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Da die BLS AG in den vergangenen Jahren schon öfters auf die Lieferung von Lokomotiven und Triebzügen aus dem Hause Bombardier setzte, war in der Fachwelt eigentlich klar, dass diese Firma auch jetzt wieder das Rennen machen würde. Schliesslich gab es schon Lokomotiven dieses Herstellers im Bestand der BLS AG. Darunter fanden sich die Re 485 und die Re 486. Gemietet verkehrten zudem die nagelneuen TRAXX 3 mit Dieselmotor.

Wer sich jedoch mit den Beschaffungen der letzten Jahre genauer auseinander setzte, erkannte schnell, dass das nicht so sicher war, wie man meinen könnte.

Die doppelstöckigen Triebzüge für die S-Bahn Bern lieferte zum Beispiel die Firma Stadler AG aus Bussnang. So kam erstmals dieser Hersteller mit seinen Nahverkehrszügen zu einer Lieferung an die BLS AG. Wobei dieser Hersteller keine schweren Lokomotiven im Angebot hatte.

 Die erhoffte Nachlieferung der von Bombardier gelieferten Triebzüge scheiterte daran, dass das Bundesamt für Verkehr BAV erwähnte, dass diese Triebzüge eigentlich nicht mehr zugelassen werden könnten. Hinzu kam die langwierige und schwierige Zulassung der TRAXX 3. Gerade deshalb war es nicht mehr ganz so sicher, dass die BLS Cargo AG sich bei den Lokomotiven auf einen vorbestimmten Lieferanten einlassen könnte.

Passende Plattformen wurden von drei Herstellern angeboten. Das waren die Firmen Alstom, Bombardier und Siemens. Alle hatten sich auf spezielle Muster eingelassen. Der Kunde konnte, oder musste nur noch die Details bestimmen. So war man schneller in der Fertigung und das war auch für die Bahngesellschaft wiederum ein Vorteil. Man wollte bei der BLS Cargo AG jedoch objektiv sein und so musste man die Modelle vergleichen.

Daher überraschte es wenige Leute, als man im Berner Oberland Testfahrten mit Lokomotiven von anderen Herstellern beobachten konnte. Offiziell wollte die BLS AG damit herausfinden, welche der Lokomotiven als Ersatz für die Re 425 geeignet sein würde. Man spielte daher mit offenen Karten. So gab es nun plötzlich drei Hersteller, die mit ihren Plattformen bei der BLS AG ein Angebot einreichten. Die erwartete TRAXX 3 von Bombardier war daher nicht mehr so sicher.

Damit auch wir den notwenigen Vergleich anstellen können, müssen wir und die Plattformen der einzelnen Anbieter ansehen. So können wir uns selber ein Bild machen und so die Lokomotiven nach Wunsch auswählen. Letztlich werden einige zu anderen Entscheidungen kommen, aber gerade das macht schliesslich die Vielfalt aus. Ich werde die einzelnen Plattformen nun alphabetisch und neutral vorstellen.

Alstom Prima

Da war zuerst der französische Hersteller Alstom. In der Schweiz war Alstom als Lieferant von Lokomotiven eher unbekannt. Ausser den Diesellokomotiven der Baureihe Am 841 für die Schweizerischen Bundesbahnen SBB, hatte dieser klassische Elektriker keine Lieferung in die Schweiz machen können. Man hielt an Traditionen fest und so lieferte man an die SNCF und weniger an ausländische Bahnen.

Dieser Hersteller hatte seinerzeit die BB 437 für die SNCF Tochter FRET entwickelt. Diese setzte die Lokomotive in diversen Ländern ein, so dass daraufhin neue Modelle entstehen konnten. Die Weiterentwicklung musste erfolgen und so entwickelte Alstom die Plattform unter der Bezeichnung „Prima“ und etablierte sich damit auf dem internationalen Markt. Damit wir vergleichen können, schauen wir uns nun ein paar Daten in einer kleinen Tabelle an:

Bezeichnung Prima Systeme: 4
Länge: 19 500 mm Gewicht: 88 – 90 t
Leistung: 6 000 kW V. Max: 140 – 200 km/h
Anfahrzugkraft: 320 kN Zulassung CH Prima 1 ja

 

Die Daten der Lokomotive waren nicht so schlecht, wie viele anhand der Daten für die BB 437 der SNCF befürchtet haben könnten. Alstom hatte der neuen Plattform wesentlich bessere Muskeln verpasst und stand damit plötzlich gar nicht mehr so schlecht da. Leistungen von über 6 000 kW und Geschwindigkeiten bis zu 200 km/h, zeigen dies deutlich auf. So konnte die Lokomotive aus Frankreich betrieblich sehr vielseitig eingesetzt werden.

Besonders hervorzuheben ist die Anfahrzugkraft, die mit 320 kN für eine vierachsige Lokomotive sehr hoch war.

Gerade im Güterverkehr sind diese Werte wichtig, denn die schweren Züge müssen wegen dem dichten Fahrplan immer schneller beschleunigen können.

Daher ist eine hohe Anfahrzugkraft ein Vorteil. Wobei die Kennlinie hier vermutlich schnell eine Reduktion ergeben würde, aber dann rollt der Zug bereits.

Wenn man Nachteile bei einer Lokomotive aus einem Baukasten suchen will, dann findet man diese auch. Die perfekt passende Lokomotive für viele Länder gibt es schlicht nicht.

Bei der Prima ist es sicherlich das hohe Gewicht, das bis zu 90 Tonnen gehen kann. Bei vier Triebachsen nicht nur ein Vorteil für die Adhäsion.

In der Schweiz könnte dadurch aber die Zulassung zur Zugreihe R gefährdet sein. Die universelle Lokomotive wäre daher nicht mehr möglich.

Mit der Länge von 19 500 mm war die Lokomotive sehr lange geworden. Die vierachsige Lokomotive war länger, als die sechsachsige Lokomotive der Baureihe Re 620 von SBB Cargo. Daher muss befürchtet werden, dass es in den engen Kurven in der Schweiz Probleme mit den Kräften im Gleis und bei den erlaubten Pufferkräften kommen könnte. So gesehen eine nicht ideal konzeptierte Lokomotive für die Schweiz. Nur, wusste man das schlicht nicht genau.

Für die Lokomotive in der Ausführung für die BLS Cargo AG lag keine Zulassung für die Schweiz vor. Man konnte jedoch erwarten, dass es vom Bundesamt für Verkehr BAV Probleme wegen der Länge geben könnte. Auch das hohe Gewicht war in der Schweiz nicht gerne gesehen. Die Zulassung wäre daher nicht so einfach gewesen, wie man meinen könnte. Die Erfahrungen mit der BR 187 von Bombardier zeigten das deutlich auf.

Die Probefahrten am Lötschberg sollten daher zeigen, was man für Probleme mit den Lokomotiven erwarten könnte. Zudem sollten so auch die technischen Daten überprüft werden. Man hatte bei der BLS AG Erfahrungen mit zu hohen Zugkräften gemacht. So neigte die Re 465 auch auf trockenen Schienen immer wieder zum Schleudern der Achsen. Die Fahrten wurden daher im November 2014 auf der Bergstrecke durchgeführt.

Bombardier TRAXX 3

Damit kommen wir zum kanadischen Hersteller Bombardier. Dieser in Deutschland produzierende Hersteller hatte bisher bei der BLS AG immer sehr viele Erfolge erzielt. Besonders im Nahverkehr, aber auch bei den Lokomotiven war man von der Bahngesellschaft im Berner Oberland immer wieder bevorzugt worden. Wobei zuletzt bei den Nahverkehrszügen mit viel Pech, ein anderer Hersteller das Rennen machte.

Bombardier wurde bei der Bevölkerung und in Fachkreisen schlicht als Hoflieferant der BLS angesehen. Schliesslich fuhren nicht weniger als fünf unterschiedliche Typen des Herstellers bei dieser Bahngesellschaft. In Anbetracht der personellen Verbindung der beiden Unternehmen in der Führungsetage liess viele andere Hersteller erkennen, das die Ausschreibungen oft auf Produkte vom Bombardier abgestimmt wurden.

Daher vermutete man diesen Hersteller auch an der vordersten Front der Anbieter. Doch auch dieser Hersteller hatte keine für die Schweiz und die BLS AG passende Lokomotiven im Angebot und man musste so auf die Plattform zurückgreifen. Wobei die aktuellste Plattform mit den TRAXX 3 noch nicht fertig aufgebaut war, aber das war kein Problem, denn die Plattform baute auf den bewährten Modellen auf und war daher schnell bereit. Die kurze Tabelle von vorhin soll weiterhelfen.

Bezeichnung TRAXX 3 Systeme: 4
Länge: 18 900 mm Gewicht: 87 t
Leistung: 5 600 kW V. Max: 140 – 160 km/h
Anfahrzugkraft: 300 kN Zulassung CH Ja

 

Für die Lokomotive von Bombardier sprachen die Tatsachen, dass man bei der BLS AG schon Erfahrungen mit den Lokomotiven in diversen Baureihen hatte. Die TRAXX 3 von Bombardier hatte den Vorteil, dass sie zu den leichtesten Lokomotiven dieser Klasse gehörte und man hatte die Zulassung für die Schweiz und die anderen Länder. Eine schnelle Inbetriebnahme der neuen Maschinen war daher kein zu grosses Problem.

Mit 18 900 mm war die Lokomotive von Bombardier jedoch unwesentlich kürzer als die Lokomotive von Alstom. Man hatte die befürchteten Probleme mit den Pufferkräften jedoch im Griff. Das sprach für die Lokomotive aus dem Hause Bombardier.

Jedoch war die Bestellung der BLS Cargo AG gar nicht auf diese spezialisierte Plattform ausgelegt gewesen. Die TRAXX 3 gehörte zu den Lokomotiven mittlerer Leistung.

Damit hatte man jedoch seine Karten bereits ausgespielt. Der Grund war, dass die Plattform der TRAXX nicht optimal auf die Bedürfnisse der BLS Cargo AG abgestimmt war.

So hatte Bombardier mit 5 600 kW eine deutlich geringere Leistung. Bei der Plattform hätte daher eine weitere Steigerung der Leistung auf mindestens 6 000 kW erfolgen müssen. Der Bereich der Grenzleistungslokomotiven war daher nicht der Bereich der TRAXX 3.

Wegen der geringen Leistung erreichte man nur 160 km/h. Zudem war man bei Bombardier davon überzeugt, dass die kurzen Drehgestelle mit dem Tatzlagerantrieb auch bei 160 km/h funktionieren könnte. Für eine Geschwindigkeit bis 200 km/h stand schlicht kein passendes Paket bereit. Gerade die Leistung hätte da Probleme verursachen können. Für hohe Geschwindigkeiten benötigte man jedoch hohe Leistungen.

Zudem hatten die bisher bei der BLS Cargo AG eingesetzten Lokomotiven der Baureihe TRAXX ausschliesslich Tatzlagerantriebe. In der Schweiz sind aber solche Antriebe mit der neuen Ordnung bei den Trasseegebühren im Nachteil. Da werden gleisschonende Modelle mit Rabatten bevorzugt. Ein Problem, dass mit dem anderen Antrieb jedoch gelöst werden konnte. So betrachtet standen die Karten für Bombardier schlecht.

Man muss sich bei der Bestellung aber auch ein paar Fragen stellen. Geschwindigkeiten bis zu 200 km/h für eine Lokomotive, wenn man gar nicht mehr im Fernverkehr mit Reisezügen arbeitet. Zudem wurden dort immer mehr Triebzüge angeschafft. Der Güterzug würde jedoch nie so schnell fahren. Es kann daher gefragt werden, ob diese Geschwindigkeit gewählt wurde, damit Bombardier klar chancenlos war?

Siemens Vectron

Kommen wir zum dritten Hersteller, der passende Lokomotiven im Angebot hatte. Das war der deutsche Hersteller Siemens. Siemens war als Lieferant in der Schweiz nie sonderlich erfolgreich. Man hatte seit Bestehen der Firma in den vergangenen Jahren nur Züge des Nahverkehrs an die Schweizerischen Bundesbahnen SBB liefern können. Lieferungen an die BLS AG waren bisher noch nie erfolgt. Ein Umstand der beim Hersteller natürlich nicht gerne gesehen war.

Bei den Lokomotiven hatte man seinerzeit jedoch mit dem Eurosprinter gegen die Re 460 nur knapp verloren. Mit der Re 474, die auf dem Eurosprinter aufbaute, erlitt man sogar Schiffbruch. Insbesondere deshalb, weil die Schweizerischen Bundesbahnen SBB einige Lokomotiven nicht übernommen hatten und auf den Konkurrenten Bombardier setzten. Daher stellte Siemens seinen Baukasten für Lokomotiven so breit wie nur möglich auf.

Bezeichnung: Vectron Systeme: 4
Länge: 18 980 mm Gewicht: 88 t
Leistung: 6 400 kW V. Max: 200 km/h
Anfahrzugkraft: 300 kN Zulassung CH Nein

 

Bevor wir bei der Plattform Vectron auf die Vorteile und Nachteile kommen, müssen wir einen Blick auf die Plattform werfen. Der Vectron war von den drei Angeboten die am breitesten abgestützte  Plattform. So hatte man Lokomotiven hoher und mittlerer Leistung für mehrere Systeme am Start. So gesehen ein Portfolio, das zu überzeugen vermag. Daher waren die Karten für Siemens gar nicht so schlecht.

Vorteile finden wir bei der hohen Leistung von 6 400 kW. Diese erlaubt auch noch grosse Zugkräfte für die hohen Geschwindigkeiten und eine hohe Anfahrzugkraft von 300 kN.

Obwohl man hier unter der Prima von Alstom war, konnte diese Zugkraft bis zu höheren Geschwin-digkeiten gehalten werden.  Daher eine optimal abgestimmte Lokomotive für den internationalen Verkehr mit hohen Geschwindigkeiten.

Wichtigster Vorteil war jedoch der Hohlkardan-wellenantrieb, der machte es möglich, die Lokomotive mit gleisschonenden Eigenschaften auszurüsten.

Enge Kurven musste man trotz dem langen Drehgestell nicht fürchten, denn die starren Achsen der Tatzlagertechnik waren nicht vorhanden.

Das sprach sehr für die Lokomotive von Siemens. Gerade mit der Neuordnung der der Zulassungen in der Schweiz ein grosser Vorteil.

Aber auch hier gibt es Nachteile, die nicht unerwähnt bleiben dürfen. Dazu gehörten sicherlich das hohe Gewicht und die lange Lokomotive. Wobei eine 6 400 kW Lokomotive mit 88 Tonnen und mehreren Systemen schon sehr gut dasteht. So gesehen ein Wert, der sicherlich nicht nur zum Nachteil des Herstellers verwendet werden konnte. Jedoch war noch nicht sicher, ob das BAV diese Ansicht teilen und eine netzweite Zulassung erteilen würde.

Die Länge der Lokomotive lag zwischen jener von Alstom und Bombardier, was sicherlich bei den Pufferkräften Schwierigkeiten ergeben könnte. Gerade die engen Radien der Bergstrecken und die dort gewünschten hohen Pufferkräfte waren eine Herausforderung der meisten Hersteller. Gerade die vierachsigen langen Lokomotiven kämpfen gegen das Vorurteil, dass sie dazu schlicht nicht geeignet seien an.

Ein grosser Nachtteil von Siemens war aber die Erfahrung. In der Schweiz hatte man mit den Lokomotiven von Siemens kaum Erfahrungen. Die BLS Cargo AG hatte bisher kein Triebfahrzeug von Siemens besessen. Die neue Plattform Vectron war daher nicht über alle Zweifel erhaben. Die Vorstellung der Lokomotive und die Versuchsfahrten zu Bestimmung der Daten, fanden ebenfalls im Oktober/November 2014 statt. Es ging dabei natürlich auch um die Erlangung der Zulassung in der Schweiz.

Die drei Konkurrenten lagen daher sehr nahe beisammen. Letztlich entschied sich die BLS Cargo AG jedoch für die Bestellung von 15 Lokomotiven der Baureihe Vectron MS. Diese Lokomotive mit hoher Leistung und Geschwindigkeit schnitt bei der Energiebilanz gegenüber den anderen Lokomotiven besser ab. Das lies geringe Betriebskosten erwarten. Daher sollte Siemens erstmals Lokomotiven an die BLS Cargo AG liefern können.

Wie gewagt dieser Entscheid war, zeigt nur schon die Tatsache, dass man in Fachkreisen ernsthaft in Frage stellte, ob die Lokomotiven überhaupt eine Zulassung für die Schweiz bekommen würde. Schwere Lokomotiven waren in der Schweiz wegen dem Gleisverschleiss verpönt. Jedoch waren mit Ausnahme der Re 460 und der Re 465 sämtliche Lokomotiven neueren Datums mit Tatzlagerantrieben ausgerüstet.

 

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