun einen direkten Vergleich mit anderen in
der Schweiz eingesetzten Schneeschleudern anstellen. Dabei wurden diese
nach dem Muster Leslie von zwei unterschiedlichen Herstellern gebaut.
Dabei hatten nur noch zwei
Bahngesellschaften
solche Schneeschleudern, die gegenüber der ältesten Maschine bei der
Gotthardbahn, bereits einige erste Verbesserungen hatten.
Man profitierte von deren Erfahrung. |
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Bahn |
Nummer |
Baujahr |
Hersteller |
Antrieb |
Stossbalken |
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GB |
100 |
1896 |
Henschel |
Nein |
Nein |
||||||
RhB |
9213 |
1910 |
SLM |
Ja |
Nein |
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RhB |
9214 |
1912 |
SLM |
Ja |
Nein | ||||||
RhB |
9211 |
1913 |
SLM |
Ja |
Nein | ||||||
RhB |
9212 |
1913 |
SLM |
Ja |
Nein | ||||||
BLS |
9501 |
1913 |
Henschel |
Nein |
Ja |
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In
der Tabelle können wir erkennen, dass in der Schweiz lediglich sechs
solche Maschinen in Betrieb genommen wurden. Dabei wurden die beiden für
Normalspur
gebauten Modelle von Henschel geliefert. Beim Modell, das an die BLS
ausgeliefert wurde, hatte man einen
Stossbalken
auf der Seite des Schleuderrades verbaut und so auch die in Deutschland
und anderen Ländern gemachten Erfahrungen mit solchen Maschinen umgesetzt.
Dieser erlaubte es auch, die Schleuder für kurze Zeit ohne Schublokomotive
einzusetzen. Damit wurden auch hier die oft bemängelten Punkte beim Modell
der
Gotthardbahn um-gesetzt. Kaum Sicht auf die befahrene Strecke hatte die Bedienmann-schaft. Die Fenster neben der Schleuder wurden immer wie-der mit Schnee verdeckt und mussten gereinigt werden. Öffnete man das Fenster, drang der aufgewirbelte Schnee in die Schleuder hinein und das war ebenfalls nicht besonders angenehm.
Gerade die Sicht auf die Strecke war bei Schneeschleudern immer wieder ein
Problem, das es zu lösen galt. Im dichten Schneesturm fuhr die Besatzung oft nahezu blind die Strecke entlang. Daher war eine gute Kenntnis derselben von Vorteil.
Die
Besatzung der Schleuder wurde daher durch die be-treffenden Bahnmeister
ergänzt. Die wussten, wo es zu Problemen kommen konnte. Besonders die Wahl
der Auswurfrichtung war dabei immer wieder eine wichtige Frage, die gelöst
werden musste. Besonders dort, wo es beidseitig nicht viel Platz gab.
Sieht man von den aufgeführten Mängeln ab, kann man sagen, dass die Rotary
eines der erfolgreichsten Fahrzeuge der
Gotthardbahn war. Die Schleuder wurde 1896 in Betrieb
genommen und gelangte bei der Verstaatlichung zu den Schweizerischen
Bundesbahnen SBB. Mit der Bezeichnung Xrotd 100 versehen, blieb die
Maschine bis ins Jahr 1982 im Einsatz. Das heisst, die Schleuder war
beinahe 100 Jahre im Einsatz und überlebte sogar noch Nachfolger.
Meistens wurde aber die grösste und kräftigste
Dampfmaschine
im Bestand der jeweiligen Unter-nehmung eingesetzt. Daher reihten sich
hier auch die Baureihen C 4/5 und
C 5/6 ein. Hatte man das wuchtige Schleuderrad einmal in Bewegung gesetzt, vermochte das nicht mehr viel zum stehen zu bringen. Besonders bei der Räumung von Lawinen, die damals immer wieder auf die Strecke gelangten, war mit der Rotary eine Wohl-tat.
Die
Schleuder wurde mit bis zu zwei Dampf-lokomotiven gegen den fest
gepressten Schnee gedrückt. Dabei schabte sich immer etwas vom Schnee ab
und beförderte diesen auf die Seite.
Traf die Rotary dabei auf einen Baumstamm, wurde auch dieser zu Kleinholz
verarbeitet. Damit war die Schleuder für die Mitarbeiter der Bahn ein
Segen. Jedoch waren die Anwohner der Strecke von dem Monster nicht
besonders angetan. Bei der Räumung wurde oft nicht nur Schnee zur Seite
befördert und auch ab diesem im eigenen Garten war man nicht erfreut. Ein
Stein schlug dann noch alles im Garten kurz und klein.
Diese Geschosse landeten oft in den Fenstern der umliegenden Häuser. Wer
dann Pech hatte, bekam auch gleich den Schnee in die Wohnung geschleudert.
Dann war die 90 Meter breite Fontäne nicht erfreulich, weil diese die gute
Stube mit sehr viel Schnee füllte. Das hiess auch für das Personal der
Schneeschleuder, dass man mit Köpfchen räumen musste, wollte man endlich
zum wohlverdienten
Feierabend
kommen.
So
sorgte die elektrische Maschine mit ihrer hohen
Zugkraft
für den notwendigen Druck. Für den Fall, wo jedoch die
Fahr-leitung
fehlte, wurde die Dampflokomo-tive benutzt. Diese schob dann gleich auch
die elektrische Maschine vorwärts. Mit den eingeführten Wappen an den Lokomotiven Ae 6/6 wurden davon immer mehrere Exemplare gegossen.
Zwei kamen an die
Lokomotive
und die anderen wurden im Fall des Kantons Uri von der Mannschaft des
Depots
anders montiert. Aus diesem Grund bekam der Rotary, wie die Maschine vom
Personal liebevoll genannt wurde, an der
Front
oberhalb des Schleuderrades ein entsprechendes Wappen des Kantons Uri.
Als
die Schweizerischen Bundesbahnen SBB der Fachpresse freudig verkündeten,
dass der Dampfbetrieb 1966 offiziell eingestellt wurde, waren sie nicht
ganz ehrlich. Geblieben war noch die mit Dampf betriebene Schneeschleuder
im
Depot
Erstfeld. Nun wurde diese aber von einer
Diesellokomotive
der Baureihe Bm 4/4 geschoben, aber
auch die elektrischen Maschinen kamen zur Ehre, mit dem Rotary dem Schnee
zu Leibe zu rücken.
Die
alte mit Dampf betriebene Maschine war einfach nicht mehr zeit-gemäss und
so wurde die einzige Schneeschleuder
Bauart
Leslie der Schweizerischen Bundesbahnen SBB, sehr zum Bedauern der
betroffenen Mannschaft in Erstfeld, endgültig ausrangiert. Sie wurde jedoch nicht abgebrochen, sondern farblich aufgearbeitet und in der neuen Schienenhalle des Verkehrshauses in Luzern abgestellt. So bewundern die Leute heute in einem Museum die Schneeschleuder, die vorne den Stier trägt.
Es
war ein Fahrzeug, dass innert kurzer Zeit gebaut werden musste und das aus
dem fernen Amerika stammte. Im selben Museum kann man dabei erfahren, dass
es 1895 noch keine Flugzeuge gab. Niemand vermag sich in der Zeit eines 57 Kilometer langen Basistunnels daran erinnern, als diese Schneeschleuder die Rettung für eine Bahnge-sellschaft war, die den Schnee schlicht unterschätzt hatte.
Damit steht aber auch eines der wenigen erhaltenen Fahrzeuge der
Gott-hardbahn dort. Ihr Vorteil war, dass sie das grosse
Gemetzel bei den
Loko-motiven
der Gotthardbahn 1925 ohne grosse Schwierigkeiten überlebte. Auch werden die wenigsten wissen, dass diese Schleuder, die mittlerweile weit über 100 Jahre alt ist, immer noch betriebsfähig ist. Die Lager neu geschmiert, der Kessel unter Dampf gesetzt und die Xrotd 100 kann wieder zu grossen Taten ausrücken.
Die
Rotary zusammen mit Krokodil
und Elefant im Kampf gegen den
Schnee, könnte so möglich werden. Jedoch müssen wir uns mit den da-mals
gemachten Filmaufnahmen begnügen.
Bleibt eigentlich nur noch ein kurzer Blick auf die anderen
Schnee-schleudern der
Bauart
Leslie. Die Maschine der BLS wurde abgebrochen, als man dort eine neue
Schleuder beschaffte. Die vier Maschinen der Rhätischen Bahn RhB
existieren zum Teil noch. Sie werden dabei für zahlende Schaulustige immer
noch eingesetzt. Wobei die Hauptlast längst neue Maschinen übernommen
haben. Es kann daher immer noch eine Rotary im Einsatz beobachtet werden. Gegen Ende des Jahres 2020 wurde die
Schienenhalle des Verkehrshauses für den anstehenden Umbau geräumt.
Dabei wurde das bisher als unmöglich bezeichnete möglich, die Rotary
wurde ebenfalls abtransportiert und kam ins Aussenlager in der
Remise
von Arth-Goldau. Erstmals stand das letzte Fahrzeug der
Gotthardbahn wieder auf
Geleisen,
die zu dieser sehr berühmten Strecke gehörten. Das Schicksal war dabei
nicht gesichert. Anfangs des Jahres 2021 wurde die
Dampfschneeschleuder durch die Dampfgruppe Zürich in Arth-Goldau
abgeholt. Standesgemäss wurde dazu eine Dampflokomotive benutzt. Da
sich die A 3/5 und die
C 5/6 in
Revisionen
befanden, blieb dazu nur die Eb 3/5.
Für die Überfuhr nach Brugg reichte sie, auch wenn der Weg dorthin
nicht direkt erfolgen konnte. Das Problem war, dass es nicht möglich
war die Schleuder auf Seite des Rades zu kuppeln. Kurz nach der Ankunft in Brugg begannen
die Vorbereitungen. Diese umfassten eine kurze Inspektion und dann die
Inbetriebnahme des
Kessels
und des Schleuderrades. Hilfreich war dabei die Tatsache, dass die
Rotary im Jahre 1981 funktionsfähig ins Verkehrshaus überstellt worden
war. Der Beweis wurde nach 40 Jahren im Museum auf eindrückliche Weise
erbracht. Es bleibt zu hoffen, dass auch noch eine Strecke geräumt
wird.
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