Der Dieselmotor

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Die grösste Überraschung beim Dieselmotor der Baureihe Bm 4/4 war der Hersteller. Bei der Reihe Bm 6/6 setzte man bekanntlich auf die Firma Sulzer. Hier wurde jedoch die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM berücksichtigt. Damit wurde der Zweig in der Firma der das M lieferte, berücksichtigt. Dieselmotoren waren damals durchaus Produkte aus reinen Maschinenfabriken. Schliesslich waren diese auch eine Weiterentwicklung der Dampfmaschinen.

Auch wenn die SLM nicht als grosser Erbauer von Motoren bekannt geworden war, die Dieselmotoren der Firma konnten sich durchaus mit den bekannten Herstellern von solchen Motoren messen. Ein sehr gutes Beispiel für die Baukunst der SLM, war gerade die hier vorgestellte Lokomotive, denn deren Dieselmotor war für die damalige Zeit sehr gut bemessen. Im internationalen Vergleich, kann man sogar behaupten, dass er an der Spitze mitmischte.

Die Lokomotive wurde von einem aufgeladenen Dieselmotor mit vier Takten angetrieben. Der direkt eingespritzte Motor hatte die Typenbezeichnung SLM 12 YD 20 Tr TH erhalten. Dabei handelte es sich auch hier um eine codierte Auflistung der wich-tigsten Eigenschaften des Motors.

Eine durchaus gebräuchliche Lösung für die Be-zeichnung von unterschiedlichen Produkten mit ver-schiedenen Eigenschaften und Funktionen. 

Eingebaut wurde der Motor mit einem Hilfsrahmen, der im langen Vorbau platziert wurde. Dank diesem Rahmen konnte der Motor mit einem Kran besser aus und in die Lokomotive gehoben werden.

Nebenbei bildete der Hilfsrahmen auch eine Wanne, in der ausgelaufene Betriebsstoffe aufgefangen werden konnten. Da der Rahmen jedoch nicht ge-schlossen war, durfte er nicht mit den neuartigen Umweltwannen verglichen werden.

Es wurden insgesamt 12 Zylinder mit einem Kolbenhub von 240 mm und einer Bohrung von 200 mm verwendet.

Mit einem Volumen von 7.5 Litern pro Zylinder, war bei diesem Modell ein verhältnismässig kleiner Hubraum vorhanden. Trotzdem gelang es dem Hersteller pro Zylinder eine Leistung von 100 PS abzurufen. Das zeigt deutlich, wie gut die Motoren der SLM damals wirklich waren, denn in der Regel wurden grössere Bohrungen verwendet.

Um die Baulänge des Dieselmotors und damit die Länge der Kurbelwelle zu verkürzen wurden die Zylinder in zwei Reihen angeordnet. Dabei betrug der Winkel zwischen den beiden Reihen 60°. Die heute unter der Bezeichnung V-Anordnung bekannte Lösung ergab einen Motor, der einem Y ähnlich sah. Daher kam auch das Y in der Bezeichnung des Dieselmotors der SLM vor. Oft sah man etwas an und nannte es so, wie es aussah.

Damit konnte dieser Motor eine Leistung von 1 200 PS erzeugen. Im Vergleich mit anderen Lokomotiven der damaligen Zeit, war das eine ansprechende Leistung. Man bewegte sich hier bei den Leistungen eines Motors der Baureihe V 200 der Deutschen Bahn DB. Zu fürchten war dabei eigentlich nur die Baureihe Bm 6/6, die jedoch ebenfalls zwei Motoren verwenden musste. Die Reihe Bm 4/4 gehörte daher zu den leistungsfähigsten Maschinen der damaligen Zeit.

Ausgezeichnet hatten sich die Motoren der SLM durch ihre grosse Differenz bei den zugelassenen Drehzahlen. Viele Dieselmotoren arbeiten in einem engen Feld, bei der Baureihe Bm 4/4 lag die mindeste Drehzahl bei 430 Umdrehungen pro Minute. Die maximale Drehzahl wurde bei 1 200 Umdrehungen pro Minute erreicht. Selbst moderne Dieselmotoren arbeiten in einem deutlich engeren Bereich, als der SLM 12 YD 20 Tr TH.

Der für den Motor benötigte Treibstoff wurde in zwei unter der Lokomotivbrücke im Bereich zwischen den Drehgestellen montierten Kraftstoff-behältern mitgeführt.

Wegen der eingebauten Querkupplung zwischen den beiden Drehgestellen konnte kein durchgehender Behälter verbaut werden.

Daher wurden die zwei Kraftstoffbehälter mit ein-em Rohr verbunden, so dass letztlich ein Volumen für den Treibstoff entstanden war.

Zusammen boten die Treibstoffbehälter somit den Raum für 2 000 Liter Dieselöl. Auch hier musste man den mit einer Steuer belegten Diesel tanken.

Dies erfolgte durch die beiden seitlichen Einfüll-stutzen, die mit einem einfachen Deckel ver-schlossen wurden.

Damit man dabei den Inhalt kontrollieren konnte, war unmittelbar darunter ein Schauglas vorhanden. Dort konnte der Füllstand und die Sauberkeit des Dieselöls kontrolliert werden.

Spezielle Schutzeinrichtungen gegen Verschmutzung des Treibstoffes oder dessen Auslaufen gab es in den Einfüllstutzen nicht. Bei der Befüllung musste man daher den Füllstand auch optisch kontrollieren. Wobei hier noch erwähnt werden muss, dass der mitgeführte Vorrat im Vergleich zu anderen Lokomotiven dieser Leistung überraschend klein war. Auch hier wurde ein grösserer Vorrat der sehr kurzen Lokomotive geopfert.

Der Treibstoff wurde über eine Brennstoffpumpe zur Einspritzpumpe des Motors geführt. Dabei wurde der Treibstoff gefiltert und so von gröberen Verunreinigungen befreit. Die geförderte Menge Dieselöl war dabei vom Verbrauch unabhängig und deshalb wurde beim Motor ein kleines Reservoir vorgesehen. War dieses jedoch voll, musste der Treibstoff wieder in den Tank geleitet werden. So war jedoch gesichert, dass immer genug Treibstoff vorhanden war.

Diese Rücklaufleitung hatte noch einen weiteren Vorteil. So wurde der überschüssige Treibstoff beim Motor erwärmt. Dieser gelangte nun wieder in den Tank, so dass der dort vorhandene Vorrat ebenfalls erwärmt wurde.

Gerade in der kalten Jahreszeit war unterkühlter Treibstoff ein grosses Problem der Dieselmotoren. Daher war diese Erwärmung ein Vorteil. Aktiv mit einer Heizung im Tank vorgewärmt wurde der Die-sel jedoch nicht.

Da die Einspritzpumpe, aufgrund ihrer Bauweise, immer mit Treibstoff versorgt sein musste, war die Lösung so gewählt worden.

Jedoch konnte es passieren, dass der Diesel bei einer längeren Standzeit wieder in den Tank floss und so kaum Treibstoff vorhanden war.

Damit war der Behälter beim Start plötzlich leer, was zu Problemen führen konnte. Der Grund war, dass die Förderpumpe eine gewisse Zeit benötigte, bis der Treibstoff die Einspritzpumpe erreichte.

Daher erhielt die Lokomotive eine Möglichkeit, um allenfalls zurück in den Tank gelaufenen Treibstoff manuell in die Einspritzpumpe zu fördern. Mit Hilfe dieser Handpumpe konnte die Einspritzpumpe auch wieder mit Treibstoff befüllt werden, wenn der Lokomotive für einmal der Diesel ausgegangen wäre. Eine Anzeige, wann genügend Treibstoff für die Einspritzpumpe vorhanden war, gab es hingegen nicht. Daher schöpfte man von Hand Diesel zurück in den Tank.

Letztlich wurde der von der Einspritzpumpe unter hohen Druck gesetzte Treibstoff über die Einspritzdüsen in den Verbrennungsraum gespritzt. Womit wir auch das D der Bezeichnung hätten. Auch hier wurden einzeln angesteuerte Einspritzpumpen verwendet. Diese Lösung hatte sich bei den zuvor abgelieferten Lokomotiven positiv ausgewirkt. Daher blieb man dieser Lösung bei und konnte so den Verbrauch etwas reduzieren.

So führte der eingespritzte Diesel dazu, dass sich der fein zerstäubte Treibstoff an der heissen Luft im Zylinder automatisch entzündete. Eine externe Zündquelle in Form einer Glühkerze, oder einer anderen Wärmequelle, war bei diesem Motor jedoch nicht vorhanden. Das war bei den damals verwendeten Dieselmotoren selten der Fall, da mit den selbstzündenden Modellen einen grossen Vorteil bei der Funktion erreicht wurde.

Durch die Vergrösserung des Volumens wurde der Kolben wieder mit grosser Kraft nach unten gedrückt und so über die Kurbelwelle eine Bewegung erzeugt. Dieser Arbeitstakt war in der Zylinderfolge vorgegeben. Bei der Baureihe Bm 4/4 verwendete man daher eine Zündfolge von 1-12-4-9-2-11-6-7-3-10-5-8. Da es sich um einen Viertaktmotor handelte, arbeiteten immer drei Zylinder zu selben Zeit auf die gemeinsame Kurbelwelle.

Die Drehzahl des Dieselmotors wurde durch einen hydraulisch gesteuerten Woodwardregler abhängig von der eingestellten Fahrstufe beeinflusst. Dank diesem Regler konnte der Dieselmotor jederzeit optimal arbeiten. Durch die hydraulische Lösung war die Regelung zudem unabhängig von der elektrischen Energie der Fahrmotoren. Die vorgegebenen Drehzahlen erkennen wir in der nachfolgenden Tabelle.

Fahrstufe Drehzahl Fahrstufe Drehzahl
0 430 11 990
1-4 850 12 1010
5 870 13 1030
6 890 14 1050
7 910 15 1070
8 930 16 1090
9 950 17 1130
10 970 18 1200
                       

Sie erkennen, dass die Drehzahlen mit wenigen Ausnahmen im oberen Bereich immer um 20 Umdrehungen pro Fahrstufe gesteigert wurden. Der Woodwardregler übernahm damit die Einstellung der mit dem Stufenkontroller vorgewählten Stufendrehzahl. Zusätzlich passte er jedoch auch die vom Hauptgenerator aufgenommene Leistung an die bei der gegebenen Drehzahl verfügbare Leistung des Dieselmotors an.

Der Woodwardregler war mit einer Drucküberwachung ausgerüstet. Diese Schutzfunktion verhinderte, dass der Dieselmotor bei Ausfall der Schmierung beschädigt würde. Sprach die Drucküberwachung an, stellte der Dieselmotor ab und konnte nicht mehr gestartet werden. Das Personal musste dann den Woodwardregler wieder mit der manuellen Rückstellvorrichtung normalisieren. Anschliessend konnte der Motor auch wieder gestartet werden.

Um die Verbrennung des Diesels zu optimieren und um die Leistung des Motors zu erhöhen, musste man den Gehalt des Sauerstoffes in der Luft erhöhen. Da man dazu nicht spezielle Behälter mit gefährlichem reinen Sauerstoff mitführen konnte, musste der Anteil in der Luft erhöht werden.

Diese Lösung war bei den meisten Dieselmotoren zur sauberen Verbrennung des Treibstoffes angewendet worden. Daher stellte die Maschine hier keine Besonderheit dar.

Mit zunehmender Höhe hatte diese Lösung jedoch den Nachteil, dass die Verbrennung wegen dem reduzierten Sauerstoff nicht mehr optimal eingestellt werden konnte.

Daher sank die Leistung des Dieselmotors deutlich und die Verbrennung verrusste. Da die Strecken der Schweizerischen Bundesbahnen SBB jedoch die kritische Höhe von 1 200 Meter über Meer nicht erreichten, wurde auf die Angabe dieses Wertes verzichtet.

Die Verbrennungsluft wurde durch seitliche Lüftungsgitter in den Vorbau und zu den Turboladern geleitet. Die Lüftungsgitter waren mit Filtermatten ausgelegt worden und befanden sich beim Vorbau unmittelbar hinter dem Kühler.

Die im Luftfilter gereinigte Luft gelangte durch eine Leitung zu den Abgasturboladern. Dort wurde die Luft verdichtet. Dadurch stieg der Gehalt des Sauerstoffes an, wurde dabei jedoch auch erwärmt.

Zu heisse Ladeluft war jedoch ein Problem, da so keine optimale Zündung erfolgte. Daher wurde die Verbrennungsluft nach den Abgasturboladern speziellen Kühlern zugeführt. So wurde die Luft für den Motor wieder abgekühlt und so besser für die Verbrennung vorbereitet. Die geringe Reduktion beim Druck, konnte man durch einen etwas höheren Ladedruck kompensieren. So gekühlt gelangte die Luft schliesslich in die Zylinder.

Die Lokomotive hatte somit einen aufgeladenen Dieselmotor mit Ladeluftkühlung. Im Jahre 1960 war das eine besondere Lösung, die selten angewendet wurde. Solche Ladeluftkühlungen wurden erst viele Jahre später zum Standard. Die Baureihe Bm 4/4 war damit mit einem sehr fortschrittlichen Motor versehen worden, der mit 1 200 PS über eine sehr gute Leistung verfügte. Zudem konnte damit auch der Verbrauch beim Treibstoff reduziert werden.

In den Zylinder geführt wurde die Luft schliesslich über zwei Einlassventile. Diese wurden durch die Nockenwelle gesteuert geöffnet und so wurde der Weg in den Zylinder frei gegeben. Bei der Verbrennung wurde der Sauerstoff mit dem Kohlenstoff des Diesels verbunden. Dadurch entstand neben diversen anderen Gasen auch Co2. Diese Abgase wurden anschliessend durch die beiden Auslassventile aus dem Zylinder entlassen.

Sämtliche Abgase einer Zylinderreihe wurden gesammelt und in einem Rohr dem Turbolader zugeführt. Es wurden bei der Baureihe Bm 4/4 zwei Abgasturbolader des Typs VTR 200 eingebaut.

Diese Turbolader wurden nicht von der SLM gebaut, sondern wurden von der Firma Brown Boveri und Co BBC geliefert. Dabei hatte die BBC damals neben der Firma Sulzer schon sehr grosse Erfahrungen mit diesen in der Schweiz entwickelten Baugruppen gesammelt.

Mit zwei Abgasturboladern und der Ladeluftkühlung entstand daher ein Diesel-motor, der für seine Grösse über eine sehr hohe Leistung verfügte. Selbst im internationalen Vergleich, war der Dieselmotor der Baureihe Bm 4/4 ein Spitzenprodukt.

Jedoch sollte nicht dieser Punkt zum Markenzeichen der neuen Lokomotiven der Schweizerischen Bundesbahnen SBB werden. Doch zuerst müssen wir den Weg der Abgase weiterverfolgen.

Die Abgase vom Turbolader hatten ihre Arbeit getan und wurden mit einem Rohr in einen Abgasschalldämpfer geführt. Dieser Schalldämpfer nahm den gesamten Bereich zwischen den Luftfiltern ein.

Dadurch entstand ein riesiges Volumen mit Dämmung und die Abgase wurden dadurch sehr gut beruhigt. Anschliessend wurden sie über ein einfaches Loch auf dem Vorbau ins Freie entlassen. Einen Kamin oder ein Endrohr gab es jedoch nicht.

Wegen den Widerständen der elektrischen Bremse konnte man die Abgasleitung nicht, wie bei den Baureihen Bm 6/6 und Em 3/3, auf das Dach des Führerhauses führen.

Das hatte auch zur Folge, dass der Dieselmotor bei der Baureihe Bm 4/4 gedreht eingebaut werden musste. Damit befand sich der Generator unmittelbar vor dem Führerhaus und nicht der Turbolader. Trotzdem überraschte das einfache Loch der Lokomotive.

Dank dem Schalldämpfer wurde die Baureihe Bm 4/4 sehr leise. Die Maschine galt damals als die leiseste Lokomotive in der Leistungsklasse für 1 200 PS. Dieser Titel galt damals sogar weltweit, da in den wenigsten Lokomotiven der Platz für solch grosse Schallisolationen vorhanden war. Jedoch war der eingebaute Dieselmotor auch sonst Spitzenklasse. Jedoch muss gesagt werden, dass diese Maschine von den Baureihen Bm 6/6 und Em 3/3 profitieren konnte.

 

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