Plattform Vectron

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Es wird Zeit, dass wir uns die Plattform Vectron von Siemens genauer ansehen, denn es gab damals kaum eine Plattform für Lokomotiven, die so breit aufgestellt war, die jene von Siemens. Wobei es bisher noch nie eine Fahrzeugplattform gab, die alle erdenklichen Lösungen der EVU anbieten konnte. Die Bahngesellschaften als Kunden mussten daher immer in einigen Bereichen gewisse, vielleicht auch schmerzliche, Abstriche machen.

Das war jedoch kein Fehler der Anbieter, denn die Wünsche der Kunden waren so breit gefächert, dass alle Anbieter mit unterschiedlichen Plattformen die möglichst optimal passende Lösung bereithalten konnten. Die EVU verloren, wollten sie spezielle Lösungen, die Vielfalt an Anbietern. Nur, wenn ich ein Handy in rot will, habe ich nicht die gleiche Auswahl, wie wenn die Farbe egal ist. Das kennen wir und wieso sollte es bei Lokomotiven anders sein?

Präsentiert wurde die Plattform anlässlich der Innotrans 2010 in Berlin. Die damals erste nagelneue Lokomotive aus dem Baukasten Vectron wurde den Besuchern präsentiert.

Es war Siemens gelungen, diese Maschine bis dahin mehr oder weniger geheim zu halten, so dass die Präsentation zum grossen Erfolg für die Fachwelt wurde. Niemand hätte nach der erfolgreichen Familie der Eurosprinter eine neue Plattform erwartet.

Vectron war jedoch nötig, denn Siemens hatte bisher zwei Linien verfolgt. Das waren die elektrischen Eurosprinter mit den Varianten, wie sie in ganz Europa verkehrten. Hinzu kamen aber auch die unter der Bezeichnung Eurorunner angebotenen Diesellokomotiven. Zwei Plattformen konnte sich jedoch kein Unternehmen langfristig leisten. Es musste eine Zusammenführung erfolgen, wollte man damit am Markt Erfolg haben.

Die Lokomotiven aus der Baugruppe Vectron waren daher sehr flexible Modelle, die über unterschiedliche Antriebe und über unterschiedliche Leistungsgruppen verfügten. Genau das ist die Idee einer Plattform für Lokomotiven. Der Kunde kann einen Katalog ansehen und sich die passende Variante aussuchen. Das war in anderen Bereichen schon länger möglich. Denken wir an die Handys, diese waren vordefiniert und der Kunde konnte die Version aussuchen.

Nehmen wir ein Beispiel eines anderen Anbieters. Bombardier trieb die Plattform so weit, dass der Kasten bei allen Lokomotiven identisch ist. Die nur bei einer Diesellokomotive benötigten Öffnungen waren daher auch bei den elektrischen Lokomotiven vorhanden. Das war zwar für den Hersteller schön, aber dem Kunden brachte das weniger Erfolg. Wenn ich eine elektrische Lokomotive bestelle, will ich keine Diesellokomotive.

Ein Punkt, der Siemens mit der Vectron zu lösen versuchte. Die Lösung, dass ich eine elektrische Lokomotive in eine Diesellokomotive ummodeln kann, ist so absurd, dass dies wohl eine der wenigen nicht lösbaren Umrüstaktionen ist. Nur, welche Bahn baut heute eine Fahrleitung ab und beginnt wieder mit Diesel zu fahren? Es ist keine, da Bahnen sehr viel mit dem Umweltschutz und dem Co2 neutralen Verkehr arbeiten.

Gerade die umweltfreundliche Art, wurde aber immer mehr gewünscht. Die Lokomotive sollte ökologisch sinnvoll eingesetzt werden können, während dem Leben dürfen keine zu hohen Kosten verursacht werden und am Schluss sollte möglichst die ganze Lokomotive verwertet werden können. Bei der Vectron ist daher nur noch ein Bruchteil nicht verwertbar, was der Umwelt sicher zugutekommt.

Doch sehen wir uns ein paar Muster aus der Plattform an. Es versteht sich von selber, dass nicht alle Wünsche der Kunden damit abgedeckt werden können. Daher hier nur ein paar Grundmuster, die in einem Katalog nicht fehlen dürfen. Schliesslich sucht nicht jeder Kunde nach genau definierten Lösungen, sondern ist auch offen für eine standardisierte Version. Sie kaufen Ihr Auto womöglich auch einfach ab Stange.

Vectron DE: Ich beginne mit einer Lokomotive, die sich von den anderen Varianten in einem Punkt unwiderruflich unterscheidet. Ich meine die Diesellokomotive. Wer diese Maschine ordert, will damit Strecken befahren, auf denen es keinen Sinn ergibt, wenn elektrische Fahrleitungen aufgebaut werden. Spätere Umrüstungen sind teuer und werden kaum innerhalb nutzbringender Zeit erfolgen. So werden diese Lokomotiven natürlich immer benötigt werden.

Achsfolge Bo’Bo‘ Leistung Motor 2 000 – 2 400 kW
Anfahrzugkraft 275 kN V. Max: 160 km/h
Tankinhalt 4 000 l Diesel Gewicht 83 t
Spurweite 1 435 – 1 668 mm Achslast 22 t

 

Sie sehen, die Diesellokomotive ist sehr speziell, aber wenn man etwas kritischer sein will, fällt einem beim genauen betrachten der Variante ein Punkt auf. Die Lokomotive verfügt über einen Dieselmotor hoher Leistung. Damit muss dieser im Teillastbereich verwendet werden. Ein Punkt, der bei der Frage nach dem Umweltschutz oft schlechter abschneidet, als andere Lösungen mit mehreren Motoren, die in der Plattform Vectron im Frühjahr 2015 noch nicht verfügbar war.

Diesellokomotiven können auch mit mehreren Dieselmotoren geringer Leistung ausgeführt werden. Die auch als Powerpack bezeichneten Baugruppen werden bei voller Leistung gemeinsam genutzt, aber im Bereich von Teillasten abgeschaltet, so dass nur noch geringe Leistung angeboten wird. Im Vergleich zu grossen Motoren kann der kleine Motor in diesem Bereich wirtschaftlicher eingesetzt werden und reduziert so den Verbrauch.

Ein Beispiel aus der Schweiz soll hier etwas Klarheit verschaffen. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB hatten die alten Lokomotiven Bm 6/6 abgelöst und durch Lokomotiven der Baureihe Am 483 ersetzt.

Während bei der alten Version zwei Motoren verwendet wurden, hatte die neue Lokomotive nur noch einen Motor erhalten. Im Rangierdienst gibt es beim Verbrauch von Diesel durchaus Vorteile für die alte Lokomotive.

Sie sehen, es gibt auch bei Diesellokomotiven durchaus die Möglichkeit andere Lösungen zu finden. In diesem Punkt hatte der Anbieter Bombardier sicherlich die Nase vorne, da er in seiner Plattform solche Lokomotiven im Angebot hatte. Die neuen Diesellokomotiven mit mehreren Motoren hatten sich in Amerika bereits durchgesetzt und es war abzusehen, dass auch in Europa solche Lösungen langfristig gefragt sind.

Gerade der Verbrauch von Diesel ist bei Bahnen, die sich um die Bilanz beim Co2 Gedanken machen, ein beliebtes Thema. Lokomotiven die hier besonders gute Ergebnisse erzielen, können der Bevölkerung schneller als umweltschonend angeboten werden. Eine Diesellokomotive, die im Bereich der Teillasten weniger Diesel benötigt als ein LKW wirkt schnell umweltschonend. Ein Punkt den man schlicht nicht vernachlässigen sollte.

Wesentlich besser abschliessen konnten die elektrischen Lokomotiven. Im Bereich des Ausstosses von CO2 waren diese bei entsprechenden Kraftwerken nicht zu schlagen. Weniger als null kann man bekanntlich nicht erreichen. Hier entscheidet sich, wie die Fahrleitungen versorgt werden. Nur das ist oft ein Problem der Infrastruktur und nicht der EVU, die so schnell eine hervorragende Bilanz vorweisen können.

Vectron MS, AC high power, AC medium power, DC: Es wird daher Zeit, dass wir uns die elektrischen Varianten ansehen und da war Siemens den anderen Anbietern sicherlich etwas voraus. Doch auch hier gibt es bekanntlich Kunden, die immer wieder nach dem optimalen Modell suchen. Sie suchen vielleicht auch nach einem solar betriebenen Gerät, als nach einem, das Batterien benötigt. Bei Lokomotiven geht das natürlich nicht, denn diese benötigen eine Fahrleitung.

Im elektrischen Bereich gibt es in Europa aber vier unterschiedliche Systeme, die berücksichtigt werden müssen. Nur nicht jedes EVU will mit mehreren Systemen arbeiten und wer nur mit Gleichstrom fährt, will sicherlich nicht das Gewicht eines Transformators herumschleppen. So wird es hier wichtig, auch eine besondere Lösung ohne Transformator anzubieten. Nur so kann man auch solche Kunden gewinnen.

Sie sehen, es gibt nicht die standardisierte Lokomotive und so muss man eine Plattform in diesem Bereich breit abstützen. Die Plattform Vectron von Siemens hatte daher vier unterschiedliche Varianten. Diese müssen wir uns nun genauer ansehen. Auch jetzt werde ich eine Tabelle verwenden. Das ist kürzer und verschafft mir kürzere Zeiten beim Download. Auch ein Beitrag beim Umweltschutz, der nicht vergessen werden darf.

Typ Vectron MS Vectron AC hp Vectron AC mp Vectron DC mp  
Achsfolge Bo’Bo‘ Bo’Bo‘ Bo’Bo‘ Bo’Bo‘  
Spannung 25 kV/50 Hz 25 kV/50 Hz 25 kV/50 Hz    
  15 KV/16.7 Hz 15 KV/16.7 Hz 15 KV/16.7 Hz    
  3 kV DC     3 kV DC  
  1.5 kV DC        
Leistung 6 400 kW 6 400 kW 5 600 kW 5 200 kW  
Zugkraft 300 kN 300 kN 300 kN 300 kN  
V. Max: 160/200 km/h 160/200 km/h 160 km/h 160/200 km/h  
Gewicht 88 t 85 t 82 t 80 t  
Spurweite 1 435 – 1 668 1 435 – 1 668 1 435 – 1 668 1 435 – 1 668  
RD Modul Nein Ja Ja Ja  

 

Zuerst muss ich Ihnen die Abkürzungen bei den Varianten vorstellen. Dabei steht hp für die Version high power. Während die Abkürzung mp medium power bedeutet.

Wenn wir uns diese Varianten ansehen, erkennen wir, dass man bei den Lokomotiven für Wechselstrom auf unterschiedliche Leistungen setzt. Diese Lösung erlaubt es, auch Lokomotiven für geringere Geschwindigkeiten optimal zu beschaffen. Wer nicht unbedingt 200 km/h erreichen will, kann sich mit einer etwas geringeren Leistung begnügen. Ein Punkt, der beim Verbrauch von Energie durchaus sinnvoll sein kann.

Das RD Modul stand nur bei der schwersten Variante Vectron MS nicht zur Verfügung, denn dieses Modul beinhaltete neben einer Funkfernsteuerung für den Betrieb ohne Rangierpersonal auch die Ausrüstung mit einem Dieselmotor, oder einem Powerpack. Das hatte jedoch unweigerlich zur Folge, dass die Lokomotive schwerer wurde. Bei der Version Vectron MS wären dadurch die zulässigen Achslasten überschritten worden.

Speziell sind jedoch die Variante für mehrere Systeme und die Diesellokomotive. Sie sind in diesem Portfolio nur in einer Version vorgesehen. Beginnen wir bei der näheren Betrachtung mit der Version für mehrere Stromsysteme. Hohe Leistungen bei AC sind in diesem Bereich erforderlich, weil nur so unter Gleichstrom auch die Leistungen der DC Version abgerufen werden können. Das hängt mit der Technik zusammen.

Besonders ist, dass eine reine Version für 3 000 Volt vorgesehen ist und hier nicht auf zwei Systeme gesetzt wurde. Zudem steht die Lokomotive nur mit mittlerer Leistung zur Verfügung. Das ist eine direkte Folge des Systems, denn Fahrleitungen mit Gleichstrom können nicht die gleichen Leistungen übertragen, wie das bei Wechselstrom der Fall war. Der Grund waren die Ströme im Bereich des Stromabnehmers.

Stromabnehmer können nur einen bestimmten Strom übertragen. Dabei ist dieser Wert bei Einholmstromabnehmer geringer, als bei den Scherenstromabnehmern. Hier findet sich auch der Grund, warum bei Bahnen mit Gleichstrom immer noch auf die veraltet wirkenden Scherenstromabnehmer gesetzt wird. Für hohe Leistungen werden daher immer mehrere Stromabnehmer an die Fahrleitung angelegt, was bei der Vectron nicht vorgesehen war.

Bahnen, die mit 1 500 Volt verkehren, müssten anhand dieser Idee mit der Variante für mehrere Systeme vorlieb nehmen. Wobei unter Gleichstrom von 1 500 Volt wegen den oben erwähnten Bedingungen nur Leistungen von 3 500 kW zur Verfügung standen. Sie sehen, dass es nicht sehr einfach ist, mehrere Lösungen für die Bahnen anzubieten. In diesem Punkt ist letztlich eine besondere Lösung vorzusehen, denn es gibt Systeme mit Gleichstrom und 1 500 Volt.

Wer jedoch mehrere Systeme abdecken will muss so oder so auf die Variante mit mehreren Systemen setzen. Es ist nicht oft der Fall, dass Netze mit Gleichstrom unterschiedlicher Spannung direkt benachbart sind. Sobald der Transformator benötigt wird, hat man zwei Systeme für Wechselstrom, denn spezialisierte Transformatoren sind vom Gewicht her nicht unterschiedlich, so dass es dazu kaum lohnenswert ist, mehrere Optionen anzubieten.

Punkte, die bei der Bestimmung eines Musterkataloges berücksichtig werden und daher nicht vorgesehen sind. Hier sind angepasste Lösungen für die Kunden vorzusehen. Selbst die beste Plattform hat daher Schwächen, die nicht zu vermeiden sind. Selbst Ihr Autohändler kann nicht alle erdenklichen Varianten anbieten. Sie müssen sich für das optimal passende Modell entscheiden. Bei Lokomotiven ist das nicht anders.

 

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