Inbetriebsetzung

Letzte

Navigation durch das Thema

Nächste

Bei Lokomotiven für den Einsatz auf Strecken erwartet man ausführliche Testfahrten, aber bei Rangierlokomotiven? Hier sind doch keine grossen Anforderungen vorhanden und damit erübrigen sich solche Fahrten. Dieser allgemeinen Meinung kann ich in keinem Punkt zustimmen. Auch wenn solche Maschinen nicht die grossen Sprinter sind, haben sie Bedingungen zu erfüllen und diese müssen nach der Ablieferung geprüft werden.

Wer damals einen ersten Blick auf die neuste Rangierlokomotive der Schweizerischen Bundesbahnen SBB werfen wollte, konnte das sicherlich nach der Fertigung des mechanischen Teils. Dieser Teil musste schliesslich von Winterthur nach Genève überführt werden.

Dazu wurden Züge des  Güterverkehrs benutzt und daher wurde die Lokomotive wohl von nicht vielen Leuten wahrgenommen. Es war eine Rangierlokomotive und die beachtet man nicht.

Dass bis zu diesem Tag bereits erste Tests stattgefunden haben, weiss auch niemand. Die Einleitung der Kräfte in den Kasten und andere mechanische Punkte mussten vor der Überführung kontrolliert wer-den.

Nur so lohnte es sich, wenn der Elektriker mit seiner Arbeit begann. Ein Punkt, der immer wieder vergessen wird und der leider nur im Stillstand und in den Hallen des Herstellers staatfindet. Daher sieht man diese Tests schlicht nicht.

Bei der hier vorgestellten Lokomotive konnte man hier bereits auf ausführliche Kontrollen verzichten. Viele der vorhandenen mechanischen Merkmale stammten von der Diesellokomotive Em 3/3. So wusste man, dass dieser Teil funktionieren musste und der berühmte Ball wurde damit sehr schnell dem Elektriker zugeworfen. Dieser befand sich jedoch am anderen Ende des Landes und so konnte die neue Maschine auf der Überführung erkannt werden.

Sie müssen wissen, dass diese Überführungen meistens unmittelbar hinter der Zuglokomotive eingereiht wurden und dass sie nicht sonderlich getarnt waren. War der Kasten mit dem Dach verschlossen, wurde nicht mal eine Abdeckung vorgesehen. Was jedoch bei Lokomotiven mit Drehgestellen oft der Fall war, dass diese noch nicht montiert wurden. Hier war jedoch das Laufwerk fertig montiert und die Achsen drehten leer mit.

Das war auch beim Maschinenwagen für den RAe TEE II der Fall. Dort erahnte der aufmerksamen Be-trachter das besondere Fahrzeug, da sehr viele Bü-gel auf dem Dach montiert waren. Nur jetzt ahnte niemand das Wunder.

Auch der Elektriker machte vor der Auslieferung einige Tests. Schliesslich will man wissen, dass die Technik grundsätzlich funktioniert. Das Problem da-bei war jedoch, dass im Werk des Herstellers nicht alle möglichen Spannungen verfügbar waren. Daher konnte man auch in Fachkreisen sicherlich gespannt auf die anstehenden Fahrten zur Inbetriebsetzung warten. Nur wann das sein würde, lag in der Hand des Herstellers.

Am 10. Januar 1962 wurde schliesslich mit der Ee 3/3 IV Nummer 16 551 die erste Maschine dieser Serie abgeliefert. Auf den Betrachter mochte die neue Lokomotive nicht so beeindruckend wirken, denn die Technik, welche aus dieser Maschine eine Sensation machte, war unter dem Kasten verborgen. Nur wer genau hinsah, erkannte, dass auf dem riesigen Dach zwei Hauptschalter montiert wurden. Doch das war es auch schon.

Nur kurz nach der Auslieferung ging es damit auf die ersten Probefahrten. Diese wurden im Raum Genève ausgeführt, so dass man schnell wieder beim Hersteller vorfahren konnte, sollte etwas nicht funktionieren. Ein Punkt, der eigentlich immer so ausgeführt wurde, jedoch im Lauf der Zeit wurden immer grössere Ausflüge gemacht. Bei der hier vorgestellten Baureihe waren diese jedoch beschränkt, da es sich ja um eine Rangierlokomotive handelte.

Lange sollte der Betrachter nicht auf das erste Wun-der warten. Nach den ersten Gehversuchen unter Wechselstrom mit 15 000 Volt und 16 2/3 Hertz ging es im Bahnhof Genève gleich auf die andere Seite der Systemschutzstrecke.

Dort kam dann für die Techniker die Stunde der Wahrheit. Während man in der Lokomotive bei Fahrt-beginn die Gewissheit hatte, stellten die Betrachter fest, dass damit unter zwei Systemen gefahren wer-den konnte.

Natürlich war eine Rangierlokomotive für zwei Stromsysteme in der Schweiz keine besondere Neu-heit, denn in Basel verkehrten bekanntlich bereits die Ee 3/3 II und zeigten gute Ergebnisse.

Daher war es eigentlich nicht besonders, dass auch eine Variante für Gleichstrom gebaut wurde. Nur wer die Typenbezeichnung sah, fragte sich, für was wohl dieser Zusatz IV sein soll, denn bisher wurden damit auch einzelne Baureihen unterschieden.

Die Spannungen von 15 000 Volt und 16 2/3 Hertz, sowie Gleichstrom mit 1 500 Volt waren die wichtigsten Tests. So ging es beim heimischen System um die Leistung der Lokomotive. Sie musste sich daher mit den vorhandenen Baureihen messen und so zeigen, was sie konnte. Unter Gleichspannung war die Konkurrenz noch mit Dampf betrieben und da waren so oder so unterschiedlich lange Spiesse vorhanden. Aber auch hier sollten gute Ergebnisse erzielt werden.

Man durfte schlicht behaupten, die neue Rangierlokomotive funktionierte von der ersten Stunde an ohne grosse Probleme. Klar waren kleinere Blessuren zu behandeln, aber es wurde nicht vermerkt, dass ein totaler Ausfall verzeichnet werden konnte. Für eine so komplizierte Technik war das ein gutes Zeugnis für den Hersteller. Jedoch waren längst noch nicht alle Systeme geprüft und eine Viersystemlokomotive muss mehr als zwei Systeme beherrschen.

Mit etwas mehr Mut und Selbstvertrauen, wagten ich die Fachleute auch an längere Ausflüge. Noch blieb man in der erweiterten Umgeb-ung, denn das Ziel der Fahrt war der Bahnhof von Vallorbe.

Auch wenn das für uns keine weite Reise ist, für eine Maschine im Rangierdienst war das schon die grosse weite Welt und auch hier er-wartete niemand umfangreiche Fahrten auf der Strecke. Jedoch musste der Weg sein.

Das in Vallorbe durchgeführte Prüfprogramm der Lokomotive um-fasste in erster Linie den Wechsel vom einheimischen System auf den französischen Wechselstrom von 25 000 Volt und 50 Hertz.

Erst jetzt konnte der Transformator seine volle Leistung bringen, wobei hier die Konstrukteure darauf geachtet haben, dass die Fahr-motoren die Leistung bestimmen. Daher wurden auch mit diesem System die gleichen Lasten befördert.

Für den Betrachter mussten die Fahrten wohl die Augen geöffnet haben. Die dank der an eine Phasenanschnittsteuerung von heute erinnernde Beschleunigung war gigantisch. Dann kam die Schutzstrecke und weiter ging die Reise. Auch jetzt konnte die Lokomotive zeigen, was sie in der Lage war zu leisten. Ab all der Bewunderung, merkten auch die Tester nicht, wie oft das Stromsystem gewechselt wurde.

Da nun auch mehr Maschinen dieser Baureihe ausgeliefert wurden, kamen diese in den Einsatz, während immer noch Versuche durchgeführt wurden. Versuche, die jedoch schnell weitestgehend abgeschlossen werden konnten. So zeigten die ersten Modelle täglich, wie von Wechsel- und Gleichstrom und von Gleich- auf Wechselstrom umgeschaltet wurde. Nur, es war keine Lokomotive für drei Systeme und daher konnten die Arbeiten nicht abgeschlossen werden.

Eigentlich fehlte nur noch ein Stromsystem. Doch die Erprobung des Systems von 3000 Volt Gleichstrom war schlicht noch nicht möglich, da in Chiasso die Fahrleitung von Italien noch fehlte, nach Luino gab es nicht mal eine solche im eigenen Land und in Domodossola sah es auch nicht viel besser aus. Also musste hier zugewartet werden. Anhand der ersten Erfahrungen konnte aber davon ausgegangen werden, dass die Lokomotive auch damit funktionierte.

Wenn wir uns an den Aufbau erinnern, dann wissen wir, dass der Unterschied zwischen 3 000 und 1 500 Volt nur darin lag, dass die Schaltung der Baugrup-pen verändert wurde.

Eine einfache Umschalteinrichtung, die diese aus-führte oder nicht. Der Rest, wie die Steuerung der Schütze und die Anfahrwiderstände waren jedoch genau gleich belastet. Daher konnte man hier sicher-lich etwas zuwarten und auch auf Tests verzichten.

Die Erbauer mussten hier wirklich sehr gute Arbeit gleistet haben. Bis auf wenige Hinweise zu den Orten, wo die Systeme geprüft wurden, gab es kaum Hinweise.

Jedoch kann gesagt werden, dass die Versuche mit dem mechanischen Teil natürlich schon bei der Bau-reihe Em 3/3 gemacht wurden und so hier nicht voll-umfänglich zu wiederholen waren. Das führte auch zu einer überraschend kurzen Inbetriebsetzung der neuen Baureihe.

So gelangten die ersten Lokomotiven dieser Reihe in Genève in den Rangierdienst und man wartete auf die bereitstehende Fahrleitung im fernen Chiasso.

Erst als dort auch unter Gleichstrom gefahren wer-den konnte, verschob sich die erste Maschine in die Südschweiz. Dort konnten nun auch die ersten Gehversuche unter einer Spannung von 3 000 Volt Gleichstrom gemacht werden. Wie erwartet ohne grössere Probleme.

Die so ihre ersten Gehversuche machende Lokomotive mit vier unterschiedlichen Stromsystemen war eine Sensation, die in der Fachpresse doch für reichlich Aufsehen sorgte. Doch wie so oft blieb die neue Rangierlokomotive auch hier im Schatten der grossen Züge und mit dem RAe TEE II kam nur kurze Zeit später die zweite Baureihe für vier Stromsysteme. Wer dann von den Fachleuten beachtet wurde, war klar und die Rangierlokomotive machte nur ihre Arbeit.

Einem Einsatz der neuen Lokomotive stand daher nichts mehr im Weg. Von den zehn bestellten Maschinen sollten deren sechs in Genève und die restlichen vier in Chiasso eingesetzt werden. Für den Unterhalt wurde die Hauptwerkstätte in Yverdon beauftragt. Den mechanischen Teil konnte jedoch auch in der Hauptwerkstätte von Biel ausgeführt werden, denn die neue elektrische Lokomotive konnte nicht verleugnen, dass sie nahe verwandt mit der Reihe Em 3/3 war.

 

Letzte

Navigation durch das Thema

Nächste
Home SBB - Lokomotiven BLS - Lokomotiven Kontakt

Copyright 2020 by Bruno Lämmli Lupfig: Alle Rechte vorbehalten